| Pressemeldung | Nr. 084

Predigt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, beim zentralen ökumenischen Gottesdienst zum 98. Deutschen Katholikentag am 18. Mai 2012 in Mannheim

„Gemeinsam aufbrechen zu Seiner Fülle“

Liebe Schwestern und Brüder,

wegschauen von uns selbst, hinschauen auf den Auferstandenen – so hat eben Landesbischof Fischer kurz und prägnant zusammengefasst, worauf es entscheidend ankommt: damals bei den Jüngern wie auch heute bei uns. Schauen auf den Auferstandenen. Dahinter steht die Gewissheit, dass ER sich uns zeigt, dass auch für uns heute gilt: „Und er offenbarte sich noch einmal“. Denn Gott ist treu. Er bleibt bei uns, was auch immer geschieht. So lädt uns der zweite Timotheusbrief ein, mutig zu bekennen „Christus bleibt uns treu, denn er kann sich nicht selbst verleugnen“ (vgl. 2 Tim 2,13). Der Auferstandene lässt nicht nach, sich noch einmal und immer wieder zu offenbaren – auf vielfältige Weise. Es reicht eben nicht eine einmalige Begegnung mit IHM. Sonst stehen auch wir in Gefahr, in den Alltag zurückzukehren und diese Begegnung zu einer Episode der Vergangenheit werden zu lassen. Er aber will uns immer wieder neu begegnen. Er will uns herausrufen und sagen, wo wir das Netz auswerfen sollen. Dann dürfen auch wir die Erfahrung machen: In dem Moment, wo wir uns auf Jesus einlassen, werden wir reich beschenkt, reicher als wir uns zu träumen wagen.

Eine zweite Erfahrung, liebe Schwestern, liebe Brüder, kommt in den Worten des Evangelisten Johannes deutlich zum Ausdruck: Die Begegnung mit dem Auferstandenem stiftet Gemeinschaft mit ihm und untereinander. Das Einholen des Netzes gelingt nur gemeinsam. „Da kamen die anderen Jünger mit dem Boot“ heißt es lapidar. Sie spüren den Anruf zur Kooperation. Sie hätten auch sagen können: Was gehen uns die anderen an? Das ist nicht unser Netz! Doch sie erkennen die Situation: Sie kommen wie selbstverständlich zu Hilfe, stützen und unterstützen sich gegenseitig. Helfen, wo Hilfe notwendig. Scheint darin nicht ein ansprechendes Bild gelebter Ökumene auf? Eine Ökumene des Lebens, die deutlich macht, dass unser Miteinander in den alltäglichen Beziehungen im Glauben an den Auferstandenen gründen; dass die konkrete Zusammenarbeit im diakonischen und missionarischen Handeln Ausdruck dafür ist, dass wir uns vom Herrn selbst rufen und berufen lassen. Hier geht es nicht darum, um das eigene Profil besorgt zu sein oder gar die persönliche Profilierung voranzutreiben. Nein, es geht darum, uns gemeinsam den Herausforderungen der säkularen Gesellschaft zu stellen. Es kommt darauf an, gemeinsam den Glauben an Jesus Christus zu bezeugen. Leider vergessen wir das manchmal in der Auseinandersetzung um Unterschiede in Lehre und Ordnung und verpassen so die Gelegenheit, den Auferstandenen, der sich uns noch einmal offenbaren will, zu entdecken.
Je weniger die Gesellschaft den christlichen Glauben mitträgt und die religiöse Praxis stützt, desto wichtiger ist es, dass unsere Gemeinden und kirchlichen Gruppen zusammenarbeiten und in ökumenischer Gemeinschaft den Glauben bezeugen. Doch es reicht nicht aus, eine Zweckgemeinschaft zu bilden. Es geht um das Bemühen, auch menschlich und geistlich communio zu leben. Zu einer Gemeinschaft zu werden, in der wir den Glauben teilen, den Glauben des anderen mittragen und uns vom Glauben des anderen anstecken und durch ihn beschenken lassen. Wichtiger als die Frage „An welchen Gebäuden hängt unser Herz?“, „Welche Einrichtungen behalten wir?“ – wichtiger als dies ist die Frage: „Wie geben wir gemeinsam Zeugnis von der Botschaft des Evangeliums?“ Unser christlicher Glaube braucht in Deutschland eine starke geistliche Communio, um andere neugierig zu machen und um auszustrahlen. Die entscheidend christliche Frage, die in die Zukunft führt, lautet: Was kann ich für den anderen tun? Was bringen wir in die Ökumene des Lebens ein?
Diesem Anliegen dient die Rahmenvereinbarung für ökumenische Gemeindepartnerschaften, die Landesbischof Dr. Ulrich Fischer und ich im Frühjahr 2004 unterzeichnet haben. Wir riefen unsere Pfarrgemeinden und Kirchengemeinden auf, sich anhand dieser Rahmenvereinbarung zu vergewissern, was an ökumenischem Miteinander gewachsen ist und weiter wachsen kann. In der Zwischenzeit haben rund 100 evangelische Kirchengemeinden und katholische Pfarrgemeinden eine solche Gemeindepartnerschaft beschlossen und unterzeichnet. Das sind deutliche und unübersehbare Aufbrüche im ökumenischen Miteinander. Statt zu klagen über einen scheinbaren Stillstand in der Ökumene, gilt es, danach zu schauen, wie wir einander helfend entgegenkommen können. Wir dürfen uns freuen, wenn Menschen zum Glauben an Jesus Christus finden.

Am vergangenen Sonntag ist die Heilig-Rock-Wallfahrt zu Ende gegangen. Viele Menschen verschiedener Konfessionen sind nach Trier gepilgert. Mehr als eine halbe Million Gläubige haben ein eindrucksvolles Zeugnis abgelegt, dass der Auferstandene Menschen zusammenführt und eint. Als Pilger habe ich es selbst erleben dürfen: Protestanten, Katholiken, Orthodoxe, Unierte, Chaldäer ... Jesus eint und vereint, er will zusammenführen, was getrennt ist. Davon zeugt auch unser heutiger Ökumenischer Gottesdienst. Wir sind aufgebrochen, um gemeinsam Gott zu loben und zu danken, um auf sein Wort zu hören und zu entdecken, dass er sich auch heute und noch einmal offenbart. Amen.

Schrifttext: Joh 21,8-14

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