| Pressemeldung | Nr. 022a

„Kirche am Ball“ – Missionarische Präsenz und pastorale Begleitung der Kirchen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006

Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, beim Pressegespräch zur Fußballweltmeisterschaft in Mainz am 23. Februar 2006

Es gilt das gesprochene Wort!

Vom 9. Juni bis 9. Juli findet in unserem Land die Fußballweltmeisterschaft statt. Das Motto dieser WM lautet „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Von diesem Motto fühlen wir uns auch als Kirche angesprochen: Die katholische Kirche will mithelfen, dass Gastfreundschaft bei diesem Großereignis gelingt. Denn auch wenn bei Gästen und Gastgebern in diesen Wochen klar der Sport im Mittelpunkt steht, kommen doch viele Besucher nicht nur nach Deutschland, um ausschließlich die Fußball-Spiele zu besuchen. Sie wollen das Land, die Kultur und die Menschen in unserem Land kennen lernen.

Die Kirche ist keine Sportorganisation, Sport nicht ihre eigentliche Aufgabe, aber mit verschiedenen Initiativen und Angeboten können wir dazu beitragen, dass die Gastfreundschaft während der Fußballweltmeisterschaft erfahrbar wird.

Besonders hervorheben möchte ich den Beitrag der rund 480 Gemeinden für Katholiken anderer Muttersprache in Deutschland. Die Seelsorger dieser Gemeinden werden während der Fußballweltmeisterschaft den Mannschaften und den ausländischen Fans zur Verfügung stehen. Sie werden sowohl die Mannschaftsquartiere besuchen als auch Kontaktmöglichkeiten in die Gemeinden vermitteln und Besichtigungsprogramme begleiten. Dazu wird Herr Pfarrer Wolfgang Miehle, Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, gleich noch einiges sagen.

Zur Gastfreundschaft gehört aber auch, dass die Kirchen, besonders an den Austragungsorten, noch stärker wirklich „offene Kirchen“ sind als sonst. Sie bieten den Menschen die Gelegenheit zur Besichtigung ihrer Architektur und Kunst. Sie laden aber auch ein, in den Kunstwerken einen Ausdruck des Glaubens der Christen an diesem Ort und in dieser Diözese zu sehen. Dazu werden viele große Kirchen an den Austragungsorten ihr Angebot für Kirchenführungen verstärken, die Mehrsprachigkeit vervielfachen und die Öffnungszeiten ausdehnen. So werden z. B. sicher viele Zuschauer der Fußballspiele in Köln auch den Kölner Dom aufsuchen oder in München den Liebfrauendom.

Offene Kirchen laden die Menschen aber auch zu Ruhe und Besinnung ein. In vielen Innenstadtkirchen werden auch besondere Gottesdienste während der Weltmeisterschaft gefeiert werden. Das kann gerade bei einem so turbulenten Ereignis wie einer Fußballweltmeisterschaft eine bereichernde Kontrasterfahrung sein.

An einigen Austragungsorten werden Feste der Begegnung vorbereitet. Soziale Einrichtungen beider Kirchen werden den Kommunen helfen, sich um akut hilfsbedürftige Menschen zu kümmern.

Einen guten Überblick über die verschiedenen Initiativen und Angebote der katholischen Kirche finden Sie ab heute auf der Internetseite www.kirche-am-ball.de. Hier erhalten Sie zum Beispiel Informationen zu den kirchlichen Aktivitäten an den Austragungsorten, aber auch Nachrichten und Anregungen z. B. von Ordensgemeinschaften, Verbänden und kirchlichen Gruppen. Einzelheiten wird Ihnen Herr Thomas Becker von der Katholischen Sozialethischen Arbeitstelle in Hamm, die diese Seite betreut, nachher erläutern.

Zuvor jedoch einige grundsätzliche Anmerkungen zum Verhältnis von Kirche und Sport sowie zum kirchlichen Engagement bei der Fußballweltmeisterschaft:

Es gibt durchaus gemeinsame Anliegen von Kirche und Sportverbänden: Beide wirken für das Gemeinwohl – vor allem dadurch, dass sie Gemeinschafts- und Gruppenerfahrungen ermöglichen; beiden ist die Integration von Migranten ein Anliegen; beide setzen sich für die Geltung individualethischer Normen ein; beide engagieren sich gegen den Medikamentenmissbrauch, der Sport im Umgang mit dem Dopingproblem, die Kirche zum Beispiel durch ihre Suchtberatung.

Kirche und Sport stehen sich auch nahe im Menschenbild: Beide betonen die prinzipielle Einheit von Leib und Seele, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ohne diese Einheit könnten ethische Fragen nicht die hohe Bedeutung für den Sport haben. Dieses Menschenbild liegt auch zu Grunde, wenn beim Sporttreiben Lebensfreude und Lebensbejahung zum Ausdruck kommen. Und schließlich wissen Sport und Kirche nicht nur um die Steigerungsfähigkeit, sondern auch um die Endlichkeit menschlichen Leistungsvermögens: Grenzen zu akzeptieren und Niederlagen zu ertragen, ohne dass die Lebensfreude Schaden leidet; dazu ist sicherlich der Sport ein wichtiges Übungsfeld.

Bei allen Gemeinsamkeiten darf man die Unterschiede zwischen Kirche und Sport nicht vergessen. Beiden geht es zwar um das Wohl und das Glück des Menschen. Die Kirche stellt dieses Glücksstreben jedoch in einen umfassenderen Zusammenhang. Die tiefsten Sehnsüchte des Menschen nach Glückseligkeit kann nur Gott selbst erfüllen. Freudige Erfahrungen im Sport – wie etwa ein Sieg – stehen diesem Streben nach endgültigem Glück nicht im Wege. Erfahrungen aus der Welt des Sports können durchaus ein Bild des künftigen endgültigen Glückes in der Gemeinschaft mit Gott geben. So ist auch im Neuen Testament der Sport ein Bild für das Bemühen, das den Menschen zu Gott führt. „Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist“, heißt es im Hebräerbrief (12,1). Allerdings darf der Sport nicht an die Stelle der Religion treten und sich selbst zur Religion machen. Es gibt in der Gegenwart Phänomene, die den Sport als Religion und den Fußball als Gott überschätzen. Auch wenn vieles dabei spielerisch und ironisch überzeichnet ist, kann so etwas doch in Aberglauben münden. Indem die Kirche hier auch Kritik übt, schützt sie den Sport vor Übersteigerungen und Ideologisierungen.

Die Kirche will mithelfen, dass Gastfreundschaft gelingt. „Gastfreundschaft" ist ein Motiv, das im Alten und Neuen Testament eine wichtige Rolle spielt. Einerseits ist die Gastfreundschaft ein ethisches Gebot. Dem Fremden soll außerhalb seines kulturellen und sozialen Lebensgefüges Schutz gewährt werden. „Gewährt jederzeit Gastfreundschaft“ heißt es im Römerbrief (12,13b). Dieses Gebot hatte in biblischen Zeiten sicher eine noch höhere Dringlichkeit als heute. Im Römerbrief steht es im Zusammenhang mit der Gastfreundschaft für Verfolgte. Aktuell bleibt es: Diejenigen Menschen, die zur Fußballweltmeisterschaft zu uns kommen, sollen sich bei uns sicher fühlen und Freude erfahren.

Gastfreundlich zu sein ist in der Bibel aber auch ein religiöses Gebot: Nur wer gegenüber dem Fremden gastfreundlich ist, ist offen für die Botschaft, die der Fremde möglicherweise mitbringt. Die Heilige Schrift berichtet von vielen Situationen, in denen Gott durch Fremde zu seinem Volk spricht. Im Brief an die Hebräer heißt es: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht, denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“ (Hebr 13,2)

Schließlich gilt für uns, dass Freunde einander nicht vorenthalten, was ihnen wichtig ist. Bei dieser Weltmeisterschaft darf das wichtigste, was Menschen bewegt, nicht ausgeklammert werden: Die Sehnsucht nach Befreiung von Schuld und Not, von Einsamkeit und Tod. Wohl gemerkt, bei der Fußballweltmeisterschaft handelt es sich um ein sportliches Großereignis. Die Sehnsucht nach endgültigem Glück wird nicht im Mittelpunkt der Ereignisse stehen, kann und darf es auch nicht. Doch bleibt die Religion der große Rahmen, mit dem Menschen ihr Leben deuten, ihr Woher und Wohin bedenken. Diesen Rahmen kann und darf man nicht völlig beiseite schieben – um des Menschen willen.

Am Abend des 9. Juni wird die Weltmeisterschaft im neuen Münchener Stadion feierlich eröffnet, anschließend findet das Eröffnungsspiel statt. An diesem Tag wird um 11.00 Uhr im Münchener Liebfrauendom ein Ökumenischer Gottesdienst gefeiert. Hier wollen wir Gott um ein gutes Gelingen bitten und ihm für die Vielfalt der Kulturen dieser Welt danken, die uns in Gestalt der vielen Gäste während der Weltmeisterschaft besonders präsent sein wird.

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