| Pressemeldung

Leben als Gottes Bild

Woche für das Leben vom 1. bis 8. Juli 2000

Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Bischof Karl Lehmann,
bei der Pressekonferenz am Mittwoch, dem 28. Juni 2000,
in der Katholischen Akademie Berlin
Zum zehnten Mal veranstalten in diesem Jahr katholische und evangelische Christen gemeinsam bundesweit die Woche für das Leben. Wir wollen mit dieser Initiative das Bewusstsein für die Gefährdungen des Lebens wecken und Wege aufzeigen, wie der Schutz des Lebens verbessert und gewährleistet werden kann. Dieser Einsatz für den Schutz des Lebens ist eine ständige Aufgabe in unserer Gesellschaft.
Die Kirchen sehen ihre Verantwortung darin, besonders für diejenigen einzutreten, die selbst keine oder nur eine kaum wahrgenommene Stimme haben. Das sind in erster Linie die am Anfang und die am Ende des Lebens Stehenden. Hinzu kommen heute die Möglichkeiten, die sich aus dem Fortschritt der Biomedizin und der Gentechnik ergeben.
Es ist offensichtlich, dass die Gefährdungen des Lebens auf all diesen Ebenen in letzter Zeit nicht abgenommen, sondern zugenommen haben. Denken wir nur an den völlig unhaltbaren Zustand bei den Spätabtreibungen und an die immer wieder aufflammende Forderung nach aktiver Sterbehilfe. Die Präimplantationsdiagnostik wird von nicht wenigen als ein Mittel der Selektion gesehen und ein Eingriff in die Keimbahn menschlichen Lebens gilt für manche schon nicht mehr als ein Tabu. Die Züchtung und auch das Klonen von Menschen ist dann keine ferne Horrorvision mehr. Hier geht es weder um spezielle konfessionelle Anliegen noch um eine Fortschrittsfeindlichkeit. Es geht darum, mit den verschiedenen Schwerpunkten der Woche für das Leben rechtzeitig auf die Gefährdungen hinzuweisen.
Die Unantastbarkeit und Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens ist Gottes Gebot. Nicht der Mensch ist der Herr des Lebens, sondern Gott. Gegenüber allen anderen Lebewesen besitzt der Mensch eine herausgehobene Stellung. Er hat eine unableitbare Würde, die einzig und allein auf der Tatsache beruht, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen ist. Von zentraler Bedeutung für dieses Verständnis ist die biblische Aussage von der Erschaffung des Menschen. Das schließt die Mitverantwortung des Menschen für die Schöpfung ein.
Wir haben dem zehnjährigen Jubiläum der Woche für das Leben den Leitsatz gegeben: "Leben als Gottes Bild". Darin werden die bisherigen Themen nochmals wie in einem Focus zusammengefasst und in einen inneren Zusammenhang gestellt:
Am Anfang standen der Schutz für das ungeborene Kind und die Hilfe für Mütter in Not- und Konfliktsituationen sowie die Bemühungen um eine kinderfreundliche Gesellschaft und das Miteinander der Generationen im Mittelpunkt. Später thematisierte die Woche für das Leben weitere Felder des Lebensschutzes:
Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung, die Hintergründe des Suchtverhaltens und Fragen der Prävention und der Hilfe für von der Sucht betroffene Menschen,das Lebensende und die Frage des menschenwürdigen Sterbens,der verantwortete Einsatz der Pränataldiagnostik,die Bedeutung des Leitbildes von Ehe und Familie für Kirche, Staat und Gesellschaft.Grundlage unserer ökumenischen Zusammenarbeit bei der Woche für das Leben ist die 1989 von uns gemeinsam veröffentlichte Erklärung "Gott ist ein Freund des Lebens". Dort werden die Herausforderungen beim Schutz des menschlichen Lebens benannt und Wege aufzeigt, um diesen Schutz zu erhalten bzw. zu verbessern. Auf Seiten der katholischen Kirche steht diese Aktion zudem in engem Zusammenhang mit dem Beschluss der Europäischen Bischofssynode von 1991, jährlich einen "Tag" oder eine Woche für das Leben durchzuführen. Ich selbst habe dort diesen Antrag eingereicht, begründet und als einer der beiden Sekretäre auch gefördert.
