| Pressemeldung | Nr. 047b

„WeltMission. Internationaler Kongress der Katholischen Kirche in Deutschland" vom 2. bis 4. Mai 2006 in Freising

Statement des Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz Kamphaus (Limburg), beim Pressegespräch zum Internationalen Kongress WeltMission am 2. Mai 2006 in Freising

Es gilt das gesprochene Wort!

Die Deutsche Bischofskonferenz hat in ihrer Arbeit der vergangenen Jahre einen Schwerpunkt auf die Mission gelegt. Besonders wird das sichtbar an zwei großen Dokumenten, die in dieser Zeit entstanden sind. Im Jahre 2000 haben die Bischöfe das Wort „Zeit zur Aussaat. Missionarisch Kirche sein“ an die Gemeinden gerichtet. Im Herbst 2004 folgte „Allen Völkern Sein Heil. Die Mission der Weltkirche“. Schon in der Wahl der Titel deutet sich an: Mission zu Hause und Mission in der Welt sind keine getrennten Wirklichkeiten. Es gibt einen engen, ja inneren Zusammenhang.

Hier zeigt sich etwas Neues. Über Jahrhunderte hinweg waren es die Christen in Deutschland gewohnt, die Mission als ein Geschehen in fremden Weltgegenden zu betrachten. Als der Jesuit Ivo Zeiger auf dem Katholikentag 1948 feststellte: „Deutschland ist Missionsland geworden“, traf diese Einschätzung zunächst auf wenig Widerhall. Erst die über Jahrzehnte hinweg fortschreitende Erosion der traditionellen Volkskirche und der massive Schwund an Gläubigen haben die Lage verändert. Nun stellt sich auch bei uns – ebenso wie in den klassischen Missionsländern – die Frage: Wie kann es gelingen, Menschen für Christus zu gewinnen, die nicht von Geburt an in christlichen Milieus aufgewachsen sind?

Christen und Kirche in Deutschland stehen nunmehr an einem Scheideweg. Glauben wir daran, auf dem Weg Jesu neue Christen gewinnen zu können? Oder aber ergeben wir uns resignativ einem allmählichen Verschwinden des Christentums und verwalten die verbliebenen Restbestände? Wollen wir als Kirche auch heute noch „Menschenfischer für Gott sein? Oder beschränkt sich unsere Aufgabe am Ende nur noch auf das reibungs- und möglichst schmerzlose Abwickeln einer großen Tradition, für die wir selbst keine Zukunft und keinen Bedarf mehr sehen?

In diesen Fragen steht die Mitte des Glaubens auf dem Spiel. Von M. Delbrel stammt das Wort, dass die Christen mit der Alternative konfrontiert sind, zu missionieren oder zu demissionieren. Das will sagen: An der Haltung zur Mission entscheidet sich unsere Identität. Denn die Botschaft, die uns Christen anvertraut ist, richtet sich prinzipiell an alle Menschen – und wir können deshalb aus dieser Botschaft nicht leben, wenn wir sie nicht weitertragen. Selbstgenügsamkeit im Glauben ist ein Irrweg. Sie verfehlt nicht irgendetwas am Glauben. Sie verfehlt den Glauben selbst.

Es ist daher ein großer Fortschritt, wenn die „missionarische Seelsorge“ mittlerweile zu einem Leitbegriff der Pastoral in Deutschland geworden ist. Zwar bleibt die Praxis in unserer Kirche noch oft hinter dieser Vorgabe zurück. Eingeschliffene Mentalitäten lassen sich nicht über Nacht ändern. Aber die Blickrichtung hat sich vielerorts bereits gewandelt. Das ist ein Zeichen der Hoffnung.

In der Situation pastoraler Umbrüche, mit denen die Diözesen und Gemeinden heute zu tun haben, steckt jedoch auch eine Versuchung. Die Zuwendung zur Weltkirche, seit dem Ende der 1950er Jahre eine Stärke des deutschen Katholizismus, droht schwächer zu werden. Manche fragen: Müssen wir nicht unsere geringer gewordenen Kräfte auf das Missionsland Deutschland konzentrieren statt uns für die Geschicke fremder Welten zu interessieren? Ein solcher Gedanke ist scheinbar nahe liegend. Letztlich aber läuft er doch nur auf eine neue Form der Selbstgenügsamkeit hinaus. Den Blick von der Welt und der Weltkirche abzuwenden – das hieße, die Zeichen der Zeit auf fatale Weise zu ignorieren: In einer sich immer weiter globalisierenden Welt kann sich niemand einfach aufs Eigene zurückziehen. Vor allem aber: Die Katholizität der Kirche verbietet – auch uns in Deutschland – jeden Provinzialismus. Katholisch – das heißt: allgemein, weltumspannend. Jede Ortskirche ist ihrem Wesen nach Teil der Weltkirche. Die lokalen Kirchen sind einerseits auf das Zentrum der Weltkirche, andererseits aber auch in einer Communio aufeinander bezogen. Nur so können wir Katholische Kirche sein.

Deshalb muss die Weltmission auch in Zeiten neuer missionarischer Anstrengungen im eigenen Land ein unverzichtbares Anliegen der Kirche in Deutschland bleiben. Dabei wird die Wechselseitigkeit der Solidarität zum bestimmenden Merkmal weltkirchlicher Zusammenarbeit: Mission vollzieht sich in unseren Zeiten globaler Vernetzung immer mehr als ein (wenngleich vielschichtiges) Geschehen. Missionarische Seelsorge zu Hause und in der Welt sind – nicht nur theologisch, sondern zunehmend auch praktisch – zwei Seiten einer Medaille. In diesem Sinne spricht das Wort „Allen Völkern Sein Heil“ von der Kirche als universaler Lern-, Solidar- und Gebetsgemeinschaft. Eine Lebensweisheit, die in asiatischen Ortskirchen überliefert wird, bringt es auf den Punkt: "Niemand ist so reich, dass er nichts zu empfangen hätte, und niemand ist so arm, dass er nichts zu geben hätte."

Aus diesem Geist lebt auch der Kongress, den wir in diesen Tagen in Freising abhalten. Die deutschen Teilnehmer – Bischöfe, Theologen, Vertreter von Hilfswerken, Diözesen und Orden – werden in das Gespräch mit Vertretern der Kirche aus Osteuropa und aus anderen Kontinenten eintreten. Von Anfang an haben wir das bischöfliche Wort „Allen Völkern sein Heil“ als einen missionstheologischen Impuls aufgefasst, der in die internationale Diskussion eingebracht werden muss. Nicht andere zu belehren, sondern von ihnen und vor allem mit ihnen zu lernen, ist das Ziel. Dies spiegelt sich auch in der Anlage unseres Kongresses, zu dem wir etwa 200 Teilnehmer erwarten.

Wir sind dankbar für die Mitwirkung von Bischöfen aus vier Kontinenten. Erzbischof Theodore Edgar Kardinal McCarrick aus Washington (USA), Erzbischof Buti Joseph Tlhagale OMI aus Johannesburg (Südafrika), Bischof Wiktor Skworc aus Tarnòw (Polen) und Weihbischof John Tong aus Hong Kong (China) werden heute Nachmittag vor dem Hintergrund ihrer ganz unterschiedlichen kirchlichen, kulturellen und gesellschaftlich-politischen Lebenswelten darstellen, was es heißt, in Asien, Afrika und Amerika missionarisch Christ zu sein. Leider musste Bischof Leonel Alvaro Ramazzini aus San Marcos in Guatemala kurzfristig absagen. Sein Beitrag liegt jedoch schriftlich vor.

Der heutige Abend und der morgige Tag stehen im Zeichen der Diskussion über die verschiedenen Kontexte, in denen sich Mission zu bewähren hat. Wie bedingen sich Mission und Spiritualität? Auf welche Weise prägen die gesellschaftlichen und politischen Umstände das missionarische Handeln in unserer Zeit? Welcher Herausforderung steht die Katholische Kirche durch das Erstarken charismatischer und pentekostaler Bewegungen gegenüber? Wie können Mission und interreligiöser Dialog in einer von kulturell-religiösen Spannungen gezeichneten Welt miteinander bestehen? Das sind nur einige der Fragen, über die wir gemeinsam mit internationalen Experten – Praktikern der Seelsorge wie Wissenschaftlern – beraten wollen. Pastor Dr. Klaus Schäfer vom Nordelbischen Zentrum für Weltmission und Professor Philip Jenkins von der Pennsylvania State University werden dafür sorgen, dass dabei auch Stimmen aus anderen christlichen Kirchen zu Wort kommen.

Am Donnerstag – zum Abschluss des Kongresses – steht die Situation in Deutschland im Mittelpunkt. Bischöfe und Pastoraltheologen aus unserem Land diskutieren mit Vertretern der Weltkirche, was die hiesige Kirche von den Erfahrungen der anderen lernen kann. Welche Impulse aus der Weltkirche sollen und können in unserer Seelsorge, in unseren Diözesen und Gemeinden fruchtbar gemacht werden?

Unser Kongress „WeltMission“ wird von der Deutschen Bischofskonferenz, deren Vorsitzender Kardinal Lehmann heute Nachmittag das Eröffnungsreferat halten wird, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Katholischen Missionsrat (DKMR) veranstaltet. Im DKMR arbeiten Orden, Hilfswerke und Diözesen zusammen, um das missionarische Engagement der Kirche in Deutschland gemeinsam voranzubringen und abzustimmen. Die Mitwirkung des DKMR wird sicher dazu beitragen, dass unser Kongress in die Breite des kirchlichen Lebens hineinwirkt. Insbesondere dem Vorsitzenden, P. Eric Englert von Missio Aachen, möchte ich für sein Engagement bei der Vorbereitung der Veranstaltung herzlich danken.

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