| Pressemeldung

Predigt des Erzbischofs von Bamberg, Dr. Ludwig Schick, bei der Schlussandacht der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda am 23. September 2004

Es gilt das gesprochene Wort!

Schrifttext: Hebr 12,1-3
Sehr geehrte Herren Kardinäle! Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonischen Dienst, liebe Ordensschwestern und brüder, liebe Jugendliche und Kinder, liebe Mitchristen.
Besonders den Fuldaern und allen aus dem Fuldaer Land, muss ich nicht erklären, dass ich mich sehr freue, heute Abend hier an diesem Ambo wieder einmal predigen zu dürfen. Es ist schön, so viele bekannte Gesichter zu sehen. Vielen Dank, dass Ihr alle da seid und am Ende der Fuldaer Bischofskonferenz mit uns Bischöfen wie gewohnt dankt, lobt und Fürbitte haltet. Wir Bischöfe haben uns in diesen Tagen und eigentlich schon das ganze Jahr über mit dem Thema "Evangelisierung und Mission" beschäftigt. In Erinnerung an den Apostel der Deutschen, der vor 1250 Jahren bei seiner Missionsarbeit in Friesland als Märtyrer starb, machen wir uns Gedanken, wie wir heute den Glauben erhalten und ausbreiten können. Wir wollen ihn weitergeben an unsere Kinder und Jugendlichen; wir möchten die Nichtchristen in Deutschland (1/3 der Bevölkerung) und die, die aus anderen Ländern hierher kommen für die Frohbotschaft gewinnen; und wir fühlen uns auch aufgerufen, unseren Beitrag dazu zu leisten, dass das Evangelium zu allen Menschen in der ganzen Welt gelangt und ihr Leben bereichert. Das gelingt uns in Deutschland derzeit zu wenig; die Kirche verzeichnet stetige Ab- statt Zunahmen. Auch weltweit hält das Wachstum der Kirche mit dem Wachstum der Menschheit nicht mit. Wie können wir das ändern? Wie können wir zeugungs- und zeugnisfähiger für unseren Glauben werden? Liebe Schwestern und Brüder! Warum wurde der heilige Bonifatius Missionar? Das lässt sich auf den einfachen Nenner bringen: Aus Liebe zu Christus und aus Liebe zu den Menschen. Diese beiden Pole bestimmen sein Leben. Bonifatius war Benediktiner. Von Kindheit an hat er die Regel des hl. Benedikt studiert und verinnerlicht. In ihr wird mehrmals die Forderung erhoben "Der Liebe zu Christus nichts vorziehen" (RB 4,21). Im 5. Kapitel der Regel schreibt Benedikt: "Das sind wahre Mönche, denen die Liebe zu Christus über alles geht" (RB 5,2). Bonifatius war begeistert, ja verliebt in Christus, deshalb wurde er Missionar.
Und Bonifatius liebte die Menschen; er wollte ihnen das irdische und ewige Heil bringen. Im Fuldaer Lektionar der Bonifatiusmesse ist deshalb die Lesung aus dem 1. Thessalonicherbrief genommen. In ihr heißt es: "Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt, so waren wir euch zugetan und wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem Leben; denn ihr wart uns sehr lieb geworden" (1 Thess 2,7-8). Die Liebe zu den erlösungsbedürftigen Menschen drängte ihn, von England nach Germanien aufzubrechen, um seinen Verwandten, den Sachsen, den Glauben zu bringen. Sie sollten aus der Finsternis des Heidentums befreit und in das wunderbare Licht des Glaubens geführt werden. Die Ehre Jesu Christi zu mehren und das Wohl und Heil der Menschen zu fördern, machten Bonifatius zum Missionar und ließen ihn ruhelos bis zu seinem 80. Lebensjahr als Verkünder des Evangeliums und als Kirchengründer wirken. Am Ende seines Lebens nahm er freiwillig das Martyrium an, weil das Weizenkorn sterben muss, damit es Frucht bringt (vgl. Joh 12,24).Liebe Schwestern und Brüder! Die "conditio sine qua non", die unabdingbare Voraussetzung für jede Glaubensweitergabe und alles missionarische Wirken ist die bipolare Liebe zu Jesus Christus und zum Mitmenschen. Ohne diese wirkt kein Christ und keine Kirche missionarisch, wird nicht "Allen Menschen Sein Heil" gebracht.
Für die Mission und Evangelisation braucht es brennende Herzen für Jesus Christus und für die Menschen. Papiere werden zu Asche, wenn sie brennen. Herzen, die brennen, werden zu Wegmarkierungen, die den rechten Weg zeigen und zu Leuchttürmen, die auf die Häfen und Landeplätze des Gottesreiches der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude hinweisen (vgl. Röm 14,17). Aber wie wird die Liebe zu Jesus Christus und zum Menschen heute bei uns entfacht? Wir wissen vom hl. Bonifatius, dass er sich bis zu seinem 40. Lebensjahr als Kind und Jugendlicher, als Mönch, Lehrer und Abt in Exeter und Nursling in England mit der hl. Schrift befasst hat. Er hat sie gelesen, abgeschrieben, studiert und gelehrt. In ihr hat er Jesus Christus kennen und lieben gelernt. Der hl. Hieronymus, der erste große Bibelgelehrte, schreibt: "Wer die Schrift nicht kennt, kennt Christus nicht." Der hl. Bonifatius hat durch die Schrift Christus kennen gelernt. Aus ihr hat ihn Christus persönlich angesprochen. Was Augustinus in Mailand erlebte, hat er auch erfahren. Eine Kinderstimme rief Augustinus dessen Herz unruhig war, bis es in Gott ruhte, zweimal zu: "Tolle et lege: Nimm' und lies." Gemeint war die Heilige Schrift. Augustinus gehorchte. Er las im 13. Kapitel des Römerbriefes: "Legt (als neues Gewand) den Herrn Jesus Christus an." Er berichtet in seiner Autobiographie, den Confessiones: Beim Lesen dieses Satzes strömte das Licht der Sicherheit in mein Herz ein und alle Zweifel der Finsternis verschwanden (vgl. Con. 8,12). Durch die Heilige Schrift lernte Bonifatius Jesus Christus immer besser kennen und lieben. Bonifatius war auch den Menschen von Kindheit an zugewandt, seinen Verwandten, seinen Mitmönchen, seinen Schülern und allen, denen er als Mensch, Priester und Missionar begegnete. Er sprach gern mit ihnen, hörte zu und lernte sie kennen. Er spürte in diesen Begegnungen, dass im Menschen die tiefe Sehnsucht ist, individuell und kollektiv heil und heilig zu werden. Er erkannte, dass jeder Mensch sich nach Freiheit, Friede, Freude und Liebe sehnt. Bonifatius wusste, dass nur Jesus Christus diese tiefste Sehnsucht des Menschen erfüllen kann. Liebe Schwestern und Brüder? Wie werden wir Missionarinnen und Missionare, heute im Jahr 2004? Indem wir diese bipolare Liebe zu Jesus Christus und zum Menschen in uns wachsen lassen. Dazu ist es nötig, uns mit der hl. Schrift zu befassen und betende Menschen zu werden, Menschen, die im Dialog mit Jesus Christus stehen, Tag für Tag. Aus diesem Dialog wird eine Freundschaft und diese Freundschaft führt dahin, dass wir diesen Freund ehren möchten, ihn bekannt machen möchten, dass wir möchten, dass die Menschen ihn lieben.
Und wir müssen offen, hörbereit und verständnisvoll die Menschen lieben. So werden wir ihr Suchen nach Heil und Leben in Fülle entdecken. Dann können wir ihnen Jesus als ihren Freund, als ihren Heiland und Erlöser, als ihren Tröster und Weggefährten, als den, der die Sünden vergibt, Freiheit und Frieden schenkt, Gemeinschaft stiftet und für jeden einen Platz im Himmel bereit hält, anbieten. Noch ein Drittes lehrt uns der hl. Bonifatius für die Evangelisation und Mission heute. Eine fides qua, das gläubige Vertrauen auf Jesus Christus und seinen Vater im Himmel, gibt es nicht ohne die fides quae, das Glaubenswissen; einfach ausgedrückt: Der Mensch kann nicht glauben und der Christ nicht missionarisch wirken ohne das dazugehörige Schul- und Katechismuswissen. Ein paar Beispiele: Wie soll jemand die Eucharistie innerlich mitfeiern und dazu anregen, wenn er weder die einzelnen Teile der hl. Messe noch deren Sinn und Zweck kennt? Wie soll jemand ehrfürchtig kommunizieren und dazu einladen, wenn er nicht weiß, was aus dem Brot bei der heiligen Wandlung wird?
Wie soll jemand Priester werden und dafür werben, wenn er nicht weiß, was göttliche Berufung zum Priestertum ist und worin Sinn und Zweck des priesterlichen Dienstes besteht?
Wie soll jemand die katholische Kirche bezeugen, wenn er von ihren göttlichen und menschlichen Strukturen nie etwas Vernünftiges gehört hat? Wie soll jemand einem anderen das Glaubensbekenntnis vermitteln, wenn er nie eine gläubige Erklärung des Credo erhalten hat?
Wie soll jemand das Christentum verteidigen, der von der Kirchengeschichte nur die Kreuzzüge, Inquisition und die Hexenverfolgungen kennt - und das noch einseitig - und nichts von den Segnungen des Christentums und der Kirche im Schul- und Erziehungswesen, im Krankenhaus- und Sozialwesen, bei der Formulierung und Inkraftsetzung der Menschenrechte weiß?
Wenn wir hier und weltweit missionarisch werden wollen, müssen wir das Glaubenswissen verbreiten, vertiefen und mehr einfordern. Katechese, Religionsunterricht, Erwachsenenbildung und Predigt stehen hier vor einer großen Aufgabe. Der hl. Bonifatius stößt uns darauf, sie anzugehen. Liebe Schwestern und Brüder! Jesus Christus lieben, die Menschen lieben und sich Glaubenswissen aneignen, das sind die drei Voraussetzungen, um Missionarin und Missionar zu werden. Kirche ist missionarisch und muss es in allen Christen sein, unabhängig von Amt und Stand in Kirche und Welt. Jeder ist gefordert! Dabei sind wir von einer Wolke von Zeugen, von den Heiligen und Seligen der Kirche umgeben. Sie haben keine Mühen gescheut, sie sind nicht ermüdet und haben nie den Mut verloren, in ihrer Liebe zu Christus und den Menschen. Sie haben den Glauben weitergegeben und "Allen Völkern Sein Heil" verkündet. Zu der Wolke der Zeugen gehören Bonifatius, Franz Xaver, Mutter Teresa von Kalkutta und auch die kleine heilige Teresia von Lisieux. Sie hat ihr kurzes Leben lang im Karmel gebetet und gelitten. Sie ist trotzdem die zweite Patronin der Mission, weil sie ein brennendes Herz für die Mission hatte.
Ein brennendes Herz für Jesus Christus und die Menschen haben sowie einen wissenden Verstand besitzen, das befähigt zur Weitergabe des Glaubens und zur Mission: die Kinder und Jugendlichen, die Väter und Mütter und auch die älteren Menschen. Auf jeden kommt es an! Legen Sie Zeugnis in ihrem Umfeld für den Glauben in Wort und Tat ab! Beten Sie für die Ausbreitung des Glaubens z. B. den Missionsrosenkranz! Sorgen Sie sich um Religionsunterricht und Katechese! Unterstützen Sie die Missionswerke hier bei uns und weltweit! "Missionarisch Kirche sein", "Allen Menschen Sein Heil": Wir können es, wenn wir Jesus Christus und die Menschen lieben. Amen.


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