| Pressemeldung

Katholische Kirche und Zwangsarbeiter

Stellungnahme zur Frage ausländischer Arbeitskräfte in Ettal während des Zweiten Weltkriegs

Die katholische Kirche prüft auf der Ebene der Diözesen, der Orden und des Deutschen Caritasverbandes, inwieweit Zwangsarbeiter auch in kirchlichen Einrichtungen eingesetzt wurden. Auch die öffentlich genannten Fälle sind in diese Prüfung einbezogen. Das Kloster Ettal hat ein erstes Ergebnis vorgelegt (Anlage). In Berlin, wo nach ersten Hinweisen auch katholische Pfarrgemeinden im Zusammenhang mit Friedhofsarbeiten auf Zwangsarbeiter zurückgegriffen haben sollen, werden die Nachforschungen fortgesetzt. Im Leokonvikt in Paderborn sollen, nach Auskunft einer früheren Verwalterin, Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt worden sein. Dieser Vorgang wird von der Erzdiözese Paderborn geprüft.
In zwei weiteren Fällen, einem Franziskanerkloster in Neiße und dem Sankt-Josef Kloster am Ammersee, liegen bisher keine konkreten Ergebnisse vor. Das jetzt auf polnischem Gebiet liegende Kloster in Neiße teilte mit, dass das Kloster gegen Ende des Krieges möglicherweise als Lazarett benutzt wurde und in diesem Zusammenhang eventuell Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Diese Klärung ist noch nicht abgeschlossen.
Die bisher zentral zugänglichen kirchlichen Quellen belegen ein seelsorgliches Bemühen für die Zwangsarbeiter, gaben aber keine Anhaltspunkte für eine Beschäftigung von Zwangsarbeitern im Bereich der katholischen Kirche. Deshalb werden jetzt verstärkt Nachforschungen in den einzelnen Einrichtungen selbst angestellt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Diözesanbischöfe kommen am 28. August zu ihrer routinemäßigen Sitzung des Ständigen Rates zusammen. Sie werden bei dieser Gelegenheit zu den bis dahin vorliegenden Ergebnissen Stellung nehmen.
Die katholische Kirche hat in der Vergangenheit ihre Mitverantwortung für die Geschichte des deutschen Volkes wahrgenommen. So werden seit fast 30 Jahren KZ-Opfer in Mittel- und Osteuropa ohne Rücksicht auf ihre Konfessionszugehörigkeit und Nationalität finanziell und auch durch Hilfsgütertransporte unterstützt. Die Gesamtsumme, die über das Maxmilian-Kolbe-Werk verwaltet wurde, beläuft sich inzwischen auf rund 100 Millionen DM. Davon knapp 27 Millionen DM aus Kirchensteuermitteln und Kollekten.
Stellungnahme zur Frage ausländischer Arbeitskräfte in Ettal während des Zweiten Weltkriegs
Heute gegen 11.00 Uhr erreichte mich durch ddp die Information, dass nach einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor" auch im Kloster Ettal Zwangsarbeiter beschäftigt worden seien. Aufgrund der ddp-Meldung recherchierten wir unverzüglich im Archiv der Klosterverwaltung wie auch im Gemeindearchiv Ettal und können nun ein erstes Ergebnis mitteilen:
In der Ortschaft Ettal waren 13 polnische Arbeitskräfte eingesetzt, davon 4 im Kloster. Ein polnisches Ehepaar hatte seine beiden Kinder hier dabei. 30 Arbeitskräfte stammten aus der UdSSR, wovon 16 im Kloster tätig waren (incl. des Klosterhotels, das für die Kinderlandverschickung herangezogen war, und der vom Staat betriebenen Heimschule). 40 Franzosen waren in Ettal, davon 19 im Kloster. Diese dem Kloster vom 8.7.1940 - 4.7.1943 als Kriegsgefangene zugewiesenen Franzosen übten danach ihren Dienst als bezahlte Zivilarbeiter bis Kriegsende im Kloster aus.
Nach den Unterlagen der Klosterverwaltung Ettal wurden die ausländischen Arbeitskräfte, so auch das polnische Ehepaar Solecki, für ihre Dienste entlohnt - wie auch die deutschen Klosterarbeiter.
Die dem Kloster zugewiesenen ausländischen Hilfskräfte dienten als Ersatz für die in großer Zahl zum Wehrdienst eingezogenen Brüder und weltlichen Mitarbeiter des Klosters. Sie sicherten damit wie auch in den meisten bäuerlichen Betrieben Bayerns die Existenz beispielsweise der Landwirtschaft und der Gärtnerei des Klosters.
Zur selben Zeit fanden auch der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer und der Jesuitenpater Rupert Mayer als Männer des Widerstands gegen das NS-Regime Zuflucht im Kloster Ettal.
Die Benediktinerabtei Ettal wird nach diesen ersten Ansätzen sich nun sorgfältig für eine gründliche Aufklärung der Fragen engagieren, welche die uns im letzten Weltkrieg zugewiesenen ausländischen Arbeitskräfte betreffen. Wir stellen uns unserer Verantwortung vor den uns damals verpflichteten Menschen ebenso wie der Verantwortung vor der Geschichte.
Über die Atmosphäre, die zwischen dem Kloster und ausländischen Hilfskräften herrschte, geben die unveröffentlichten Mitteilungen des damaligen Ettaler Klosterhistorikers, Pater Placidus Glasthaner Aufschluss: "Die ersten Ausländer, die uns verließen, waren die 16 kriegsgefangenen Franzosen, die schon seit längerer Zeit offiziell als ,ausländische Zivilarbeiter' galten und deren Freiheiten genossen. Zur Ehre dieser Franzosen muss gesagt werden, dass sie ihre Gewalt in keiner Weise missbrauchten, sondern sogar scharf gegen Plünderungsversuche einschritten und die Ordnung aufrecht erhielten. Am Tag vor ihrer Abreise verabschiedeten sie sich vom Herrn Abt. Sie wurden zum Abschied noch zum Kaffee in den Lesesaal eingeladen, und man gab ihnen Andenken mit. Jetzt gestanden sie lächelnd auch ihre Diebstähle, die man ohnedies schon bemerkt hatte. In Frieden gingen sie von hier weg, denn sie waren ja froh, dass sie hier sein konnten anstatt im ,Stalag' bei Moosburg!"
für die Benediktinerabtei Ettal:
Pater Maurus Kraß OSB, Prior
19. Juli 2000
Kreisleitung der NSDAP
Garmisch-Partenkirchen
Garmisch-Partenkirchen, den 2. Juni 1943
Zur Kenntnisnahme an:
Landrat
Ortsgruppenleiter
Bürgermeister
Arbeitsamt Weilheim
An die
Betriebsführer, Haushaltsvorstände usw., die Ausländer beschäftigen
Im Kreisgebiet sind Kriegsgefangene und ausländische Arbeitskräfte zur Arbeitsverrichtung eingesetzt. Im großen und ganzen sind sie willig und brauchbar. Stellenweise ist jedoch zu beobachten, daß ihnen gegenüber von seiten der deutschen Volksgenossen nicht der nötige Abstand gewahrt wird und es oft am richtigen Auftreten den Ausländern gegenüber fehlt. Die Partei wird in vermehrtem Maße hier Erziehungsarbeit leisten. Es ist jedoch auch notwendig, daß sich die Betriebsführer und all die, die Gefangene und ausländische Arbeitskräfte beschäftigen, ihre Betriebsangehörigen wiederholt darauf aufmerksam machen, daß wir es dem Ansehen unseres Reiches und unserer Ehre schuldig sind, Gefangene und ausländische Arbeiter nicht als gleichwertig, sondern nur als Hilfskräfte zu werten. Einem herausforderndem Auftreten ist in gebührender Form entgegenzutreten. Von Gefangenen darf in keiner Weise Arbeitsdrückerei geduldet werden. Wer seine Arbeit vollwertig erfüllt, der soll dafür sein Essen und seinen Lohn haben, darüber hinaus sind wir zu gar nichts diesen Leuten gegenüber verpflichtet. Es mehren sich die Fälle von Morden ausländischer Arbeitskräfte an deutschen Volksgenossen. Das nur deshalb, weil wir ihnen gegenüber zu flau und zu wenig wachsam sind. Ausländer sind in jeder Weise zu überwachen und keinesfalls kann geduldet werden, daß den Ausländern Spielraum gegeben wird, den sie dazu nützen, sich Dinge anzumaßen, die nur Volksgenossen zustehen. Es ist in jedem Falle ein Eintreffen ausländischer Arbeiter um 20 Uhr in den Unterkünften und Quartieren zu verlangen. Gebt in den Betrieben darauf obacht, daß jede Werkspionage unmöglich ist. Wir haben nicht zu vergessen, daß die Gefangenen vordem mit der Waffe in der Hand unseren Soldaten, als Feinde gegenüberstanden.
Betriebsführer und Volksgenossen, die sich eines unwürdigen Verhaltens gegenüber Ausländern zuschulden kommen lassen, wird die Kreisleitung zur Verantwortung ziehen.
Heil Hitler!
Der Kreisleiter: Schiede

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