| Pressemeldung

Pressebericht der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 19. bis 22.09.1994 in Fulda


I.    Eröffnungsreferat

II.    Glaubensfragen
    -    Zweiter Teil des Erwachsenenkatechismus
    -    Erklärung zum Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis"


III.    Pastorale Fragen
    -    Arbeitshilfe "Unsere Sorge um die Toten und Hinterbliebenen.
        Bestattungskultur und Trauerbegleitung aus christlicher Sicht"
    -    Zur Situation der Jugendseelsorge

IV.    Gesellschaftliche Fragen
    -    Wort "Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland"
    -    Zur Situation Asylsuchender

V.    Ökumenische Fragen
    -    Zweite Europäische Ökumenische Versammlung

VI.    Priesterausbildung
    -    Apostolische Visitation der deutschen Priesterseminare und
        Theologenkonvikte

VII.    Weltkirchliche Fragen

VIII.    Personalien
 
 

I.    Zusammenfassung des Eröffnungsreferats des Vorsitzenden

Zu Beginn der Beratungen habe ich, wie immer bei der Herbst-Vollversammlung, ein Referat gehalten mit dem Titel "Vom Dialog als Form der Kommunikation und Wahrheitsfindung in der Kirche heute". Ich habe damit das wachsende Bedürfnis nach Kommunikation und dialogischem Austausch, das in der heutigen Gesellschaft anzutreffen ist und auch weite Kreise der Kirche erfaßt hat aufgenommen.

In einem ersten Teil ging es mir darum, die grundlegenden Aussagen in Erinnerung zu rufen, mit denen das II. Vatikanische Konzil und Papst Paul VI., insbesondere in seiner Enzyklika "Ecclesiam suam" (1964), das Stichwort "Dialog" zu einem zentralen Thema der kirchlichen Erneuerung gemacht haben. Dabei wird nicht nur der Aufruf zum Dialog zwischen Kirche und Welt, sondern auch die tiefere Dimension eines Glaubens- und Heilsdialogs in den Blick genommen, die auf die personale Gestalt der Offenbarung und des dreifaltigen Gottes selbst hinweist. In der nachkonziliaren Entwicklung ist die Öffnung der Kirche zur Welt trotz dieser Impulse in eine Krise geraten. Dafür gibt es viele Motive.

Erst in jüngerer Zeit (seit den 80er Jahren) verstärkt sich wieder der Ruf nach dem Dialog und einer Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Kirche und moderner Welt. Im Hintergrund stehen dabei, wie sich in der genaueren Analyse zeigt, neue Tendenzen der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung: das Bedürfnis, durch Kommunikation und Dialog die Sprachlosigkeit in der modernen Gesellschaft und die Isolierung des einzelnen Menschen zu überwinden; die Suche nach Gewißheit und Orientierung in einer von Individualisierung und Pluralisierung aller Lebensbereiche geprägten Welt; das Bemühen um die Erhaltung des notwendigen Grundbestands an gemeinsamen Überzeugungen und Werten, um den Zusammenhalt von Staat und Gesellschaft zu bewahren.

Vor diesem Hintergrund stellt sich auch für die Kirche die Frage des Dialogs im Innern und mit der Welt als eine neuartige Herausforderung dar, wie sie zur Konzilszeit noch nicht in derselben Weise bestand. Die Frage, welche Antwort von seiten der Kirche und der Kirchenleitung auf diese veränderte geistige und soziale Situation gegeben werden kann, steht im Mittelpunkt des zweiten Hauptteils des Referates. Die vom II. Vatikanischen Konzil vollzogene Öffnung zur Welt hat hierfür die entscheidenden Voraussetzungen geschaffen, die auch für die notwendige neue Phase des Dialogs bestimmend bleiben. Die vielschichtige Auseinandersetzung des Konzils mit den Fragen und Problemen der Zeit erfolgte auf der Basis einer grundsätzlich positiven Haltung zur neuzeitlichen Entwicklung.

