| Pressemeldung

Pressebericht der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 20. bis 23. September 1993 in Fulda

I.    Allgemeine Fragen
    - Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht
    - Untersuchung über die Kirchenaustritte
    - Partikularnormen
    - Satzungskriterien für katholische Vereinigungen

II.    Gesellschaftliche Fragen
    - Konsultationsprozeß zur Erstellung eines Wortes der
      Bischöfe über soziale Fragen

III.    Erziehung und Schule
    - Erklärung "Bildung in Freiheit und Verantwortung"

IV.    Weltkirchliche Fragen
    - Aktion RENOVABIS
    - Lage im ehemaligen Jugoslawien

V.    Glaubensfragen
    - Leitungsdienst in der Gemeinde

VI.    Pastorale Fragen
    - Eröffnungsreferat
    - Erklärung zur Hospizbewegung
    - Seelsorge beim Bundesgrenzschutz
    - Ordensleben

VII.    Liturgische Fragen
    - Umfrage wegen der sogenannten tridentinischen
      Messen

VIII.    Ökumene

IX.    Personalien
 
 

I.    Allgemeine Fragen

    Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht

Im Rahmen eines Studientages haben wir uns am Mittwoch mit der Erneuerung des kirchlichen Dienst- und Arbeitsrechts beschäftigt und eine entsprechende Erklärung und. darauf basierend, eine Grundordnung verabschiedet. Die Erklärung liegt dem Pressebericht bei (Anlage 4). Die Grundordnung soll am 1. Januar 1994 in Kraft gesetzt werden. Sie richtet sich an die kirchlichen Einrichtungen, deren Leitungen und deren Mitarbeiter.
Von den kirchlichen Mitarbeitern wird Übereinstimmung mit dem kirchlichen Sendungsauftrag und mit der kirchlichen Lehre erwartet, die auch die persönliche Lebensführung umfaßt. Es wird auch keine Abstufung in der Loyalitätsverpflichtung der Mitarbeiter geben. Die Übernahme bestimmter Grundpflichten wird von allen Mitarbeitern erwartet, unabhängig von ihrer Stellung in der Einrichtung und ihrem Tätigkeitsfeld. Abstufungen sind aber möglich in der arbeitsrechtlichen Reaktion bei schweren Verstößen gegen Loyalitätsverpflichtungen. Sie orientieren sich an folgenden Prinzipien:

1. Als grundlegend wird erachtet, daß die kirchliche Dienstgemeinschaft in der Einrichtung als ganze in ihrer Glaubwürdigkeit und ihrem Auftrag nicht beeinträchtigt wird. Dies läßt unter besonderen Umständen bei Verfehlungen eine Weiterbeschäftigung des einzelnen zu.

2. Wenn es zu Verstößen gegen die Loyalitätsverpflichtungen kommt, ist nach der neuen Ordnung nicht nur die Tatsache des Verstoßes an sich relevant, sondern ebenso der Tätigkeitsbereich und die Stellung des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie die subjektiven Gründe und die persönliche Lebenssituation. Es gibt somit keinen starren Kündigungsautomatismus. Mit entscheidend ist, ob der Mitarbeiter grundlegend mit dem kirchlichen Auftrag und den Grundprinzipien der katholischen Kirche übereinstimmt - auch wenn er im Einzelfall davon abgewichen ist - oder ob er sie ablehnt oder gar bekämpft.


    Untersuchung über die Kirchenaustritte

Über die von 1991 bis 1993 vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführte repräsentative Untersuchung zur Entwicklung und zu den Motiven der Austritte aus der katholischen Kirche wurde im Vorfeld der Vollversammlung bereits ausführlich berichtet. Die Untersuchung wird veröffentlicht.

Es ist keine Frage, daß uns die Austritte beunruhigen und daß wir sehr genau nach den Gründen fragen müssen, weshalb Menschen die Kirche verlassen. Jeder Austritt ist schmerzlich. Aber wir dürfen nicht nur auf diese Zahl starren. Denn auch wenn die Zahl viel geringer wäre, dürfte dies kein Anlaß zur Beruhigung sein.

Es entsteht in der Öffentlichkeit ein falsches Bild, wenn fast nur über die Austritte gesprochen wird und nicht darüber, daß viele Menschen in der Kirche eine Heimat sehen. 28 Millionen Menschen gehören zur katholischen Kirche. Rund 4 000 von denen, die einmal ausgetreten sind, kehren jährlich zurück. Gewiß müssen wir trotz aller Bemühungen den Menschen, die sich von der Kirche entfremdet haben oder denjenigen, die unüberbrückbare Gegensätze sehen, stärker nachgehen.

Der Kirchenaustritt steht am Ende eines oft langjährigen persönlichen Entfremdungsprozesses. Deshalb darf man diese Probleme nicht mit kurzfristigen Maßnahmen zu lösen versuchen. Die Grundrichtung des pastoralen Handelns muß dahin gehen, die Kommunikation mit Distanzierten und Fernstehenden neu aufzubauen. Dabei ist eine noch stärkere Präsenz der Kirche in der Öffentlichkeit auch von entscheidender Bedeutung. Hier müssen wir auch neue Wege erproben.

Auf jeden Fall ist das Problem nicht von "oben" allein zu lösen. Es ist auch eine Aufgabe unserer Gemeinden und aller Christen offen auf die Menschen zuzugehen, die Schwierigkeiten  mit der Kirche haben. Dabei darf man nicht verkennen, daß wir in unserer heutigen Gesellschaft eine gewisse Institutionenverdrossenheit haben. Religion ja - Kirche nein, das ist gelegentlich die Haltung. Diese Institutionenverdrossenheit spüren zum Beispiel auch die Gewerkschaften und die Parteien.

Auf jeden Fall können wir den Austritten nicht dadurch begegnen, daß wir die Botschaft verbiegen und "marktgerecht" präsentieren. Die Kirche wird immer ein Stachel sein und deshalb auch bei vielen Menschen Widerspruch hervorrufen. Die Klarheit der Botschaft muß bleiben, auch wenn wir ver-suchen müssen, sie verständlicher und einsehbarer zu machen.


    Partikularnormen

Nach der Herausgabe des neuen Gesetzbuches der katholischen Kirche (CIC) im Jahr 1983 ist es den einzelnen Bischofskonferenzen ermöglicht worden, für verschiedene Aufgaben und Regelungen in ihrem Bereich mit einer Approbation durch Rom eigene "Partikularnormen" zu erlassen. Da diese im Geltungsbereich der früheren Berliner Bischofskonferenz und der Deutschen Bischofskonferenz zum Teil recht verschieden ausgestaltet waren, wurde nach dem Vollzug der deutschen Einheit und der Existenz nur noch einer, nämlich der Deutschen Bischofskonferenz eine Neufassung der Partikularnormen notwendig. Die Vollversammlung hat die letzten noch ausstehenden Partikularnormen, vor allem Voraussetzungen zu Rechtsgeschäften und Feiertagsordnung, verabschiedet, so daß die nunmehr gemeinsamen Partikularnormen in Rom eingereicht werden können.


    Satzungskriterien für katholische Vereinigungen

Das neue Kirchenrecht hatte zum ersten Mal ein sehr ausführliches Recht ausgestaltet, Assoziationen verschiedener Art in der Kirche zu bilden. Es war nicht einfach, dieses neue Verbände- und Vereinsrecht in Einklang zu bringen mit den in Deutschland bisher gültigen rechtlichen Figuren und Modellen, die zum Teil ja schon seit längerer Zeit existieren. Darum gab es in den letzten Jahren viele wissenschaftliche Bemühungen unserer Arbeitsgruppe "Kirchenrecht", längere Konsultationen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und den Verbänden usw., um zu einer Neuregelung zu kommen. Dabei waren auch staatskirchenrechtliche Implikationen zu berücksichtigen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat nunmehr im Einvernehmen mit allen Beteiligten die "Kriterien für die kirchenamtliche Genehmigung von Satzungen und Satzungsänderungen von katholischen Vereinigungen" beschlossen und sie mit Wirkung zum 1. Oktober 1993 in Kraft gesetzt (Anlage 7). Damit ist, so meinen wir, ein guter Ausgleich geschaffen zwischen dem bisher existierenden Verbände- und Vereinsrecht und den neuen Vorschriften, die vor allem für Neugründungen in Frage kommen.

 

II.    Gesellschaftliche Fragen

    Konsultationsprozeß zur Erstellung eines Wortes der
    Bischöfe über soziale Fragen

Die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen hat die Absicht, ein Wort zu den wirtschaftlichen und sozialen Problemstellungen in Deutschland zu erstellen. Um diesen Text auf eine möglichst breite Basis zu stellen, soll ein Konsultationsprozeß durchgeführt werden. Die Konsultation findet sowohl innerkirchlich als auch mit der Wirtschaft und der Politik statt.

Diese Konsultation hat ein zweifaches Ziel: Auf der einen Seite geht es darum, die Sicht der Probleme und deren Beurteilung durch die Wirtschaft und die Politik zu erfahren und auf der anderen Seite wollen wir unsere Vorstellungen vortragen, um das Urteil darüber zu hören.

Es ist vorgesehen, daß die Frühjahrsvollversammlung 1994 einen ersten Entwurf behandelt. Dieser soll dann in einem weiteren Konsultationsprozeß beraten werden. Im Frühjahr 1995 könnte die endgültige Verabschiedung erfolgen.

Wir können die Probleme nicht alleine lösen. Angesichts der akuten wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten in Deutschland und der Notwendigkeit einer grundlegenden Überprüfung und Erneuerung der sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen scheint es uns aber unverzichtbar, daß wir unseren Beitrag aus der Mitverantwortung gegenüber dem Gemeinwohl heraus leisten.

 

III.    Erziehung und Schule

    Erklärung "Bildung in Freiheit und Verantwortung"

Die Kommission für Erziehung und Schule hat der Vollversammlung am Mittwoch eine Erklärung über "Bildung in Freiheit und Verantwortung" vorgelegt. Seit der Zeit der Würzburger Synode ist dies die erste umfassende und grundlegende Äußerung zu diesem Thema aus dem Bereich der Bischofskonferenz.

Die Erklärung will in der derzeitigen bildungspolitischen Diskussion an Grundlagen erinnern, die sich aus dem christlichen Menschenbild ergeben. Auch die daraus folgenden bildungspolitischen Konsequenzen werden aufgezeigt. Dabei hat die Erklärung den Bildungsbereich vom Kindergarten bis zur Hochschule im Blick.

Freiheit und Verantwortung als Voraussetzung menschengerechter Bildung durchziehen die Erklärung als Leitlinie. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer wertorientierten Bildung und Erziehung. Gleichzeitig spricht sie sich für Vielfalt im Bildungswesen aus und für die Förderung von Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft. Die Kirche ist ihrerseits bereit, für die Förderung kirchlicher Schulen als Bereicherung des staatlichen Schulwesens ein erhebliches inhaltliches und finanzielles Engagement zu leisten.

Die Erklärung wird als Veröffentlichung der Kommission "Erziehung und Schule" vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz als Broschüre herausgegeben.

 

IV.    Weltkirchliche Fragen

    Aktion RENOVABIS

Wir haben auf der vergangenen Frühjahrs-Vollversammlung beschlossen, für die neue Solidaritätsaktion RENOVABIS für die Länder Mittel- und Südosteuropas im Mai dieses Jahres die erste Kollekte durchzuführen. Das erfreuliche Ergebnis von fast 22 Millionen DM zeigt, daß diese Initiative, die ja wesentlich auf Anregung von Laien entstanden ist, von den deutschen Katholiken gut angenommen worden ist. Wir danken allen sehr herzlich für die großzügige Hilfe.

RENOVABIS setzt einen starken Akzent auf partnerschaftliche Zusammenarbeit sowohl mit den Ländern Osteuropas, als auch mit den vielen Gruppen und Initiativen, die seit längerer Zeit Hilfsaktionen durchführen. Zu diesem Zweck findet am 1./2. Oktober ein Partnerschaftstreffen in der RENOVABIS-Geschäftsstelle auf dem Freisinger Domberg statt mit dem Ziel, die Erfahrungen der unterschiedlichen Initiativen von Pfarrgemeinden, Verbänden und Gruppen zusammenzuführen.

Den Termin für die RENOVABIS-Kollekte haben wir auf den Sonntag vor Pfingsten festgelegt. Im nächsten Jahr ist dies der 15. Mai.


    Lage im ehemaligen Jugoslawien

Die bedrückenden Zustände im ehemaligen Jugoslawien haben uns auch diesmal beschäftigt. Wir können nur immer wieder unsere Forderung erneuern, daß sich die Verantwortlichen auf eine gerechte Lösung einigen müssen, um das Blutvergießen und die Grausamkeiten zu beenden.

Der Winter steht vor der Tür; wir werden die bisher geleistete Hilfe verstärken. Dazu bedarf es aber eines Waffenstillstands, der Hilfssendungen möglich macht und der garantiert, daß die Hilfe auch wirklich bei den Notleidenden und Bedürftigen ankommt. Die Kirche wird diese Hilfe - wie auch schon bisher - ohne Rücksicht auf Volkszugehörigkeit und Religion leisten.

 

V.    Glaubensfragen

    Leitungsdienst in der Gemeinde

In einer längeren Aussprache haben wir grundlegende Fragen der künftigen Entwicklung der Gemeindeleitung und der pastoralen Dienste erörtert, die Thema des Studientages auf unserer nächsten Frühjahrs-Vollversammlung sein werden.

Aktueller Hintergrund für diese Überlegungen sind Umstrukturierungen in den Pfarrgemeinden, die aufgrund des Priestermangels notwendig werden und für die theologische Grundlagen zu erarbeiten sind. Wir wollen damit auch die z.T. recht unterschiedlichen Planungen in einzelnen Diözesen vergleichen und koordinieren.

 

VI.    Pastorale Fragen

    Eröffnungsreferat

Der Vorsitzende hält, wie immer bei der Herbst-Vollversammlung, zu Beginn der Beratungen ein Referat mit dem Titel "Verantwortliche Elternschaft zwischen Gewissenskonflikt, pastoraler Verantwortung und lehramtlichen Aussagen", in dem er 25 Jahre nach dem Erscheinen der sogenannten "Königsteiner Erklärung" der Deutschen Bischofskonferenz vom 30. August 1968 eine Standortbestimmung vornimmt und Konsequenzen für die heutige pastorale Situation aufzeigt.

In einem ersten Teil werden die Vorgeschichte und die Grundinhalte der Enzyklika "Humanae vitae" vom 25. Juli 1968 skizziert und die Schwierigkeiten der Rezeption in der konkreten gesellschaftlichen und kirchlichen Lage der späten 60er Jahre in Erinnerung gerufen. Vor diesem Hintergrund werden anschließend die Bemühungen der deutschen Bischöfe um eine Auseinandersetzung mit dieser Situation und die Entstehung der "Königsteiner Erklärung" geschildert.

Eine ausführliche Analyse des wesentlichen Gehaltes der "Königsteiner Erklärung" bildet den zweiten Hauptteil des Referates. Dabei wird zunächst die Zielsetzung dieser Verlautbarung verdeutlicht, die sich als klärendes Wort zur Urteilsbildung in einer schwierigen geistigen Situation an die Gläubigen richtet und - entgegen manchen Mißverständnissen - weder eine Abschwächung des Lehrgehaltes der Enzyklika noch eine Gegennorm zu "Humanae vitae" darstellt. Im Kern geht es darum, wie anhand zahlreicher Quellen und Literaturverweise aufgezeigt worden ist, die Enzyklika "Humanae vitae" als authentische Lehräußerung der Kirche richtig einzuordnen und ihre konkrete Verbindlichkeit aufzuzeigen. Eine zentrale Bedeutung besitzt in diesem Zusam¬menhang die Frage nach der Möglichkeit eines abweichenden Gewissensurteils. Sie findet in der "Königsteiner Erklärung" eine differenzierte Antwort, die jedoch auch weitere Fragen offenläßt, wie vor allem das Spannungsverhältnis zwischen einem "schuldlos irrenden Gewissen" und einem abweichenden Gewissensurteil, das im Respekt vor der Lehrent-scheidung und der sittlichen Weisung der Kirche getroffen wird. Um diese noch offenen Problem zu lösen, hat die "Königsteiner Erklärung" eine vertiefte theologische Reflexion und einen Dialog innerhalb der Kirche auf allen Stufen gefordert. Als Ziele stehen dabei die Klärung und Vertiefung der Argumente der Enzyklika und eine bessere Vermittlung der ihr zugrundeliegenden Überzeugungen im Vordergrund.

