| Pressemeldung

Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, zum Abschluß des KirchenVolksBegehrens

Viele Grundfragen des Glaubens, Forderungen nach einer Erneuerung der Kirche und Probleme der Gestaltung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land bewegen seit längerem die Christen, in einigen Punkten speziell die Katholiken. Es gibt viele Konsultationsverfahren und sehr unterschiedliche Gesprächsebenen in der Kirche: angefangen vom derzeitigen ökumenischen Meinungsbildungsprozeß zur wirtschaftlichen und sozialen Lage bis hin zu zahlreichen Foren, Diözesanversammlungen, Diözesantagen über pastorale Grundfragen, Veranstaltungen und Äußerungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der Orden, der Verbände und vieler informeller Gruppen.  Dreißig Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und zwanzig Jahre nach der Gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer ist das Gespräch in der Kirche nicht abgerissen.

Heute ist ein vorläufiges Ergebnis des sogenannten KirchenVolksBegehrens bekanntgegeben worden. Nicht wenige sahen offenkundig darin für sich eine Möglichkeit, ihre Sorge über die Lage der Kirche zum Ausdruck zu bringen. Der vielerorts gutgemeinte Einsatz zahlreicher Helferinnen und Helfer läßt sich nicht übersehen.

Wir können jedoch trotz der Beteiligung so vieler in dem gewählten Verfahren des KirchenVolksBegehrens keinen geeigneten Beitrag zu dem erwähnten Dialog sehen. Auf diese Weise lassen sich die angesprochenen Fragen nicht zu einer ernsthaften Klärung bringen, vielmehr wurden durch die Aktion überzogene Erwartungen geweckt. Die Bischöfe haben schon zu Beginn deutlich gemacht, daß viele Forderungen des KirchenVolksBegehrens zu pauschal formuliert sind und schon darum kein angemes¬sener Gesprächsbeitrag sein können.

Der Prozeß hat freilich in seinem Verlauf bis zum heutigen Abschluß auch einiges deutlich erkennbar werden lassen:

1.    Das KirchenVolksBegehren hat vorhandene Polarisierungen an den Tag gebracht und teilweise verstärkt.

2.    Wo im Zusammenhang oder am Rande des KirchenVolksBegehrens Gespräche zu den Problemen angeboten worden sind, ist offenbar geworden, daß in Gesellschaft und Kirche ohne Zweifel nicht nur über die im KirchenVolksBegehren angesprochenen Themen, sondern vor allem auch über Fragen des Glaubens und der Moral ein sehr hoher Informations- und Gesprächsbedarf besteht. Manche im Zusammenhang mit dem KirchenVolksBegehren geführten Gespräche sind hier gewiß eine Hilfe gewesen. Vielfach provozierten die Ziele und Forderungen des KirchenVolksBegehrens jedoch auch Unsicherheit und Verwirrung.

3.    Das KirchenVolksBegehren hat keine neuen Gesichtspunkte an den Tag gebracht. Die Aktion hat zudem den Nachteil, daß durch die plakative Benennung von bestimmten Reizthemen und durch den Begriff der "Drohbotschaft" ein schiefes oder ein falsches Bild von der Kirche vermittelt wurde. Entscheidende Fragen wurden davon überlagerte. Nötig ist nicht zuerst eine erneute Konzentration auf innerkirchkliche Strukturfragen. Die Zukunft der Kirche entscheidet sich in der Gottes- und Glaubensfrage.

Die richtige Gewichtung und die sorgfältige, gesprächsbereite Behandlung der genannten Fragen bleibt für die Erwachsenenbildung, die Glaubensunterweisung, den Religionsunterricht, die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, die Akademien, die Theologie und nicht zuletzt für jeden einzelnen eine große, gemeinsame Aufgabe.

Bonn/Mainz 19.11.1995
Bischof Karl Lehmann
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

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