Ohne den notwendigen Widerspruch auszuklammern und in stetem Bemühen um die Unterscheidung der Geister ging es dem Konzil um eine im Glauben begründete Aufgeschlossenheit gegenüber der modernen Welt. Diese Haltung ist in der nachkonziliaren Entwicklung durch manche Tendenzen überlagert worden, die als "Rückzug ins Ghetto" u.ä. kritisch vermerkt worden sind. Für die notwendige Auseinandersetzung mit der Situation der heutigen Zeit bleibt jedoch die Grundentscheidung des Konzils für den Dialog die Vorgabe, hinter die kein Weg zurückführt und zu der es keine sinnvolle Alternative gibt.

Damit ist keine Entscheidung darüber vorweggenommen, in welcher Weise der Dialog mit der gegenwärtigen Welt, aber auch in der Kirche selbst zu führen ist. Im dritten Teil des Referats werden die Grundformen des Gesprächs und der kommunikativen Auseinander-setzung angesprochen und im Vergleich die wesentlichen Merkmale eines fruchtbaren Dialogs erläutert, insbesondere: Zielgerichtetheit, Anerkennung einer grundlegenden Wahrheit und die gemeinsame Suche nach vertiefter Erkenntnis; ein angstfreies Gesprächsklima und ein offener Stil des Umgangs; die prinzipielle Möglichkeit für alle zur Communio gehörenden Subjekte, an dem Dialog teilzunehmen; die Anerkennung der unterschiedlichen Kompetenz und Verantwortung; gegenseitige Achtung und Akzeptanz im Umgang der Dialogpartner. Ein solches Dialogverständnis liegt grundsätzlich - ohne daß ich auf das Dokument im einzelnen eingehen konnte - auch dem Diskussionsbeitrag der Kommission 8 (Pastorale Grundfragen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken) "Dialog statt Dialogverweigerung" zugrunde.

Die Ausweitung des Dialogverständnisses auf einen globalen Umgangsstil überhaupt schafft freilich auch Probleme. Es gilt, den authentischen Dialog gegenüber allen Mißformen eines "substanzlosen Diskurses", der weder die Gesprächspartner noch die Sache wirklich ernstnimmt, auch im Bereich der Kirche unseres Landes auf den verschiedenen Ebenen mutig weiterzuführen.

Daß damit erhebliche Anforderungen an die Beteiligten gestellt sind, verdeutlicht der abschließende vierte Teil des Referates, in dem Bedingungen des Gelingens und des Mißlingens eines Dialoges in der heutigen Zeit vorgestellt werden. Nachdrücklich habe ich darauf hingewiesen, daß der Dialog in der Kirche für alle Beteiligten immer unter dem Wort Gottes steht. Wer diese Gemeinsamkeit im Blick auf das Evangelium aufgibt, nimmt jedem Dialog in der Kirche die innere Ermöglichung als ein wirkliches Gespräch. Hinzu-kommen müssen aber auch Aufrichtigkeit und Freimut, Aufnahmebereitschaft im Hören der Wahrheit und ein Wille zur Selbstkorrektur.

Die Einsicht in das Fragmentarische endlicher Wahrheitserkenntnis öffnet das Verständnis für die Möglichkeit, im Dialog der Gemeinschaft zu einer tieferen Erkenntnis und zur Kommunikation in der einen Wahrheit zusammenzufinden. Dies macht zugleich den mis-sionarischen und pastoralen Sinn des Dialogs aus. Dabei werden auch Unstimmigkeiten, Dissens und Konflikte, die immer wieder auftreten werden, keineswegs ausgeschlossen, sondern z.B. auch als mögliche Zeichen einer legitimen Vielfalt ernstgenommen. Das ago-nale Element des Dialogs kann sich hierin entfalten. Problematisch wird die Entwicklung erst dort, wo unterschiedliche Auffassungen sich in radikaler und kämpferischer Gegensätzlichkeit begegnen, wo Machtansprüche und Diktate auf eine Überwältigung des Gesprächspartners abzielen (zumal wenn dies mit Hilfe der öffentlichen Massenmedien, durch "Offene Briefe" etc. geschieht).

