| Pressemeldung

Pressebericht der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 21. bis 24. September 1992 in Fulda

I.    Glaubensfragen
1. Katholischer Erwachsenenkatechismus
2. Schreiben der Bischöfe über den priesterlichen
    Dienst
II.    Pastorale Fragen
1. Arbeitshilfe "Muslime in Deutschland"
2. Eröffnungsreferat des Vorsitzenden "Beratung
    zwischen Lebensschutz und Abtreibung"
3. Errichtung eines neuen Bistums im Norden
    Deutschlands
III.    Weltkirchliche Fragen
1. Neuorientierung der Beziehungen zu den
    Bischofskonferenzen in Mittel- und Osteuropa
2. Sonderkollekte "Menschen in Not"
3. Stellungnahme der deutschen Bischöfe zur
    Situation im Sudan
IV.    Gesellschaftliche Frage
1. Gegenwärtige Situation in den neuen
    Bundesländern
2. Staatliches Ehe- und Familienrecht
3. Erklärung zur Flüchtlings- und Asylproblematik
V.    Erziehung und Schule
Fachbericht der Kultusministerkonferenz zum
katholischen Religionsunterricht
VI.    Geistliche Berufe und kirchliche Dienste
1. Diözesanordnung für Gemeinde- und Pastoral-
    referenten
2. Leitungsdienst in der Gemeinde
VII.    Liturgische Fragen
    Studientag zum Thema Gottesdienst
VIII.    Organisatorische und rechtliche Fragen
    1. Statut und Geschäftsordnung
    2. Partikularnormen
    3. 125 Jahre Bischofskonferenz in Fulda
IX.    Personalien
 

I.    Glaubensfragen

1.    Katholischer Erwachsenenkatechismus
    Erwachsenenkatechismus Teil 2: Leben aus dem Glauben

Nach einer Vorbereitungszeit von sieben Jahren hat die Vollversammlung den Text des zweiten Bandes des Erwachsenenkatechismus verabschiedet. Der erste Band, der das Glaubensbekenntnis der Kirche zum Inhalt hatte, liegt seit 1984 vor. Der jetzt vorliegende Text fragt nach der Bedeutung des Glaubens für das christliche Handeln. Er wird jetzt zur Genehmigung an die Kleruskongregation in Rom weitergeleitet; er umfaßt im Manuskript ca. 500 Schreibmaschinenseiten.

Ähnlich wie viele Handbücher der christlichen Ethik besteht der Katechismus aus zwei Teilen. Der erste steht unter der Überschrift "Ruf Gottes - Antwort des Menschen" und behandelt die Grundlagen sittlichen Verhaltens, das in der menschlichen Freiheit begründet ist. Der Mensch ist aufgefordert, sein Leben in freier Selbstbestimmung vor dem Anspruch Gottes zu gestalten. Im zweiten Teil werden auf der Grundlage der zehn Gebote und des neutestamentlichen Liebesgebots spezielle Fragen der Moral behandelt. Die zehn Gebote bilden zugleich das Strukturprinzip dieses 2. Teils.

Die Vorbereitungszeit war nicht zuletzt deshalb so lang, weil der Text na¬hezu alle in den letzten Jahren durch die wissenschaftliche Entwicklung neu entstandenen ethischen Fragen aufgreift. Dazu zählen insbesondere Fragen aus dem Bereich der medizinischen Ethik, der Fortpflanzungsbiologie und der Friedensethik. Darüber hinaus berücksichtigt der Katechismus auch eine Reihe von gesellschafts- und wirtschaftsethischen Problemen. Sie finden in dem Entwurf Themen wie Umweltethik, Schaffung humaner Arbeitsbedingungen, Streik und Aussperrung, Protest und Widerspruch im demokratischen Staat, Friedenserziehung, Rede- und Pressefreiheit, Reklame und Werbung, Datenerfassung und Datenschutz, AIDS, Genforschung, Gentechnologie und Organspende.

Aus zeitlichen Gründen kann ich auf die Themen im einzelnen nicht eingehen. Lassen Sie mich zu diesem Projekt einer Darstellung des Lebens aus dem Glauben, das individual wie sozialethische Aspekte einschließt, nur noch zwei grundsätzliche Bemerkungen anschließen:

1.    Der Katechismus will auf ethische Fragen eine grundlegende Antwort aus dem Glauben geben. Er schließt sich keiner moraltheologischen Schule an.

2.    Trotz des schon genannten Umfangs vermag der Katechismus nicht alle Lebenslagen abzudecken. Entscheidendes Kriterium allen sittlichen Handelns ist das Gewissen. Die Erziehung eines mündigen Gewissens und die Gewissensbildung sind grundlegend für jede christliche Moral. Dabei ist der Spruch des Gewissens alles andere als Legitimation zu beliebigem Handeln. Vielmehr stellt er jeden vor den unbedingten Anspruch Gottes, das Gute zu tun. Der Text wird nun in der endgültigen Fassung erstellt. Wir hoffen, daß das im kirchlichen Recht vorgesehene Approbationsverfahren in Rom zügig voranschreitet und wir im kommenden Jahr den Text veröffentlichen können.


2.    Schreiben der Bischöfe über den priesterlichen Dienst

Wir haben außerdem ein Schreiben verabschiedet, mit dem sich die Orts-bischöfe vermutlich in der zweiten Oktoberhälfte an die Priester ihrer Diözese wenden werden und das die Gestalt des priesterlichen Dienstes unter den heutigen Gegebenheiten zum Gegenstand hat. Das Schreiben ist primär gedacht als Anstoß und Anregung, die gegenwärtigen Schwierigkeiten zum Anlaß zu nehmen, einen Austausch innerhalb der Priesterschaft anzuregen über Schwierigkeiten und Chancen ihres Dienstes heute.

Glaubensverlust und Verweltlichung, eine zunehmend aggressive Kirchen-kritik und das Bild, das die Medien von der Kirche im allgemeinen und von dem Priester im besonderen vermitteln, gelegentlich auch innerkirchliche Streitereien tragen dazu bei, daß viele Christen die gegenwärtige Situation als belastend empfinden. Der Priester als amtlicher Vertreter der Kirche ist jedoch an vorderster Front angefragt, nicht selten auch in Frage gestellt. Gegen ihn richtet sich häufig in erster Linie der Unmut über innerkirchliche Entwicklungen oder rückläufige Tendenzen im Gemeindeleben. Nicht selten fühlt der Priester sich persönlich verantwortlich für alle Schwierigkeiten. Rastloser Aktivismus oder aber Resignation und Ersatzhandlungen sind vielfach die Folge von eigenen oder fremden überhöhten Erwartungen, die sich als unerfüllbar erweisen. Viele Priester erfahren die gegenwärtige Lage als recht belastend. Die priesterliche Ehelosigkeit, die wir als große Chance für eine solidarische Gemeinschaft mit allen Menschen bejahen, wird insbesondere dann zum Problem, wenn der Priester als Einzelkämpfer vor einem Berg von Problemen zu stehen scheint.

Mit dem Schreiben von ca. 40 Seiten, das die Diözesanbischöfe mit einem eigenen Brief an ihre Priester versenden, möchten wir zunächst und vor allem einen Gesprächsprozeß innerhalb des Klerus einer Diözese einleiten. Er verfolgt ein dreifaches Ziel: zunächst eine Verständigung darüber, wie sich die gegenwärtige gesellschaftliche und kirchliche Lage darstellt, außerdem welche Bedeutung wir dieser Analyse beimessen und schließlich, welche konkreten Folgen dies nach sich ziehen sollte für die konkrete Pastoral wie auch für den Lebensstil des Priesters.

Ich kann an dieser Stelle die wichtigsten Anregungen des Schreibens nur umreißen. Es handelt sich jedoch meines Erachtens um ein wichtiges Dokument, da es sich über die Lebenssituation der Priester hinaus mit den Anforderungen an eine kirchliche Pastoral und Gemeindearbeit unter veränderten Voraussetzungen befaßt.

