| Pressemeldung

Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Lehmann, zur Verabschiedung des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes durch den Bundesrat

1.    Auch der Bundesrat hat durch die Zustimmung zum Schwangeren- und Familienhilfegesetz trotz seiner hohen Verantwortung für die Verbesserung des Lebensschutzes das Recht der ungeborenen Kinder auf Leben gemindert. Er hat damit die Mißachtung des fundamentalsten Menschenrechtes gebilligt.

2.    Der Bundesrat stellt in der zu dem Gesetz verabschiedeten Ent-schließung fest, daß die Finanzierung der Kosten nicht gesichert ist. Damit sind auch die Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen für die Frauen in Schwangerschaftskonfliktsituationen in Frage gestellt. Nach den vom Bundesrat bei anderen Gesetzgebungsvorhaben angelegten Maßstäben hätte er das Gesetz allein deswegen nicht passieren lassen dürfen. Es ist erstaunlich, wie die Befürworter des Gesetzes innerhalb und außerhalb des Parlamentes diesen Mangel offenbar hinnehmen und weitgehend darüber schweigen.

3.    Der Bundesrat hat auch nicht hingewiesen auf widersprüchliche und sachliche Mängel dieses Gesetzes bei den Verfahrensbestimmungen, obwohl die Verantwortung für den Vollzug des Gesetzes bei den Ländern liegt. Dies betrifft Inhalte und Ziel der Beratung, die Anerkennung von Beratungsstellen und die Beratung selbst für Schwangere in einer Not- und Konfliktlage.

4.    Die für die Beratung getroffenen gesetzlichen Festlegungen gefährden die Unabhängigkeit und Freiheit der Beratungsstellen, die sich in der Trägerschaft der freien Wohlfahrtspflege befinden. Sie stellen einseitig auf eine bestimmte institutionelle Form von Beratungsstellen ab und schließen faktisch das gesetzliche und verfassungsrechtlich geforderte plurale Angebot von Beratungsstellen aus.

5.    Zu dem Gesetz ist nach dem Votum des Bundesrates erneut festzustellen, daß es nicht den vom Grundgesetz geforderten und vom Bundesverfassungsgericht bekräftigten Vorrang des Lebensschutzes zum Ausdruck bringt und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau Vorrang vor dem in der Verfassung verankerten Schutz des Lebens einräumt. Entgegen der Forderung des Bundesverfassungsgerichtsurteils wird der Schwangerschaftsabbruch in der entscheidenden Bestimmung des § 218 a nicht mißbilligt, sondern gerechtfertigt. Die Tötung des ungeborenen Kindes wird als rechtens ausgegeben. Weder die geforderte Pflichtberatung, die sich im wesentlichen auf Information beschränkt, noch die im einzelnen vorgesehenen sozialen Hilfsmöglichkeiten, deren Finanzierung nicht sichergestellt ist, gewährleisten einen wirklichen Schutz der ungeborenen Kinder.

6.    Ich begrüße daher nachdrücklich die Bereitschaft der Bayerischen Staatsregierung und der Abgeordneten aus der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages, das Bundesverfassungsgericht anzurufen und das Inkrafttreten des Gesetzes zunächst im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verhindern. Das Lebensrecht und der Lebensschutz der ungeborenen Kinder sind von so grundlegender Bedeutung für unsere Gesellschaft, daß jetzt das Bundesverfassungsgericht mit dieser für unsere Werte- und Rechtsordnung entscheidenden Frage befaßt werden muß.


Bonn, 10. Juli 1992
Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz
Heike Thome
Tel.: 0228 / 103-215

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