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Pressebericht der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

vom 9. bis 12. März 1992 in Freising

I.    Glaubensfragen
1. Katholischer Erwachsenenkatechismus
2. Schreiben der Bischöfe über den priesterlichen Dienst
3. Gespräch mit Kardinal Pio Laghi

II.    Pastorale Fragen
1. Zur Lage der katholischen Militärseelsorge
2. Stand der Beratungen zum Schutz des ungeborenen Kindes
3. "Woche für das Leben" 1992
4. Neuordnung der Jurisdiktionsbezirke in den neuen
   Bundesländern

III.    Weltkirchliche Fragen
1. Begegnung mit den Bischöfen aus Guatemala
2. Ergebnisse und Schlußfolgerungen des Europa-
   Studientages (Herbstvollversammlung 1991)
3. Begegnung mit Vertretern des polnischen Episkopats
4. Neuorientierung der Beziehungen zu den Bischofskon-
   ferenzen in Mittel- und Osteuropa
5. Stellungnahme zum Konflikt um Berg-Karabach
6. Förderung ausländischer Studierender

IV. Gesellschaftliche Frage
1. Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht
2. Wirtschaftliche Probleme beim Zusammenwachsen in
   Deutschland

V. Personalien
 


I. Glaubensfragen

1. Katholischer Erwachsenenkatechismus

Die Vollversammlung hat den Entwurf für den zweiten Teil des Erwachsenenkatechismus beraten. 1985 ist der erste Teil erschienen. Er hat das Glaubensbekenntnis zum Inhalt. Der zweite Teil behandelt die sittliche Botschaft der Kirche und soll den Titel "Leben aus dem Glauben" tragen. Die besondere Schwierigkeit bei der Erstellung dieses zweiten Teiles besteht darin, in einer zeitgemäßen Sprache die Lehre der Kirche im Kontext der heutigen Verhältnisse zu vermitteln und die Maßstäbe christlichen Handelns überzeugend darzulegen.

Es sind eine Reihe von Änderungsvorschlägen bereits eingegangen und bis zum 15. April können noch weitere Eingaben gemacht werden. Nach der Einarbeitung dieser Vorschläge wird der neue Text für die abschließende Lesung bei der Herbstvollversammlung (21. bis 24. September) vorliegen. Prof. Dr. Wilhelm Ernst (Erfurt) ist der Hauptredakteur dieses zweiten Teils des Erwachsenenkatechismus.


2. Schreiben der Bischöfe über den priesterlichen Dienst

In diesen Tagen haben wir uns auch mit einem geplanten Hirtenschreiben an die Priester beschäftigt.

Die Veränderungen in der Gesellschaft lassen die Kirche nicht unberührt. Die Schwierigkeiten, die mit einem weitgehend säkularisierten, von Glaubensschwund und zunehmender Individualisierung geprägten Umfeld zusammenhängen, betreffen das Christsein heute überhaupt. Besonders angefochten und von der Öffentlichkeit - wie auch bisweilen innnerkirchlich - in Frage gestellt ist jedoch die Lebensform des Priesters.

Aus diesem Grund halten wir es für notwendig, uns mit den Bedingungen des Priesterseins heute und möglichen Veränderungen in der Lebensweise der Priester auseinanderzusetzen und einen offenen Austausch über die heutigen Schwierigkeiten, aber auch die Möglichkeiten und Chancen eines erfüllten Lebens als Priester in Gang zu setzen. Wir sehen dabei die Lösung der Probleme nicht in einer Abschaffung des Zölibats, der - mehr als alle anderen Lebensformen - eine für Gott und die Menschen offene und solidarische Existenz ermöglicht.

Der Entwurf für das Schreiben an die Priester geht aus von einer Analyse der gegenwärtigen Bedingungen des Priesterseins und möchte von hier aus Wege aufzeigen, die dazu beitragen können, die Schwierigkeiten zu bewältigen. Dabei ist freilich das Leben in der Nachfolge Jesu Christi auch stets vom Kreuz des Herrn gekennzeichnet.

Wir können mit dem geplanten Brief keine fertigen "Rezepte" anbieten. Es geht uns jedoch darum, ein Gespräch in der Priesterschaft und in der Kirche darüber in Gang zu bringen, wie priesterlicher Dienst heute eine sinnerfüllte Lebensform sein kann. Wir halten dabei die Berücksichtigung der Tatsache für besonders bedeutsam, daß unsere Gesellschaft von zunehmender Anonymität geprägt ist. Wenn eine Pfarrgemeinde nicht eine wirkliche Gemeinschaft ist, in der der eine den anderen trägt, erschwert dies die priesterliche Existenz. Wir halten daher auch die Suche nach intensiveren Formen der Gemeinschaftlichkeit unter den Priestern für hilfreich.

