| Pressemeldung | Nr. 48

Pressegespräch "Fünf Jahre Kölner Gipfel: Schuldenerlass für arme Länder muss weitergehen" am 18. Juni 2004 in Ulm

Beitrag von Erzbischof Edmundo Abastoflor, La Paz/Bolivien

Es gilt das gesprochene Wort
Anrede

Schuldenerlass, bzw. Entschuldung ist in Deutschland ein Thema für die entwicklungspolitisch Engagierten. Für Bolivien aber, das Land, aus dem ich komme, ist die Frage, ob wir aus dem Teufelskreis der Auslandsschulden herauskommen werden, von vitaler Bedeutung: Sie entscheidet über Leben oder Tod von Tausenden von Menschen.

Bolivien will seine Schulden bezahlen im Rahmen dessen, was uns möglich ist. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, ein guter Teil der Kreditverträge Boliviens wurden zu Zeiten von "de-facto"-Regierungen abgeschlossen, die keine Legitimierung durch das Volk hatten - was die Gläubiger wussten! Und es ist nicht gerecht, dass das Volk jetzt die Konsequenzen von Handlungen tragen soll, auf die es keinen Einfluss hatte und die ihm auch keinen Nutzen eingebracht haben. Wir wollen unsere Verpflichtungen mit Würde erfüllen, aber vor allem wollen wir, dass unser Volk in Würde leben kann und nicht unter miserablen Bedingungen. Die Mittel, die unser Land jedes Jahr in den Schuldendienst investiert, sind für uns von vitaler Bedeutung: Sie entscheiden über Leben oder Tod insbesondere der Armen und Ausgegrenzten in unserem Land, während sie für die Gläubigerländer oder -institutionen verhältnismäßig unbedeutend sind.

Bolivien ist eines der Länder, das im Sinne des HIPC II-Verfahrens erfolgreich entschuldet wurde. Und in der Tat hat der Prozess der zivilgesellschaftlichen Beteiligung in unserer Gesellschaft das Bewusstsein für die integrale Entwicklungsproblematik und die eigene Verantwortung dafür gesteigert. Ein Umdenken geschah auch bei Politikern und einigen Wirtschaftsführern in Bolivien, ansatzweise auch bei internationalen Geldgebern.

Die katholische Kirche hatte von Anfang an größtes Interesse, das die Chance einer wirklichen Beteiligung an einem solchen Prozess von Seiten der Zivilgesellschaft genutzt werden kann. Deshalb initiierte die Bischofskonferenz einen Forumsprozess "Für eine umfassende menschliche Entwicklung", das sogenannte Forum Jubileo 2000, an dem Hunderte verschiedener Institutionen des Landes teilnahmen. Die Palette reichte vom Gewerkschaftsverband und der Vereinigung der Campesinos bis hin zum Unternehmerverband. Im Forumsprozess wurden sowohl inhaltliche wie methodische Elemente eines Armutsbekämpfungskonzeptes erarbeitet. Die bolivianische Öffentlichkeit wurde aufmerksam und wurde sich der eigenen Verantwortung im Kampf gegen die Armut bewusst und der Notwendigkeit einer transparenten und gerechten Verwendung der erlassenen Schulden. Ergebnis dieses Prozesses war die Einrichtung eines sozialen Kontrollmechanismus auf nationaler und departamentaler Ebene. Angesichts von Korruption und Verfilzung kommt der Kontrolle der Umsetzung des Konzepts durch die Zivilgesellschaft ein sehr hoher Stellenwert zu.

Aber der Schuldenerlass nach HIPC II wird nicht ausreichen, die Entwicklung des Landes ausreichend zu fördern. Die Stärkung der Eigenleistung unseres Landes kann nur gelingen, wenn wirkliche Verbesserungen in den internationalen Handelskonditionen erreicht werden. Deutschland und die EU sind gefordert, Einfuhrbeschränkungen und Hindernisse für Länder wie Bolivien aus dem Weg zu räumen. Für Bolivien trifft dies insbesondere die Produkte aus dem Agrarbereich.

Lassen Sie mich abschließend auf einen Aspekt hinweisen, der mir persönlich sehr wichtig ist: Zwischen Deutschland und Bolivien gibt es alte, jahrzehntelange gewachsene kirchliche Partnerschaften. Aus dieser Verbundenheit und aus der Herausforderung des Evangeliums, ist das gemeinsame Engagement erwachsen, weltweit ungerechte Strukturen zu ändern. Aus dieser Verbundenheit erwuchs z.B. die erfolgreiche Initiative der Entschuldungsglocke, die in Berlin vor dem Reichstag geschlagen hat und heute in La Paz vor der Kathedrale aufgestellt ist. Kirchen des Südens haben im Verbund mit Kirchen des Nordens vieles unternommen und einiges erreicht, um mit einer nachhaltigen Entschuldung weltweit Armut zu überwinden. Sie haben damit ein Zeichen gesetzt, dass Kirche als "global player" der Globalisierung des Elends eine Globalisierung der Solidarität entgegensetzen will.

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