| Pressemeldung | Nr. 069a

Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zum Tag des Sozialen Engagements "underconstruction" auf der Pressekonferenz am 12. August 2005 in Mainz (Pfarrgemeinde St. Peter)

Beim Weltjugendtag in Toronto 2002 hat Papst Johannes Paul II. die Jugendlichen aufgefordert, "Baumeister einer neuen Zivilisation der Liebe und der Gerechtigkeit" zu sein. Der Tag des Sozialen Engagements ist eine konkrete Antwort auf diesen Auftrag. Auch Papst Benedikt XVI. hat deutlich gemacht, dass er den Jugendlichen zutraut, für eine bessere Welt einzutreten: In seiner Ansprache am 25. April 2005 hat er den Pilgern aus Deutschland in Rom zugerufen: "Die Jugend will das Große. Sie will, dass dem Unrecht Einhalt geboten ist. Sie will, dass die Ungleichheit überwunden und allen ihr Anteil an den Gütern der Welt zuteil wird. Sie will, dass die Unterdrückten ihre Freiheit erhalten. Sie will das Große. Sie will das Gute."
Der heutige Tag des Sozialen Engagements "underconstruction" macht diesen Auftrag sichtbar, wenn junge Menschen aus über 160 Nationen bundesweit mitbauen an einer gerechten Welt. Dies ist in dieser Dimension einmalig in Deutschland. Insbesondere in den Bereichen Jugendsozialarbeit, karitative Dienste, Umwelt und fairer Handel werden schätzungsweise 4.000 Projekte durchgeführt und über eine Million Stunden ehrenamtlichen Engagements geleistet. Im Vorfeld des XX. Weltjugendtags setzen damit die Gäste und Gastgeber ein deutliches Zeichen der Solidarität mit benachteiligten Menschen zur Bewahrung der Schöpfung, für Gerechtigkeit und Frieden. Durch die gemeinsame Arbeit können die Jugendlichen über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg auch das vielfältige Engagement der Katholischen Kirche im karitativ-sozialen Bereich kennen lernen.Bereits in Toronto gab es beim Weltjugendtag soziale Projekte als ein freies Angebot. Die deutschen Bistümer haben das Angebot ausgebaut und dem diakonischen Handeln in den Tagen der Begegnung einen ganzen Tag gewidmet. Die Diakonie gehört mit Glaubensvermittlung und Gottesdienst zu den Grundzielen der katholischen Jugendpastoral. Dabei ist nicht nur an die großen Sozialaktionen der Jugendverbände wie die 72-Stundenaktionen zu denken, sondern auch an die alltägliche wertvolle Arbeit, die in unseren Pfarreien, Jugendverbänden, Orden und Bewegungen oder auch in der Jugendsozialarbeit das ganze Jahr über geschieht. Eine jüngste Umfrage "Perspektive Deutschland" des ZDF, des Internetunternehmens AOL, des Magazins "Stern" und der Unternehmensberatung McKinsey ergab, dass die in der Kirche engagierten jungen Katholiken (16 - 29Jährige) selbstbewusster und damit zuversichtlicher als ihre Altersgruppe insgesamt sind. Sie haben auch einen größeren Wunsch nach Veränderungen und eine größere Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren. Dies macht Mut.Jugendliche müssen als Subjekte, als verantwortlich Handelnde verstanden und ernst genommen werden. Sie sind keine Objekte der Pastoral oder Konsumenten einer reinen Freizeitbeschäftigung. Der Glaube gibt den jungen Menschen nicht nur Halt und Zuversicht, sondern beflügelt sie auch, aktiv zu werden. Sie spüren: Wenn sie ihr Leben aus dem Glauben gestalten und so Gott bezeugen, bewegen und bewirken sie etwas. Ihr direktes Um- und Lebensfeld ist diese Welt. Ihnen muss Raum und Unterstützung gegeben werden, die gesellschaftlichen Strukturen und Nöte der Menschen zu erkennen, Handlungsmöglichkeiten zu entfalten und zu erproben. Kirche und Gesellschaft können dabei von ihrer Tatkraft und Kreativität nur profitieren, so wie es sich heute vielfältig bundesweit zeigt.Auch wenn das Handeln der Jugendlichen beim Tag des sozialen Engagements lokal beschränkt zu sein scheint, so geht ihr Blick doch über die Grenzen hinaus. In der Zusammenarbeit von deutschen und ausländischen Jugendlichen vernetzt sich ihr Engagement in