Zugleich muß stets bewußt bleiben, daß der Dialog unbeschadet seiner wichtigen Funktion nicht die einzige Weise der Erkenntnis und der Vermittlung von Wahrheit ist. Seine hohe Bedeutung darf die Möglichkeit und Notwendigkeit von Kompetenz, Autorität und Ent-scheidung nicht verwischen. Dies gilt besonders im Blick auf den Schutz des Evangeliums. Für die Zukunft geht es darum, den Dialog nicht aufzukündigen, sondern ihn im Dienst des Evangeliums in der Kirche und mit der modernen Welt offen und mutig weiterzuführen.

Das Referat war als grundsätzlicher Beitrag geplant, zumal die Bischofskonferenz zur Zeit in vielen Dialogen steht. Konkrete Auseinandersetzungen, wie sie ein Teil der Presse vermutete, lagen mir fern. Es ist immer etwas seltsam: Meist wird den Bischöfen stromlinienförmige Uniformität unterstellt; wenn aber einmal verschiedene Akzente gesetzt werden, muß es nicht schon Gegnerschaft oder gar Polemik gegenüber anders orientierten Meinungen bedeuten.

 

II.    Glaubensfragen

Zweiter Teil des Erwachsenenkatechismus: Leben aus dem Glauben (Ethischer Teil)

Die Vollversammlung hat vor zwei Jahren den zweiten Teil des Erwachsenenkatechismus verabschiedet. Die Kongregation für den Klerus in Rom, die nach dem geltenden kirchlichen Recht zuständig ist, wobei sie allerdings die Glaubenskongregation zu konsultieren hat, hat mit Schreiben vom 28. Juni 1994 die Approbation ausgesprochen. Die Anfragen und Verbesserungsvorschläge, die wir erhalten haben, haben uns zwar einige Mühe bereitet und Zeit gekostet, sie haben aber den Text durch die Herausforderung, unsere bisherigen Formulierungen nochmals zu überdenken, verbessert. Da in der Zwischenzeit der "Katechismus der Katholischen Kirche" und die Enzyklika "Veritatis splendor" erschienen sind, haben wir an den geeigneten Stellen einige Verweise auf hilfreiche Texte aufgenommen. Beide Texte waren zwar nach der Fertigstellung unseres Katechismus erschienen, wir haben jedoch in den gegebenen Grenzen eine Aktualisierung durchgeführt. Der zweite Band des Erwachsenenkatechismus wird bis zur Drucklegung mit allen Registern im Manuskript annähernd 550 Seiten betragen. Wir hoffen, daß er bis zum Frühjahr des kom-menden Jahres erscheinen kann. Damit geht mit der Vorbereitungszeit insgesamt eine fast 15jährige Epoche zu Ende, in der die beiden Bände des Erwachsenenkatechismus erarbeitet wurden. Wir hoffen, daß wir damit nicht nur der Weitergabe des Glaubens, sondern auch einer verantwortlichen Rechenschaft des Glaubens von seiten mündiger Christen heute dienen können.


Erklärung zum Apostolischen Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis"

Das mit Datum vom 22. Mai 1994 approbierte Apostolische Schreiben von Papst Johannes Paul II. "Ordinatio Sacerdotalis" hat in der Diskussion viel Staub aufgewirbelt und Unruhe geschaffen. Dabei sind allerdings auch viele Mißverständnisse zutage getreten. Der Papst hat eine ununterbrochene Praxis der Kirche, nur Männern die Priesterweihe zu erteilen, bekräftigt, aber kein neues Dogma geschaffen. Im übrigen glaubt die Kirche nicht, die Vollmacht zu besitzen, eine Änderung dieser Praxis durchzuführen. Sie kann nicht einfach, was sie will. Darin besteht mit der Ortskirche Einigkeit. Deshalb kann die Frage auch nicht im Horizont moderner Emanzipationsbestrebungen allein beantwortet werden, die theologische Sachverhalte außer acht läßt. Der Papst wollte bei allem Nachdruck auf der Verbindlichkeit seines Schreibens gewiß auch kein Diskussionsverbot verhängen. Das Dokument versucht selbst, sich gegen eine Fehlinterpretation, als handle es sich um eine Zurücksetzung oder gar Diskriminierung der Frau, zu schützen. Dies ist bei vielen auf geringe Akzeptanz gestoßen. Dieses Zögern hängt wohl einerseits damit zusammen, daß das Verständnis des Amtes viel zu sehr aus der Perspektive von Macht und Einfluß betrachtet wird, und andererseits zu wenig reflektiert wird, ob die Gleichwertigkeit der Geschlechter auch automatisch eine Gleichartigkeit bedeutet. Hier warten auf die Theologie und die Anthropologie noch viele unerledigte Aufgaben.

Die Glaubenskommission konnte in der knappen Sommerzeit nicht ein umfangreicheres Dokument erarbeiten. Dies wollen wir mittelfristig versuchen. Deshalb ist die knappe Erklärung, die wir heute vorlegen, eine erste Interpretations- und Lesehilfe, die auf die gröbsten Einwände zu antworten versucht und zu mehr Nachdenklichkeit auffordert in einer gewiß sehr sensiblen Sache.

 

III.    Pastorale Fragen

Arbeitshilfe "Unsere Sorge um die Toten und Hinterbliebenen - Bestattungskultur und Trauerbegleitung aus christlicher Sicht"
Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zu Trauerbegleitung und Bestattungskultur

Die Bischofskonferenz bereitet eine Erklärung vor zu Fragen der Bestattungskultur und der Begleitung trauernder Menschen. Die Pastoralkommission hat uns einen Textentwurf vorgelegt mit dem Titel "Unsere Sorge um die Toten und die Hinterbliebenen. Bestat-tungskultur und Trauerbegleitung aus christlicher Sicht". Im Umgang mit diesen Fragen sind erhebliche Veränderungen festzustellen, die geprägt sind von der Verdrängung von Trauer und Tod und einer zunehmenden Privatisierung in diesem Bereich. Auf diesem Hintergrund messen wir einer Neuorientierung und Neubewertung der mit Sterben, Tod, Bestattung und der Sorge für die Hinterbliebenen zusammenhängenden Aufgaben in unse-ren Gemeinden große Bedeutung bei. Die Erklärung der Bischofskonferenz, die nach Einarbeitung einiger Änderungen im November vom Ständigen Rat verabschiedet werden soll, will dazu einen Anstoß geben.

Die Erklärung beschreibt zunächst veränderte Einstellungen und Praktiken im Hinblick auf Tod, Bestattung und Trauer. Gleichzeitig möchten wir die Gemeinden ermutigen, sich verstärkt mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, sowohl in ihrer Verkündigung als auch im praktischen Umgang mit Bestattungen und in der Sorge für trauernde Menschen.

Sterben und Tod werden heute weitgehend tabuisiert, ausschließlich in den privaten Bereich verlagert und so weit wie möglich aus der menschlichen Gemeinschaft verdrängt. Dies hat Auswirkungen im Bereich des praktischen Umgangs mit Trauer und Tod. Die starke Zunahme anonymer Bestattungen - in einigen Städten werden ein Viertel bis ein Drittel aller Bestattungen anonym vorgenommen - ist ein Zeichen für die zunehmende Anonymisierung in diesem Bereich. Die Würde der menschlichen Person und der Glaube an die Auferstehung haben in der Vergangenheit in einer reichhaltigen Symbolik und in gottesdienstlichen Formen Ausdruck gefunden. Sie erinnerten an die bleibende Gemeinschaft von Toten und Lebenden nach christlichem Verständnis und helfen den Hinterbliebenen, mit ihrer Trauer umzugehen.

Wir stellen heute einen weitgehenden Verlust kultureller - sprachlicher, religiöser, künstlerischer - Formen fest, die bisher eine wirklich menschliche Form des Abschiednehmens, der Erinnerung wie auch der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod ermöglichen. Wir hoffen, daß unsere Erklärung eine Hilfe für die Gemeinden sein wird, auf der Grundlage des christlichen Auferstehungsglaubens, in Zusammenarbeit beispielsweise mit Künstlern und Bestattern, die herrschende Sprachlosigkeit und die fehlende Sinndeutung zu überwinden.


Zur Situation der Jugendseelsorge

Ausführlich haben wir uns mit der Situation der Jugendseelsorge beschäftigt. Die Vollversammlung hat den Bericht und die Empfehlungen über erste Maßnahmen zur Überwindung der gegenwärtigen Krise im Bereich der katholischen Jugendarbeit der vom Ständigen Rat am 29. August 1991 eingerichteten Arbeitsgruppe unter Leitung des Vorsitzenden der Jugendkommission, Bischof Leopold Nowak (Magdeburg), entgegengenommen.

Breiten Raum nahmen in der Diskussion die Schwierigkeiten und Probleme kirchlich geprägter Jugendarbeit in der heutigen Zeit ein. Dabei wurden vor allem Fragen der Zuord-nung der Arbeitsstelle Jugendseelsorge und der BDKJ-Bundesgeschäftsstelle erörtert. Besonders hingewiesen wurde auf die sich aus der Personalunion von Leiter der Arbeitsstelle Jugendseelsorge und Bundespräses des BDKJ notwendigerweise ergebenden Schwierigkeiten, die eine Änderung der Organisationsstruktur nahelegen. Da die Ordnung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge im Frühjahr 1995 ausläuft, wird die Jugendkommission zur Frühjahrsvollversammlung den Entwurf einer überarbeiteten Ordnung der Arbeitsstelle vorlegen. Darin wird die Eigenständigkeit der Arbeitsstelle durch eine Entflechtung bzw. eine Trennung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und der BDKJ-Bundesgeschäftsstelle erfolgen. Pfarrer Rolf Peter Cremer wird zum 1. Oktober 1994 von der Leitung der Arbeitsstelle Jugendseelsorge entbunden. Auch entpflichtet die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz ihn und Frau Karin Kortmann, Mitglied des Bundesvorstandes des BDKJ, als Berater der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz. Bei der weiteren Aussprache der Vollversammlung wurden auch die Unterschriftenaktion gegen das Apostolische Schreiben "Ordinatio Sacerdotalis" auf dem Dresdener Katholikentag und der "Demokratieförderplan" des BDKJ erörtert. In diesem Zusammenhang wurde beschlossen, gegenüber dem BDKJ-Bundesvorstand eine förmliche Mißbilligung bezüglich seiner Entscheidung zur Durchführung der Unterschriftenaktion gegen "Ordinatio Sacerdotalis" auf dem Dresdener Katholikentag auszusprechen.

 

IV.    Gesellschaftliche Fragen

Wort "Zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland"

Die Vollversammlung hat sich zum ersten Mal inhaltlich mit dem im vergangenen Jahr begonnenen Konsultationsprozeß befaßt. Sie hat den ihr von einer achtköpfigen Arbeitsgruppe vorgelegten Entwurf in seinen Grundzügen gebilligt. Bis zum 5. Oktober können die Mitglieder der Bischofskonferenz Änderungsvorschläge einbringen. Diese werden - ebenso wie die Änderungsvorschläge des Rates der EKD - der Arbeitsgruppe zugeleitet, die dann einen neuen Text vorlegt. Dieser Text soll von dem Kontaktgesprächskreis, der Anfang November tagt, approbiert werden. Anschließend wird dieser 1. Entwurf dann der Öffentlichkeit übergeben.

Eingeführt in unsere Beratungen hat der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen, Bischof Josef Homeyer (Hildesheim). Er wies vor allem auf folgende Gesichtspunkte hin:
* Die Kirche muß die Gesellschaft in ihrer konkreten Entwicklung und Gestaltung als Herausforderung und Wirkungsfeld annehmen und in den öffentlichen Diskurs eintreten, ohne sich allein auf moralische Appelle zu beschränken.
* Es ist unbestritten, daß es einige Krisenerscheinungen in unserer Gesellschaft gibt mit der Gefahr der Entsolidarisierung und der zunehmenden Individualisierung. In diesem Zusam-menhang richten sich hohe Erwartungen an die Kirche.
* Es geht darum, die Dynamik des Schöpfungs- und Befreiungshandelns Gottes in einer konkreten Situation des gesellschaftlichen Umbruchs zum Tragen zu bringen und sozial-ethische Verantwortung als vorrangige Aufgabe der nächsten Zukunft bewußt zu machen.
* Der demnächst vorgelegte 1. Entwurf ist als Impuls- und Grundlagentext für den Konsultationsprozeß gedacht. Er soll für die aufgeworfenen Fragestellungen sensibilisieren und auch kritische Auseinandersetzungen auslösen. Am Ende dieses Prozesses werden die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ein eigenständiges, abschließendes Wort veröffentlichen.

