| Pressemeldung

Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, zur Veröffentlichung des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens "Ecclesia in Europa" von Papst Johannes Paul II. am 28. Juni 2003

Am 28. Juni 2003 hat Papst Johannes Paul II. das Nachsynodale Apostolische Schreiben "Ecclesia in Europa" veröffentlicht. Grundlage des Dokumentes, in dem es um die Situation der Kirche im heutigen Europa geht, sind die Beratungen der 2. Sonderversammlung der Bischofssynode für Europa, zu der sich europäische Bischöfe vom 1. bis 23. Oktober 1999 in Rom versammelt hatten. Die 1. Sonderversammlung fand unmittelbar nach der Wende statt und wurde am 13. Dezember 1991 mit einer längeren Erklärung "Damit wir Zeugen Christi sind, der uns befreit hat" abgeschlossen.

Ziel des päpstlichen Schreibens ist es, vor allem für die Hoffnung Zeugnis zu geben, deren Quelle Jesus Christus ist. "Jesus Christus, der in seiner Kirche lebt - Quelle der Hoffnung für Europa" ist denn auch das Thema, das im Zentrum des Dokumentes steht. Zunächst geht der Text von einer nüchternen Situationsanalyse der Kirche und des Christlichen in Europa aus: Neben vielen Zeugnissen christlichen Glaubens werden auch eine weit verbreitete Gottvergessenheit und religiöse Gleichgültigkeit diagnostiziert. Der Freiheit der Menschen, der Achtung der Menschenrechte und der hohen Lebensqualität stehen eine um sich greifende Zukunftsangst, eine weit verbreitete "Zersplitterung des Daseins" und eine zunehmende Schwächung der Solidarität gegenüber. Der europäische Einigungsprozess hat zu großen Fortschritten in der Versöhnung zwischen den Nationen geführt, zugleich aber wird seine biblisch-christliche Verwurzelung von vielen ausgeblendet.

Angesichts dieser Zeitdiagnose macht der Text eindrucksvoll deutlich, dass Europa nicht nur eine politische und wirtschaftliche Einheit ist, sondern wie sehr Europa ein Kontinent der ethischen und spirituellen Werte sowie der Kultur ist. Dabei erinnert der Papst nachdrücklich daran, dass "der christliche Glaube tiefgreifend und maßgebend zu den Fundamenten der europäischen Kultur gehört." Der Glaube an Jesus Christus ist "eine Gabe, die der geistigen und kulturellen Einheit der europäischen Völker zugrunde liegt und die noch heute und in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Entwicklung und Integration darstellen kann."

Europa befindet sich derzeit im Um- und Aufbau. In dieser Phase der Neugestaltung ruft der Papst Europa auf, seine wahre Identität wiederzuerlangen: Es muss ein "neues Modell der Einheit in der Vielfalt aufbauen". Die Kirche kann hier einen wichtigen Beitrag leisten, da sie selbst immer schon "ein Modell wesenhafter Einheit in der Verschiedenheit der kulturellen Ausdrucksformen" ist. Die Einheit Europas darf sich nicht allein auf politischen und ökonomischen Pragmatismus beschränken. Vielmehr muss die Europäische Union die grundlegenden Werte anerkennen, zu denen das Christentum einen entscheidenden Beitrag geleistet hat: die transzendente Würde der menschlichen Person, den Wert der Vernunft, der Freiheit, der Demokratie, des Rechtsstaats und der Unterscheidung zwischen Politik und Religion. Nur so kann aus der Wertekrise, in der Europa steckt, neuer Schwung folgen, der den Bürgern Anlass zur Hoffnung gibt.

Deshalb muss sich Europa seines religiösen und insbesondere christlichen Erbes bewusst sein oder auf weiten Strecken wieder bewusst werden. Mit Blick auf die aktuelle Debatte über den vom Europäischen Konvent vorgelegten Verfassungsentwurf fordert der Papst, dass eine Verfassung Europas auch den Beitrag seines religiösen und insbesondere christlichen Erbes ausdrücklich anerkennen muss.

Die deutschen Bischöfe danken Papst Johannes Paul II. für diese bedeutende Ermutigung für die Kirche, die Gesellschaft und die Politik. Der Text nimmt viele Äußerungen der 2. Europa-Sondersynode und des Papstes selbst auf. So ist der Text eine Handreichung zentraler geistiger und ethischer Grundbausteine für ein neues Europa geworden. Die Kirche in Europa wird sich mit diesem Text mit noch größerem Nachdruck für die Verkündigung des Evangeliums in Europa und für den Aufbau einer friedlichen und gegenüber der Welt offenen Zukunftsordnung dieses Kontinents einsetzen.

Bonn / Mainz, 28.06.2003

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