Auch wir Bischöfe haben keine glatten Antworten auf alle Fragen. Primär geht es darum, einen Klärungsprozeß darüber einzuleiten, ob und an welchen Stellen der Gemeindepastoral wir Konsequenzen aus der veränderten Lage ziehen müssen, wenn wir Frustration und Überlastung nicht vorprogrammieren wollen. Vordringlich scheint uns eine Konzentration des Priesters auf seine Hirtenaufgabe, d.h. auf sein eigentliches, geistliches Amt. Alle nur äußeren Aktivitäten müssen zurücktreten, wenn sie dazu führen, daß die geistliche Dimension der priesterlichen Existenz verkümmert. Wir müssen uns daher fragen, ob aller Aufwand an Organisation und Verwaltung, aber auch der vielfach überzogene "Service" an liturgischen Diensten diesen Anforderungen wirklich gerecht wird. Gelegentlich müssen auch Priester sich freimachen von Machbarkeitswahn und Effizienzdenken, die uns vorspiegeln, die Existenz des Glaubens und der Kirche hingen ab von un¬seren persönlichen vermehrten Anstrengungen und nicht zuerst vom Wirken des Geistes Gottes.

Im Hinblick auf den Lebensstil des Priesters halten wir es für notwendig, verstärkt nach Formen der Gemeinschaft zu suchen, die verhindern, daß der Priester vereinsamt. Die Ehelosigkeit des Priesters führt dann zu Problemen, wenn sie zur Beziehungslosigkeit wird. Wir möchten daher, ohne den priesterlichen Zölibat in Frage zu stellen, zu neuen Formen der Gemeinschaft der Priester innerhalb des Presbyteriums wie auch in der Gemeinde anregen, zu vermehrten Kontakten befreundeter Priester untereinander, zu Formen einer vita communis oder beispielsweise die regelmäßige Verbindung mit einem Kloster bzw. einer Ordensgemeinschaft.

Jede Umbruchsituation ist mit Schwierigkeiten verbunden. Es gilt aber auch, Chancen zu ergreifen und neue Wege zu entdecken.

 

II.    Pastorale Fragen

1.    Arbeitshilfe "Muslime in Deutschland"

Die große Zahl der bei uns lebenden Muslime (über 1,6 Millionen) ist auch eine Herausforderung für die pasto¬rale Praxis. Bereits 1982 war eine Handreichung "Muslime in Deutschland" erschienen, die in erster Linie der Information über den Islam diente. Schon damals aber zeigte sich, daß Fragen des Zusammenlebens von Christen und Muslimen von ebenso großer Bedeutung für die pastorale Praxis sind. Aus diesem Grunde hat die Pastoralkommission einen entsprechenden Text erarbeitet, der zu einer ersten Beratung bei der Vollversammlung vorlag. Die Vollversammlung hat den vorliegenden Entwurf mit Dank entgegengenommen. Es zeigte sich jedoch, daß im Bereich Kindergarten - Schule gewisse Ergänzungen vorgenommen werden müssen. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Arbeitshilfe in der nächsten Vollversammlung verabschiedet wird.


2.    Eröffnungsreferat des Vorsitzenden "Beratung zwischen Lebens-schutz und Abtreibung"

Wie Sie wissen, müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welcher Weise die katholischen Beratungsstellen im Rahmen einer neuen gesetzlichen Regelung ihre Tätigkeit fortsetzen können. Diese Frage - darauf habe ich in meinem Eröffnungsreferat hingewiesen - kann nur im Zusammenhang mit der Konzeption von Beratung, die das Schwangeren- und Familienhilfegesetz zugrunde legt und die das Verständnis und die Ausformung der Beratungsarbeit be-stimmt, bedacht und entschieden werden. Aus diesem Grund habe ich das Eröffnungsreferat einer Beleuchtung unter-schiedlicher Vorstellungen über die Aufgabe und das Ziel von Beratung gewidmet, besonders im Blick auf Schwangerschaftskonflikte.

