| Pressemeldung | Nr. 123c

Vesper-Gottesdienst bei der Ökumenischen Begegnung zum 40. Jahrestag der Tilgung der Bannsprüche von 1054 aus dem Gedächtnis der Kirche

Ansprache des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, am 7. Dezember 2005 in München

Es gilt das gesprochene Wort!


Eminenzen, Exzellenzen, hochwürdigste Herren,
liebe Schwestern und Brüder in Jesus Christus!

Dieser Ökumenische Gottesdienst gilt der festlichen Erinnerung an eine besonders denkwürdige Begebenheit am Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965): Am 7. Dezember 1965 gaben zeitgleich der damalige Ökumenische Patriarch Athenagoras in der Georgskathedrale des Ökumenischen Patriarchats und Papst Paul VI. im Petersdom, zugleich Konzilsaula, bekannt, dass die Bannsprüche des Jahres 1054 „aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche getilgt“ und „dem Vergessen anheim fallen“ sollen. Diese wechselseitigen Bannsprüche des päpstlichen Gesandten Kardinal Humbert von Silva-Candida und des damaligen Ökumenischen Patriarchen Michael Kerullarios von 1054 galten und gelten ja vielfach als Beginn des Schismas, der Kirchenspaltung zwischen Ost und West, zwischen Rom und Konstantinopel, zwischen der Orthodoxen und der Katholischen Kirche.

Nun ist die tatsächliche Geschichte komplizierter, wie nicht zuletzt die Arbeit der Gemischten Kommission unmittelbar im Vorfeld der Ereignisse des 7. Dezember 2005 gezeigt hat. Weder hat der päpstliche Delegat die Kirche von Konstantinopel insgesamt exkommuniziert noch der damalige Ökumenische Patriarch die gesamte römisch katholische Kirche. In einer langen Entfremdungsgeschichte, die schon vor 1054 begonnen hat und sich danach fortsetzte – ein schrecklicher Tiefpunkt war dabei die Eroberung und Plünderung von Konstantinopel durch das Heer der Kreuzfahrer 1204 mit der anschließenden Errichtung eines lateinischen Kaisertums – , hat 1054 einen traurigen Symbolcharakter, ist aber nicht eigentlich der Beginn des Schismas selbst. Umgekehrt wurde durch den Akt von 1965 auch die gegebene Trennung nicht einfach aufgehoben, keine volle Kirchengemeinschaft hergestellt.

Wir haben darüber, über die „Tilgung der Bannsprüche“ des Jahres 1054 „aus dem Gedächtnis und aus der Mitte der Kirche und was es bedeutet, dass sie „dem Vergessen anheim fallen“ sollen, heute Nachmittag in einem Symposion im Kardinal-Wendel-Haus eingehend gesprochen. Die Ereignisse des 7. Dezember 1965 – eingerahmt durch drei schicksalhafte Begegnungen zwischen dem damaligen Papst Paul VI. und dem damaligen Ökumenischen Patriarchen Athenagoras, 1964 in Jerusalem und 1967 zunächst beim Patriarchen von Konstantinopel sodann in Rom – stellen einen wirklichen Neubeginn dar im Verhältnis von Orthodoxer Kirche und Katholischer Kirche, einen Neubeginn nach Jahrhunderten der Entfremdung und der Missverständnisse, eine Reinigung der Erinnerung und des Gedächtnisses. Der damalige Regensburger Theologieprofessor Joseph Ratzinger, später Erzbischof von München und heute Papst Benedikt XVI. hat 1974 davon gesprochen, „das Verhältnis der ‚erkalteten Liebe’“ sei ersetzt worden „durch die Beziehung der Liebe“. Dafür wollen wir in diesem Ökumenischen Gottesdienst Gott danken. Er bringt orthodoxe und katholische Bischöfe, katholische und orthodoxe Priester, darüber hinaus viele Christen zusammen, nicht nur aus der orthodoxen und der katholischen Kirche.

Noch ist aber das 1965 Begonnene nicht vollendet, noch ist keine volle Kirchen- und Kommuniongemeinschaft zwischen der Katholischen und Orthodoxen Kirche wiederhergestellt. Darum wollen wir Gott zugleich um sein Erbarmen bitten, dass er den begonnenen Weg zur vollen, sichtbaren Einheit der Kirchen vollende.

Unser Ökumenischer Gottesdienst hat zwei Teile, eine Vesper entsprechend dem lateinischen Ritus und eine Artoklasia, eine feierliche Brotsegnung, wie sie Teil der byzantinischen Vesper vor den großen Festtagen ist. Auf diese Weise sollen beide, der lateinische Westen und der byzantinische Osten, in der ihnen eigenen Tradition zur Geltung kommen. Geleitet wird der Gottesdienst vom Erzbischof von München und Freising, Kardinal Wetter, und von dem Griechisch-Orthodoxen Metropoliten Augoustinos, der hier zugleich in besonderer Weise den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel repräsentiert. Beide werden auch abschließend gemeinsam den Segen erteilen.

Eine Artoklasia, Brotsegnung und Brotverteilung, ist keine Eucharistie- oder Kommunionfeier. Wir sind dorthin, so hoffen wir zuversichtlich, auf dem Weg. Gesegnetes und geteiltes Brot ist aber unter Christen immer mehr als ein Zeichen des Teilens und der Gemeinschaft vor allem auch des Friedens. Es mag ein Vorzeichen und ein Vorschein sein der Gemeinschaft am Tisch des Herrn, zu dem dieser uns in seiner Güte und Barmherzigkeit führen möge.

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