| Pressemeldung | Nr. 150

Kardinal Marx in Madrid bei den Zweiten Katholischen Sozialtagen für Europa

„Ein soziales Europa?“

Zum Auftakt der Zweiten Katholischen Sozialtage für Europa hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (ComECE), Kardinal Reinhard Marx, heute in Madrid ein sozialeres Europa gefordert. In seinem Eröffnungsvortrag für den Kongress erinnerte Kardinal Marx an die historischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts und gleichzeitig an die aktuellen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten: „Durch die Globalisierung sind die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in den verschiedenen Teilen der Welt noch näher an uns herangerückt. Diese Entwicklungen stellen uns auch immer wieder die Frage, wer wir als Europäer eigentlich sind, wie wir leben wollen und welches Selbstverständnis wir in der Welt einbringen möchten.“ Umso mehr müsse gefragt werden, welche Gestalt in dieser sich verändernden Welt ein soziales Europa haben solle.

„Wir erleben schon heute, dass die Menschen den staatlichen Rahmen als Hort der sozialen Absicherung empfinden. Während man also soziale Sicherheit mit dem Nationalstaat verbindet, wird Europa als Ursache für den Verlust des Sozialen ausgemacht. Dies führt sicherlich nicht dazu, dass die Menschen eine stärkere Identität als Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union ausprägen“, so Kardinal Marx. Innerhalb der europäischen Politik ließen sich Wirtschaft und Soziales nicht leicht trennen. Das gelte erst recht in der Wirtschafts- und Währungsunion mit ihren weitreichenden Verschränkungen, deren Ausmaß viele erst in der Krise wahrgenommen hätten. Kardinal Marx hob hervor: „Dass sich Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht voneinander trennen lassen, entspricht auch meinem Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, deren Konzeption mit den Werten und Zielen der Katholischen Soziallehre korreliert: Es handelt sich dabei um ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das die Freiheit auf dem Markt mit dem Prinzip der Gerechtigkeit verbindet. Dazu schafft sie einerseits den Rahmen für einen fairen Wettbewerb und nutzt somit die Vorteile des Marktes und sorgt andererseits für einen sozialen Ausgleich. In einem politisch verschränkten System verschiedener Ebenen können diese Aufgaben nicht losgelöst voneinander unterschiedlichen Ebenen zugeordnet sein. Vielmehr muss bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen das Soziale immer mitbedacht werden.“ Dabei müsse sich eine soziale Marktwirtschaft auf europäischer Ebene auch weiterhin an der Wettbewerbsfähigkeit orientieren: „Aber der Markt braucht klare Regeln, die wiederum politisch gesetzt werden müssen. Deshalb muss Ordnungspolitik die Grundlage eines sozialen Europas sein.“ Neben die Ordnungspolitik trete in einer sozialen Marktwirtschaft auch die Sozialpolitik: „Anhand der Prinzipien von Solidarität und Subsidiarität muss ein gerechter Ausgleich geschaffen werden. Arbeitnehmer brauchen sozialen Schutz, die Jugend braucht Bildung und Ausbildung, die Familie als Keimzelle der Gesellschaft braucht Wertschätzung und Förderung“, so Kardinal Marx. Mit Blick auf ein soziales Europa stelle man heute fest,  dass vor allem die Länder der Eurozone ein hohes Maß an wechselseitiger Verantwortung übernommen hätten: „Sie haben eine Solidaritätsgemeinschaft gebildet, und wir realisieren immer stärker, dass diese Solidarität auch eine Verantwortungsgemeinschaft impliziert.“ Aktuell gebe es vor allem fünf soziale Herausforderungen, mit denen sich Gesellschaft und Kirche in Europa noch stärker auseinandersetzen müssen: die Jugendarbeitslosigkeit, die derzeitige europäische Krise, der demographische Wandel, Migration und Menschenhandel.

Für ein soziales Europa stehe auch die Kirche ein, so Kardinal Marx. Sie habe zwar keine technischen Lösungen anzubieten, aber sie nehme an den Sorgen und Nöten der Menschen teil, denn sie sei in diese Welt hinein gestellt: „Die Kirche kann mit ihrer Soziallehre eine Richtschnur anbieten, um eine gerechte Gesellschaft zu bauen.“ Bei ihr gehe es um ein „ganzheitliches Konzept, das den Menschen und seine Würde im Auge hat und ihn nicht instrumentalisiert. Eine Orientierung an ihren Prinzipien Personalität, Solidarität und Subsidiarität ermöglicht den Aufbau einer Gesellschaftsordnung, die sich nicht einseitig an wirtschaftlichen Fragen orientiert, sondern von der Person ausgeht“, so Kardinal Marx. Er ermutigte insbesondere die katholischen Laien, sich verstärkt in die europäische Politik einzubringen und die Soziallehre der Kirche im politischen Raum zu verbreiten und zu vertreten: „Die Wirksamkeit der Soziallehre der Kirche hängt vor allem auch davon ab, ob sich Christen finden, die sich für das Gemeinwesen Europa engagieren und christlich-soziale Politik betreiben. Die europaweite Vernetzung katholischer Laien in der Politik ist sicherlich ein Bereich, in dem wir uns als Kirche stärker engagieren müssen“, hob Kardinal Marx hervor. Europa bleibe immer ein „Projekt des Friedens, der Freiheit und der Versöhnung – auch und gerade in den außenpolitisch schwierigen Zeiten des Jahres 2014. Die soziale Dimension Europas ist ein wichtiger Beitrag, Lehren aus der Geschichte zu ziehen und dieses europäische Einigungsprojekt zu vertiefen.“

Hinweis:
Der Vortrag von Kardinal Reinhard Marx finden Sie untenstehend zum Herunterladen.  
Informationen und weitere Redebeiträge der Zweiten Katholischen Sozialtage für Europa finden Sie unter www.catholicdays.eu.

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