christlicher Geschwisterlichkeit weltweit. Weil die katholische Kirche Weltkirche ist, geht der Blick auf die Eine-Welt nicht verloren. Der heutige Tag macht dies nochmals besonders deutlich.Als Christen sind wir alle gefordert, die aktuelle gesellschaftliche Situation zu analysieren und dazu beizutragen, dass die Würde des Menschen als Geschöpf Gottes bewahrt bzw. wiederhergestellt wird, wo sie verletzt wird. In seiner Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis schrieb Papst Johannes Paul II. im Jahr 1987: "Deshalb möchte ich mich [...] schlicht und demütig an alle wenden, an Männer und Frauen ohne Ausnahme, dass sie, überzeugt vom Ernst des gegenwärtigen Augenblickes und der jeweiligen Verantwortung eines jeden - mit ihrem persönlichen und familiären Lebensstil, durch die Art des Gebrauchs ihrer Güter, durch ihr Mitwirken als Bürger, mit ihrem Beitrag zu den wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen und mit ihrem Einsatz auf nationaler und internationaler Ebene - die von Solidarität und vorrangiger Liebe zu den Armen inspirierten Maßnahmen verwirklichen. So fordert es der Augenblick, und so fordert es vor allem die Würde der menschlichen Person, unzerstörbares Ebenbild des Schöpfers, identisch in einem jeden von uns." (Nr. 47)Die Jugendlichen folgen in ihrem diakonischen Handeln dem Beispiel Jesu Christi, der vom Vater gesandt wurde, "den Armen frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind" (Lk 4,18). Durch diese Nachfolge machen sie die missionarische Dimension der Kirche deutlich, die sich allen Menschen zuwendet und am Heilsplan Gottes für die Menschen mitwirken will. Jesus hat seine Jünger aufgefordert, selbst dienend an einer gerechteren Welt mitzubauen (vgl. Mt 10,7-8//Lk 10,8-9).Exemplarisch zeigen die jungen Christen aus aller Welt am heutigen Tag ihre Bereitschaft, mit wachen Augen die Zeichen der Zeit zu entdecken, diese kritisch zu befragen, um Handlungsmodelle zu entwickeln, die eine gerechtere Gesellschaft als Ziel haben. Sie bleiben nicht bei der Analyse stehen, sondern legen selbst mit Hand an, um im Sinne Jesu Christi und zum Wohl aller Menschen an einer "Zivilisation der Liebe und Gerechtigkeit" mitzubauen.Die Vorbereitung und Durchführung dieses Tages hat nicht zuletzt auch zu zahlreichen Kooperationen mit karitativen und sozialen Einrichtungen anderer Träger geführt und damit die wertvolle kommunale und ökumenische Zusammenarbeit gefördert. Diese Netzwerke bieten gute Anknüpfungspunkte über den Weltjugendtag hinaus.Es werden gerade die künftigen Generationen sein, die das Bewusstsein dieser gemeinsamen Verantwortung für unsere Erde und alle Menschen stärker spüren und auch tatkräftiger umsetzen müssen in die Wirklichkeit unseres Lebens. Die Erfahrungen dieses Tages und der Tage der Begegnung sowie des Weltjugendtags insgesamt sollen keine Eintagsfliege sein. Vielmehr sollen sie das Bewusstsein prägen, wie sehr die Menschen unserer Erde einander verpflichtet bleiben und in Solidarität aufeinander angewiesen sind. Es ist eine Einübung in die Verantwortung künftiger Generationen füreinander. Die jungen Menschen können erfahren, dass wir nicht nur eine auf Gedeih und Verderben zusammen gewürfelte Schicksalsgemeinschaft sind, sondern wir sind auch durch den Mut des Glaubens eine wahre Hoffnungsgemeinschaft. So rüsten wir einander für die künftigen Entscheidungen, sind sozusagen immer "underconstruction".Ich danke allen, die sich in den Bistümern und Arbeitsstellen, Gruppen und Verbänden, Einrichtungen und Organisationen heute in vielfältiger Weise für ein Gelingen dieses Tages einsetzen. Sie geben damit ein eindrucksvolles Zeichen innerhalb und außerhalb unserer Kirche. Durch die Aktion "underconstruction" geschieht mehr als man glaubt: Die Wahrheit ist konkret. Diese Einsicht darf in den kommenden Tagen nicht fehlen.

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