| Pressemeldung | Nr. 151

Predigt von Kardinal Rainer Maria Woelki in der Eucharistiefeier zur Herbst-Vollversammlung in Fulda

Liebe Mitbrüder,
liebe Schwestern und Brüder,

wenn ich am heutigen Tage vor der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz zu den Texten der heutigen Lesungen predigen sollte, dann gäbe es da ein paar Fragen. Können wir alle wirklich von Herzen bekräftigen, was die Heilige Schrift uns heute im Buch der Sprüche sagt:

„Gib mir nicht Armut, nicht Reichtum! Lass mich essen mein zugemessenes Brot!“? Und tun wir wirklich, um das Reich Gottes zu verkünden, das, was Jesus uns im Lukasevangelium aufträgt: „Nehmt nichts mit auf den Weg, weder einen Stab noch eine Tasche, noch Brot, noch Geld“.

Ich bin der Erzbischof von Köln. Ich habe einen Stab. Ich habe eine Tasche. Ich werde gleich gut frühstücken. Der Haushalt des Erzbistums Köln beläuft sich in 2018 auf rund 880 Millionen Euro. Gut, ich kann das alles erklären. Aber ich habe merkwürdigerweise auch Schwierigkeiten, den Menschen das Reich Gottes zu verkünden. Auch das kann ich natürlich erklären. Doch ich weiß nicht, ob all diese Erklärungen den Herrn am Jüngsten Tag überzeugen werden. Ich muss Buße tun.

Gestern hat der Vorsitzende unserer Bischofskonferenz, unser Mitbruder Reinhard Kardinal Marx, mit wirklich guten Worten im Namen von uns allen öffentlich unsere Beschämung über den Missbrauchsskandal zum Ausdruck gebracht. Ich fühle in diesen Stunden in besonderer Weise mit den Betroffenen. Und ich schäme mich für das, was durch uns auch als Kirche geschehen ist. Ich will nicht zum Mittäter werden durch Wegsehen, Vertuschen oder Bagatellisieren.

Fides heißt im Lateinischen nicht nur Glauben, sondern auch Vertrauen. Nicht nur die Bischöfe in den USA oder Australien oder Irland, sondern auch wir Bischöfe in Deutschland haben, dadurch, dass wir Gutes unterlassen und Böses getan haben, das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen, von deren Eltern, Freunden und Angehörigen, missbraucht. Dafür müssen wir all diese Menschen um Vergebung bitten und ihnen überzeugend versprechen, alles zu tun, damit das nicht wieder vorkommt.

Damit es aber nicht nur bei Worten bleibt, möchte ich die mir noch zustehenden 5 Minuten meiner Predigt schweigen, damit wir alle in dieser Zeit in uns gehen können und unsere Reue und unseren Vorsatz im demütigen Gebet vor Gott und vor das ganze Volk Gottes tragen können.


Hinweis:

Während des Gottesdienstes wurde in den Fürbitten der Betroffenen sexuellen Missbrauchs gedacht. Hier der Wortlaut:

Herr, Gott, Heiliger Vater, wir wollen in dieser dunklen Stunde für die Betroffenen der schweren Verfehlungen beten, die Vertreter der Kirche in den letzten Jahren und Jahrzehnten begangen haben. Wir haben weggesehen, geschwiegen, zugelassen, Gutes unterlassen und Böses getan. Uns bedrückt das Leid der Betroffenen. Aufgewühlt wenden wir uns voller Hoffnung dir zu.

  1. In unserer Kirche wurde Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch Machtmissbrauch, sexualisierte Gewalt und pädophile Verbrechen großes Leid angetan. Wir bitten für all diese Menschen, die von Geistlichen und kirchlichen Mitarbeitern missbraucht, verletzt und gedemütigt wurden. Steh du Ihnen bei und lass sie Wege zurück in ein gesundes und angstfreies Leben finden.
  2. Auch die Familien und Freunde der Betroffenen sind Leidtragende der schändlichen Taten, die in unserer Kirche über so lange Zeit begangen wurden. Wir bitten dich auch für sie: Hilf Ihnen, nicht an der eigenen Wut, Verzweiflung und Enttäuschung zu zerbrechen und stärke sie in ihrer Liebe, ihrer Treue und ihrem Beistand für die Betroffenen.
  3. Vertreter der Kirche haben Menschen schwersten Schaden zugefügt. Vertuschung und Verharmlosung haben das Leid vieler Betroffenen noch verstärkt und weitere Taten möglich gemacht. Demütig bitten wir dich: Öffne unsere Augen und unsere Herzen. Hilf uns, dass wir uns als ganze Kirche der bitteren Realität stellen, unsere Schuld und unsere Verantwortung anerkennen und den Betroffenen und ihren Angehörigen dauerhaft die Unterstützung und Hilfe zukommen lassen, die sie brauchen.
  4. Die Ergebnisse der MHG-Studie weisen uns auch auf institutionelle Gegebenheiten hin, die die schweren Missbrauchstaten in der Kirche möglich gemacht haben. Wir Bischöfe tragen in besonderer Weise Verantwortung für die Kirche, die Zeichen und Werkzeug deiner Liebe unter den Menschen sein soll. Darum bitten wir dich: Sende uns deinen Geist und hilf uns, dieser Verantwortung immer neu gerecht zu werden. Ermutige uns bei der schonungslosen Aufklärung aller Missetaten und Versäumnisse.

Herr, Gott, Heiliger Vater, in einem Moment, wo wir uns selbst hilflos fühlen, haben wir voller Scham unsere Bitten vor dir ausgesprochen. Du bist der, der sein Volk auf dem Weg durch die Zeit begleitet. Wir vertrauen darauf, dass du auch heute bei uns bist, dass du unsere Bitten hörst und sie annimmst. Dafür danken wir dir und preisen dich durch Christus, unseren Herrn. Amen.

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