| Pressemeldung | Nr. 019

Frauen in Leitungsfunktionen fördern

Fachtagung der Deutschen Bischofskonferenz am 17./18.03. in München

Immer mehr Frauen arbeiten innerhalb der katholischen Kirche in verantwortlichen Positionen. Wie kann die Beteiligung von Frauen an Spitzenpositionen weiter gestärkt werden? Welche Rolle spielt dabei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Welchen Einfluss hat der Wandel im Selbstverständnis der Geschlechter auf Theologie und Kirche und wie berühren Gender-Theorien das christliche Menschenbild? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der zweitägigen Fachtagung "Geschlechtergerechtigkeit in Beruf und Familie für Frauen in verantwortlichen Positionen in der Kirche", zu der die Unterkommission Frauen in Kirche und Gesellschaft der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz am 17. und 18. März nach München eingeladen hatte.
Frau Prof. Dr. Dr. Hanna Barbara Gerl-Falkovitz (Dresden) und Frau Prof. Dr. Saskia Wendel (Tilburg) setzten sich unter philosophischen und anthropologischen Gesichtspunkten kritisch mit der so genannten Gender-Theorie auseinander. Beide teilten die Kritik an einem einseitigen und extremen Gebrauch des Gender-Begriffs in radikalkonstruktivistischen Ansätzen. Besonders problematisiert wurden u. a. Tendenzen der "Leibvergessenheit" und der Vernachlässigung von Einmaligkeit und Freiheit des einzelnen Ichs in solchen Theorien. Gleichzeitig betonten beide, dass zwischen Gender-Theorie und dem Instrument des gender-mainstreaming unterschieden werden müsse. Prof. Wendel wies zudem ausdrücklich auf die Chancen eines kritisch-konstruktiven Gebrauchs des Begriffs "gender" und des "gender-mainstreaming" auch für die Praxis in der Kirche hin.Frau Mag. Elisabeth Rathgeb (Innsbruck) berichtete von ihren Erfahrungen als erste Seelsorgeamtsleiterin in einer österreichischen Diözese. Sie ermutigte Frauen, selbstbewusst ihre Potentiale auch in Führungspositionen in der Kirche einzubringen. An die Bischöfe appellierte sie, die Kompetenzen von Frauen offensiver für Leitungsaufgaben zu nutzen.Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stand im Mittelpunkt des Referats von Frau Eva-Maria Welskop-Deffaa, Leiterin des Referats "Wirtschaft und Gesellschaft" des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Die partnerschaftliche Aufteilung von Fürsorge und Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen werde sowohl durch Strukturen im Sozial- und Familienrecht als auch durch Bedingungen in den Betrieben erschwert. An die Kirche appellierte Welskop-Deffaa, ihre Lobbyistenfunktion für Familie im eigenen Handeln als Arbeitgeber glaubwürdig zu untermauern.Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, beschäftigte sich in seinem Referat "Theologie und Genderfragen" mit den Voraussetzungen und Konsequenzen der Gender-Theorien. Er versuchte den Gender-Begriff zu klären und zeigte vor allem bei zwei namhafteren Vertreterinnen (Judith Butler, Luce Irigaray) die verschiedene Verhältnisbestimmung zwischen dem so genannten biologischen und dem "sozialen" Geschlecht auf. Bei aller Gemeinsamkeit im Ansatz komme es doch zu sehr verschiedenen Positionen im Blick auf die Existenz eines naturhaft-biologischen Geschlechts. Hier setze die philosophische und anthropologische Kritik an diesen Theorien an. Diese Positionen, die auch innerhalb des Feminismus zu harter Kritik führten, würden sich selbst keinen Gefallen tun, wenn sie eine Realität jenseits der Sprache und die Existenz eines autonomen handlungsfähigen Subjekts abstreiten. Auch im neueren Feminismus sei eine kritische Aufwertung der Leiblichkeit zu beobachten, die davon überzeugt ist, dass sich Natur nicht einfach in Kultur, Biologie nicht