Den konkreten Bedingungen, unter denen diese Weiterführung des Gesprächs steht - insbesondere den Veränderungen der Gestaltung der Sexualität im gesellschaftlichen Umfeld und den kritischen Bilanzpunkten der hormonellen Kontrazeption aus ethischer und anthropologischer Sicht - widmet Bischof Lehmann im dritten Teil seine Aufmerksamkeit. Dabei wird deutlich, daß über den kirchlichen Raum hinaus nicht wenige gesellschaftskritische Stimmen vorhanden sind, die auf die Problematik der künstlichen Empfängnisverhütung und der mit ihr im Zusammenhang stehenden Veränderungen von Sexualität und Intimität in Ehe und Familie hinweisen. Vor diesem Hintergrund erscheint es umso notwendiger, die Aktualität der Grundgedanken von "Humanae vitae" in einer zeitgemäßen Sprache neu bewußt zu machen. Dies schließt auch eine Klärung des richtigen Verhältnisses zwischen der Enzyklika und der "Königsteiner Erklärung" ein, das - nicht zuletzt mangels einer entsprechenden Aufarbeitung in den vergangenen Jahren - heute vielfach als Gegensatz verstanden wird. Der Aufweis, daß die "Königsteiner Erklärung" keine sekundäre oder gar Gegennorm zu "Humanae vitae" darstellt, ist deshalb ebenso dringlich wie die Klarstellung, daß die Beachtung der universalen sittlichen Norm und das personale Gewissensurteil des einzelnen nicht gegeneinander ausgespielt werden können.

Der Vorsitzende beschließt sein Referat mit einigen Thesen, in denen die wichtigsten Feststellungen zusammengefaßt und Konsequenzen - vor allem auch in pastoraler Hinsicht - gezogen werden:
-    Die "Königsteiner Erklärung" ist ein Schlüssel zur pastoralen Lektüre von "Humanae vitae" in einer Situation, in der viele überzeugte Katholiken die vom Lehramt vorgelegte Norm nicht annehmen können. Sie ist keine sekundäre Norm oder gar eine Gegennorm zur "Humanae vitae".
-    Nach 25 Jahren wird zwar in mancher Hinsicht ein sicher auch zeitbedingter Kontext der "Königsteiner Erklärung" sichtbar, das Grundanliegen behält jedoch seine Gültigkeit. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil sich die Konfliktsituation bisher nicht grundsätzlich entschärfen ließ.
-    Es besteht jedoch - gerade im Abstand von 25 Jahren - die Möglichkeit, manche bewußten oder auch ungewußten Ambiva¬lenzen der "Königsteiner Erklärung" zu entdecken und sich zu fragen, wie ein Mißbrauch und eine Fehldeutung von breitem Ausmaß entstehen konnten und wie sie wirksam vermieden werden können. Diese müssen offen beim Namen genannt werden, damit die "Königsteiner Erklärung" nicht in ihrer berechtigten Intention diskreditiert wird.
-    Es hat wenig Sinn, die Normen von "Humanae vitae" unter hohem Einsatz allein der Autorität einzuschärfen oder gar zu verschärfen. In dieser Perspektive ist die intensive Gesprächsaufforderung der "Königsteiner Erklärung" trotz vieler Versuche uneingelöst.
-    Die Seelsorge trifft heute aus vielen Gründen immer wieder auf die Situation, daß autoritativ vorgelegte Normen auf Einwände und Widerstände stoßen. Umso wichtiger ist die elementare Verkündigung und Glaubensunterweisung im Blick auf die allgemeinen Normen. Doch ist ein verantwortliches Gewissensurteil nicht die Anwendung des Allgemeinen auf den Einzelfall. Das damit gegebene Problem kann freilich auf die Dauer nicht durch immer etwas problematische pastorale Hilfestellungen aufgefangen werden. Es bedarf einer grundlegenden ethischen und pastoralen Auseinandersetzung mit der Gewissensproblematik, vor allem im Verhältnis zu Amt und Autorität. Insofern sind die Probleme und Konflikte um "Humanae vitae" und die "Königsteiner Erklärung" nur Ausdruck einer umfassenderen Aufgabe, der sich die Kirche von heute stellen muß.
-    In pastoraler Hinsicht wird in einer so komplexen Situation immer auch das Gesetz des stufenmäßigen Wachsens und Reifens Anwendung finden müssen, das um die Unvollkommenheiten, aber auch um die Chancen kleiner Schritte weiß. Die Annahme eines Gesetzes der Gradualität bedeutet nicht eine Gradualität des Gesetzes (vgl. Familiaris consortio, Nr. 34). Hierfür muß eine eigene Pastoral der Wegbeglei¬tung entwickelt werden, die auch für viele andere Bereiche wichtig ist.

Ob daraus eine ergänzende und fortführende "Erklärung" der Deutschen Bischofskonferenz folgt, muß noch eingehend besprochen werden.


    Erklärung zur Hospizbewegung

Mehrmals haben wir uns bei Vollversammlungen mit der Hospizbewegung beschäftigt. Bei der Frühjahrs-Vollversammlung 1990 haben wir darauf hingewiesen, daß die Hospize sich nicht als reine Sterbekliniken oder Sterbeheime verstehen. Sie richten ihre Arbeit vielmehr auf den Lebensbeistand und die Sterbebegleitung aus. Sie sind aus der christlichen Grundhaltung der Hilfe und der Begleitung für den Menschen in schwerer und langwieriger Krankheit entstanden.

Im Jahre 1991 haben wir die Erklärung "Schwerstkranken und Sterbenden beistehen" veröffentlicht. Diese Erklärung hat eine große Verbreitung gefunden. Die jetzt verabschiedete Erklärung zeichnet ein katholisch-kirchliches Profil der Hospizbewegung. Ein Hospiz in katholischem Verständnis kann nicht auf die Seelsorge der Kirche verzichten. Im letzten Abschnitt der Erklärung ist die Aussage zusammengefaßt: "Die Hospizarbeit zeigt in beispielhafter Weise, wie sehr die Verkündigung der Frohen Botschaft, die Feier des Gottesdienstes und die Sorge um das leibliche, psychische und soziale Wohl des einen Menschen aufeinander zugeordnet sind, ja einander gegenseitig bedingen. Wenn es gelingt, durch die verschiedenen ehren- und hauptamtlichen Dienste innerhalb der Hospizbewegung Menschen auf der letzten Wegstrecke ihres Lebens beizustehen, dann kann man ihnen auch Hoffnung auf ein Leben vermitteln, das über den Tod hinausreicht."


    Seelsorge beim Bundesgrenzschutz

Die Pastoralkommission hat uns über die besonderen Probleme informiert, die sich in der Seelsorge beim Bundesgrenzschutz ergeben. Nach dem Wegfall der deutsch-deutschen Grenze und der Übernahme neuer Aufgaben sehen sich die Beamten oft nicht geringen Problemen gegenüber, z.B. im Zusammenhang mit Waffen-, Personen- und Warenschmuggel und der Sicherung der EG-Außengrenzen zu Polen und Tschechien mit dem starken Zustrom von Flüchtlingen. Dies gilt auch für den Dienst auf den Flughäfen. Nicht selten führt dies zu großen psychischen und physischen Belastungen bei den Mitarbeitern. Unsere Seelsorger versuchen, den Beamten in dieser Situation beizustehen und bei der Verarbeitung der Schwierigkeiten zu helfen.


    Ordensleben

Im kommenden Oktober 1994 findet die nächste ordentliche Welt-Bischofssynode in Rom statt. Es ist die IX. Generalversammlung mit dem Thema "Das gottgeweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt". Dazu wurde in Rom ein Text mit "Grundlinien" (Lineamenta) erarbeitet, der den Bischofskonferenzen und den großen Ordensgemeinschaften zur Meinungsbildung und Stellungnahme vorgelegt worden ist. Die Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste (IV) hat im Auftrag der Vollversammlung durch eine Arbeitsgruppe eine solche umfangreichere Stellungnahme erarbeiten lassen. Wir haben in diesem Zusammenhang über die Entwicklung und die Herausforderungen des Ordenslebens in der heutigen Welt gesprochen.

 

VII.    Liturgische Fragen

    Umfrage wegen der sogenannten tridentinischen
    Messen

Immer wieder werden wir von einzelnen darauf hingewiesen, daß die ausdrücklich erlaubte Meßfeier nach dem Missale von 1962 nicht in ausreichendem Maße angewandt werde. Um festzustellen, ob es sich wirklich um einen Bedarf oder eher um gezielte Aktionen handelt, haben wir eine Umfrage bei den Diözesen durchgeführt. Es zeigt sich, daß sich solche Meßfeiern entsprechend dem tatsächlichen Interesse auf wenige Orte und eine begrenzte Teilnehmerzahl beschränken.

Als Zelebranten sind in der Regel Diözesanpriester, nur in Ausnahmefällen auch Priester der Bruderschaft St. Petrus, tätig.

Nach Ansicht der Vollversammlung wird dem Wunsch nach lateinischen Messen nach dem Missale von 1962 in den einzelnen Diözesen ausreichend Rechnung getragen. Maßnahmen mit dem Ziel der weiteren Verbreitung der sogenannten tridentinischen Messe sind im Blick auf die pastorale Gesamtsituation nicht angebracht.

Eine Zulassung von Priestern der Bruderschaft St. Petrus zur Zelebration im tridentinischen Ritus bleibt weiterhin nur dann möglich, wenn diese die liturgische Erneuerung des II. Vatikanischen Konzils anerkennen und auch zur Zelebration nach dem heutigen Meßbuch bereit sind.

 

VIII.    Ökumene

In den vergangenen Monaten ist die aufgrund des erneuerten Kirchenrechts notwendige Überarbeitung und Neufassung des "Direktorium zur Ausführung der Prinzipien und Normen über den Ökumenismus" vom römischen Einheitsrat erschienen. Die Vollversammlung hat sich nach einem Bericht der Ökumene-Kommission eingehender mit den Textpassagen beschäftigt, die für das ökumenische Klima in Deutschland wichtig sind. Dazu zählen nicht nur ökumenische Gottesdienste, die begleitende Seelsorge für konfessionsverschiedene Ehepaare, sondern auch die ökumenische Bildung. Die Vollversammlung erteilt der Ökumene-Kommission den Auftrag einer weiteren Konkretisierung. In diesem Zusammenhang gab es auch Zwischenberichte über den Stand einer Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zu der Studie "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" und zur Frage einer "Zweiten europäischen Versammlung", die eine eigene Fortsetzung der Ersten ökumenischen Versammlung von Basel sein könnte und unter dem Stichwort "Versöhnung" steht. Eine endgültige Meinungsbildung der Bischofskonferenz wird voraussichtlich erst im Januar erfolgen.

 

IX.    Personalien

Die Vollversammlung wählte Bischof Dr. Karl Lehmann (Mainz) erneut für sechs Jahre zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Der bisherige stellvertretende Vorsitzende, Erzbischof Dr. Oskar Saier, wurde ebenfalls im Amt bestätigt.

Prälat Wilhelm Schätzler wurde erneut zum Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz gewählt; Dr. Rainer Ilgner zum Stellvertreter des Sekretärs.

Die Vollversammlung wählte Herrn Ludger Nagel-Sündermann (Magdeburg) für die laufende Amtszeit bis zur Herbst-Vollversammlung 1996 zum Sekretär der Jugendkommission.

Zum neuen Mitglied in der Unterkommission für Missionsfragen hat die Vollversammlung den Bischof von Augsburg, Dr. Viktor Josef Dammertz OSB, gewählt.

Dr. Gerhard Feige (Erfurt) wurde in die Gemeinsame Kommission der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland und der Römisch-Katholischen Kirche in Deutschland berufen.

Für den KNA-Beirat, der acht Mitglieder umfaßt, wurden von der Vollversammlung als Vertreter Prälat Paul Bocklet (Bonn), Dr. Reinhold Jacobi (Bonn), Generalvikar Heinrich Schenk (Hildesheim) und Josef Schmitz-Elsen (Freiburg) benannt.

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