Nach den Bestimmungen des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes kann Beratung auf bloße Information beschränkt werden. Das Menschenbild, das den vorherrschenden Vorstellungen von Beratung zugrunde liegt, ist in der Regel vom Leitgedanken möglichst weitgehender Selbstbestimmung geprägt. Alle Beratung hat dann der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der Entscheidungsfindung des einzelnen in seiner jeweiligen Lebenssituation zu dienen. Normen von außen passen nicht in ein solches Bild. Eine Hinführung zu vorgegebenen Wertmaßstäben erscheint in dieser Sichtweise als unzulässige Beeinflussung von außen. Im Zusammenhang von Schwangerschaftskonflikten werden damit von vornherein die Möglichkeit einer positiven Einwirkung auf die Entscheidung der Frau und damit ein Schutz des ungeborenen Kindes erheblich eingeschränkt oder gar ganz ausgeschlossen. Eine Beratung, die diesem Grundmuster folgt, ist daher kaum in der Lage, die ihr von der Verfassung und vom Gesetz her gegebene Funktion zu erfüllen.

Notwendig ist eine neue inhaltliche Bestimmung des Beratungsverständnisses, das eindeutig auf das Ziel ausgerichtet sein muß, die schwangere Frau zu ermutigen, ihr Kind zur Welt zu bringen.

Der Kirche ist die Sorge um die Menschen anvertraut. Sie darf sich auch in schwierigen Situationen nicht aus der gesellschaftlichen Verantwortung zurückziehen. Daher erfordert die Frage einer möglichen Fortführung der Beratungsstellen eine umsichtige Prüfung. Die Frage darf nicht reduziert werden auf das - in sich wichtige - Problem des "Beratungsscheins", sondern muß im Gesamtzusammenhang des Konzepts von Beratung behandelt werden. Eine endgültige Antwort ist erst möglich, wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und gegebenenfalls ein neuer Gesetzentwurf vorliegen.


3.    Errichtung eines neuen Bistums im Norden Deutschlands

Die Vollversammlung hat beschlossen, dem Apostolischen Stuhl zu empfehlen, ein neues Bistum im Norden Deutschlands zu errichten. Zu die-sem neuen Bistum sollen folgende Gebiete gehören:
1.    Das Gebiet, auf das sich die Jurisdiktion des Apostolischen Administrators in Schwerin erstreckt und das zum Bistum Osnabrück gehört.
2.    Das Gebiet des Bistums Osnabrück im Bundesland Schleswig-Holstein.
3.    Das Gebiet des Bistums Osnabrück im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg.
4.    Das Gebiet des Bistums Hildesheim im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg.
Sitz des Bistums soll Hamburg sein.

Die Deutsche Bischofskonferenz wird diesen Beschluß zusammen mit der bereits vorgelegten Empfehlung zur Neuordnung der Bistümer im Bereich der neuen Bundesländer dem Apostolischen Stuhl zuleiten.

 

III.    Weltkirchliche Fragen

1.    Neuorientierung der Beziehungen zu den Bischofskonfe¬renzen in Mittel- und Osteuropa

Ein besonderer Schwerpunkt der weltkirchlichen Verantwortung der Kirche in Deutschland ist seit langem die Hilfe für die Kirche in Mittel- und Osteuropa. Diese mußte in der Vergangenheit in der Regel sehr diskret geleistet werden, um die Empfänger nicht zu gefährden. In vielen Ländern, in denen die Kirche besonders hart unterdrückt war, war Hilfe und Zusammenarbeit nur sehr beschränkt möglich. Heute haben sich die Verhältnisse von Grund auf verändert. Eine zeitgemäße Neuorientierung der Hilfe ist nun notwendig. So ist z.B. heute die Unterstützung durch Beratung und personelle Hilfe beim Neuaufbau von Pastoral, Katechese, Medien- und Bildungsarbeit und vor allem in der Caritas ebenso wichtig wie materielle Zuwendung.

Auf diesem Gebiet sind in Deutschland inzwischen zahlreiche Einrichtungen, Organisationen und Initiativen tätig. Neben dem Europäischen Hilfsfonds, den die Deutsche zusammen mit der Österreichischen Bischofskonferenz als wichtigstes Istrument ihrer Hilfe für die Kirche in Mittel- und Osteuropa in Wien unterhält, sind hier der Deutsche Caritasverband, das Internationale Werk Kirche in Not/Ostpriesterhilfe, das Maximilian-Kolbe-Werk, aber vor allem auch zahlreiche Initiativen von Diözesen, Ordensgemeinschaften, Verbänden und Gemeinden zu nennen. Es haben sich seit der Wende in Mittel- und Osteuropa viele Partnerschaften und persönliche Beziehungen aufgebaut. Heute stellt sich für uns die Aufgabe der Koordination all dessen, was in diesem großen Umfang bereits geschieht - nicht um die bestehende Vielfalt, die ja auch der Vielfalt der Bedürfnisse in Mittel- und Osteuropa entspricht, zu gefährden, sondern um die vorhandenen Kräfte so effektiv wie möglich zusammenzufassen. Darüber werden seit einiger Zeit in der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz Überlegungen angestellt, für die namentlich die Unterkommission Mittel- und Osteuropa unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Köln zuständig ist. Kardinal Meisner hat zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Bischofskonferenzen Mittel- und Osteuropas geführt, um gemeinsam Prioritäten für die von Land zu Land ganz unterschiedlichen Hilfen zu finden. Diese Überlegungen treffen sich jetzt mit Anregungen aus dem Raum des Zentralkomitees der deutschen Katholiken; von dort haben wir wichtige Vorschläge im Hinblick auf eine Neustrukturierung der Hilfe erhalten. Dabei steht das auch von uns Bischöfen unterstützte Anliegen der Motivation und der Bewußtseinsbildung unserer Gläubigen für die Aufgabe der Neugestaltung der Gesellschaften Mittel- und Osteuropas aus christlichem Geist im Vordergrund. Welche institutionelle Form für die Zusammenfassung all dieser Kräfte am besten geeignet ist, muß freilich noch sorgfältig geprüft werden. Die Kommission für weltkirchliche Aufgaben wird sich im Oktober damit eingehend befassen, damit möglichst bald eine effiziente und zukunftsweisende Form gefunden werden kann. Auf jeden Fall bedarf es einer Koordination von Initiativen.

Die großen Bedürfnisse der Gläubigen in Mittel- und Osteuropa haben uns veranlaßt, im Haushalt des Europäischen Hilfsfonds eine beträchtliche Aufstockung der Mittel vorzusehen. Darüber hinaus wird eine überdiözesane Kollekte, die am 2. Mai 1993 in allen deutschen Diözesen durchgeführt werden soll, besonders die Förderung der allseitigen Entwicklung des Menschen in Mittel- und Osteuropa in religiöser, sozialer und kultureller Hinsicht zum Mittelpunkt haben. Nur wenn der Mensch als Subjekt der gesellschaft-lichen Entwicklung begriffen und in seiner Würde geachtet wird, können in Osteuropa die verheerenden Langzeitwirkungen der sozialistischen Ideologie überwunden werden und der Neuaufbau von Staat, Wirtschaft und Ge-sellschaft dauerhaft gelingen. Wir wollen den Christen in Mittel- und Osteropa in ihrem Dienst am Menschen in seinen vielfältigen geistigen und materiellen Nöten beistehen.


2.    Sonderkollekte "Menschen in Not" für Flüchtlinge im ehemaligen Jugoslawien und Hungernde in Somalia

Für den 13. September hatten wir in allen Gottesdiensten zu einer Sonderkollekte "Menschen in Not" aufgerufen. Die zusätzlichen Mittel, die wir erwarten, sollen in erster Linie zum Bau von winterfesten Unterkünften im ehemaligen Jugoslawien und zur Verstärkung der Hilfe für die Hungernden in Somalia und im südlichen Afrika eingesetzt werden.

Es dauert immer einige Zeit, bis alle Kollekten von den einzelnen Gemeinden über die Diözesen auf ein Sammelkonto eingezahlt sind. Aus diesem Grunde liegt uns noch kein endgültiges Ergebnis vor. Eine erste Hochrechnung, die auf Angaben aus einigen repräsentativen Gemeinden fußt, läßt auf ein Ergebnis zwischen 20 und 25 Millionen DM hoffen. Wir sind für diese außerordentliche Bereitschaft sehr dankbar.

