| Pressemeldung | Nr. 056 - Anlage 2

Kardinal Karl Lehmann weiht neues Dienstgebäude des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn ein

Ansprache des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Karl Lehmann

Die Kirche lebt vor allem in kleinen Gemeinschaften, Pfarrgemeinden und Bistümern. Aber sie wäre nicht Kirche, wenn sich diese Einheiten nicht aufeinander öffnen und miteinander zusammenarbeiten würden. Deshalb gibt es schon von früher Zeit an den Austausch von Hilfen und mannigfacher Unterstützung.
Es war auch notwendig, vieles miteinander und aufeinander abzustimmen, um eine sichtbare Einheit unter den Kirchen zu gewährleisten. Dies gilt z. B. auch für die Überprüfung der hl. Schriften, die im Gottesdienst verwendet wurden. Kirche war so immer schon eine "Gemeinschaft der Gemeinschaften". Schon relativ früh war das Bischofsamt die Öffnung, gleichsam die Türangel und das Scharnier hin zu Nachbarkirchen. So hat man sich besucht; bei den Bischofsweihen war ein Nachbarbischof dabei; man hat gemeinsame Beratungen durchgeführt und Vorgehensweisen festgelegt, z. B. in den verschiedenen Synoden. Es waren vor allem die Zusammenkünfte der Bischöfe der Kirchenprovinzen oder auch eines Landes.
An dieser Stelle sind die Bischofskonferenzen anzusiedeln, die seit dem 19. Jahrhundert vor allem die so genannten Provinzialsynoden langsam ersetzt und fast abgelöst haben. Dies geschah vor allem in Mitteleuropa. Regelmäßige Konferenzen wurden seit 1830 erstmals in unserer belgischen Nachbarkirche praktiziert, 1848 im Zusammenhang der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche bei uns in Deutschland und in der selben Zeit auch in Österreich. Diese regelmäßige Beratung ist vor allem wichtig geworden, um bei den großen Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen und einen größeren Handlungsspielraum zu bilden. Im Laufe der Zeit wurden mehr und mehr auch pastorale Grundfragen erörtert. Seit 1867 trafen sich die deutschen Bischöfe ziemlich regelmäßig in der so genannten Fuldaer Bischofskonferenz.
Erst das Zweite Vatikanische Konzil und die anschließende Gesetzgebung (vgl. auch Can. 447-459 CIC) schufen die Bischofskonferenz als dauerhafte Einrichtung. So heißt es in der Kirchenkonstitution: "In ähnlicher Weise (wie die schon genannten Strukturen) können in unserer Zeit die Bischofskonferenzen vielfältige und fruchtbare Hilfe leisten um die kollegiale Gesinnung zu konkreter Verwirklichung zu führen." (LG 23). Das Konzil machte nähere Ausführungen (vgl. CD 36/38), die später in einem Dokument, dem Motu proprio "Apostolos suos" vom 21. Mai 1998 ergänzt wurden. So bekam auch die Deutsche Bischofskonferenz am letzten Tag des Konzils, nämlich am 8. Dezember 1965, eine formelle, verbindliche und dauerhafte Struktur. Der Erzbischof von München und Freising, Julius Kardinal Döpfner, löste am selben Tag auch den hochbetagten Erzbischof von Köln, Josef Kardinal Frings, als Vorsitzenden ab.
Damit war es auch notwendig, die Struktur der Aufgaben in der Bischofskonferenz neu zu ordnen und auch angesichts der erweiterten Aufgaben wirksamer zu gestalten. So wurden bis zu diesem Zeitpunkt diese Funktionen, die heute ein Sekretariat ausübt, weitgehend vom Generalvikariat bzw. Ordinariat des jeweiligen Vorsitzenden übernommen. Nun gab es natürlich schon länger einzelne Arbeitsstellen der deutschen Bischöfe, wie z. B. für die Jugendseelsorge, die Ökumene und die Heimatvertriebenen, aber auch Einrichtungen wie das Liturgische Institut in Trier. Um den Zusammenschluss dieser einzelnen Stellen in Richtung eines gemeinsam geführten Sekretariates voranzutreiben, wurde der spätere Augsburger Pastoraltheologe Dr. Karl Forster im Jahr 1966 der erste Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz. Das Sekretariat war in dieser Zeit, freilich in sehr bescheidenen Dimensionen, in München angesiedelt.
Ein weiterer entscheidender Schritt erfolgte ab dem Jahr 1971, als der spätere Hildesheimer Bischof Dr. Josef Homeyer Nachfolger von Prälat Karl Forster wurde und das Sekretariat im Jahr 1973 hierher nach Bonn in die Beringstraße verlegt wurde. Josef Homeyer, der bis zu seiner Ernennung zum Bischof von Hildesheim im Jahre 1983, also fast zwölf Jahre, Sekretär der Bischofskonferenz blieb, hat mit großer Intensität das Zusammenwachsen der verschiedenen Arbeitsstellen forciert und eine einheitliche Struktur geschaffen. Auf dieser Zusammenführung beruht noch heute weitgehend das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Die Sekretäre Prälat Wilhelm Schätzler (1983 - 1996) und Pater Dr. Hans Langendörfer SJ (seit 1996) haben konsequent auf diesem Fundament weiter auf- und ausgebaut.
Erwähnenswert ist hier auch die Schaffung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) im Jahr 1968. Dieser Verband nimmt überdiözesane Aufgaben der Deutschen Bischofskonferenz im rechtlichen und wirtschaftlichen Bereich wahr: als Rechtsträger von Dienststellen und Einrichtungen sowie Anstellungen; hier geht es um die Koordination wirtschaftlicher und rechtlicher Fragen (Staatskirchenrecht, Steuerrecht, Arbeitsrecht, kirchlicher Datenschutz usw.). Von allen Diözesen werden Finanzmittel für überdiözesane Aufgaben bereitgestellt, sodass der Haushalt des VDD in der Höhe dem Aufkommen einer mittleren Diözese entspricht, z. Zt. ca. 160 Mio Euro. Hier erfolgt auch eine erhebliche Kooperation zwischen den einzelnen Diözesen und in internationaler Hinsicht. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz ist der jeweilige Geschäftsführer des VDD.
Eine ähnliche Ausgliederung bestimmter Aufgaben erfolgte auf freilich andere Weise schon wesentlich früher, nämlich in der 1951 erfolgten Einrichtung eines so genannten Katholischen Büros, das heute auf Bundesebene und jeweils auch in den einzelnen Bundesländern die Aufgabe übernimmt, Verbindungsstelle der deutschen Bischöfe zu politisch maßgeblichen Personen und Einrichtungen zu sein. Hier werden die politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen beobachtet sowie Gesetzgebungsvorhaben und politische Entscheidungen begleitet. Zugleich übernimmt das Katholische Büro - früher in Bonn, heute in Berlin - die Aufgabe der Vertretung der Kirche im Blick auf die Großorganisationen, wie z. B. Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Handwerk, Sportverbände usw. Zugleich werden hier die Gespräche mit der Bundesregierung vorbereitet. Wichtig sind die Kontakte auf der Arbeitsebene.
Inzwischen war es notwendig, ein größeres Gebäude zu beziehen. Dies erfolgte vor bald 30 Jahren als die Bischofskonferenz hier in der Kaiserstraße das frühere Polizeipräsidium erwerben konnte. Aber auch hier war es notwendig, allmählich nach einer verlängerten Gründungsphase eine gezielte Neuorganisation zu entwerfen und so den bisherigen Erfahrungen und notwendigen Korrekturen sowie neuen Bedürfnissen gerecht zu werden. In längerer und mühsamer Arbeit hat die Bischofskonferenz 2001 eine Neuordnung des Sekretariats beschlossen, nachdem diese in Zusammenarbeit mit McKinsey & Company erarbeitet worden war. Ich komme später auf die Folgen für die heutige Struktur zurück.
In der Zwischenzeit gab es aber noch weitere Entwicklungen. Im Gefolge der deutschen Einheit schlossen sich 1990 die Deutsche und die Berliner Bischofskonferenz zusammen. Mit der Verlegung des politischen Zentrums nach Berlin tauchte die Frage auf, ob auch das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz nach Berlin umziehen sollte. Die Bischofskonferenz entschied, Bonn als Standort beizubehalten. Die Wahl für Bonn als Standort des Sekretariates der Deutschen Bischofskonferenz war zu Beginn der siebziger Jahre auch nicht maßgeblich nur deshalb gefallen, weil Bonn damals Sitz der Bundesregierung war. Es gab hier eben schlicht ein günstigeres Bürogebäude.
Mit dieser - übrigens äußerst knappen - Entscheidung für Bonn im Herbst 2000 tauchte aber ein neues Problem auf. Denn das Gebäude an der Kaiserstraße entsprach in vielen Bereichen schon seit einiger Zeit nicht mehr allen rechtlichen Auflagen und Anforderungen des modernen Büroalltags. Angesichts gravierender Schäden konnten wir diesen Bau auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mehr länger zumuten. Bald fiel die Entscheidung für einen Neubau. Er wies entscheidende Vorteile gegenüber einer vollständigen Renovierung des bisherigen Gebäudes auf. Die Planungen gingen nach der grundsätzlichen Entscheidung rasch vorwärts. Den Architektenwettbewerb gewannen die Architekten Roland Effgen und Hans-Dieter Kissler aus Wiesbaden. Wir wurden im gesamten Prozess durch das Münchener Beratungsunternehmen "congena" wirksam unterstützt. Nun sind wir am Ende einer dreijährigen Baugeschichte. Wie schon der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz bei der Begrüßung sagte, so darf ich - ohne dabei in Wiederholungen zu verfallen - allen Beteiligten, ganz besonders aber auch den belästigten Nachbarn ein herzliches Danke sagen.
Wenn Sie sich heute fragen, was wir im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz tun und wie wir dabei strukturiert sind, so darf ich Ihnen in der gebotenen Kürze die Grundlinien nach unserer Neuorganisation vorstellen. Wir haben zunächst vier große Bereiche, die umfassen: Glaube und Bildung (Theologie, Ökumene, Erziehung/Schule, Wissenschaft/Kultur, in etwas anderer Zuordnung auch die Liturgie), Pastoral (Seelsorge, Geistliche Berufe, Ehe und Familie, Jugendpastoral), Kirche und Gesellschaft (Gesellschaftliche und Soziale Fragen, Medien, Caritas), Weltkirche und Migration (Weltkirche, Migration, Sorge für die Seelsorge von Katholiken anderer Muttersprache in unserem Land und für die deutschen Katholiken im Ausland, Kommission: Justitia et Pax). Natürlich hat auch schon die erwähnte Geschäftsstelle des Verbandes der Diözesen Deutschlands hier ihren Platz, ebenso die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für alle Bereiche. Die wichtigen zentralen Dienste, die allen zu Gute kommen, möchte ich nicht vergessen. Geleitet wird das Sekretariat (mit der Geschäftsstelle des VDD) vom Sekretär und seinem Stellvertreter, für den VDD unterstützt von einem Stellvertreter des Geschäftsführers.
Hinzu kommen Arbeitsstellen z. B. für die Frauen- und Männerseelsorge, für die Jugendpastoral usw., die den Bereichen und Kommissionen zugeordnet sind. Die vierzehn Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz und zahlreiche andere Gremien der Bischofskonferenz und des Verbandes der Diözesen Deutschlands werden von hier aus betreut. Unsere ca. 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auch viel zu tun mit Kontakten zu unseren Nachbarkirchen, zur Ökumene, nach Rom als Zentrum der Weltkirche, zu den Europäischen und weltweiten Organisationen, nicht zuletzt auch zu den Bischöflichen Werken, wenn ich hier einmal Caritas, Adveniat, Misereor, Missio, Renovabis und auch die "Sternsinger" sowie das Missionswerk der Frauen gemeinsam nennen darf. Dabei möchte ich die Kooperation mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, den Ordensgemeinschaften und vielen Verbänden nicht vergessen.
Wir haben zu Beginn gesagt, dass die Kirche vor allem in den kleinen Gemeinschaften, in den Pfarrgemeinden und in den Bistümern lebt. Aber gerade heute bedarf es bei der hohen Arbeitsteilung und Differenzierung immer wieder der Koordination und der Kooperation. Sonst kann die Kirche in einer modernen Gesellschaft kaum wirksam präsent sein. Das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz ist mit den anderen genannten Institutionen eine große Hilfe, dass aus den vielen Aktivitäten und Entwicklungen, Besonderheiten und Eigenheiten ein tatkräftiges, aktionsbereites Netzwerk entsteht, das besonders heute für das Zeugnis der Kirche in der Gesellschaft unentbehrlich ist.
Ich freue mich, dass wir mit diesem Neubau ein wichtiges Ziel erreicht haben. Ich danke ganz besonders Pater Dr. Hans Langendörfer SJ, Herrn Dr. Hans Wendtner und nicht zuletzt Herrn Theo Grewenig für die intensive Wahrnehmung der Verantwortung für den Bau, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Bereitschaft zu zwei Umzügen. Ich wünsche Ihnen allen im Namen der deutschen Bischöfe und ganz besonders auch persönlich in Gottes Segen ein gutes Gelingen unserer vielen Aufgaben: zur Ehre Gottes und zum Wohl und Heil der Menschen.

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