| Pressemeldung

Kommentar zum Schreiben des Papstes vom 3. Juni 1999 an die deutschen Bischöfe

Papst Johannes Paul II. hat in der schwierigen Frage der rechten Zuordnung der katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen zur staatlich geregelten Beratung gemäß dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 zum drittenmal ein Schreiben an die deutschen Bischöfe gerichtet.

1. Dieses Schreiben vom 3. Juni 1999 ist im Zusammenhang mit den beiden vorausgehenden päpstlichen Interventionen zu lesen. Bereits in seinem Brief vom 21. September 1995 nahm der Papst zu der neuen gesetzlichen Abtreibungsregelung in Deutschland Stellung. Er verwies auf einige ernste Bedenken hinsichtlich der Einbindung der kirchlichen Beratungsstellen in den Vollzug straffreier Abtreibungen und ersuchte die Bischöfe, die kirchliche Beratungstätigkeit neu zu definieren. In den folgenden zwei Jahren wurde in einem intensiven Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam nach einer Lösung in der heiklen Frage gesucht.

Mit Schreiben vom 11. Januar 1998 wandte sich der Heilige Vater wiederum an seine Mitbrüder in Deutschland. Er bat sie eindringlich, auf wirksame Weise in der Beratung der hilfesuchenden Frauen präsent zu bleiben, aber keine Bescheinigung mehr ausstellen zu lassen, die nach dem Gesetz die notwendige Voraussetzung für die straffreie Abtreibung darstellt. Mit der festen Absicht, dieser Bitte Folge zu leisten, setzte die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitsgruppe ein, um Lösungen für deren praktische Umsetzung zu erarbeiten. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe wurden am 22. und 23. Februar 1999 von der Vollversammlung der Bischöfe in Lingen eingehend erörtert. Im Anschluß daran leitete Bischof Karl Lehmann, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, den Bericht der Arbeitsgruppe sowie die Ergebnisse der bischöflichen Beratungen an den Papst weiter. In dem Schreiben vom 3. Juni 1999 legt der oberste Hirte der Kirche nun seine Entscheidung vor, nachdem er die verschiedenen Gesichtspunkte der Frage noch einmal in Studium und Gebet vor dem Herrn sorgfältig erwogen hat.

2. Wie allgemein bekannt ist, gelangte die Deutsche Bischofskonferenz in der Angelegenheit zu keiner einmütigen Auffassung. Die Mehrheit der Bischöfe sprach sich für einen neuen "Beratungs- und Hilfeplan" aus, der Beratung und verbindliche Zusagen über Unterstützungen, Hilfen und Vermittlungen integriert und mit einer Neuformulierung der Beratungsbescheinigung verbindet. Eine nicht geringe Anzahl von Bischöfen war jedoch der Meinung, daß dieser Vorschlag der päpstlichen Bitte nicht voll entspreche, und optierte deshalb für eine Beratung, die auf die Ausstellung einer Bescheinigung im Sinne des Gesetzes verzichtet.

In seinem Schreiben geht Johannes Paul II. auf die wesentlichen Anliegen beider Auffassungen innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz ein und legt eine Entscheidung vor, die - in Übereinstimmung mit den beiden vorhergehenden Interventionen - eine vermittelnde Synthese darstellt. Es ist offensichtlich, daß dem Heiligen Vater die Einheit in der Wahrheit und in der Liebe auch in dieser Frage sehr am Herzen liegt. Seine Sendung als Nachfolger Petri besteht ja wesentlich darin, sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in der katholischen Kirche zu sein.

Ausdrücklich dankt der Papst den deutschen Bischöfen, daß sie mehrmals auf die Bedeutung der Einheit untereinander und mit dem Heiligen Stuhl hingewiesen haben, um eine glaubwürdige Lösung zu finden und die vorhandenen Polarisierungen unter den Gläubigen zu überwinden. Er bekundet auch seine Hoffnung, daß die von ihm vorgelegte Entscheidung hilft, die Einheit in der Bischofskonferenz in dieser wichtigen Frage zurückzugewinnen und die entstandenen Spannungen in der katholischen Öffentlichkeit zu überwinden. Wie schon früher bringt er unmißverständlich seine Wertschätzung dafür zum Ausdruck, daß die deutschen Bischöfe seit Jahren das Lebensrecht der ungeborenen Kinder verteidigen und keine Mühe scheuen, um den Frauen in schwierigen Situationen im Geist des Evangeliums mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

3. Die von Johannes PauI II. vorgelegte Entscheidung geht von der weitgehenden Anerkennung des "Beratungs- und Hilfeplans" aus. Dieser Plan, der die auf das Leben orientierte Beratung mit einer Reihe von Hilfsangeboten verbindet, macht das Ziel der kirchlichen Beratungstätigkeit noch klarer verständlich als bisher; es geht um die tatkräftige Unterstützung der Frauen in Konfliktsituationen und um die unbedingte Verteidigung des Lebensrechtes der ungeborenen Kinder.

Die Bescheinigung, die den Frauen gemäß dem „Beratungs- und Hilfeplan" ausgestellt wird, ist jedoch weiterhin mit einer ernsten Zweideutigkeit behaftet. Sie dokumentiert zwar die Ausrichtung der kirchlichen Beratung auf das Leben und bildet eine Garantie für die Gewähr der zugesagten Hilfen. Zugleich kann sie aber auch verwendet werden, um gemäß StGB § 218a (1) eine straffreie Abtreibung durchführen zu lassen. Der Papst führt an, daß wohl aus diesem Grund dem "Beratungs- und Hilfeplan" die einmütige Zustimmung der Bischöfe versagt blieb.

Damit die Verwendung des Scheins als Zugang zur Abtreibung nicht möglich ist, ordnet der Heilige Vater an, in Zukunft die erste von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Textvariante zu gebrauchen, in der nur das Ziel der kirchlichen Beratung und Hilfe erwähnt ist und nicht explizit auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen wird, und den Vermerk anzufügen: „Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden". Infolge dieses Zusatzes handelt es sich dann wirklich um einen Schein anderer Art, dessen Funktion allein darin besteht, die kirchliche Beratung zu bestätigen und ein Anrecht auf die zugesagten Hilfen zu geben.

Diese Klärung trägt dazu bei, die katholische Kirche aus einer Situation zu befreien, welche die Klarheit und Entschiedenheit ihres Zeugnisses für die Unantastbarkeit jedes menschlichen Lebens verdunkelt. Der Papst verweist darauf, daß die Kirche immer am unbedingten Einsatz für jedes ungeborene Leben festhalten und in dieser wichtigen Frage überall in Wort und Tat mit ein und derselben Sprache - ohne Zweideutigkeiten und Kompromisse - sprechen muß.

4. Johannes Paul II. ersucht die deutschen Bischöfe, seine Entscheidung einmütig anzunehmen und innerhalb dieses Jahres in die Praxis umzusetzen. Dies wird zur Folge haben, daß die Kirche eine Konfliktberatung eigener Art anbietet und in einem konkreten Punkt vom Weg des Gesetzgebers abweicht. Nicht der Schein, der zur Abtreibung verwendet werden kann, sondern die vielfältigen Beratungs- und Hilfsangebote sollen die Frauen, die sich ein Leben mit dem Kind kaum oder gar nicht vorstellen können, in die kirchlichen oder der Kirche zugeordneten Beratungsstellen führen. Die Qualität des „Beratungs- und Hilfeplans" soll die wirksame Präsenz der Kirche in der Schwangerenkonfliktberatung garantieren. Darüber hinaus vertraut der Papst darauf, daß die Bischöfe den "Beratungs- und Hilfeplan" auch allen anderen Frauen anbieten werden, die aufgrund ihrer schwierigen Situation Hilfe brauchen.

Abschließend dankt der Heilige Vater den Beraterinnen und all jenen, die sich öffentlich oder im Verborgenen für das ungeborene Leben einsetzen. Er bekundet sein Vertrauen, daß die katholischen Gläubigen in Einheit mit den Bischöfen und dem Papst sowie in Zusammenarbeit mit vielen anderen Christen und Menschen guten WilIens weiterhin mutig dem Leben dienen. Aus dem Schreiben geht klar hervor, daß in der Frage jede Polemik fehl am Platz ist und es ausschließlich darum geht, sich in Liebe und Wahrheit für Mutter und Kind einzusetzen. Die einzigen Gewinner sollen die Frauen in Not und die ungeborenen Kinder sein.

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