| Pressemeldung | Nr. 047a

„WeltMission. Internationaler Kongress der Katholischen Kirche in Deutschland" vom 2. bis 4. Mai 2006 in Freising

Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, beim Pressegespräch zum Auftakt des Internationalen Kongresses der Katholischen Kirche WeltMission am 2. Mai 2006 in Freising

Es gilt das gesprochene Wort!
„,Das Evangelium vom Reich Gottes' (Lk 4,43) aller Welt zu verkünden, ist der Auftrag der Kirche. Sie kann der Welt keinen besseren Dienst tun.“ So beginnt das Missionswort der deutschen Bischöfe „Allen Völkern Sein Heil“, das im September 2004 veröffentlicht wurde. Dieses Wort ist auch die Grundlage für den Internationalen Kongress, der heute und in den kommenden Tagen hier in Freising abgehalten wird.

Der Begriff „Mission“ erlebt seit einigen Jahren in der Kirche – auch in Deutschland – eine erstaunliche Renaissance. Man darf durchaus annehmen, dass es sich hier nicht um eine Modeerscheinung handelt, sondern darin eine echte Suchbewegung zum Ausdruck kommt, die auf die Mitte von Glaube und Kirche zielt. Denn es ist nicht nur eine Sache von Selbstbewusstsein oder individuellem Temperament, ob man sich in schierer Selbstgenügsamkeit bloß des eigenen Glaubens zu versichern sucht oder aber andere mit der Freude des eigenen Christ-Seins anstecken will. Bei der Frage nach der missionarischen Qualität des Glaubens geht es um mehr: darum, wie der christliche Glaube seinem Wesen nach beschaffen ist und was den Sinn der Kirche ausmacht. Wenn auch relativ langsam, so scheint doch in unseren Breiten ein neues Bewusstsein dafür zu wachsen, dass der christliche Glaube von sich aus darauf abzielt, alle Menschen zu erreichen. In Glauben nämlich vollzieht die Kirche und in ihr jeder Christ immer neu die Lebensbewegung Jesu Christi, der nicht bei sich selbst verharrt, sondern für uns, für alle gelebt hat und gestorben ist. Glaube ist seinem Wesen nach die Weitergabe jenes Lebens, das in Jesus Christus grundgelegt ist. Aber auch wenn der Gedanke der Mission sowohl unter den Katholiken als auch in anderen Konfessionen mittlerweile auf ein neues Interesse stößt, gilt er doch vielen immer noch als belastet, als zweifelhaftes Erbe der Christentums- und Missionsgeschichte – eher ein Anlass für Schuldbekenntnisse denn ein Auftrag für die Zukunft. Die deutschen Bischöfe haben sich in ihrem Wort „Allen Völkern Sein Heil“ solchen kritischen Anfragen, die auch die Geschichte der Mission betreffen, ehrlich und nüchtern zu stellen versucht. Fehler, Versäumnisse und schuldhaftes Handeln – oft durch die Verstrickung der Mission in politische Machtkonstellationen und Interessenlagen wie zum Beispiel in den Kolonialismus verursacht – wurden nicht verharmlost. Zugleich haben wir aber auch guten Gewissens den manches Mal doch sehr primitiven Klischees einer christlichen Mission aus Europa widersprochen, die angeblich vor allem in der Zerstörung fremder Kulturen bestanden haben soll. Einer Erneuerung des missionarischen Denkens steht allerdings nicht nur die konkrete Geschichte der Mission - oder das, was im kollektiven Gedächtnis daraus geworden ist – entgegen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich auch eine Reihe von Missverständnissen und Fehldeutungen herausgebildet und verfestigt, die an den Nerv des missionarischen Gedankens rühren.Aus einer neuen Wertschätzung des Zweiten Vatikanischen Konzils für die nicht-christlichen Religionen wurde im durchschnittlichen Bewusstsein eine Art Gleichwertigkeit aller Religionen. Für einen besonderen Heils- und Wahrheitsanspruch des Christentums gibt es damit ebenso wenig Raum wie für den Gedanken der Mission. Solche Vorstellungen fanden auch in Teilen der Theologie – insbesondere in den „pluralistischen Religionstheologien“ – Anhalt. Vielerorts wurde der Interreligiöse Dialog als ein der Mission entgegengesetztes Modell für den Umgang der Religionen untereinander verstanden. Interreligiöser Dialog ist damit nicht mehr Teil der Mission bzw. ein Handlungsfeld, das neben und mit der Mission besteht. Er wird zum Missionsersatz.

Mit dem Ende des Kolonialismus ist die Internationale Soziale Frage zunehmend in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt. Gerade die christlichen Kirchen begreifen sich zu Recht als Schrittmacher für eine gerechtere Welt. Aber auch dieser wichtige Akzent hat nicht selten zu einer folgenschweren Verschiebung im Glaubensbewusstsein geführt: Das soziale Engagement verdrängte gelegentlich die Weitergabe des Glaubens oder wurde zum neuen und alles bestimmenden Inhalt von Mission. So kam es auch zu falschen Entgegensetzungen zwischen der Entwicklungsarbeit und Mission.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich in Europa (mindestens in der Theorie) ein neues Verhältnis zu anderen Kulturen herausgebildet. Zunehmend ist man sich der Relativität der eigenen Kultur und der eigenen zivilisatorischen Lebensformen bewusst geworden. Dies führte einerseits zu einer grundlegenden Vertiefung der missionarischen Anstrengungen und zu einer neuen Weise interkulturellen Kirche-Seins, andererseits bei nicht wenigen aber auch zur Ablehnung jeglicher Mission, die grundsätzlich als „westlicher“ bzw. „eurozentrischer“ Angriff auf außereuropäische Kulturen interpretiert wurde. Man soll sich nicht täuschen: Wir sind in Deutschland und in der ganzen westlichen Welt noch keineswegs über diese Infragestellungen der christlichen Mission hinweg. Wir entkommen diesen Problemen aber auch nicht durch eine bloße Restauration eines aus anderen Epochen stammenden Missionsparadigmas. Erforderlich ist vielmehr eine echte Erneuerung, die kritische Anfragen aufgreift und gerade so das Wesentliche und Eigentliche von Mission neu zum Leuchten bringt. Diesem Ziel dient das Wort der Deutschen Bischofskonferenz „Allen Völkern Sein Heil“ ebenso wie der heutige Kongress, der dieses Dokument in das Gespräch mit Bischöfen und Theologen aus den verschiedenen Regionen der Weltkirche einbringen möchte. Eine erneuerte Theologie der Mission, zu der nicht zuletzt Papst Johannes Paul II. – vor allem in seiner Enzyklika Redemptoris missio (1990) – wichtige Anstöße gegeben hat, kann an dieser Stelle natürlich nicht einmal ihren Umrissen nach dargestellt werden. Hier muss deshalb auf das Wort der deutschen Bischöfe, aber auch auf die Referate und Diskussionen dieser Tagung verwiesen werden. Auch ich werde einen Beitrag zur Grundlegung einer Theologie der Mission unter den heutigen Bedingungen zu leisten versuchen.Wenigstens einige Stichworte seien jedoch genannt: Die Kirche hat eine universale Mission, weil Gott sein Heil allen Völkern zugedacht hat. Diese Einsicht hat die Christen von Anfang an bewegt, ihren Glauben an Jesus Christus öffentlich zu bezeugen und das Evangelium vom Reich Gottes „bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8) zu verkünden. Alle Völker und alle Menschen haben ein Recht zu erfahren, dass Gott sich der Menschheit aller Epochen und Kontinente in Jesus Christus unwiderruflich zugewandt hat. Jesus Christus ist das „Licht der Völker“, so sagt das Zweite Vatikanische Konzil, und es fügt hinzu, dass dieses Licht „alle Menschen“ erleuchten soll (vgl. Lumen gentium 1). Dies ist die theologische Grundlage jeder christlichen Mission. Sie kann heute jedoch nur verständlich gemacht werden, wenn die Kirche sie in kritischer Auseinandersetzung mit einem Wahrheitsrelativismus erschließt, der unsere westliche Kultur tief durchdrungen hat. Die Verkündigung der Wahrheit setzt die Verteidigung der religiösen Wahrheitsfähigkeit des Menschen voraus. Nach der Entkolonialisierung und dem Aufbau der so genannten Jungen Kirchen kann die Mission nur noch als universalkirchliches Geschehen verstanden werden, das die Ortskirchen überall in der Welt herausfordert und wechselseitig bereichert. Lange Zeit haben wir die christliche Botschaft von Europa aus in alle Welt getragen. Diese Traditionslinie wird hoffentlich auch in der Zukunft nicht abbrechen. Aber heute wissen wir auch, dass alle in den verschiedenen Kulturen verwurzelten Ortskirchen Anteil an der missionarischen Aufgabe der Universalkirche haben. Dies betrifft nicht nur die Arbeit in den vormaligen Missionsländern. Vielmehr sind die dortigen Ortskirchen heute ihrerseits in starkem Maße auch international engagiert. Auch wir in Deutschland profitieren davon. So arbeiten zum Beispiel vermehrt Ordensleute und Priester aus Osteuropa und Übersee in unseren Diözesen. Der viel zitierte Wandel von der West-Kirche zur Welt-Kirche hat damit mittlerweile auch in unserem Land auf sehr konkrete Weise seinen Niederschlag gefunden. Hier zeigt sich: Das missionarische Handeln im eigenen Land und in der Völkergemeinschaft kann nur miteinander wachsen. Im Austausch der Erfahrungen aus unterschiedlichen Ortskirchen gewinnen wir gemeinsam. Was für die Ortskirchen gilt, trifft letztlich für alle Christen zu. „Je mehr wir Augen, Herzen und Hände für die Weltkirche unter den Völkern öffnen, desto reicher werden wir als einzelne und als Gemeinden im Glauben beschenkt und gestärkt werden“, so haben die Bischöfe in „Allen Völkern Sein Heil“ (Nr. 9) geschrieben. Das heißt: Bei der Erneuerung der Mission geht es um eine Erneuerung des weltkirchlich-missionarischen Bewusstseins aller Gläubigen. Mission ist nicht in erster Linie Thema kirchlicher Amtsträger, Arbeitsfeld von Experten und Charisma besonderer Persönlichkeiten. Sie ist Aufgabe aller Christen, weil die Kirche als ganze missionarisch ist. Nie in der Geschichte des Christentums hat die Mission außerhalb gesellschaftlicher und sozialer Wirklichkeiten gestanden. Das Engagement der klassischen Missionare etwa für Bildung und Gesundheit bezeugt dies nachdrücklich. Dies gilt auch in unserer Zeit. In einer Welt, die immer noch weit entfernt ist von Gerechtigkeit und Frieden unter den Völkern und in der die Freiheit der Menschen missachtet wird, ist die Kirche deshalb aufgerufen, die Botschaft vom Heil der Menschen als eine befreiende Botschaft zu verkünden, die tief in die gesellschaftlichen Lebenswelten eingreift. Auch das gehört – und zwar unverzichtbar – zu unserer Weltmission.

Bischof Dr. Franz Kamphaus hat als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz in den zurückliegenden Jahren mit anderen Bischöfen und Theologen manches unternommen, um in der Kirche in Deutschland das Verständnis für die Mission zu stärken. Ich bin ihm für diese weiteren Anstöße und auch dafür dankbar, dass er die hier vorgetragenen Überlegungen nun noch ergänzen und vor allem Informationen zu unserem Kongress in Freising geben wird. Ich danke der Kommission „Weltkirche“, dem Deutschen Katholischen Missionsrat und dem Bereich „Weltkirche und Migration“ der Deutschen Bischofskonferenz für diese wichtige Initiative und erbitte Gottes Segen für uns alle.

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