Der schon mehrfach von der Glaubenskommission bearbeitete Entwurf soll nochmals sprachlich überarbeitet werden. Die Vollversammlung hat den Entwurf als solchen sehr begrüßt. Er soll noch vor der Sommerpause veröffentlicht werden.


3. Gespräch mit Kardinal Pio Laghi, Präfekt der Kongregation für das katholische Bildungswesen über die Entwicklung des theologischen Studiums und der theologischen Hochschuleinrichtungen

In einem Gespräch mit dem Präfekten der Kongregation für das katholische Bildungswesen, Pio Laghi, hat die Vollversammlung am Abend des ersten Sitzungstages Fragen der Entwicklung des Theologiestudiums und der theologischen Hochschuleinrichtungen in Deutschland erörtert.

Kardinal Laghi hob hierbei das besondere Interesse der römischen Dikasterien an den theologischen Hochschuleinrichtungen in Deutschland hervor, die unter den 140 theologischen Fakultäten der Weltkirche eine wichtige Stellung einnehmen. Die Kongregation ist bereit, die von ihr erwartete Unterstützung für die weitere Entwicklung zu leisten.

Die Frage der Gründung von Fakultäten im Bereich der neuen Bundesländer wurde ebenso wie die Gesamtplanung der weiteren Entwicklung der deutschen theologischen Fakultäten unter verschiedenen Aspekten erörtert. Dabei wurde deutlich, daß hier entsprechende Planungen von der Deutschen Bischofskonferenz selbst erstellt werden müssen, bevor die römischen Dikasterien tätig werden.

Mit dankbarer Zustimmung haben wir die Klarstellung von Kardinal Laghi zur Nihil-Obstat-Erteilung für Theologieprofessoren zur Kenntnis genommen. Dies gilt insbesondere für seine Feststellung, daß durch die zwischen dem Apostolischen Stuhl und den jeweiligen staatlichen Vertragspartnern abgeschlossenen Konkordate die deutschen Bischöfe selbst als Bevollmächtigte des Apostolischen Stuhls die erste Verantwortung für die Erteilung des Nihil obstat haben und daß diese Zuständigkeit durch die innerkirchliche Rückbindung an die römische Zuständigkeit nicht ausgehöhlt werden darf.

Übereinstimmung bestand darin, daß gute Beziehungen der Bischöfe zu den Theologieprofessoren sowie der Bischofskonferenz zu den Arbeitsgemeinschaften der theologischen Disziplinen und zu der Europäischen Theologischen Gesellschaft besonders wichtig sind und entsprechend gepflegt werden sollten.

Das gute und offene Gespräch mit Kardinal Laghi wird bereits beim Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November/Dezember dieses Jahres fortgesetzt.

 

II. Pastorale Fragen

1. Zur Lage der katholischen Militärseelsorge

Zur Lage der katholischen Militärseelsorge haben wir einen Bericht der Militärbischofs, Erzbischof Dr. Johannes Dyba entgegengenommen.

Am 1. Januar 1990 ist für die katholischen Militärseelsorge ein neues Statut in Kraft getreten, das im Einvernehmen von Heiligem Stuhl, Bundesregierung und Deutscher Bischofskonferenz die bewährte Struktur der Militärseelsorge bestätigt und Ergänzungen in Detailfragen enthält.

Die Seelsorge für Soldaten wird weiterhin von hauptamtlichen Militärpfarrern auf Zeit wahrgenommen, die mit dem jeweiligen Ortspfarrer zusammenarbeiten. Besonderes Gewicht kommt dabei der Zusammenarbeit mit dem evangelischen Militärseelsorger zu, die häufig sehr intensiv ist.

Die Golfkrise und der Golfkrieg haben die Militärseelsorge im vergangenen Jahr vor unerwartete Aufgaben gestellt und erhebliche Spannungen moralischer und psychischer Art bei den Soldaten, ihren Familien und in der deutschen Öffnetlichkeit hervorgerufen. Die Militärgeistlichen waren damals in besonderer Weise zur geistig-ethischen Orientierung und spirituellen Begleitung der Soldaten und ihrer Angehörigen gefordert, in besonderem Maß von den Soldaten, die am Einsatz im Rahmen der Bündnisverpflichtungen teilgenommen haben. Die seelsorgliche Hilfe wurde stark in Anspruch genommen, auch von "kirchenferneren" Soldaten.