einfach in Soziologie auflöse. Zudem habe die Egalitarismuskritik zu Anfragen an das Modell einer abstrakten Gleichheit der Geschlechter geführt und deutlich gemacht, dass Verschiedenheit keine Negativität bedeute. Kardinal Lehmann führte frühere Studien fort und stellte als Grundmodell der Verhältnisbestimmung der Geschlechter Gleichwertigkeit und Verschiedenheit auf. Trotz einzelner Bedenken gegenüber dem Modell der Polarität von Mann und Frau plädierte Kardinal Lehmann dafür, dieses Modell differenziert weiterzudenken und in ein neues Gesamtbild zu integrieren. Nach den biblischen Grundaussagen gehört die Zweigeschlechtlichkeit zur Erschaffung des Menschen. Die Verschiedenartigkeit sei von der Absicht des Schöpfers her gewollt. Die Gottebenbildlichkeit von Mann und Frau führe zu einer Gleichwertigkeit ohne jeden Abstrich, die jedoch etwas anderes sei als Gleichheit in jeder Hinsicht. Er regte an, dieses Grundmodell der christlichen Anthropologie produktiv für die Weiterentwicklung der theoretischen Frauenforschung zu nutzen. Dennoch wertete Kardinal Lehmann es als Gewinn, wenn durch die Gender-Perspektive deutlich werde, dass Gleichstellung immer eine Aufgabe beider Geschlechter zugleich sei.In den Diskussionen wurden zahlreiche Vorschläge zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zur Förderung von Frauen in Leitungspositionen innerhalb der Kirche vorgetragen. Dabei wurde besonders auf die Potentiale und Erfahrungen von Frauen in Verbänden, im Ehrenamt sowie in den Frauenorden hingewiesen. Im Blick auf die von vielen Teilnehmerinnen geäußerte Erwartung nach einer verbindlichen Umsetzung der Ergebnisse und Forderungen wiesen die Bischöfe auf die begrenzten Möglichkeiten der Bischofskonferenz in diesem Bereich hin. Die Bischofskonferenz könne zwar werben und mit gutem Beispiel vorangehen, aber keine Vorgaben für die Bistümer machen. Dennoch sei in den letzten Jahren bereits viel erreicht worden, wie Kardinal Lehmann an konkreten Beispielen für die Ebene der Deutschen Bischofskonferenz und ihrer Einrichtungen darlegte. In seinem Schlusswort betonte der Vorsitzende der Pastoralkommission, Bischof Dr. Joachim Wanke, dass die Bischöfe das Thema Geschlechtergerechtigkeit mutig und offensiv angehen wollen. Die Fachtagung habe zu einer Weitung, Vertiefung und Profilierung der Thematik geführt, auch wenn nicht alle Erwartungen erfüllt werden konnten. Er kündigte eine Dokumentation und Auswertung der Tagung an. Zudem werde sich die Bischofskonferenz weiterhin aktiv an einem Austausch der Erfahrungen und best practises beteiligen und das Gespräch fortsetzen. Er appellierte an die Teilnehmerinnen mit "heißer und bewegter Geduld" an dem Thema zu bleiben. Die Fachtagung setzte ein Gespräch über und mit Frauen in verantwortlichen Positionen in der Kirche fort, das auf Initiative der Deutschen Bischofskonferenz im Oktober 2002 in Schmerlenbach begonnen wurde. Über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Theologieprofessorinnen, Seelsorgeamtsleiterinnen, Verbandsvorsitzende, Ordensfrauen, Mitarbeiterinnen in katholischen Akademien und im pastoralen Dienst, waren der Einladung gefolgt. Neben dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann (Mainz), dem Vorsitzenden der Unterkommission Frauen in Kirche und Gesellschaft, Kardinal Georg Sterzinsky (Berlin), dem Vorsitzenden der Pastoralkommission, Bischof Dr. Joachim Wanke (Erfurt) und dem Erzbischof vom Bamberg, Dr. Ludwig Schick, nahmen auch die Weihbischöfe Dr. Franz Dietl (München), Heinrich Janssen (Münster), Werner Radspieler (Bamberg), Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst (Münster) und Norbert Trelle (Köln) an der Fachtagung teil.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz