| Pressemeldung | Nr. 118a

Statement Bischof Norbert Trelle (Hildesheim) anlässlich des Pressegesprächs während der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 22.09.2009

Katholische Auslandsseelsorge

Ich freue mich, dass ich heute in meiner Eigenschaft als Mitglied der Migrationskommission und zugleich als der für das Katholische Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz zuständige Bischof mit Ihnen über die Arbeit der Katholischen Auslandsseelsorge sprechen darf. Denn die Katholische Auslandsseelsorge gehört zu den von der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen Aufgaben, die die Deutsche Bischofskonferenz seit vielen Jahren leistet und die doch von erheblicher Bedeutung für das Handeln der Kirche ist.

Erlauben Sie mir, bevor wir ins Gespräch kommen, diese Arbeit ein wenig vorzustellen:Deutschsprachige katholische Auslandsseelsorge kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Erste Anfänge gab es bereits im 14. Jahrhundert in Rom und Lissabon, im 16. und 17. Jahrhundert in Neapel und Paris. Anlass war die Erkenntnis, dass Seelsorge in der Muttersprache für Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in der Fremde leben, von großer Bedeutung ist. Die eigene Sprache ist Grundlage und wesentliche Voraussetzung nicht nur für Kultur und Brauchtum, sondern auch für die Entfaltung und die Praxis des eigenen Glaubens. Daher unterstützen und fördern wir sowohl die deutschsprachige Seelsorge im Ausland als auch umgekehrt die vielen muttersprachlichen Gemeinden hier in Deutschland.Keine Sorge, ich werde Ihnen jetzt keine ausführliche Geschichte der Auslandsseelsorge präsentieren, nur soviel: Den großen Aufschwung hatte die Auslandsseelsorge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 20., als sich Millionen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum aufmachten, um aus ökonomischen, aber auch aus religiösen und politischen Gründen zu emigrieren. So wanderten zwischen 1820 und 1967 über 6,5 Millionen Deutsche allein nach Amerika aus, 700.000 nach Kanada und 800.000 nach Brasilien. Es entstand in dieser Zeit eine Vielzahl von unterschiedlichen kirchlichen Hilfseinrichtungen, die sich um die Auswandernden sorgten. Es kam vor, dass damals ganze Dörfer mit Lehrer und Pfarrer Deutschland verließen. Andere Gruppen wurden von Ordensgeistlichen begleitet. Vor allem die große Zahl der Migranten nach dem 1. Weltkrieg machte deutlich, dass es einer Koordination bedarf und so wurde bereits im Jahr 1921 der Vorläufer des heutigen Katholischen Auslandssekretariates durch die Deutsche Bischofskonferenz gegründet. Diese Auswandererseelsorge mit ihren geografischen Schwerpunkten in Kanada, Südamerika und Australien verliert heute an Relevanz, denn nach etwa zwei bis drei Generationen sind diese Menschen soweit in der neuen Heimat integriert, dass sie der deutschsprachigen Seelsorge nicht mehr so stark bedürfen. Hier helfen wir, dass vor Ort deutschsprachige Seelsorger gefunden werden, die sich um diese Gemeinden kümmern.Die Globalisierung sorgt dafür, dass seit einigen Jahrzehnten eine neue Form der Migration ins Blickfeld der Auslandsseelsorge rückt: die Arbeitsmigration. Immer mehr Menschen verlassen aus beruflichen Gründen Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt muss man jährlich von etwa 160.000 Deutschen ausgehen, die – meist nur befristet für einige Jahre – ins Ausland gehen, oft mit ihren Familien. Sie treffen, z. B. im asiatischen Raum, auf völlig andere Kulturen und auch die dortige Ortskirche ist kulturell anders geprägt. Das Wissen um den nur begrenzten Aufenthalt in der Fremde trägt natürlich ganz anders als bei den Emigranten des 19. und 20. Jahrhunderts dazu bei, dass die Bereitschaft zur Integration in die neue Kultur nicht so stark ausgeprägt ist. Gerade diese Menschen, häufig sind es junge Familien, benötigen deutschsprachige Seelsorge, denn die Eltern möchten ihre Kinder zu den Sakramenten führen. Sie suchen aber auch intensiv den muttersprachlichen Austausch untereinander, denn die Landessprache zu lernen, ist in den wenigen Jahren des Auslandsaufenthaltes nur unvollkommen möglich. Deutschsprachige Auslandsseelsorge hat in diesen Ländern nicht nur eine sakramentale oder liturgische Funktion, sie ist auch stark auf gemeindliche Aspekte ausgerichtet.

Diese Form der Seelsorge, wir nennen sie Metropolenseelsorge, bildet heute den Schwerpunkt der Auslandsseelsorge. Sie finden solche Gemeinden in allen großen wirtschaftlichen und politischen Metropolen. Einige Standorte möchte ich nennen, um einen Eindruck von der globalen Ausbreitung zu vermitteln: Paris, London (mit zwei Gemeinden), Brüssel, Istanbul, Kairo, Kapstadt, Washington, Hongkong, Sao Paulo, Quito, Neu Delhi, Schanghai, Peking, Moskau, Madrid, Barcelona, New York, Lissabon, Athen, Kopenhagen, Mailand, Warschau, Barcelona, Caracas, Mexiko, Buenos Aires, La Paz, Bogota, Lima, Johannesburg, Singapur, Tokio, Seoul und nicht zuletzt Sydney.

Diese unvollständige Aufzählung macht eindringlich deutlich, an wie vielen Orten heute Metropolenseelsorge durch die Deutsche Bischofskonferenz sichergestellt wird. Hierbei handelt es sich fast immer um Personalpfarreien, die mit Zustimmung des Ortsbischofs errichtet werden. Hinzu kommen noch eine ganze Reihe von Ansprechpartner und Seelsorgestellen, die helfen, dass Katholiken auch im Ausland einen deutschen Seelsorger ansprechen können. Die ist z. B. der Fall in Reykjavik, Abano Therme, Zagreb, Malmö, Kaliningrad, Santo Domingo oder Lagos.Insgesamt gehen wir im Bereich der Metropolenseelsorge von ca. 120 deutschsprachigen katholischen Gemeinden und Seelsorgestellen aus. Für den eingangs genannten Bereich der Auswanderergemeinden liegt die Zahl bei etwa 15 Gemeinden. Diese beiden Felder umfassen also schon etwa 135 Gemeinden. Und noch ein weiterer Zweig der Auslandsseelsorge verdient besondere Beachtung: Die Tourismus- und Residentenseelsorge. Seit dem Aufkommen des Massentourismus Anfang der 60er Jahre steigt stetig die Zahl der Menschen, die als Touristen (für einige Wochen) oder als Residenten mit fester Wohnung für einige Monate oder auf Dauer ins Ausland gehen. 10 % aller Deutschen, also über 8 Millionen Menschen, verbringen ihren Urlaub in Spanien, 8 % in Italien und 5 % in Griechenland.

Hunderttausende »überwintern« auf den Balearen, Kanaren oder an der spanischen Ostküste. Auf Mallorca haben etwa 56.000 Deutsche eine eigene Immobilie und knapp 30.000 leben ständig auf der Insel. An der spanischen Ostküste liegen mehr als 200.000 Bauanträge von Deutschen vor. Immerhin 8.000 deutsche Residenten leben an der türkischen Ostküste, und am Indischen Ozean in Kenia gehen wir von 2.500 Residenten aus. Diese hohen Zahlen machen es notwendig, auch diesen Menschen ein seelsorgliches Angebot zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommt, dass liturgische Angebote im Urlaub intensiver genutzt werden als in Deutschland. Gerade in diesen Urlaubsgebieten tritt verstärkt auf, was man allgemein als spirituellen Tourismus bezeichnet. So gehört die Kathedrale von Palma zu den meistbesuchten Kirchen, auch von Deutschen. Daneben verlangen – besonders bei der Gruppe der Residenten Probleme wie Einsamkeit und Armut besondere Unterstützung. Menschen, die vor 20 oder 30 Jahren ihre Zelte in Deutschland abgebrochen haben, können sich heute, besonders nach dem Tod des Ehepartners den Aufenthalt im Ausland oft nicht mehr leisten, haben aber auch nicht mehr die Möglichkeit und die Kraft zur Rückkehr. Die Begleitung dieser Menschen geschieht in 10 deutschsprachigen Gemeinden und Seelsorgestellen auf den Kanaren, den Balearen, an der spanischen Ostküste und an der türkischen Riviera.Ich möchte noch auf eine spezielle Form der Auslandsseelsorge zu sprechen kommen: Die internationale Pilgerseelsorge. Sie wird seitens des Auslandssekretariates in Jerusalem, Rom, Assisi, Lourdes und Fatima zur Verfügung gestellt. Seit Beginn des Christentums haben sich Menschen auf den Weg zu zentralen Stätten des Glaubens gemacht. Und seit einigen Jahren nehmen wir wahr, dass die Zahlen im Bereich Pilgern und Spirituellem Reisen rasant steigen. In diesem Phänomen wird eine große Sehnsucht der Menschen deutlich, auf die es zu antworten gilt.

Allein nach Rom kommen pro Jahr 4–5 Millionen Pilger, davon hunderttausende Deutsche. Viele von ihnen wollen an der Mittwochsaudienz des Papstes teilnehmen, eine große Zahl sucht aber auch Rat und Hilfe oder ein geistliches Angebot. Daher bedarf es in Rom einer eigenen deutschsprachigen Pilgerstelle, die die Deutschen Bischöfe auch seit vielen Jahren unterhalten. In diesem Sommer ist die Pilgerstelle umgezogen an die Tiberbrücke, direkt gegenüber der Engelsburg und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wird die neue Stelle am 7. Oktober einweihen. Zu den besonderen Pilgerorten gehört natürlich Jerusalem. Hier sorgt sich ein Priester der Benediktinerabtei Dormitio um die Menschen, die das Heilige Land besuchen. Einen eigenen Seelsorger haben wir auch in Lourdes, wo jährlich hunderttausende deutsche Katholiken Trost und Hilfe suchen. Aber auch Fatima und Assisi sind stark frequentierte Wallfahrtsorte, die eine deutschsprachige Seelsorge benötigen. Oft wünschen Gläubige gerade in diesen Orten jemanden, bei dem sie in der Muttersprache beichten können oder der mit ihnen die Hl. Messe feiert.

In früheren Jahrhunderten war das Pilgern mühsam und mit großen Gefahren verbunden. Heute ist es dank der modernen Mobilität einfacher geworden, aber immer noch gibt es viele Menschen, die sich zu Fuß auf den Weg machen, um die Heiligen Stätten des christlichen Glaubens zu besuchen. Besonders zu nennen ist hier natürlich der Camino, der Weg nach Santiago di Compostela zum Grab der Apostels Jakobus. Derzeit machen sich jährlich etwa 15.000 Deutsche auf diesen Weg. Wir gehen davon aus, dass im kommenden Jahr, das als sog. Heiliges Jahr gefeiert wird, da der Patronatstag auf einen Sonntag fällt, die Zahl doppelt so hoch sein wird. Ich freue mich, dass es uns wahrscheinlich möglich ist, im kommenden Jahr in Santiago einen eigenen Seelsorger zur Verfügung zu stellen, der die Pilger, die ja überwiegend Einzelpilger sind, empfangen und vor Ort begleiten wird.Nur noch kursorisch möchte ich die beiden Aufgabenfelder nennen: Internationale Kurseelsorge mit ihren Angeboten in Davos und Ein Bokek am Toten Meer und die etwa 50 Kreuzfahrten, die durch Priester in jedem Jahr begleitet werden.Dass solche Seelsorge nicht preiswert ist, ist Ihnen sicher sofort einsichtig. Eine Wohnung in Tokio oder in Schanghai kostet einiges mehr als in Deutschland. An anderen Orten sind die Kosten niedriger. Bislang wird ein Großteil der Kosten durch die Deutsche Bischofskonferenz getragen, verstärkt sind aber die Gemeinden vor Ort aufgefordert, einen Eigenbeitrag zu leisten. Insbesondere auch unter der Rücksicht, dass künftig das Kirchensteueraufkommen sinken wird.

Geleistet wird diese Form der Seelsorge in erster Linie von Priestern, die von ihren Diözesen dankenswerterweise zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus gibt es aber auch eine Reihe von Pastoral- und Gemeindreferenten, die helfen, die Seelsorge sicherzustellen. Ausdrücklich möchte ich meinen Mitbrüdern im bischöflichen Amt an dieser Stelle danken, dass sie immer wieder bereit sind, trotz der geringeren Zahlen Seelsorger zur Verfügung zu stellen. Der Aufenthalt im Ausland ist übrigens in der überwiegenden Zahl der Einsätze zeitlich befristet, denn es hat sich gezeigt, dass sonst die Rückkehr ins Heimatbistum schwer fällt.Katholische Auslandsseelsorge ist ein Feld kirchlichen Handelns, dass üblicherweise wenig im Blickfeld ist. Ich hoffe, meine Ausführungen haben ein wenig deutlich machen können, wie wichtig dieser Bereich ist und welche große Rolle diese Form der Seelsorge heute spielt. Gerne können wir darüber jetzt ins Gespräch kommen, und ich freue mich, dass der Leiter des Auslandssekretariates, Pfr. Peter Lang, bei uns ist, der selbst über 10 Jahre in Australien als Seelsorger tätig war.

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