Von seiten des Bundesministeriums der Verteidigung werden von den Militärseelsorgern theologisch und ethisch qualifizierte Beiträge zu sittlichen Grundfragen, zur Friedens- und Sicherheitspolitik erwartet. Besonders in den neuen Bundesländern bedarf die Militärseelsorge der Unterstützung durch den Orts- und Ordensklerus als Standortpfarrer im Nebenamt. Aufgrund der extremen Diasporasituation sind hier neuartige Modelle der Zusammenarbeit haupt- und nebenamtlicher Standortpfarrer erforderlich.

Trotz der Verringerung der Streitkräfte ist weiterhin eine große Anzahl von Standorten durch Militärgeistliche zu besetzen. Die Deutsche Bischofskonferenz wird daher die Ordensoberen bitten, sich weiterhin und verstärkt an der Seelsorge für die Soldaten zu beteiligen.

In den neuen Bundesländern beteiligt sich die evangelische Kirche nicht an der Militärseelsorge. Dies ist nach Ansicht der Vollversammlung besorgniserregend, weil die Seelsorge an Soldaten von beiden Kirchen bisher wahrgenommen wurde. Es ist bedauerlich, daß diese Gemeinschaft derzeit nicht gegeben ist. Die Vollversammlung brachte die Hoffnung zum Ausdruck, daß sich die evangelische Kirche in den neuen Bundesländern nicht der Seelsorge an Soldaten entzieht.


2. Stand der Beratungen zum Schutz des ungeborenen Kindes

Die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat in einer Aussprache über die Diskussion zum Schutz des ungeborenen Kindes nochmals ihre wiederholt dargelegte Position bekräf¬tigt:

1. Bei dem ungeborenen Kind handelt es sich nach den Erkenntnissen der Wissenschaft um einen unverwechselbaren Menschen, der mit allen menschlichen Eigenschaften ausgestattet ist und heranwächst, ähnlich wie auch das geborene Kind weiter wächst.

2. Niemand hat das Recht, diesem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen. Das Recht auf Leben wird dem ungeborenen Kind weder durch die Eltern, noch durch die Gesellschaft, noch durch den Staat verliehen. Das Recht auf Leben ist ein elementares Menschenrecht.

3. Der Staat hat die Pflicht, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Leben zu schützen. Er muß deutlich zum Ausdruck bringen, daß es sich bei einem Verstoß gegen das Lebensrecht eines anderen Menschen um ein schweres Unrecht handelt. Straf¬recht, das vor allem diesen Unrechtscharakter zum Ausdruck bringt, und soziale Maßnahmen müssen sich dabei ergänzen.

4. Die Position der Kirche orientiert sich nicht an der Verurteilung derjenigen, die gegenüber dem Lebensrecht eines anderen schuldig geworden sind. Sie orientiert sich am unbedingten Einsatz für das Leben.

5. Die Kirche weiß um die  Verstrickung in Schuld, erfahrene Ausweglosigkeit und Sünde. Die Kirche steht zugleich zu ihrem Auftrag, bei begangenem und bereutem Unrecht, Vergebung und Versöhnung zu vermitteln.

6. Die Kirche wird ihren Einsatz für das Lebensrecht aller Menschen - der geborenen und ungeborenen - nicht aufgeben. Sie ist sich bewußt, daß sie selbst, die Gesellschaft und die Politik noch mehr dazu beitragen müssen, ein kinderfreundliches Klima zu schaffen und Hilfen anzubieten, damit Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vermieden oder gelöst werden können.


3. "Woche für das Leben" 1992

Die Vollversammlung hat beschlossen, die im vergangenen Jahr erstmals veranstaltete "Woche für das Leben" auch in den Jahren 1993 und 1994 durchzuführen. In diesem Jahr steht die "Woche für das Leben" (17. bis 24.Mai), die am 16. Mai mit einer zentralen Veranstaltung in Dresden eröffnet wird, unter dem Thema "Für eine kinderfreundliche Gesellschaft".

Wir wollen mit dieser "Woche für das Leben" immer wieder das Bewußtsein für den notwendigen Schutz des Lebens in allen seinen Phasen wachrütteln. Im letzten Jahr stand das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Mittelpunkt. In diesem Jahr geht es um eine kinderfreundliche Gesellschaft. In den nächsten Jahren werden wir den Umgang mit dem behinderten und alten Leben besonders betonen.
Die Europa-Sondersynode hat empfohlen, in jedem Land jährlich einen "Tag ..." oder eine "Woche für das Leben" in allen Verbänden und Pfarrgemeinden durchzuführen und im Lauf der Zeit diesen Tag oder diese Woche auch gemeinsam festzulegen.


4. Neuordnung der Jurisdiktionsbezirke in den neuen Bundesländern

Die Vollversammlung hat einen Schlußbericht und die Empfehlungen der in der Frühjahrs-Vollversammlung (18. bis 21. Februar 1991) eingesetzten Kommission zur Neuordnung der Jurisdiktionsbezirke und Kirchenprovinzen in den neuen Bundesländern zur Kenntnis genommen. Auf der Grundlage dieses Berichtes wird die Vollversammlung entsprechende Empfehlungen an den Apostolischen Stuhl weiterleiten:

1. Das Gebiet, das sich auf die Jurisdiktion des Apostolischen Administrators in Magdeburg erstreckt, wird vom Erzbistum Paderborn und vom Bistum Hildesheim losgetrennt und zur Diözese erhoben.

2. Das Gebiet des Bistums Fulda, auf das sich die Jurisdiktion des Apostolische Administrators in Erfurt-Meiningen erstreckt, wird vom Bistum losgetrennt (Ausgenommen davon ist ein Dekanat).
Das Gebiet des Bistunms Würzburg, auf das sich die Jurisdiktion des Apostolischen Administrators in Erfurt-Meiningen erstreckt, wird vom Bistum Würzburg losgetrennt.
Auch einige Pfarreien, die zum Gebiet des Bistums Hildesheim gehören, werden mit den oben erwähnten Gebieten zur Diözese Erfurt zusammengefaßt.
In diesem Zusammenhang werden auch einige kleine Gebiete aus dem Bistum Dresden-Meißen ausgegliedert und der Diözese Erfurt eingegliedert.

3. Das Gebiet, auf das sich die Jurisdiktion des Apostolischen Administrators in Schwerin erstreckt, bleibt bei dem Bistum Osnabrück.

4. Die Apostolische Administratur Görlitz wird zur Diözese erhoben.

5. Es wird eine Kirchenprovinz Berlin gebildet. Ihr gehören an: das Erzbistum Berlin, die Diözesen Dresden-Meißen und Görlitz.

Die letzte Entscheidung liegt beim Apostolische Stuhl. Da von der Änderung von Diözesangrenzen die Konkordate betroffen sind, wird der Apostolische Stuhl nach entsprechenden Konsultationen mit den zuständigen staatlichen Stellen seine Entscheidung mitteilen.

 

III. Weltkirchliche Fragen

1. Begegnung mit den Bischöfen aus Guatemala

Am Dienstag abend waren die beiden guatemalischen Bischöfe Julio Cabrera (El Quiché) und Alvaro Ramazzini (San Marcos) unsere Gäste, die aus Anlaß der Eröffnung der Misereor-Fastenaktion in Deutschland sind. Sie haben uns den Dank der Kirche ihres Landes übermittelt für die langjährigen pastoralen und sozialen Hilfen der deutschen Katholiken und uns die Situation ihres Landes und die Lage der Kirche dort geschildert.
In Guatemala herrschen bedrückende Zustände. 80% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenz, 50% davon in extremer Armut. Das Land ist nach wie vor fast ausschließlich im Besitz der spanischen Eroberer. Zudem findet seit 30 Jahren ein von der Weltöffentlichkeit kaum beachteter grausamer Guerillakrieg statt. Bischof Cabrera gab uns einen erschütternden Bericht über Massaker in seiner Diözese, bei denen 1985 mehr als die Hälfte der Katecheten von Regierungssoldaten und Guerilla ermordet wurde.

Die Kirche in Guatemala bemüht sich in dieser Situation, das bestehende Unrecht anzuklagen, gleichzeitig aber auch Hoffnung für die Zukunft zu vermitteln. In der Kommission zur Achtung der Menschenrechte, in der Mitglieder der Regierung wie auch Vertreter der Guerilla sind, führt der Präsident der Bischofskonferenz den Vorsitz. Man hofft langfristig auf eine Versöhnung zwischen Guerilla und Regierung.

In diesem Jahr finden die Feierlichkeiten zum 500. Jahr der Evangelisierung Lateinamerikas statt. Nach Auskunft von Bischof Cabrera und Bischof Ramazzini ist auf der nächsten Vollversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe anläßlich dieses Jubiläums eine Initiative geplant, die Kultur und die Sprachen der indianischen Bevölkerung verstärkt zu berücksich-tigen.


2. Ergebnisse und Schlußfolgerungen des Europa-Studientages (Herbst-Vollversammlung 1991)

Ein Studientag hat nicht die Aufgabe, unmittelbar zu konkreten Ergebnissen und Schlußfolgerungen zu führen. Es geht vielmehr darum, einen Problembereich ausführlich zu besprechen. Aus diesem Grunde wurden die bei der Herbstvollversammlung im September vergangenen Jahres angesprochenen Handlungsziele systematisch zusammengfaßt und der jetzigen Vollversammlung vorgelegt. Mit dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (ComECE) haben wir wichtige Instrumente für ein gemeinsames kirchliches Handeln auf europäischer Ebene.

1. Auf der Grundlage des Erfahrungsaustauschs bei der außeror¬dentlichen Bischofssynode (1991) und bei den europäischen Bischofssymposien soll auf ein gemeinsames europäisches Handeln hingewirkt werden.

2. Im Bereich der Menschenrechtsfragen und der Friedensethik sowie der Umweltproblematik sollen angesichts der neuen Situation in Europa die bestehenden Bemühungen der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit dem Heiligen Stuhl und den anderen europäischen Bischofskonferenzen gezielt fortgeführt werden. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) vorgesehen.

3. Die Zusammenarbeit der für soziale Fragen zuständigen Kommissionen der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft soll vertieft werden. Dabei sollen vor allem die Bischofskonferenzen Ost- und Mitteleuropas einbezogen werden.

4. Im Bildungs- und Erziehungswesen soll die kirchliche Zusammenarbeit mit dem Ziel einer besseren Koordination ausgebaut und vertieft werden.

5. Die bereits bestehenden Formen der Koordination der kirchlichen Hilfswerke sollen auf europäischer Ebene harmonisiert werden. Die Kirchen in den Ländern Ost- und Mitteleuropas müssen dabei in die Bewußtseinsbildung einbezogen werden.

6. Die Hilfe für die Kirche in Mittel- und Osteuropa wird als eine gemeinsame europäische Aufgabe gesehen. Zur Umsetzung dieser Hilfe sollen konkrete Koordinationsstrukturen angestrebt werden.

7. Die Kirche in Deutschland wird ihre ökumenischen Erfahrungen in die Entwicklung ökumenischer Perspektiven in Europa einbringen.


3. Treffen von Delegationen der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz vom 30.03. bis 01.04.1992 in Mainz

Die Förderung der Aussöhnung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk und die Ausgestaltung eines nachbarschaftlichen Verhältnisses zwischen den Menschen in beiden Ländern hat für die Kirche in Deutschland seit jeher hohe Priorität. Der Briefwechsel zwischen den polnischen und den deutschen Bischöfen im Jahre 1965 war ein Markstein in der Geschichte des Neubeginns zwischen den beiden Nachbarvölkern nach den Schrecken von Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung. Mit dem Vertrag über Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit, den das vereinte Deutschland nun mit dem von Kommunismus befreiten Polen geschlossen hat, wurde trotz mancher noch fortbestehenden Schwierigkeiten der Weg hin auf eine gemeinsame Zukunft in einem neuen Europa eröffnet. Die polnischen und die deutschen Bischöfe wollen sich in dieser Situation über die Aufgaben für die Kirche in beiden Ländern in der gewandelten Situation auf breiterer Basis als zuvor austauschen und über neue Formen der Zusammenarbeit beraten. Bereits im November 1990 trafen deutsche Bischöfe mit ihren polnischen Mitbrüdern in Gnesen zusammen. Vom 30.03. bis 01.04.1992 wird nun in Mainz eine größere Delegation des polnischen Episkopats zu einer Begegnung mit der Deutschen Bischofskonferenz erwartet. Dabei wollen wir in ausführlichen Gesprächen die Situation der Kirche in unseren beiden Gesellschaften erörtern und insbesondere die Frage stellen, wie wir zur konkreten Ausgestaltung der Nachbarschaft, insbesondere in den Gebieten beiderseits der Grenze beitragen können. Besondere Hoffnung setzen wir auf die Begegnung und Verständigung der jungen Generation; deshalb wollen wir auch den deutsch-polnischen Jugendaustausch fördern und die Erfahrungen, die wir auf diesem Gebiet bereits seit langem sammeln konnten, in diese Aufgabe einbringen. Den Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf das deutsch-polnische Verhältnis wollen wir uns dabei ebenso stellen wie der Frage der Flüchtlinge und Asylbewerber, von denen unsere beiden Ländern in zwar verschiedener Weise, jedoch in gleichem Ausmaß getroffen sind, um hier den Dienst der Kirche an den Menschen glaubwürdig erfahrbar werden zu lassen.


 
4. Neuorientierung der Beziehungen zu den Bischofskonferenzen in Mittel- und Osteuropa

Die der Kirche in Mittel- und Osteuropa wiedergeschenkte Freiheit schafft auch für die Beziehungen der Deutschen Bischofskonferenz zu den Ortskirchen in Mittel- und Osteuropa eine von Grund auf veränderte Situation. Die neuen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in diesen Ländern machen es notwendig, mit den betroffenen Bischofskonferenzen deren pastorale Prioritäten zu erörtern. Daraus sollen Prioritäten für die künftige Zusammenarbeit, aber auch für die gerade in der heutigen Situation notwendigen Hilfeleistungen für den Aufbau des kirchlichen Lebens im Osten Europas gewon¬nen werden. Deshalb hat die Deutsche Bischofskonferenz bereits auf ihrer Herbst-Vollversammlung 1990 im Rahmen der Kommission X eine Unterkommission unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Köln, Kardinal Joachim Meisner, errichtet, die sich mit der Neuorientierung der Beziehungen zu den Bischofskonferenzen im Osten Europas befaßt.

Die mit den Bischöfen dieser Länder geführten Gespräche verfolgen den Zweck, in einvernehmlicher Arbeit die Schwerpunkte für die konkrete Gewährung von Hilfen festzusetzen. Dabei können auch Bedarf und Ziele für die immer wichtiger werdende be-ratende Hilfe ermittelt werden, die in der Vermittlung von Erfahrungen, Fachwissen und Experten bestehen muß.

Daneben befaßt sich die Unterkommission mit der Neuformulierung der Aufgaben des Europäischen Hilfsfonds, den die Deutsche Bischofskonferenz zusammen mit der Österreichischen Bischofskonferenz für die Unterstützung kirchlicher Aufgaben in Mittel- und Osteuropa unterhält. Dabei wird auch die Frage einer Öffnung des Europäischen Hilfsfonds für die Mitarbeit anderer europäischer Bischofskonferenzen behandelt.


5. Stellungnahme zum Konflikt um Berg-Karabch

Mit großer Sorge erfüllen uns die Spannungen zwischen Nachbarvölkern und Nationalitäten im Bereich der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), die sich an einigen Stellen bereits in gewaltsamen Konflikten entladen. Im Kaukasusgebiet wird zwischen den Republiken Armenien und Aserbeidschan inzwischen ein blutiger Krieg geführt. Vor allem die Zivilbevölkerung im Gebiet von Berg-Karabach, aber auch in der umliegenden Gegend wird zum wehrlosen Opfer der militärischen Gewalt.

Das Aufflammen dieses Konfliktes erinnert uns von neuem an das Schicksal des armenischen Volkes in diesem Jahrhundert, das in der Zeit des 1. Weltkriegs millionenfache Todesopfer zu beklagen hatte, aber auch an das Los aller Menschen in dieser Region, die der Haß zwischen verfeindeten Nachbarvölkern Leben, Gesundheit und Besitz kostet. Aus dem Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt droht immer neues Unheil geboren zu werden, das die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben der Menschen und Völker weiter zerstört.

Mit Hoffnung haben wir aber auch von ersten Zeichen der Friedensbereitschaft beider Seiten gehört. Wir appellieren deshalb dringend an die Regierungen der in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zusammengeschlossenen Staaten (KSZE), mit allen zu Gebote stehenden Mitteln diese Ansätze für eine Beilegung des Konfliktes so zu fördern, daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker, die Achtung der Menschenrechte und die legitimen Ansprüche der Minderheiten gewahrt bleiben. Die bitteren Erfahrungen des Krieges in Kroatien zeigen, daß zaudernde Unentschlossenheit der Völkergemeinschaft die Probleme nicht löst, sondern nur neues Unglück heraufbeschwört. Mit den Brüdern und Schwestern in der Kirche Armeniens wissen wir uns in diesen Tagen im Gebet um den Frieden besonders verbunden.


6. Förderung ausländischer Studierender

Die Vollversammlung hat einen Bericht des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD) zur "Förderung der katholischen Kirche für ausländische Studierende aus Entwicklungsländern" entgegengenommen. Die überdiözesane Förderung für ausländische Studenten in Form von Stipendien und ideeller Begleitung betrug 7,1 Millionen DM. Die Maßnahmen der Diözesen reichen von Förderprogrammen über Studienabschlußfinanzierung bis hin zur Einzelfallhilfe. Insgesamt wurden dafür 3,2 Millionen DM aufgewandt

 

IV. Gesellschaftliche Fragen

1. Kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte am 27.06.1983 eine "Erklärung zum kirchlichen Dienst" veröffentlicht, die die Fundamente legt für die kirchlichen Einrichtungen und die arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen den Anstellungsträgern und den Mitarbeitern. Die Bischofskonferenz hatte schon vor einiger Zeit eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um diesen Text zu überprüfen. Prinzipiell werden an die kirchlichen Mitarbeiter Erwartungen in drei Bereichen gestellt, nämlich am Arbeitsplatz im Blick auf die fachliche Qualifikation, in der Dienstgemeinschaft und in der persönlichen Lebensführung. Diese drei Bereiche gehören zusammen.

Die Arbeitsgruppe hat der Bischofskonferenz vorgeschlagen, die "Erklärung" aus vielen Gründen zu überarbeiten. Es ist notwendig, zu Beginn dieser "Erklärung" stärker den kirchlichen Auftrag der Einrichtungen herauszustellen, gleichsam die "Unternehmensphilosophie" an die Spitze zu stellen. Diese Aspekte müssen eine stärkere Akzentuierung erhalten. Aus der konkreten Aufgabe der Einrichtung ergeben sich auch die persönlichen Anforderungen an die Mitarbeiter. Diese orientieren sich an der ihm aufgetragenen Aufgabe und an seiner persönlichen Lebensführung, die ein wichtiges Zeugnis für die Glaubwürdigkeit der Einrichtungen nach außen ist und damit auch eine repräsentative Funktion aufweist. Diese ist allerdings nach ihrer Aufgabe im Ganzen und nach ihrer Rolle näher zu bestimmen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Anforderungen im Bereich der persönlichen Lebensführung. Verkündigungsdienste jeder Art haben hier sicher eine herausragende Bedeutung.

Die Aufgabe einer Überarbeitung in dieser Richtung ist nicht nur wegen der bisher aufgetretenen Probleme notwendig (z. B. Profilierung der Einrichtungen, Arbeitsmarktlage, Probleme mit der persönlichen Lebensführung einzelner), sondern muß auch in Zusammenhang gesehen werden mit zwei weiteren Perspektiven, die Beachtung verlangen: Das kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht trifft in den neuen Bundesländern - schon durch die extreme Diasporasituation - auf eine sehr schwierige Situation, die die Umsetzung nicht erleichtert. Ein weiteres Problem ist die Vollendung des Binnenmarktes innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ab 1993. Um so notwendiger ist es, daß wir eine eindeutige, überzeugende, realitätsgerechte Regelung auf überdiözesaner Ebene haben, die im Kernbereich auch möglichst viele Gemeinsamkeiten aufweisen sollte mit der evangelischen Gestalt des kirchlichen Arbeitsrechtes.

In der Arbeitsgruppe sind von fachlicher Seite vertreten die Herren Professoren Dr. Wilhelm Dütz (Augsburg), Dr. Siegfried Marx (Frankfurt/Limburg), Dr. Reinhard Richardi (Regensburg), Dr. Bernd Rüthers (Konstanz) und Dr. Heribert Schmitz (München). Von kirchlicher Seite aus haben mitgearbeitet die Generalvikare Norbert Feldhoff (Köln) und Heinrich Schenk (Hildesheim) sowie Finanzdirektor Dr. Fritz Fahr (München). Unter den Beratern war auch anwesend Professor Dr. Joseph Listl (Augsburg), Leiter des Instituts für Staatskirchenrecht der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. Angesichts der Wichtigkeit dieses Studientages waren die Generalvikare aller deutschen Diözesen und der Präsident des Deutschen Caritasverbandes zur Beratung eingeladen.

Die Arbeitsgruppe wurde beauftragt, die von ihr eingeschlagene Grundrichtung unter Berücksichtigung der intensiven Beratungen des Studientages zu einer Grundordnung auszubauen und zur Beschlußfassung vorzulegen.