Ergänzt wurden die Ausführungen von Prof. Dr. Anton Rauscher, der Mitglied der achtköpfigen Redaktionsgruppe zur Erstellung des 1. Entwurfs ist.

In der sehr ausführlichen Aussprache wurden eine Reihe von Änderungsvorschlägen gemacht. So soll am Beginn des Textes eine theologische Grundlegung stehen, und die Prinzipien der katholischen Soziallehre, insbesondere auch der Subsidiarität, sollten ausführlicher dargestellt werden. Zudem sollten bei der Behandlung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fehlentwicklungen auch die verbreiteten Phänomene der Auflösung sittlicher Normen und moralischer Verhaltensweisen einbezogen werden.

Wir wünschen uns - nachdem der 1. Entwurf im November vorliegt - eine umfassende innerkirchliche Diskussion und ein intensives Gespräch mit den gesellschaftlichen Gruppen. Ziel des Konsultationsprozesses ist es, daß sich möglichst viele mit den wichtigen Fragen der wirtschaftlichen und sozialen Gestaltung in unserem Land befassen. Nur so kann das Bewußtsein geschaffen werden, um notwendige Reformen durchführen zu können. Gleichzeitig erhoffen wir uns durch diese breit angelegte Diskussion wertvolle Anregungen und einen innovativen Schub im Blick auf die Umsetzung der katholischen Soziallehre.

In jüngster Vergangenheit sind immer wieder einzelne Teile von Vorentwürfen in der Öffentlichkeit aufgetaucht und zum Teil auch für die parteipolitische Auseinandersetzung im Wahlkampf mißbraucht worden. Dazu möchte ich folgendes sagen:
1. Es gibt derzeit noch keinen Text, der sowohl von der Deutschen Bischofskonferenz als auch vom Rat der EKD gebilligt ist. Alle bisher vorliegenden Texte sind Vorentwürfe. Der erste Text, der die Zustimmung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD hat, wird im November vorgelegt. Bis dahin gibt es keinen autorisierten Text.
2. Wer den Konsultationsprozeß insgesamt oder einzelne Textentwürfe für die parteipolitische Auseinandersetzung im Wahlkampf benutzt, hat keine Ahnung von dem Anliegen des vorgesehenen Diskussionsprozesses und von der Absicht sowohl der Deutschen Bischofskonferenz als auch der EKD. Er schadet diesem Prozeß vielmehr. Er ist offensichtlich auch nicht in der Lage, über den Rand des Tagesgeschäftes hinaus zu denken. Es geht eben nicht darum, die anstehenden Fragen in der parteipolitischen Konfrontation zu erörtern, sondern gerade darum, diese zu überwinden, um zu einer großen Gemeinsamkeit bei der Lösung zu kommen.

Ich hoffe sehr, daß es zu einer sachlichen und intensiven Diskussion auf möglichst vielen Ebenen kommt. Die beiden Kirchen wollen so ihren Beitrag bei der Gestaltung des Gemeinwohls leisten.


Zur Situation Asylsuchender

Die Kommission für Caritasfragen hat uns einen Erfahrungsbericht über die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Deutschland zur Kenntnis gegeben. In diesem Zusam-menhang beunruhigen uns einige Berichte aus manchen Bundesländern über die Situation von Asylanten, die sich in Abschiebelagern befinden. Wir haben uns mit den Schwerpunkten des Berichtes in einer anschließenden Aussprache befaßt und die Kommission für Caritasfragen beauftragt, uns in der Frühjahrsvollversammlung 1995 einen Entwurf für eine Stellungnahme der Bischofskonferenz zu diesem Problemkreis vorzulegen.

 

V.    Ökumenische Fragen

Zweite Europäische Ökumenische Versammlung

Seit einiger Zeit wird erwogen, im Jahre 1997 eine Zweite Europäische Ökumenische Versammlung durchzuführen. Als Thema ist "Versöhnung - Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens" ins Auge gefaßt. Die Vollversammlung stimmt diesen Überlegungen grundsätzlich zu, ist aber gleichzeitig der Meinung, daß die voraussichtlich in Graz stattfindende Zusammenkunft durch regionale Treffen vorbereitet werden muß.

Die Vollversammlung hat ihr Einverständnis erklärt, daß die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland die Vorbereitung koordiniert und eine Vorbereitungstagung in der ersten Jahreshälfte 1996 durchfürt.

 

VI.    Priesterausbildung

Apostolische Visitation der deutschen Priesterseminare und Theologenkonvikte

Bischof Averkamp als Vorsitzender der Kommission für Fragen der Wissenschaft und Kultur hat uns über die Visitation der Priesterseminare und Theologenkonvikte durch Vertreter der Bildungskongregation des Heiligen Stuhls informiert, die vom Herbst dieses Jahres bis zum Frühjahr 1995 durchgeführt wird. Das Grundanliegen dieser Besuche ist eine differenzierte Standortbestimmung der Priesterausbildung unter ortskirchlichen und weltkirchlichen Aspekten. Die Visitation ist eingebettet in das Bemühen des Apostolischen Stuhles, 30 Jahre nach Abschluß des Zweiten Vatikanums weltweit eine genaue Bestandsaufnahme über die Situation der Priesteramtskandidaten bzw. der Ausbildungsverhältnisse zu erhalten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen zur Klärung künftiger Entwicklungsperspektiven beitragen. Solche Visitationen haben in den letzten Jahren unter anderem bereits in den Vereinigten Staaten, Kanada, Frankreich, Belgien, Italien und der Schweiz stattgefunden und sind in manchen Ländern, wie z.B. in Österreich, noch durchzuführen.

Die römische Bildungskongregation, die im Auftrag des Papstes die Visitation durchführt, legt dabei großen Wert auf eine einvernehmliche Zusammenarbeit mit der jeweiligen Ortskirche. Dies kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, daß Vertreter der Seminarregenten in die Vorbereitung mit einbezogen wurden und mit der Durchführung beauftragt sind, die allesamt über eigene Erfahrungen in der Priesterausbildung verfügen: Es sind dies Bischof Dr. Ludwig Averkamp (Osnabrück), der auch als Koordinator des gesamten Vorgangs fungiert, Erzbischof Dr. Johannes Joachim Degenhardt (Paderborn), Bischof Dr. Franz-Xaver Eder (Passau), Bischof Dr. Anton Schlembach (Speyer) und Bischof Dr. Joachim Wanke (Erfurt). Die letzte derartige Visitation fand in Deutschland übrigens in der Zeit vor und während des Konzils statt; bereits damals waren mit Bischof Dr. Michael Keller (Münster) und Bischof Dr. Joseph Schröffer (Eichstätt), dem späteren Kurienkar-dinal, deutsche Oberhirten im Auftrag des Papstes tätig.

In den einzelnen Priesterseminaren und Theologenkonvikten haben sich bereits im vergangenen Sommersemester Verantwortliche und Studenten in gemeinsamen Reflexionen auf den Besuch der Visitatoren und ihrer Mitarbeiter vorbereitet und unter den Hauptaspekten geistliches Leben und menschliche Reife, theologische Bildung und pastorale Befähigung zentrale Fragen der Ausbildung thematisiert. Damit soll erreicht werden, daß es bei der Visitation zu einem vertieften Gedankenaustausch kommt, aus dem konkrete Hilfen angesichts gewachsener Herausforderungen an den Priesterberuf gewonnen werden können. Vor allem soll dabei eine Erneuerung der geistlichen Bildung der künftigen Priester erzielt werden.

