| Pressemeldung

Partnerschaft mit den Armen. Wechselseitige Verpflichtungen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit

Eine Studie der Sachverständigengruppe "Weltwirtschaft und Sozialethik"

Zusammenfassung

Darf Entwicklungshilfe von der Erfüllung von Bedingungen abhängig gemacht werden? Oder gehört es sogar zu einer verantwortlichen Vergabe von Entwicklungshilfe, auf der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zu bestehen? In den letzten Jahren war vor allem die Politik des Internationalen Währungsfonds umstritten, die Vergabe von Krediten mit bestimmten "Konditionalitäten" zu belegen. Die Studie der Sachverständigengruppe "Weltwirtschaft und Sozialethik" der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Kommission "Weltkirche" der Deutschen Bischofskonferenz setzt grundsätzlicher an und fragt danach, welche wechselseitigen Verpflichtungen mit einem partnerschaftlichen Verständnis von Entwicklungszusammenarbeit verbunden sein müssen. Wer von "Partnerschaft" in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit spricht, möchte vor dem Hintergrund kolonialer Vergangenheit und fortbestehender Machtungleichgewichte betonen, dass Beziehungen zwischen Erster und Dritter Welt "auf gleicher Augenhöhe" möglich sein müssen. Die Empfänger von Hilfe müssen als gleichberechtigte Menschen, Gruppen oder Staaten anerkannt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Hilfegeber ihre Verantwortung für die Verwendung von Hilfsgeldern und die Wirkungen von Entwicklungshilfe einfach an die Hilfeempfänger abgeben könnten.
In einem ersten Teil der Studie wird verdeutlicht, dass Entwicklungszusammenarbeit immer mit Einflussnahmen verbunden ist, die von der Geberseite mitverantwortet werden müssen. Vor allem ist es legitim, die Vergabe von Hilfe an Bedingungen zu knüpfen, die sicherstellen, dass die Hilfe bei denen ankommt, für die sie bestimmt ist, und dass Projekte die angestrebten Wirkungen tatsächlich erreichen können. Auf der Grundlage einer ethischen Reflexion der Entwicklungszusammenarbeit im zweiten Teil werden dann im dritten Teil zehn Grundregeln für Partnerschaft und Konditionalität formuliert: Die Grundlage für jede Form der Entwicklungszusammenarbeit bildet die Achtung der Menschenwürde aller Beteiligten. Wichtig ist die Einigung auf gemeinsame Ziele als Basis der Partnerschaft. Sowohl Geber- wie Nehmerseite sollten sich genau überlegen, mit wem sie zusammenarbeiten wollen und können. Es muss klar sein, dass Konditionalität wechselseitig ist. Auch die Hilfegeber müssen sich verpflichten, sich an Vereinbarungen zu halten, zugesagte Hilfe rechtzeitig zur Verfügung zu stellen und vor allem durch eine kohärente Politik zu vermeiden, dass die Wirksamkeit von Hilfe durch gegenläufige Aktivitäten in anderen Politikfeldern beeinträchtigt wird. So ist es beispielsweise alles andere als sinnvoll, wenn die Industrieländer über Entwicklungshilfe eine exportorientierte Landwirtschaft in Dritte-Welt-Ländern fördern, die eigenen Agrarmärkte dann aber durch protektionistische Maßnahmen gegen Importe abschotten. Die Hilfe muss die Eigenständigkeit der Partner akzeptieren und sollte in dem Bewusstsein geschehen, dass auch die Geberseite von der Nehmerseite lernen kann. Selbstverständlich sind die Forderungen nach Rechenschaftspflicht und Transparenz. Schließlich müssen faire Regeln für den Fall von Konflikten vereinbart werden. Wenn Entwicklungsprojekte scheitern, muss auch der Hilfegeber Mitverantwortung übernehmen; die Kosten des Scheiterns dürfen nicht einseitig der Nehmerseite aufgebürdet werden. Im vierten Teil der Studie werden konkretere Perspektiven der Umsetzung aufgezeigt, und zwar sowohl für den Bereich der bilateralen und multilateralen öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit wie auch für die nichtstaatliche Entwicklungszusammenarbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Kirchen. Gerade im Bereich der letzteren führen weltanschauliche Gemeinsamkeiten und das größere wechselseitige Vertrauen leicht dazu, dass Kontrollen und Transparenz für weniger notwendig gehalten werden. Eine überlegte und verantwortete Wahl der Partner für die Zusammenarbeit, klare Zielvereinbarungen und Absprachen, professionelle und unabhängige Kontrollen, detaillierte Rechenschaftsberichte und sorgfältige Evaluationen sind jedoch auch hier notwendig und widersprechen nicht der Grundforderung nach einer partnerschaftlichen Gestaltung der Zusammenarbeit.
Die Studie möchte zu mehr Partnerschaft in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit ermutigen, gleichzeitig aber einer ideologisch überhöhten Partnerschaftsrhetorik widersprechen, die eine gerechtfertigte Konditionalität ablehnt. Es gibt durchaus Bedingungen für die Wirksamkeit von Entwicklungshilfe, so dass die Hilfe auch sinnvollerweise von der Erfüllung dieser Bedingungen abhängig gemacht werden kann. Diese Bedingungen müssen freilich sachgemäß sein, im beiderseitigen Interesse liegen und beide Seiten verpflichten. Nur auf der Grundlage eines solchen Partnerschaftsverständnisses kann die Bereitschaft zu partnerschaftlicher Solidarität mit den armen Ländern der "Einen Welt" wachsen - und das ist dringend notwendig, auch in Zeiten ökonomischer Krisen.
Zusammenfassung von apl. Professor Dr. Gerhard, Vorsitzender der Sachverständigengruppe "Weltwirtschaft und Sozialethik" und Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover

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