2. Wirtschaftliche Probleme beim Zusammenwachsen in Deutschland

Die Deutsche Bischofskonferenz ist besorgt über die Probleme beim Zusammenwachsen der neuen Bundesländer und der Länder im Westen Deutschland. Zwei Bereiche sind in diesem Zusammenhang besonders angesprochen worden:

1. Die im Einigungsvertrag festgelegte Regelung, bei Eigentumsansprüchen der Rückgabe den Vorrang vor der Entschädigung zu geben, hat in vielen Fällen zu schwerwiegenden Problemen geführt. Angesichts der konkreten negativen Auswirkungen im Zusammenhang mit Investitionsentscheidungen muß diese Regelung überprüft und modifiziert werden.

Zwar hat jeder Mensch ein Recht auf Eigentum. Aber dieses Recht muß dort - gewiß unter genau festgelegten Bedingungen - Einschränkungen in Kauf nehmen, wo das Wohl der Gesamtheit betroffen ist. Denn die Güter dieser Erde gehören grundsätzlich allen Menschen, für deren Verwaltung normalerweise das Privateigentum den besten und sorgfältigsten Gebrauch garantiert. Dieser Grundsatz, den Johannes Paul II. noch kürzlich erneut in Erinnerung gerufen hat, hat Konsequenzen für das politische Handeln.

Dort, wo Investitionen durch ungeklärte Eigentumsfragen in erheblichem Maß behindert werden, muß die Entschädigung Vorrang vor der Rückgabe bekommen. Dies muß auch in solchen Fällen gelten, wo der Umgang mit dem Eigentum Entwicklungen verhindert, die im Interesse der Gemeinschaft liegen.

2. Unter zwei Gesichtspunkten unterstützt die Deutsche Bischofskonferenz die gegenwärtigen Bemühungen um eine breitere Vermögensbildung, insbesondere durch die Einbeziehung eines Investivlohns in die Tarifpolitik:

- Die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital ist bei uns bisher nur sehr unzureichend gelungen. Es sollte alles versucht werden, bei der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern, die Konzentration der Investitionen in wenigen Händen zu vermeiden. Der Investivlohn bietet die Möglichkeit, das dort entstehende Eigentum an Produktionsmitteln breit in Arbeitnehmerhand zu streuen.

- Zum raschen Aufbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern - und damit zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit - werden erhebliche Investitionen benötigt. Durch den Investivlohn könnte ein großer Teil dieser Investitionskosten aufgebracht werden.
Ein Teil der Lohn- und Gehaltserhöhungen würde so dem wirtschaftlichen Aufbau zur Verfügung gestellt.

Die beiden Kirchen bereiten eine vermögenspolitische Initiative vor, um eine öffentliche Diskussion über eine brei¬tere Vermögensbildung, insbesondere über den Investivlohn, in Gang zu bringen.

 

V. Personalien

Die Vollversammlung wählte Bischof Dr. Anton Schlembach (Speyer) zum Mitglied der Kommission Weltkirche. Bischof Schlembach scheidet zugleich aus der Kommission für Ökumene aus.

Die Vollversammlung bestellte Domkapitular Dr. Bernhard Krautter (53), Rottenburg, zum Sekretär der Kommission für Erziehung und Schule und der Kommission für Fragen der Wissenschaft und Kultur. Gleichzeitig wurde Domkapitular Dr. Krautter zum Leiter der Zentralstelle Bildung berufen. Er ist in diesen Funktionen Nachfolger von Dr. Rainer Ilgner, der von der Herbstvollversammlung (23. bis 26. September 1991) zum Stellvertreter des Sekretärs der Deutschen Bischofskonferenz gewählt wurde.

Zum Sekretär der Kommission Weltkirche und zum Leiter der Zentralstelle Weltkirche wurde Pater Gerhard Mockenhaupt MSF (60), Trier, bestellt. Er ist damit Nachfolger von Prälat Alfons Mappes, der mit Wirkung vom 31. Dezember 1991 in den Ruhestand getreten ist.

Die Vollversammlung bestellte Ministerialdirigent Elmar Remling (57), Bonn, zum stellvertretenden Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Bonn. Zugleich wurde er zum Sekretär der Kommission für gesellschaftliche Fragen bestellt. Als stellvertretender Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe ist Ministerialdirigent Remling Nachfolger von Dr. Johannes Niemeyer, der mit Wirkung vom 31. März 1992 in den Ruhestand tritt.

Die Vollversammlung entsendet Dr. Johannes Niemeyer (Bonn) und Domkapitular Prälat Roland Ries (Trier) als Vertreter der katholischen Kirche in den Fernsehrat des Zweiten Deutschen Fernsehens, der am 1.4.1992 seine neue Amtsperiode beginnt.