 

VII.    Weltkirchliche Fragen

Wir haben auch in diesem Jahr über einige Brennpunkte in der Welt gesprochen. Nach wie vor ist der Frieden im ehemaligen Jugoslawien noch nicht in Sicht. Wir sind dem Heiligen Vater dankbar, daß er trotz großer Schwierigkeiten, die Reise nach Zagreb unternommen hat und dort so nachhaltig für Gerechtigkeit und für die Wahrung der Menschenrechte eingetreten ist. Nachdrücklich hat er sich auch für die Rechte der Minderheiten eingesetzt.

Wir wenden uns entschieden gegen die nach wie vor duchgeführten sogenannten ethnischen Säuberungen. Diese werden von der Weltöffentlichkeit und der internationalen Staatengemeinschaft einfach hingenommen. Wir fordern, bei allen Friedensbemühungen nachdrücklich auf der Verankerung von garantierten Rechten der Minderheiten zu bestehen.

Die Lage in Ruanda und in den Flüchtlingslagern verschwindet nach und nach aus den Schlagzeilen. Ein Vorgang, der nicht neu ist. Aber jetzt beginnt die eigentliche Hilfe zum Wiederaufbau des Landes und zur Versöhnung der Volksstämme. In der Vergangenheit hat es Meldungen gegeben, die katholische Kirche sei zu eng mit der ehemaligen von den Hutus dominierten Regierung verbunden gewesen. Tatsächlich sind die Missionare bei beiden Volksstämmen pastoral und sozial tätig gewesen. In Zeiten der geradezu haßerfüllten Auseinandersetzung ist es nicht immer leicht, Informationspolitik der einzelnen Seiten von tatsächlich zutreffenden Meldungen zu unterscheiden. Die Kirche wird mit ihren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um bei der Gestaltung der Zukunft Ruandas mitzuwirken. Sie sieht neben der materiellen Hilfe ihre Aufgabe darin, Haß abzubauen und zur Verständigung und zur Versöhnung beizutragen.

Es gibt aber nicht nur negative Entwicklungen und Ereignisse. Wir sind dankbar angesichts der Entwicklung in Südafrika. Viele Jahre haben sich die Kirchen in diesem Lande bemüht, zu einem friedlichen Übergang von dem Unrechtssystem der Apartheid zur Gleichberechtigung aller Bürger dieses Landes beizutragen. Wir begrüßen es, daß Südafrika auf einem guten Weg in die Zukunft ist.

 

VIII.    Personalien

Bischof Müller (Görlitz) und Weihbischof Haßlberger (München und Freising) sind von der Vollversammlung zu neuen Mitgliedern der Kommission Weltkirche gewählt worden. Weihbischof Haßlberger wurde auch zum Mitglied der Unterkommisson für Missionsfra-gen gewählt.

Außerdem wurde Weihbischof Haßlberger in die Jugendkommission gewählt.

Innerhalb der Kommission Weltkirche haben wir eine neue Unterkommission errichtet, die für Mittel- und Osteuropa und insbesondere für das hier tätige Hilfswerk RENOVABIS zuständig ist. Vorsitzender der Unterkommission ist Kardinal Joachim Meisner (Köln), als weitere Mitglieder wurden Bischof Rudolf Müller (Görlitz), Weihbischof Vinzenz Guggenberger (Regensburg), Weihbischof Gerhard Pieschl (Limburg) und Weihbischof Leo Schwarz (Trier) gewählt.

Dr. Rainer Birkenmaier haben wir für eine weitere Amtsperiode von fünf Jahren zum Leiter der Arbeitsstelle Berufe der Kirche der Deutschen Bischofskonferenz gewählt.

Die Berufungszeit der kirchlichen Beauftragten bei der Deutschen Welle (Pater Prof. Dr. Klemens Jockwig CSsR) bei SAT.1 (Ulrich Fischer) und bei RTL (Dr. Bert Gruber) ist bis zur Herbst-Vollversammlung 1996 verlängert worden.

Prälat Arnold Poll ist für die Dauer von weiteren vier Jahren zum Vertreter der katholischen Kirche im Deutschen Komitee für UNICEF e.V. gewählt worden.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz