| Pressemeldung | Nr. 42

Kongregation für die Glaubenslehre

Zusammenfassung der Erklärung DOMINUS IESUS über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche

Einleitung
In der gegenwärtigen lebhaften Diskussion über die Beziehung zwischen dem Christentum und den anderen Religionen fehlt es nicht an katholischen Theologen, die behaupten, alle Religionen seien in gleicher Weise Heilswege. Es handelt sich um relativistische Theorien, die einige Grundwahrheiten des katholischen Glaubens leugnen oder als überholt betrachten: den endgültigen und vollständigen Charakter der Offenbarung Jesu Christi; die Inspiration der Bücher der Heiligen Schrift; die untrennbare personale Einheit zwischen dem ewigen Wort und Jesus von Nazaret; die Einheit der Heilsordnung des fleischgewordenen Wortes und des Heiligen Geistes; die Einzigkeit und Heilsuniversalität des Mysteriums unseres Herrn Jesus Christus in seiner Menschwerdung, seinem Leiden und Sterben; die universale Heilsmittlerschaft der Kirche; die Untrennbarkeit - wenn auch Unterscheidbarkeit - zwischen dem Reich Gottes, dem Reich Christi und der Kirche; die Subsistenz der einen Kirche Christi in der katholischen Kirche.
Diese Theorien haben ihre Wurzeln in einigen verbreiteten Voraussetzungen philosophischer wie auch theologischer Natur. Die Erklärung zählt einige davon auf, wie zum Beispiel die Überzeugung, dass die göttliche Wahrheit nicht fassbar und nicht aussprechbar ist, nicht einmal durch die christliche Offenbarung; die relativistische Haltung gegenüber der Wahrheit, weswegen das, was für die einen wahr ist, es nicht für andere wäre; der radikale Gegensatz, der zwischen der logischen Denkweise im Abendland und der symbolischen Denkweise im Orient besteht; der Subjektivismus jener, die den Verstand als einzige Quelle der Erkenntnis annehmen; die metaphysische Entleerung des Ereignisses der Menschwerdung; der Eklektizismus jener, die in der theologischen Forschung Ideen übernehmen, die aus unterschiedlichen philosophischen und religiösen Strömungen stammen, ohne sich um deren Logik und systematischen Zusammenhang sowie deren Vereinbarkeit mit der christlichen Wahrheit zu kümmern; schließlich die Tendenz, die Heilige Schrift ohne Rücksicht auf die Überlieferung und das kirchliche Lehramt zu lesen und zu erklären.
Unter Berücksichtigung dieser Diskussion hat die Internationale Theologische Kommission 1997 ein Dokument mit dem Titel Das Christentum und die Religionen veröffentlicht. Darin wird mit einer Fülle von biblischen Verweisen und theologischen Begründungen aufgezeigt, dass eine pluralistische Theologie der Religionen nicht haltbar ist; zugleich wird die Einzigkeit und Heilsuniversalität des Mysteriums Christi und der Kirche bekräftigt als Quelle allen Heils in und außerhalb des Christentums. Weil sich die relativistische und pluralistische Mentalität außerordentlich stark und schnell ausgebreitet hat, greift die Kongregation für die Glaubenslehre nun mit der vorliegenden Erklärung ein, um einige Glaubenswahrheiten erneut vorzulegen und zu klären. Sie folgt dabei dem Beispiel des Apostels Paulus, der an die Gläubigen in Korinth schreibt: "Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe" (1 Kor 15,3).
Die Erklärung ist in sechs Abschnitte unterteilt, in denen die wesentlichen Inhalte der katholischen Glaubenslehre im Hinblick auf die Bedeutung und den Heilswert der anderen Religionen zusammengefasst sind.
I. Fülle und Endgültigkeit der Offenbarung Jesu Christi
Gegen die Meinung, dass die Offenbarung Jesu Christi begrenzt, unvollständig, unvollkommen und komplementär zu jener in den anderen Religionen sei, bekräftigt die Erklärung den katholischen Glauben, dass das Heilsmysterium Gottes in Jesus Christus ganz und vollständig geoffenbart ist. Weil Jesus wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch ist, machen seine Worte und Werke das göttliche Mysterium in seiner Fülle und Endgültigkeit kund, obwohl die Tiefe dieses Mysteriums an sich transzendent und unerschöpflich bleibt. Auch wenn zugestanden wird, dass die anderen Religionen nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet (vgl. Erklärung Nostra aetate, 2), wird folglich betont, dass die Bezeichnung inspirierte Schriften nur für die kanonischen Bücher des Alten und des Neuen Bundes gebraucht wird; vom Heiligen Geist inspiriert, haben diese Bücher Gott zum Urheber und lehren sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit über Gott und das Heil der Menschen. Die Erklärung lehrt weiterhin, dass mit Festigkeit an der Unterscheidung festgehalten werden muss zwischen dem theologalen Glauben, der Annahme der durch den einen und dreifaltigen Gott geoffenbarten Wahrheit, und der inneren Überzeugung in den anderen Religionen, der religiösen Erfahrung, die noch auf der Suche nach der absoluten Wahrheit ist und der die Zustimmung zum sich offenbarenden Gott fehlt.
II. Der fleischgewordene Logos und der Heilige Geist im Heilswerk
Gegen die Annahme einer doppelten Heilsordnung - einer Heilsordnung des ewigen Wortes, die universal und deshalb auch außerhalb der Kirche gelte, sowie einer Heilsordnung des fleischgewordenen Wortes, die sich auf die Christen allein beschränke - stellt die Erklärung heraus, dass es nur eine einzige Heilsordnung des einzigen fleischgewordenen Wortes gibt, das Jesus Christus, der eingeborene Sohn des Vaters, ist. Sein Mysterium der Menschwerdung, des Todes und der Auferstehung ist die einzige und universale Quelle des Heils für die ganze Menschheit. Das Mysterium Christi hat nämlich eine innere Einheit, die sich von seiner ewigen Erwählung in Gott bis zur Wiederkunft erstreckt: "In ihm hat er [der Vater] uns erwählt vor der Erschaffung der Welt" (Eph 1,4). Jesus ist der universale Mittler und Erlöser. Aus diesem Grund ist auch die Hypothese irrig, die von einer Heilsordnung des Heiligen Geistes spricht, die einen universaleren Charakter habe als die Heilsordnung des fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Wortes. Denn der Heilige Geist ist der Geist des auferstandenen Christus, sein Wirken geschieht nicht außerhalb oder neben dem Wirken Christi. Es gibt nur die eine trinitarische Heilsordnung, die vom Vater gewollt ist und im Mysterium Christi unter Mitwirkung des Heiligen Geistes Wirklichkeit wird.
III. Einzigkeit und Universalität des Heilsmysteriums Jesu Christi
Die Erklärung bekräftigt die Einzigkeit und die Heilsuniversalität des Mysteriums Christi. Durch seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung hat Christus die Heilsgeschichte, die in ihm ihre Fülle, ihren Mittelpunkt und ihre Quelle findet, zur Vollendung gebracht. Die einzige Mittlerschaft Christi schließt gewiss teilhabende Mittlertätigkeiten verschiedener Art und Ordnung nicht aus; diese haben jedoch Bedeutung und Wert allein in Verbindung mit der Mittlerschaft Christi und können nicht als gleichrangig oder komplementär betrachtet werden. Vorschläge, die ein Heilswirken Gottes außerhalb der einzigen Mittlerschaft Christi annehmen, stehen in Gegensatz zum katholischen Glauben.
IV. Einzigkeit und Einheit der Kirche
Der Herr Jesus setzt seine Gegenwart und sein Heilswerk in der Kirche und durch die Kirche fort, die sein Leib ist. Wie das Haupt und die Glieder eines lebendigen Leibes zwar nicht identisch sind, aber auch nicht getrennt werden können, dürfen Christus und die Kirche nicht miteinander verwechselt, aber auch nicht voneinander getrennt werden.
Deshalb muss in Verbindung mit der Einzigkeit und der Universalität der Heilsmittlerschaft Jesu Christi die Einzigkeit der von ihm gestifteten Kirche als Wahrheit des katholischen Glaubens fest geglaubt werden. Die Gläubigen sind angehalten zu bekennen, dass es eine geschichtliche Kontinuität zwischen der von Christus gestifteten und der katholischen Kirche gibt. Die einzige Kirche Christi "ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird" (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8). Bezüglich der Tatsache, "dass außerhalb ihres sichtbaren Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind" (ebd.), nämlich in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, ist festzuhalten, dass "deren Wirksamkeit sich von der der katholischen Kirche anvertrauten Fülle der Gnade und Wahrheit herleitet" (Dekret Unitatis redintegratio, 3).
Die Kirchen, die die katholische Lehre vom Primat des Bischofs von Rom nicht annehmen, bleiben mit der katholischen Kirche durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, verbunden. Deshalb ist die Kirche Christi auch in diesen Kirchen gegenwärtig und wirksam, obwohl ihnen die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt. Die kirchlichen Gemeinschaften hingegen, die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben, sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn; die in diesen Gemeinschaften Getauften stehen aber in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der Kirche. Deswegen "sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heiles" (Dekret Unitatis redintegratio, 3).
V. Kirche, Reich Gottes und Reich Christi
Die Kirche ist gesandt, "das Reich Christi und Gottes anzukündigen und in allen Völkern zu begründen. So stellt sie Keim und Anfang dieses Reiches auf Erden dar" (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 5). Auf der einen Seite ist die Kirche "Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit" (ebd., 1); sie ist darum Zeichen und Werkzeug für das Reich, sie ist gerufen, es zu verkünden und zu begründen. Auf der anderen Seite ist die Kirche "das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk" (ebd., 4); sie ist also "das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi" (ebd., 3) und bildet deshalb seinen Keim und seinen Anfang. Es sind verschiedene theologische Erklärungen dieser Themen zulässig. Die innige Verbundenheit zwischen Christus, dem Reich und der Kirche darf jedoch nicht geleugnet oder in irgendeiner Weise ausgehöhlt werden. In Wirklichkeit kann "das Reich Gottes, wie wir es von der Offenbarung her kennen, weder von Christus noch von der Kirche losgelöst werden" (Enyzklika Redemptoris missio, 18).
Das Reich Gottes ist aber nicht mit der Kirche in ihrer sichtbaren und gesellschaftlichen Wirklichkeit identisch. Es ist nämlich nicht richtig, wenn man das Werk Christi und des Geistes "auf ihre [der Kirche] sichtbaren Grenzen einengt" (ebd.). In der Erörterung der Beziehungen zwischen Reich Gottes, Reich Christi und Kirche ist es indes notwendig, einseitige Akzentuierungen zu vermeiden. Dies ist bei jenen der Fall, die im Zusammenhang mit der Rede vom Reich Gottes Christus mit Schweigen übergehen, dem Geheimnis der Schöpfung den Vorzug geben und nichts über das Geheimnis der Erlösung sagen, weil - wie sie meinen - Christus von jenen nicht verstanden werden kann, die nicht den christlichen Glauben haben, während verschiedene Völker, Kulturen und Religionen in der einzigen göttlichen Wirklichkeit, wie immer diese genannt werden mag, sich wiederfinden können. Darüber hinaus erliegt das Reich, wie sie es verstehen, der Gefahr, die Kirche an den Rand zu drängen oder sie unterzubewerten. Sie leugnen praktisch die einzigartige Beziehung, die zwischen Christus, der Kirche und dem Reich Gottes besteht.
VI. Die Kirche und die Religionen im Hinblick auf das Heil
Von dem, was oben in Erinnerung gerufen wurde, ergeben sich auch einige notwendige und unaufgebbare Punkte für die theologische Vertiefung bezüglich der Beziehung der Kirche und der Religionen mit dem Heil. Es ist vor allem fest zu glauben, dass die "pilgernde Kirche zum Heile notwendig ist. Der eine Christus ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns gegenwärtig wird" (Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 14). Diese Lehre darf nicht dem allgemeinen Heilswillen Gottes entgegengesetzt werden; deswegen "muss man diese beiden Wahrheiten zusammen gegenwärtig haben, die tatsächlich gegebene Möglichkeit des Heiles in Christus für alle Menschen und die Notwendigkeit der Kirche für dieses Heil" (Enzyklika Redemptoris missio, 9). Für jene, die nicht formell Glieder der Kirche sind, "ist das Heil in Christus zugänglich kraft der Gnade, die sie zwar nicht förmlich in die Kirche eingliedert - obschon sie geheimnisvoll mit ihr verbunden sind -, aber ihnen in angemessener Weise innerlich und äußerlich Licht bringt. Diese Gnade kommt von Christus, sie ist Frucht seines Opfers und wird vom Heiligen Geist geschenkt" (ebd., 10).
Bezüglich der Weise, in der die heilbringende Gnade Gottes die einzelnen Nichtchristen erreicht, stellt das Zweite Vatikanische Konzil lediglich fest, dass Gott sie schenkt "auf Wegen, die er weiß" (Dekret Ad gentes, 7). Die Theologie ist damit beschäftigt, dieses Thema zu vertiefen. Es ist jedoch klar, dass es dem katholischen Glauben widerspräche, die Kirche als einen Heilsweg neben jenen in den anderen Religionen zu betrachten.
Gewiss enthalten und bieten die verschiedenen religiösen Traditionen Elemente der Religiosität, die zu dem gehören, was "der Geist im Herzen der Menschen und in der Geschichte der Völker, in den Kulturen und Religionen bewirkt" (Enzyklika Redemptoris missio, 29). Man kann ihnen aber nicht einen göttlichen Ursprung oder eine Heilswirksamkeit ex opere operato zuerkennen, die den christlichen Sakramenten eigen ist. Es kann auch nicht geleugnet werden, dass andere Riten, insofern sie von abergläubischen Praktiken oder anderen Irrtümern (vgl. 1 Kor 10,20-21) abhängig sind, eher ein Hindernis für das Heil darstellen.
Mit dem Kommen Jesu Christi, des Retters, hat Gott gewollt, dass die von ihm gestiftete Kirche das Werkzeug für das Heil der ganzen Menschheit sei. Diese Glaubenswahrheit nimmt nichts von der Tatsache weg, dass die Kirche die Religionen der Welt mit aufrichtiger Ehrfurcht betrachtet, schließt aber zugleich radikal jene Mentalität des Indifferentismus aus, die "durchdrungen ist von einem religiösen Relativismus, der zur Annahme führt, dass ,eine Religion gleich viel gilt wie die andere" (Enzyklika Redemptoris missio, 36). So versteht man, dass die Kirche als Forderung der Liebe zu allen Menschen "unablässig verkündet und verkündigen muss Christus, der ,der Weg und die Wahrheit und das Leben' (Joh 14,6) ist, in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat" (Erklärung Nostra aetate, 2).
Schluss
Die vorliegende Erklärung beabsichtigt, einige Glaubenswahrheiten im Hinblick auf verschiedene problematische oder auch irrige Auffassungen erneut vorzulegen und zu klären.
Bei der Erörterung des Themas der wahren Religion stellten die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils fest: "Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten. Er sprach ja zu den Aposteln: ,Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe' (Mt 28,19-20). Alle Menschen sind ihrerseits verpflichtet, die Wahrheit, besonders in dem, was Gott und seine Kirche angeht, zu suchen und die erkannte Wahrheit aufzunehmen und zu bewahren" (Erklärung Dignitatis humanae, 1).

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz