| Pressemeldung | Nr. PRD 018a

Pressekonferenz zur Vorstellung des Fachberichts der Kultusministerkonferenz "Zur Situation des Katholischen Religionsunterrichts in der Bundesrepublik Deutschland" am 18. März 2003 in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!

Statement des Vorsitzenden der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Engelbert Siebler (München und Freising)
Der Katholische Religionsunterricht ist fester Bestandteil im Fächerkanon der deutschen Schulen. Der vorliegende Fachbericht der KMK gibt einen guten Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Erlasslage in den einzelnen Ländern. Insbesondere informiert er über die Mitverantwortung und Mitwirkung der Kirche, die ihr nach dem Grundgesetz (Art. 7 Abs. 3) zusteht. Es ist ein gutes Zeichen, dass der vorliegende Fachbericht "Zur Situation des Katholischen Religionsunterrichts in der Bundesrepublik Deutschland" in Abstimmung zwischen den Sekretariaten der KMK und der Deutschen Bischofskonferenz erarbeitet wurde.
Hervorzuheben sind aus der Sicht der Katholischen Kirche insbesondere die Ausführungen
zur Konfessionalität des Katholischen Religionsunterrichts,zu seiner hohen Akzeptanz bei Eltern, Schülern und Lehrernzur Unterrichtsversorgung undzum drohenden Religionslehrermangel.Der Katholische Religionsunterricht ist eine Verwirklichung positiver Religionsfreiheit in der Schule. Religiöse Bildung ist nach dem Willen des Gesetzgebers unverzichtbarer Bestandteil der allgemeinen und der beruflichen Bildung. Aus diesem Grund ist der Religionsunterricht ein ordentliches Lehrfach, das den anderen Unterrichtsfächern gleichwertig ist.
Im Vergleich zu anderen Formen wertorientierenden Unterrichts hat der konfessionelle Religionsunterricht einen klar erkennbaren Vorteil. Er vermittelt nicht nur Wissen und Kenntnisse, sondern fördert auch die Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Urteilsfähig werden Schülerinnen und Schüler in der Auseinandersetzung mit einem konkreten Wahrheitsanspruch, mit einem bestimmten Bekenntnis und einem Menschen, der dieses Bekenntnis vertritt. In Bezug auf Religion gibt es keine Neutralität oder Standpunktlosigkeit. Ein Bekenntnis aber kann der weltanschaulich und religiös neutrale Staat von sich aus nicht geben; dazu benötigt er die Kooperation mit der Kirche. Die kirchliche Mitverantwortung für den Religionsunterricht ist somit kein Kirchenprivileg, sondern in der Besonderheit des Religionsunterrichts begründet, der auch vom Grundgesetz her als konfessioneller Unterricht gewollt ist.
Zum Katholischen Religionsunterricht gehört die ökumenische Offenheit und die Bereitschaft zur Begegnung mit Angehörigen anderer Religionen notwendig dazu. Die Offenheit gegenüber anderen und die Begegnung mit anderen ist jedoch nicht voraussetzungslos. Wir treffen uns nicht in einem Niemandsland jenseits der konkreten Konfessionen und Religionen. Ökumenisches und interreligiöses Lernen geschieht immer von einem bestimmten religiösen Standort aus, der durch unsere Erfahrungen, durch Geschichte und Tradition mitgeprägt ist. Die Verbindung von kirchlicher Standortgebundenheit und Offenheit für andere Konfessionen und Religionen ist das Kennzeichen des Katholischen Religionsunterrichts.
Die gesellschaftliche Akzeptanz des Religionsunterrichts ist in Deutschland sehr groß. In Umfragen von Meinungsforschungsinstituten (zuletzt EMNID-Umfrage vom 22.11.2001) spricht sich regelmäßig eine Mehrheit der Bevölkerung für den Religionsunterricht in der Schule aus. Dem entspricht auch die geringe Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich vom Religionsunterricht abmelden. Sie liegt bundesweit unter 5%. Eine empirische Untersuchung zum Katholischen Religionsunterricht, die die Deutsche Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Ergebnis, dass für die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler der Religionsunterricht ein wichtiger und bedeutsamer Teil ihres Schullebens ist.
Die hohe Wertschätzung des Katholischen Religionsunterrichts liegt vor allem an dem überdurchschnittlichen Engagement und der fachlichen Kompetenz der Religionslehrerinnen und Religionslehrer in allen Schularten und Schulstufen. Ihnen möchte ich auch an dieser Stelle im Namen der deutschen Bischöfe herzlich danken. Die Katholische Kirche unterstützt dieses Engagement durch ein breites Angebot von Maßnahmen zur Fortbildung und Weiterqualifizierung, durch eine kontinuierliche Lehrplanarbeit und durch die Entwicklung und Bereitstellung von modernen Unterrichtsmaterialien.
Zu den unterstützenden Maßnahmen gehört auch die Förderung der wissenschaftlichen Religionspädagogik. So konnte im vergangenen Jahr auf Initiative und mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz an der Universität Tübingen ein Institut für berufsorientierte Religionspädagogik gegründet werden. Aufgabe dieses Instituts ist es, neue Konzeptionen und Modelle des Religionsunterricht in der Berufsschule zu entwickeln, die die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im Bereich der beruflichen Bildung berücksichtigen.
Angesichts dieser Tatsachen ist es umso unverständlicher, dass vor allem in den Berufs- und Sonderschulen der Unterrichtsausfall seit Jahren unvertretbar hoch ist. In einigen Regionen Deutschlands beträgt der Unterrichtsausfall in der Berufsschule, wie der Fachbericht ausführt, 50% und mehr. Dies kann man nicht nur durch den zweifelsohne vorhandenen Religionslehrermangel erklären. Oftmals werden Religionslehrer so stark in ihrem anderen Fach eingesetzt, dass sie nur wenige Stunden Religionsunterricht erteilen können. Wir stehen somit vor der paradoxen Situation, dass immer mehr Religionslehrer immer weniger Religionsunterricht erteilen. Hier sind die staatlichen Stellen gefordert. Die Verfügung des nordrhein-westfälischen Schulministeriums vom 29. Januar 2002, der zufolge alle katholischen Religionslehrerinnen und Religionslehrer grundsätzlich mindestens 30% ihrer Pflichtstunden Katholischen Religionsunterricht zu erteilen haben, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
In den kommenden Jahren wird auch in den anderen Schularten im Sekundarbereich der Religionslehrermangel - im Rahmen des allgemeinen Lehrermangels - spürbar zunehmen. Deshalb ist es schon jetzt notwendig, Maßnahmen zur Nachwuchssicherung zu ergreifen. Die deutschen Diözesen führen schon seit längerem Informationsveranstaltungen zum Beruf der Religionslehrerin bzw. des Religionslehrers und zum Theologiestudium durch, die sich an die Abschlussklassen in den gymnasialen Oberstufen wenden. Die Deutsche Bischofskonferenz wird im Mai dieses Jahres die diözesanen Maßnahmen durch ein Informationsangebot im Internet und durch einen Werbeflyer unterstützen. In diesem Bereich sind aber auch staatliche Anstrengungen erforderlich, denn der Katholische Religionsunterricht ist ein staatliches Fach. Für die Lehrerversorgung sind in erster Linie die Länder verantwortlich. Die kirchlichen Stellen werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten staatliche Maßnahmen zur Nachwuchssicherung unterstützen.
Bei der Reform der gymnasialen Oberstufe ist schließlich darauf zu achten, dass der Katholische Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach den anderen Unterrichtsfächern gleichgestellt wird. Das gilt auch bei der geplanten Einführung von bundesweiten Bildungsstandards.
Die Betrachtungen zum schulischen Religionsunterricht können bei der allgemeinen Entwicklung nicht auf den nationalen Rahmen beschränkt bleiben, sie erfordern den erweiterten Blick auf Europa und auf die aktuellen Beratungen im Konvent zur Zukunft der Europäischen Union. Staat und Kirche in Deutschland sollten im europäischen Entscheidungsprozess gemeinsam darauf hinwirken, dass die schulpädagogisch bewährte und gesellschaftlich akzeptierte Praxis des Religionsunterrichts in Deutschland auch in Zukunft fortgesetzt werden kann. Dazu bedarf es entsprechender rechtlicher Garantien auch auf europäischer Ebene.
Erziehung und Schule gehören zu den traditionellen Aufgabenfeldern kirchlichen Handelns. Die deutschen Bischöfe werden auch weiterhin die Entwicklung des Katholischen Religionsunterricht in der Schule nachhaltig unterstützen, damit der Religionsunterricht auch in Zukunft seinen festen Platz im Fächerkanon aller Schularten und seine hohe Wertschätzung bei Eltern und Schülern behält.

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