An dieser Stelle darf ich allen, die unseren Aufruf in so nachhaltiger Weise unterstützt haben, im Namen der "Menschen in Not" ein herzliches Vergelt's Gott sagen. Ich danke auch unseren Pfarrgemeinden, die sich in so kurzer Zeit auf diese Kollekte eingestellt haben. Das absehbare Ergebnis dieser Kollekte und auch die vielfältigen Spenden auf das Konto der Caritas sind ein überzeugender Beweis dafür, daß die Menschen bei uns die Augen und das Herz nicht vor der Not verschließen. In dieser Hilfsbereitschaft wird auch das "andere Deutschland" sichtbar, das sich den Menschen anderer Rasse, anderer Religion und anderer kultureller Eigenart gegenüber aufgeschlossen und hilfsbereit zeigt.

Bei der Pressekonferenz zur Ankündigung der Sonderkollekte habe ich bereits darauf hingewiesen, daß wir mit den Hilfsmaßnahmen nicht warten wollen, bis wir einen ganz genauen Überblick über das Ergebnis haben. Die Caritas hat schon vor Wochen damit begonnen, die entsprechenden Vorbereitungen zur Durchführung dieser Hilfsmaßnahmen zu treffen. So kann schnell und wirkungsvoll geholfen werden. In den letzten Tagen sind für die Hilfe im ehemaligen Jugoslawien bereits rund 2 Millionen DM und für die Hilfe in Somalia rund 750 000 DM abgerufen worden.


3.    Stellungnahme der deutschen Bischöfe zur Situation
    im Sudan

Nicht zum ersten Mal sehen wir uns veranlaßt, unserer Sorge über die bedrohlichen Entwicklungen im Sudan Ausdruck zu verleihen, wo der fast 30jährige Bürgerkrieg einem grausamen Höhepunkt entgegensteuert. Im Schatten der Krisen im ehemaligen Jugoslawien und Somalia spielt sich im Süden des Sudan eine Tragödie ab, die die Welt nicht zur Kenntnis nimmt.

1.    In Juba, der Hauptstadt des Südsudan, halten Regierungssoldaten etwa 300.000 Zivilisten gleichsam als Geiseln gefangen. Es sind Flüchtlinge aus den umliegenden Dörfern, die in Fußballstadien, Schulen und kirchlichen Einrichtungen notdürftig Unterschlupf gefunden haben. Um sie am Verlassen der Stadt zu hindern, haben Regierungssoldaten alle Zufahrtsstraßen und -wege vermint und den Flughafen geschlossen. Die Menschen sind damit vollständig auf die Versorgung von außen, die Luftbrücke aus dem benachbarten Kenia angewiesen. Hunger und Epidemien breiten sich aus. Den Soldaten der Regierung dienen die Eingeschlossenen als lebendiges Schutzschild gegen die Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee).

Alle katholischen Missionare wurden aus Juba ausgewiesen, offenbar in der Absicht, unbequeme Augenzeugen für einen möglichen Völkermord loszuwerden.

Die deutschen Bischöfe und die Christen in der Bundesrepublik Deutschland dürfen nicht schweigend zusehen. Wir stellen uns deshalb auf die Seite unserer Schwestern und Brüder im Sudan, die die Leiden ihrer Landsleute kennen und sich mehrfach, aber immer wieder vergeblich an die Vereinten Nationen und die Weltöffentlichkeit gewandt haben. Ich habe vor einiger Zeit in dieser Angelegenheit an den Herrn Bundeskanzler und den Herrn Bundesminister des Auswärtigen geschrieben.

2.    Von dem zunehmenden Druck der islamisch-fundamentalistisch geprägten Regierung in Khartoum auf alle Nicht-Muslime ist die katholische Kirche in besonderer Weise betroffen. Die Vertreibung der Schwestern der Mutter Teresa und die Ausweisung von Missionaren ist nur eines von vielen Indizien für ein systematisches Vorgehen gegen jegliche Präsenz und Aktivität der katholischen Kirche im Land, und zwar ohne Rücksicht auf internationale Proteste.

Eine der grausamsten Repressions-Maßnahmen der islamischen Fundamentalisten ist das Bestreben, nicht-muslimische Flüchtlinge buchstäblich auszuhungern, indem man ihnen die Versorgung mit Hilfsgütern verwehrt.

Wir appellieren daher erneut an die verantwortlichen politischen Kräfte im Sudan, die Menschenrechte zu achten und den Glauben anderer zu respektieren.

Wir wenden uns jedoch auch nochmals an unsere eigene Regierung, den Druck auf all jene zu verstärken, die die unmenschliche Regierung in Khartoum unterstützen. Es ist bekannt, daß die sudanesischen Fundamentalisten seit langem Waffen und Soldaten aus anderen muslimischen Ländern (wie Pakistan oder Iran) in ihrem Kampf gegen die SPLA einsetzen. Wir appellieren daher erneut an die Bundesregierung, die Politiker und Verantwortlichen in der Wirtschaft unseres Landes, ihre vielfältigen Kontakte zu arabisch-islamischen Staaten zu nützen, um auf die Regierung des Sudan einzuwirken.

Die Unterdrückung Andersgläubiger, die Verletzung der Menschenrechte und der menschenverachtende Einsatz des Hungers als Waffe müssen ein Ende haben. Wir appellieren unsererseits, weiterhin mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln für die Menschen im Sudan einzutreten.

 

IV.    Gesellschaftliche Fragen

1.    Gegenwärtige Situation in den neuen Bundesländern

Der Ständige Rat hatte schon in einer früheren Sitzung beschlossen, bei jeder Sitzung des Ständigen Rates und der Vollversammlung über die Situation in den neuen Bundesländern zu berichten und zu beraten. Der Bericht in der Vollversammlung stellte anhaltende Dankbarkeit für die erfahrene "Wende", allerdings auch erlebte Fremdheit nach den Jahrzehnten der Trennung und manche Ratlosigkeit nach der neuen Situation fest. Im übrigen ist die Lage in den einzelnen Regionen recht verschieden.


2.    Staatliches Ehe und Familienrecht

Die Vollversammlung hat die Bildung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die sich mit der Entwicklung des staatlichen Ehe- und Familienrechts und der darin sich niederschlagenden gesellschaftlichen Entwicklungen befassen soll. Sie hält es für erforderlich, eine kritische Analyse der sich abzeichnenden Tendenzen vorzunehmen und Überlegungen anzustellen, wie das Rechtsbewußtsein in der Bundesrepublik Deutschland positiv beeinflußt werden kann.


3.    Erklärung zur Flüchtlings- und Asylproblematik

Wir haben uns ausführlich mit der Flüchtlings- und Asylproblematik beschäftigt. Die von der Vollversammlung verabschiedete Erklärung zu dieser Thematik finden Sie als Anlage zum Pressebericht.

 

V.    Erziehung und Schule

Fachbericht der Kultusministerkonferenz zum katholischen Religionsunterricht

Die Vollversammlung hat den Fachbericht der Kultusministerkonferenz zur Situation des Religionsunterrichts zur Kenntnis genommen. Sie sieht in diesem Bericht eine Anerkennung der Bedeutung des Religionsunterrichts als ordentliches Unterrichtsfach im deutschen Schulwesen. Die Verabschiedung des Berichts durch die Konferenz der Kultusminister aller Bundesländer bringt erneut die Bedeutung des Religionsunterrichts als Anliegen der gemeinsamen Verantwortung von Staat und Kirche zum Ausdruck.

 

VI.    Geistliche Berufe und kirchliche Dienste

1.    Diözesanordnung für Gemeinde- Pastoralreferenten

Angesichts des allgemeinen Umbruchs in der pastoralen Situation befaßt sich die Vollversammlung mit der Entwicklung des Berufsbildes und den Berufslaufbahnen der Gemeinde- und Pastoralreferent(inn)en in den deutschen Bistümern. Sie ist der Auffassung, daß die Berufsentwicklung der hauptamtlichen pastoralen Dienste im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz auch in Zukunft möglichst innerhalb eines gemeinsamen Rahmens erfolgen soll.


2.    Leitungsdienst in der Gemeinde

Die Vollversammlung hat eine Ausarbeitung ihrer Kommission "Geistliche Berufe und kirchliche Dienste" über den Leitungsdienst in der Gemeinde zur Kenntnis genommen. Der Text hat das Verhältnis des Dienstes des Pfarrers und der hauptamtlichen wie auch ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge zum Thema. Er soll nach Möglichkeit für die Entwicklung von Pastoralkonzepten in den einzelnen Bistümern eine Orientierungshilfe bieten. Die Diskussion wird im Rahmen der Deutschen Bischofskonferenz und ihrer Organe fortgesetzt werden.

 

VII.    Liturgische Fragen

Studientag zum Thema Gottesdienst

Die Vollversammlung hat beschlossen, in der Frühjahrs-Vollversammlung 1993 einen Studientag zum Thema Erneuerung des Gottesdienstes (speziell: "Meßliturgie und Meßbuch") durchzuführen. Die Liturgiekommission wurde mit der Vorbereitung beauftragt.

 

VIII.    Organisatorische und rechtliche Fragen

1.    Statut und Geschäftsordnung

Das Statut der Deutschen Bischofskonferenz in der derzeitigen Fassung ist bis zum 24. November 1992 gültig. Es wird jeweils für einen bestimmten Zeitraum vom Heiligen Vater rekognosziert (anerkannt).

Wir haben die notwendig gewordene erneute Genehmigung dazu benutzt, einige Änderungen dergestalt vorzunehmen, daß Bestimmungen, die bisher im Statut enthalten waren, aber von der Sache her in eine Geschäftsordnung gehören, aus dem Statut herausgenommen wurden. Dies betrifft in erster Linie die Bestimmungen über die Organisationsstruktur der Dienststellen der Deutschen Bischofskonferenz. An den wesentlichen Regelungen im Statut hat sich nichts geändert.


2.    Partikularnormen

Das geltende Kirchenrecht aus dem Jahr 1983 sieht vor, daß die Bischofskonferenzen bestimmte Normen in ihrer Verantwortung ausgestalten können. Auf Grund der deutschen Einigung war es notwendig, die sogenannten Partikularnormen der früheren Berliner Bischofskonferenz und der Deutschen Bischofskonferenz einander anzugleichen und auszugleichen. Dabei wurden die Erfahrungen beider Bereiche fruchtbar gemacht. Die Beschlüsse werden zur Überprüfung dem Apostolischen Stuhl übermittelt.


3.    125 Jahre Vollversammlung in Fulda

Aus Anlaß des 125. Jahrestages der Zusammenkunft der Bischöfe in Fulda hatte die Stadt Fulda zu einem Empfang in das Stadtschloß eingeladen. Wir haben uns bei dieser Gelegenheit für die langjährige Gastfreundschaft bedankt. Zum Abschluß unserer Konferenz fand aus Anlaß des Jubiläums eine feierliche Reliquienprozession mit Gebet und Segen am Grab des Apostels der Deutschen statt.

 

IX.    Personalien
Weihbischof Dr.Josef Voß (Münster) wurde für die laufende Amtsperiode bis zur Herbstvollversammlung 1996 von der Vollversammlung zum Vorsitzenden der Caritas-Kommission gewählt. Diese Wahl wurde wegen des Todes des bisherigen Vorsitzenden, Bischof Theodor Hubrich (Schwerin), erforderlich.

Für die laufende Amtsperiode bis zur Herbst-Vollversammlung 1996 wurden Weihbischof Dr. Friedhelm Hofmann (Köln) zum Mitglied der Liturgie-kommission und der Kommission für Fragen der Wissenschaft und Kultur sowie Weihbischof Norbert Trelle (Köln) zum Mitglied der Pastoralkommission und der Caritaskommission gewählt.

Pater Heinrich Rothaus OFM (Osnabrück) wurde auf die Dauer von vier Jahren zum Geistlichen Beirat des Kreuzbundes gewählt.

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