| Pressemeldung | Nr. 039

XII. Jahrestagung Illegalität in Berlin beendet

„Die Wahrung der Menschenwürde ist kein Luxusgut, sondern Ausgangs- und Zielpunkt unserer rechtsstaatlichen Ordnung“

Unter dem Titel „Menschen ohne Papiere im Schatten der neuen Integrationsdebatte“ hat vom 2. bis 4. März 2016 in Berlin die XII. Jahrestagung Illegalität stattgefunden. Vor dem Hintergrund der aktuellen migrationspolitischen Debatte haben sich rund 120 Teilnehmer aus Kirche und Nichtregierungsorganisationen, Verwaltung, Politik und Wissenschaft mit der Situation von Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität befasst.

Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Trelle (Hildesheim), der zugleich Vorsitzender des „Katholischen Forums Leben in der Illegalität“ ist, erinnerte in seinem Impulsvortrag zum Auftakt der Tagung daran, dass jeder Mensch – unabhängig von seinem rechtlichen Status – Anspruch auf unveräußerliche Grundrechte hat. So müsse beispielsweise der Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung auch für Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität gewährleistet sein.

Mit Blick auf gegenwärtige Entwicklungen im Bereich Flucht und Migration skizzierte Bischof Trelle drei neue Herausforderungen: Erstens sei zu befürchten, dass die Vorbehalte gegenüber Migranten ohne Aufenthaltsstatus zunehmen. „Umso wichtiger wird es sein, im öffentlichen Diskurs immer wieder für einen angemessenen, menschenwürdigen Umgang mit den betroffenen Personen zu werben“, so Bischof Trelle. Zweitens sollte darauf geachtet werden, „dass in der aktuellen Stimmungslage die wenigen bislang offen stehenden Wege in die Legalität nicht zusätzlich erschwert oder gänzlich verschlossen werden“. Und drittens müsse mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet werden, „inwiefern politische und administrative Verschärfungen mitunter auch zu einem zahlenmäßigen Anstieg von Personen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität führen“. Bei aller Notwendigkeit, Fragen der Einreise und des Aufenthalts zu regulieren, stünden die zuständigen politischen und administrativen Verantwortungsträger in der Pflicht, die individuelle Würde eines jeden Menschen zu schützen: „Eine Perspektive, die die Wahrung der Menschenwürde in den Mittelpunkt rückt, ist kein Luxusgut, das wir uns nur in besseren Zeiten leisten können. Vielmehr ist sie der Garant dafür, dass wir den Ausgangs- und Zielpunkt unserer rechtsstaatlichen Ordnung nicht aus dem Auge verlieren.“

Thorsten Klute, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, bekräftigte eine Forderung, die der ehemalige nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider bereits vor einem Jahr erhoben hatte: Ähnlich wie in Frankreich oder den USA solle auch in Deutschland eine Stichtagsregelung gefunden werden, die bestimmten Menschen „ohne Papiere“ die Legalisierung ihres Aufenthalts ermöglichen würde. Zugleich gab Klute jedoch zu bedenken, dass ein solches Vorhaben im derzeitigen politischen Klima wenig Aussicht auf Erfolg habe.

Bei einer Podiumsdiskussion betonte der innenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundesfraktion, Stephan Mayer, dass aus seiner Sicht auch Kindern mit Duldung oder ohne Aufenthaltsstatus der Schulbesuch ermöglicht werden müsse. Weitergehende Verbesserungen der Situation von Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität lehnte er ab. Anhand eines von ihm realisierten Wohnprojekts in Berlin-Neukölln veranschaulichte Benjamin Marx von der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, dass auch unter widrigen Bedingungen erfolgreiche Wege zur Integration beschritten werden können. Der Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Engelhard Mazanke, befürchtet für die kommenden Jahre einen erheblichen Anstieg der Zahl von Menschen ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland. Er warb für die Einführung von „Rückkehrberatungen“, wodurch von der Ausweisung betroffene Personen zur freiwilligen Ausreise bewegt werden sollten.

Die im weiteren Tagungsverlauf gehaltenen Fachvorträge widmeten sich – aus rechtswissenschaftlicher, politikwissenschaftlicher und soziologischer Sicht – verschiedenen Formen und Facetten des Lebens in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität. Dabei wurde unter anderem das Für und Wider der Schaffung von Legalisierungsprogrammen diskutiert und Maßnahmen gegen die Arbeitsausbeutung von Migranten in den Blick genommen. Die Bedürfnisse von Kindern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität bildeten einen Schwerpunkt.


Hintergrund

Die Jahrestagung Illegalität wird vom „Katholischen Forum Leben in der Illegalität“, dem Rat für Migration und der Katholischen Akademie in Berlin durchgeführt. Der Rat für Migration ist ein unabhängiger Zusammenschluss von Migrationswissenschaftlern. Das „Katholische Forum Leben in der Illegalität“ wurde 2004 auf Initiative der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz gegründet. Es ist der Zusammenschluss katholischer Organisationen, die sich mit der Situation von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus auseinandersetzen.


Hinweis:

Der Impulsvortrag von Bischof Norbert Trelle ist untenstehend als pdf-Datei verfügbar.

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