| Pressemeldung

Kolumbianische Ordenskonferenz - Kommission Justicia y Paz

Die Kolumbianische Ordenskonferenz hat uns folgende Stellungnahme mit der Bitte um Veröffentlichung übersandt:

Zur öffentlichen Kenntnisnahme

Die Kolumbianische Ordenskonferenz (Conferencia de Religiosos de Colombia) und die Kommission Justicia y Paz (Comisión Intercongregacional de Justicia y Paz) geben der nationalen und internationalen öffentlichkeit, den diplomatischen Vertretungen in Kolumbien, der Presse und dem kolumbianischen Staat folgendes zur Kenntnis:

Nach der Militäroperation ("Durchsuchung") gegen den Sitz der Kommission Justicia y Paz am 13. Mai d.J. haben sich die Drohungen gegen Mitglieder unserer Einrichtung, die die Zivilbevölkerung bei der Wahrung ihrer Rechte inmitten des bewaffneten Konflikts unterstützen, fortgesetzt. Auch Stigmatisierung und Verunglimpfung – Verhaltensweisen, denen die Kommission Justicia y Paz in den zehn Jahren ihrer Arbeit ständig ausgesetzt war –, sind nicht eingestellt worden.Von Personen aus kirchlichen Kreisen, der Presse, von diplomatischen Vertretungen und sogar von Kontrollorganen des Staates haben wir vertrauliche, für uns jedoch glaubwürdige, Informationen erhalten, nach denen Pater Javier Giraldo M. SJ, der Exekutivsekretär unserer Kommission Justicia y Paz, zum "militärischen Ziel" erklärt worden ist und daß bereits eine Militäroperation in Gang ist, um ein Attentat auf ihn zu verüben. Ebenfalls haben wir erfahren, daß hohe Militärs ihre feindselige Einstellung gegenüber Pater Javier Giraldo offen ausgedrückt haben.Obwohl wir über diese Informationen verfügen und wir keinen Zweifel an ihrer Richtigkeit haben, sind uns zum ersten Mal seit dem zehnjährigen Bestehen der Kommission Justicia y Paz wirklich "die Hände gebunden". Offensichtlich fehlen uns "objektive" Elemente, die es erlauben würden, diese kriminellen Pläne anzuzeigen und ein strafrechtliches oder ein disziplinarisches Verfahren einzuleiten - so steril diese Verfahren bisher auch gewesen sind –, mit dem Ziel, der Durchführung eines weiteren Verbrechens gegen die Menschlichkeit zuvorzukommen, das von Angehörigen des Staates beschlossen, geplant und ausgeführt wird oder mit deren Zustimmung geschieht.Mit Schmerz und Entsetzen konstatieren wir ein weiteres Mal die Vervollkommnung der Methoden des schmutzigen Kriegs und der Repressionsmechanismen, deren Aktionsradius auf immer weitere Kreise der Bevölkerung ausgeweitet wird; das Verfeinern der Mechanismen, die die Straflosigkeit der Gewalttaten garantieren und es unmöglich machen sollen, daß die Wahrheit über die Verbrechen bekannt wird und als Grundlage dient, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung einzufordern, und offensichtlich, um weiteren Verbrechen vorzubeugen.Wir sind der Überzeugung, daß die verschärften Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger und -verteidigerinnen Teil einer Strategie sind, deren aktive Beteiligung an möglichen Verhandlungsprozessen des bewaffneten Konfliktes zu verhindern und auf diese Weise zu garantieren, daß die Tausende von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die bisher begangen wurden, dem Vergessen überlassen bleiben; genau so wie die Opfer, die nie existiert haben. Und daß auf der anderen Seite den Tätern bedingungslos vergeben wird.Die kürzlichen Morde an den Menschenrechtsanwälten Jesús María Valle und Eduardo Umaña Mendoza lassen klar erkennen, daß dahinter die Absicht steht, Menschen zu eliminieren, die sich durch ihre persönliche Geschichte und durch ihr ethisches und politisches Verhalten in Garanten verkehrt haben, daß die Straflosigkeit nicht absolut bleibt. Ein Anschlag auf das Leben von Pater Javier Giraldo wäre eine weitere Tat, die sich in diese Vernichtungslogik einreihen würde. Mit diesen Taten werden nicht nur die Personen angegriffen, sondern das, was sie verkörpern: den Kampf, die Straflosigkeit von Verbrechen aufzudecken und diejenigen Kräfte anzuzeigen, die Verbrechen fördern und unterstützen; die Einforderung von realen Garantien, damit die Menschenrechte im integralen Sinne ausgeübt werden können.In Anbetracht dessen, was wir angeführt haben, fühlte sich P. Javier Giraldo verpflichtet, zum Schutz seines Lebens Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Dies beeinträchtigt seine alltägliche Arbeit an der Seite der Opfer. Auch war es ihm nicht möglich, persönlich der Einladung an der Versammlung in Mainz nachzukommen, obwohl er dieser Zusammenkunft große Bedeutung beimißt. Sie kann eine historische Gelegenheit sein, mit einer Option der Verteidigung der Menschenrechte die Herausforderungen für einen ernsthaften Verhandlungsprozeß des bewaffneten Konflikts deutlich zu machen, ein Konflikt, der nun schon über 30 Jahre andauert. Innerhalb seines Rahmens wurde der politisch motivierte Mord an fast 26 000 Kolumbianern und Kolumbianerinnen und von nahezu 2500 Fällen von "Verschwundenen" gerechtfertigt*; mit dem Schutz der Militärgerichtsbarkeit, mit der Ausweitung des Agierens der paramilitärischen Gruppen, und mit der strukturellen Ungerechtigkeit der kolumbianischen Justiz. Dies bedeutet, daß die Klagen der Opfer, ihrer Familien, Gemeinden und Organisationen zum Schweigen gebracht werden.Als Ordensleute und Laien, die wir uns der Verteidigung eines Lebens in Würde verschrieben haben, geben wir dies zur Kenntnis, aber nicht als formale Anzeige, sondern um einen historischen Nachweis der Situation zu hinterlassen, die wir durchstehen. Wir fordern von den staatlichen und von den Regierungsbehörden keine Untersuchung. Wir fordern auch keine Schutzmaßnahmen. Die Erfahrungen aus zehn Jahren Arbeit haben uns gelehrt, daß diese Maßnahmen nicht verhindert haben, daß die angekündigten Verbrechen durchgeführt werden.Von neuem bekräftigen wir unsere Option, ein Leben in Würde zu verteidigen. Deshalb wiederholen wir, daß der Prozeß der Verhandlung des bewaffneten Konflikts auf der geschichtlichen Wahrheit der begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gründen muß (politisch motivierte Morde, Völkermord, gewaltsames Verschwindenlassen, Folter und gewaltsame Vertreibung). Außerdem muß es eine Garantie des Rechts auf Gerechtigkeit geben: die Verantwortlichen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen vor Gericht gestellt und bestraft werden. Für Verbrechen, die Staatsbedienstete durch Handlung oder Unterlassung verübt haben, oder für die Privatpersonen verantwortlich sind, die den Schutz oder die Toleranz von seiten des Staates genießen, müssen die ethnischen Gemeinschaften, die politischen oder sozialen Organisationen, die Angehörigen und, falls möglich, die Opfer selbst, eine integrale Wiedergutmachung erhalten.Im Namen von Jesus von Nazareth, im Namen der Opfer und ihrer Angehörigen, der verborgen gehaltenen Wahrheit, der Gerechtigkeit, die zum Himmel schreit und im Namen der Möglichkeit einer Zukunft mit einem authentischen Frieden, sagen wir zu den Tätern und zu denjenigen, die sie anstiften: Weh denen, die das Recht in bitteren Wermut verwandeln und die Gerechtigkeit zu Boden schlagen. Bei Gericht hassen sie den, der zu Gerechtigkeit mahnt, und wer Wahres redet, den verabscheuen sie. Amos 5,10

Wir rufen die ganze Gesellschaft dazu auf, nicht zum Komplizen dieses möglichen Verbrechens zu werden, sowie weiterer, die geplant sind. Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand nimmt es mir, sondern ich gebe es freiwillig hin. Ich habe die Vollmacht, es hinzugeben, und ich habe die Vollmacht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen. Johannes 10, 17–18
Für die Kolumbianische Ordenskonferenz
Schwester Silvia Vallejo, O.D.N., VorsitzendeFür die Kommission Justicia y Paz
Schw. Libia Duque A.C.I.Schw. Nohemy Palencia O.P.Clemencia Correa Schw. Isabel Gutiérrez, S.A.C.Schw. Maritze Trigos O.P. Danilo Rueda Iván Forero Mauricio Llantén, S.J.Santafé de Bogotá, 10. Juli 1998

* Quelle: Datenbasis des Projekts Nunca Más, vorläufige Feststellung der Opferzahlen

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz