| Pressemeldung

Statement des Beauftragten für die Männerseelsorge der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Prof. Dr. Ludwig Schick, bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der neuen Richtlinien für die Männerseelsorge und kirchliche Mä

Es gilt das gesprochene Wort!
Männerarbeit hat in der Kirche eine lange Tradition. Bis in die 80er Jahre war diese Arbeit an der klassischen Standesseelsorge orientiert. Dem vorherrschenden Geschlechterbild entsprechend, das den Männern den "Außenbereich" des Berufes und des öffentlichen Lebens zuwies, war Männerseelsorge bemüht, Männer durch religiös-spirituelle Begleitung und politisch-soziale Bildung in ihrem "Weltauftrag" zu unterstützen.
Heute haben sich die Herausforderungen und Aufgaben kirchlicher Männerseelsorge verändert: Männerseelsorge findet inmitten eines radikalen Wandels der Geschlechterrollen und in einer tiefgehenden Krise traditioneller Männlichkeit statt. Dies betrifft alle Dimensionen des Lebens der Männer: In der Öffentlichkeit, im Beruf, in Familie und Ehe. Männerseelsorge will Männern in dieser Umbruchs- und Krisensituation solidarische Wegbegleiterin sein. Sie unterstützt sie bei ihrer Suche nach einer neuen Geschlechtsidentität und neuer Partnerschaftlichkeit in Ehe und Familie. Sie lädt die Männer ein, ihren Weg - wie es die Richtlinien formulieren - "in der Gemeinschaft mit der Kirche zu gehen und ihre Suche nach Identität und gelingendem Leben immer wieder neu am Evangelium auszurichten". Eine am konkreten Leben der Männer orientierte kirchliche Männerseelsorge und Männerarbeit bietet Männern Erlebnis- und Erfahrungsräume, um sich mit überkommenen Rollen auseinander zu setzen und um ihr Zusammenleben mit Frauen, Kindern, mit anderen Männern aus Freiheit und im Angesicht Gottes zu gestalten.
Der katholischen Männerseelsorge und Männerarbeit, wie sie in Deutschland bereits in einer Reihe von Diözesen durchgeführt und durch die Richtlinien für alle Bistümer empfohlen wird, geht es also um "Männerentwicklung". Männerentwicklung hat sowohl zu tun mit Persönlichkeitsentwicklung, aber auch mit dem Wachsen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, den Tugenden, die das Verhältnis zu Gott beschreiben. Kirchliche Männerseelsorge und Männerarbeit integrieren daher Elemente der Erwachsenenbildung, der Seelsorge, der Beratung, der Therapie und nicht zuletzt der Selbsthilfe von Männern für Männer. Männergruppen, Informations- und Gesprächsabende für Männer, problemorientierte Veranstaltungen mit therapeutischer Begleitung, Angebote zur persönlichen Spiritualität, religiöse Besinnungstage, Freizeitaktivitäten, männerpolitische Arbeit - die Angebote der Männerpastoral in den deutschen Diözesen umfassen ein breites Spektrum.
Ziel ist es, Männer zu unterstützen, den Rollenwandel, der ihnen durch die gesellschaftliche Entwicklung hin zu einem partnerschaftlichen Miteinander der Geschlechter abverlangt wird, gut zu vollziehen. Es geht nicht um eine - womöglich halbherzige - Anpassung an neue Rollenkorsetts ("neuer Mann"). Vielmehr geht es um Beziehungs- und Partnerschaftsfähigkeit und um Kompetenz und Eigenständigkeit in der Gestaltung des persönlichen und des religiösen Lebens. Katholische Männerseelsorge und Männerarbeit leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag für eine geschlechtergerechte Gestaltung aller Lebensbereiche. Der Austausch und die Zusammenarbeit speziell mit der Frauenseelsorge, der Jugend- und Familienarbeit wird in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein.
Mit den Richtlinien unterstreichen die deutschen Bischöfe die Notwendigkeit einer erneuerten katholischen Männerseelsorge und Männerarbeit. Sie sprechen zugleich die Empfehlung aus, in den deutschen Diözesen entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten dafür personell und strukturell die Voraussetzungen zu schaffen. Auf Bundesebene präzisieren und erweitern die Richtlinien die Aufgaben der Kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge und Männerarbeit in den deutschen Diözesen, die als Fachstelle im Auftrag der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz die pastoralen Initiativen auf Diözesanebene begleitet und unterstützt.
Mit den vom Ständigen Rat der Bischofskonferenz verabschiedeten Richtlinien benennen die deutschen Bischöfe auch die theologischen Grundlagen zeitgemäßer Männerpastoral. Sie formulieren Perspektiven, wie die katholische Männerseelsorge und Männerarbeit heute ihrem Grundauftrag gerecht werden können. Sie tun dies vor dem Hintergrund eines beschleunigten gesellschaftlichen Wandels, der tief in die Identität der Geschlechter und die Gestaltung der Verhältnisses der Geschlechter eingreift. Dieser Wandel kann sich auch zerstörerisch für die Menschenwürde auswirken. Wenn sich Männer und Männerseelsorge seinen Zumutungen aktiv stellt, dann ist der Wandel jedoch auch ein Chance für ein Zusammenleben der Menschen, das gerechter und evangeliumsgemäßer sein kann.
Anlage zum Statement
Männerleben im Wandel ...
Die neuen Richtlinien sind kaum verständlich, wenn man sich nicht den gesellschaftlichen Wandel in seinen Wirkungen auf die Geschlechtsidentität und auf das Verhältnis der Geschlechter vor Augen führt. Dazu sollen einige Beobachtungen angefügt werden, die im Hintergrund der Abfassung der Richtlinien standen:

Immer mehr Männer spüren die Einseitigkeiten und die Brüchigkeit ihrer bisherigen Lebensgestaltung. Zunehmend erfahren sie ihr auf Arbeit verkürztes "halbiertes Leben" als defizitär. Sie fühlen sich betrogen um Partnerschaft und das Leben mit ihren Kindern. Das halbierte Leben hindert sie, eine eigene männliche Emotionalität zu entwickeln und die religiösen Dimensionen des Lebens zu entdecken. Denn zu einer lebendigen Religiosität gehören Beziehungen jenseits von Zweckrationalität, wie sie die Familie seit alters her realisiert. Dazu gehören Muße, Entspannung, Zeit zum Durchatmen und Zuhören, Räume, die seelische und zwischenmenschliche Wachstums- und Reifungsprozesse ermöglichen. Die Sehnsucht danach, die so oft im eklatanten Kontrast zur Alltagerfahrung steht, lässt Männer nachdenklich werden und Neues versuchen.
Vielfach gelingt diese Neuorientierung Männern erst durch heftige Brüche und tiefe Krisen im eigenen Leben: Krankheiten, "Burn-out", Arbeitslosigkeit oder Frührente, Beziehungskrisen und Trennung von der Partnerin und den Kindern. Solche Lebenssituationen führen viele Männer zunächst in einen heillosen Strudel von Enttäuschung und Auflehnung, Ohnmacht und manchmal auch Aggressionen. Es ist ein langer, mühsamer, manchmal einsamer Weg, der daraus wieder herausführt.
Erfreulicherweise wagen immer mehr Männer den Aufbruch in eines neues Selbstverständnis aus freien Stücken. Sie nützen die Chancen der Individualisierung, experimentieren mit kürzeren Arbeitszeiten, nehmen "Elternurlaub", verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern, achten auf eine gesündere Ernährung, kümmern sich um die Pflege der eigenen Innenwelt und um gute Beziehungen zu anderen Männern und Frauen.
Die größte Gruppe der Männer jedoch - und dies war ein zentrales Ergebnis der von der Gemeinschaft der Katholischen Männer Deutschlands und der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland in Auftrag gegebenen empirischen Männerstudie aus dem Jahre 1998 - schwankt eher unsicher zwischen traditionellen und "neuen" Vorstellungen. Diese Männer erleben sich wie Drahtseilakrobaten zwischen zu vielen widersprüchlichen Anforderungen und Zwängen in Beruf, Partnerschaft, Erziehung und Freizeit.
Alles Handeln der Kirche an und für die Menschen zielt darauf, den liebenden und erlösenden Gott, der uns in Jesus Christus begegnet, im Leben der Menschen im Hier und Jetzt erfahrbar zu machen. Als Bestandteil dieses umfassenden Heilsdienstes der Kirche hat die katholische Männerseelsorge und Männerarbeit die Aufgabe dazu beizutragen, dass auch im und durch das Leben der Männer Gott als heilend und lebensfördernd erlebbar wird.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz