| Pressemeldung | Nr. 52

Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zur Veröffentlichung des Schreibens der Kongregation für die Glaubenslehre über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt am 31. Juli 2004

Das relativ knappe Schreiben knüpft durch zahlreiche Hinweise auf frühere Veröffentlichungen von Papst Johannes Paul II. und verschiedener römischer Kongregationen an bisher schon vorgetragene Perspektiven zur Anthropologie der Geschlechter und besonders zum Verhältnis von Mann und Frau an. Der Text hat offenbar das Anliegen, diese Verhältnisbestimmung sehr knapp - durch die Hervorhebung der Grundlinien und der elementaren Zusammenhänge - darzulegen, ohne die Ausführungen zu sehr durch eine direkte Auseinandersetzung mit Namen, Bewegungen und Tendenzen zu belasten und in gewisser Weise vielleicht auch zu verstellen. Der Kundige spürt aber, dass die konkrete Diskussion vor allem um die "Frauenfrage" indirekt und im Hintergrund weitgehend präsent ist. Dies gibt dem Text eine relativ einfache Diktion, die jedoch in ihrer Weite und Tiefe nicht unterschätzt werden darf.Die Grundthese ist nicht ganz neu: "Die Verteidigung und die Förderung der gleichen Würde (von Mann und Frau) und der gemeinsamen persönlichen Werte müssen mit der sorgsamen Anerkennung der gegenseitigen Verschiedenheit harmonisiert werden, wo dies von der Verwirklichung des eigenen Mann- oder Frauseins gefordert wird." (Nr. 14). Das Schreiben weiß von der Spannung zwischen den Geschlechtern, die nicht selten in Unterordnung und Diskriminierung, Feindschaft und Gewalt zu ungunsten der Frau endet. Unter Verwendung von Elementen einer Anthropologie der Polarität zwischen Mann und Frau, die jedoch keine offene oder verborgene Unterordnung der Frau zulässt, wird der Reichtum der Beziehungen im Sinne einer grundlegenden Komplementarität begriffen. Die recht verstandene Verschiedenheit verschleiert nicht die Unterschiede, sondern schafft durch ihre Anerkennung gerade neue Beziehungen.Das Schreiben lässt jedoch keinen Zweifel, dass die Anerkennung dieser Verschiedenheit - und darin besteht ein Unterschied zu vielen klassischen Polaritäts-Modellen - nur unter strikter Voraussetzung der gleichen Würde der Person von Mann und Frau legitim ist und dass dies auch konkrete Konsequenzen für die Stellung der Frau in der Kirche und in der Gesellschaft haben muss, so z. B. im Verhältnis von Familie und Arbeit (vgl. Nr. 13). Das Schreiben vertritt diese Verschiedenheit nicht naiv, sondern weiß darum, dass das konkrete Verhältnis zwischen Mann und Frau zwar von der Absicht des Schöpfers her gut, aber zugleich faktisch verwundet und entstellt ist. Die Ursünde des Menschen hat hier oft nicht nur Rivalität, Diskriminierung und Konflikte, sondern auch Gewalt und Feindschaft erzeugt. Gerade deshalb wird unter Hinweis auf zahlreiche biblische Aussagen die Beziehung zwischen Mann und Frau ganz in die umfassende Ordnung von Schöpfung und Erlösung einbezogen.Unter Voraussetzung dieses Ansatzes sieht das Schreiben im losen Anschluss an manche philosophische und theologische Theorien der Geschlechterbeziehungen das Spezifikum der Frau in der Bereitschaft einer besonderen Weise des Einsatzes "für den anderen" (vgl. Nr. 6). Dies ist natürlich ein menschlicher Grundwert überhaupt, der von Männern und Frauen zu verwirklichen ist (vgl. Nr. 14), aber die Frau realisiert ihn auf eine eigene Weise. So wird z. B. gesagt, "dass das Beste ihres Lebens darin besteht, sich für das Wohl des anderen einzusetzen, für sein Wachstum, für seinen Schutz" (Nr. 13). Dies bedeutet keine Reduktion der Frau auf die physische Mutterschaft; wohl wird diese in ihrer großen Würde und Bedeutung für die Menschheit dargestellt, aber Mutterschaft gibt es weit darüber hinaus auch im psychischen, kulturellen und spirituellen Sinn (vgl. Nr. 13). Dieser "Genius der Frau" (vgl. Nr. 13) wird im Schreiben an manchen Stellen recht eindrucksvoll geradezu als Loblied der Frau entfaltet (vgl. Nrn. 13, 14, 16). Dies ist keine übersteigerte Romantik, wie manche vielleicht meinen, sondern ein Hinweis auf die mögliche und wirkliche Größe der Würde der Frau.Vor diesem Hintergrund werden die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen Mann und Frau - dies ist ja der Titel des Schreibens - entfaltet, die fundamental Gleichwertigkeit und Achtung voraussetzt. Dabei geht es dem Schreiben mehr um die Grundlegung dieses Gedankens, weniger um die einzelnen Konsequenzen, die in anderen Veröffentlichungen des Papstes und der Kurie entfaltet werden (z. B. Enzyklika "Mulieris dignitatem", Brief an die Frauen, Brief an die Familie usw.). Das Schreiben gipfelt auf den letzten Seiten (Nrn. 15-17) in einer Besinnung vor allem auf Maria, die als ein Urbild des Frauseins verstanden wird. Die Frage nach dem Ausschluss der Frau von der Priesterweihe wird in diesem Kontext, wo ihre anderen und eigenen Vorzüge sowie ihre Sendung betont werden, mit einem Verweis auf die bekannten Dokumente, nur knapp angesprochen. Von einem möglichen Diakonat der Frau, der in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel diskutiert und gefordert wird, ist hier nicht die Rede.Der zunächst einfach erscheinende Text enthält bei näherem Zusehen viele differenzierte und auch weiterführende Elemente. Manche Perspektiven haben geradezu den Charakter einer Vision. Deswegen muss die im Schreiben enthaltene Skizze einer Anthropologie der Geschlechter auch philosophisch und theologisch, theoretisch und praktisch von den zuständigen wissenschaftlichen Disziplinen erweitert und vertieft werden. Für die Diskussion der "Frauenfrage", nicht zuletzt im Blick auf einzelne Tendenzen im Feminismus und die sogenannte Gender-Forschung, mag der Text streckenweise manchen wie eine grundlegende Herausforderung erscheinen. Man darf jedoch nicht achtlos an ihm vorbeigehen oder ihn übergehen. Die intensive Beschäftigung mit den Grundgedanken könnte zu einer heilsamen Herausforderung werden.In diesem Sinne begrüße ich für die Deutsche Bischofskonferenz die Veröffentlichung dieses gewichtigen Schreibens, das gewiss nicht nur an die Bischöfe gerichtet ist.

Mainz/Bonn 31. Juli 2004


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