Ziel der Woche für das Leben ist es, auf der Ebene unserer Diözesen und Landeskirchen, vor allem aber der über 10.000 katholischen und über 10.000 evangelischen Pfarrgemeinden möglichst viele Menschen anzusprechen. Die Woche für das Leben soll sozusagen in der Breite stattfinden. Für sehr viele Pfarrgemeinden ist sie zu einem festen Bestandteil der Jahresplanung geworden. Das Material, das wir jeweils erstellen, hat Bedeutung über diese Woche hinaus und wird sehr zahlreich auch von Schulen angefordert.
Wenn wir in diesem Jahr über die ethischen Ressourcen nachdenken, dann soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass es den beiden Kirchen um die unabdingbaren Voraussetzungen für ein humanes Zusammenleben in unserer Gesellschaft geht. So wie das Leben auf der Erde ohne Ressourcenschonung unweigerlich für Millionen von Menschen zur akuten Gefährdung ihrer Lebensgrundlagen führt, so haben nach unserer Auffassung die ethischen Ressourcen eine vergleichbare existentielle Notwendigkeit.
Das Motto der diesjährigen Woche für das Leben: "Leben als Gottes Bild" macht deutlich, worum es geht. Es geht im Sinne einer Relecture um ein vertiefendes Hinschauen auf die Grundlagen unseres Einsatzes für den Lebensschutz. Das christliche Menschenbild ist nach unserer Überzeugung die ethische Ressource, die ein humanes, am Wohl aller Menschen orientiertes Zusammenleben in unserer Gesellschaft begründet und langfristig garantiert. Hierin besteht der unverzichtbare Beitrag der christlichen Kirchen.
Im Schöpfungsbericht heißt es: "Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich" und: "Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie." (Gen 1,27) Mit dieser Aussage ist im Grunde alles gesagt: Gott erschafft den Menschen aus seinem freien Willen. Er macht ihn zu seinem Ebenbild. Der Mensch ist Gott ähnlich, d. h.: er ist nicht Gott selber, aber er hat Anteil an seiner Gestalt, an seinem Wesen und an seinen Eigenschaften. So gehören insbesondere der Vernunftgebrauch, aber auch der freie Wille und der Herrschaftsauftrag über die Erde, die der Mensch als Mandatar Gottes zu pflegen und zu schützen hat, zu den grundlegenden Eigenschaften des Menschen.
Der Eröffnung der Woche für das Leben am 1. Juli in Freiburg mit einem Ökumenischen Gottesdienst im Freiburger Münster geht eine Akademieveranstaltung in der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg voraus, zu der wir auch den Herrn Bundespräsidenten Dr. h.c. Johannes Rau erwarten. Er wird gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock, und mir eine Ausstellung über zehn Jahre Woche für das Leben eröffnen, die in den kommenden Monaten den Diözesen und Landeskirchen als Wanderausstellung zur Verfügung stehen soll. Sie stellt einerseits einen Rückblick auf unser erfolgreiches Bemühen um die Bewusstseinsbildung und den Schutz des Lebens dar, zum anderen verdeutlicht sie aber auch den aus unserem Selbstverständnis resultierenden Auftrag, in unserem gemeinsamen Bemühen nicht nachzulassen und uns den zukünftigen Herausforderungen beim Schutz des Lebens zu stellen.
Auch in den nächsten Jahren werden wir die Anliegen des Lebensschutzes weiterhin im Bewusstsein der Öffentlichkeit vertreten. Dazu zählen wir unsere Bemühungen um den wirksamen Schutz des ungeborenen Kindes, den Erhalt und die Förderung des Lebens in Ehe und Familie, den Einsatz für Chancengleichheit behinderter Menschen, die Sorge um unsere ausländischen Mitbürger sowie das Bemühen um ein menschenwürdiges Leben im Alter und ein humanes Sterben.

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