| Pressemeldung | Nr. 104

Heiliger Mut zur Erneuerung

Begrüßung und Hinführung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, beim Ökumenischen Gottesdienst zur Konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. Oktober 2005 in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Der Friede sei mit Euch!

Herr Bundespräsident, Herr Bundestagspräsident, Herr Bundeskanzler mit den Mitgliedern der Bundesregierung, Herr Bundesratspräsident, Herr Bundesverfassungsgerichtspräsident! Verehrte Damen und Herren, besonders die Abgeordneten des neu gewählten Deutschen Bundestages, Frau Dr. Merkel, Herr Glos!

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Mit dem Friedensgruß des auferstandenen Herrn darf ich Sie, zugleich im Namen des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Prof. Dr. Wolfgang Huber, und aller, die diesen Gottesdienst mitgestalten, besonders Frau Bischöfin Rosemarie Wenner und den Herren Prälaten Stephan Reimers und Dr. Karl Jüsten, sehr herzlich begrüßen. Es ist uns dabei eine besondere Freude, dass Sie, verehrter Herr Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler, durch Ihre Anwesenheit und Mitfeier einen unübersehbaren Akzent setzen. Ich begrüße namentlich auch den Herrn Bundestagspräsidenten, den Herrn Bundeskanzler und die Damen und Herren der Bundesregierung, den Bundesratspräsidenten und den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes.

In diesem Gottesdienst wollen wir Ihnen allen auch ein herzliches Vergelt´s Gott sagen für die unzähligen Anstrengungen, die Sie alle in den letzten Jahren innerhalb und außerhalb unseres Landes um der Menschen willen, besonders auch der Armen und Schwachen, gemacht haben. Nur Gott kennt alle Mühen wirklich; er sieht in unser Herz und kennt den Menschen. Und bei ihm gilt auch all das, was wir besten Willens versucht haben, aber – menschlich gesprochen – gescheitert ist. Ihm dürfen wir in allem unsere ganze Geschichte übergeben und bei aller Unruhe dennoch gelassen bleiben, weil wir um seine Gerechtigkeit und Barmherzigkeit wissen.

Wir wollen vor der Konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages miteinander beten, eingedenk des Aufrufes des Apostels im ersten Brief an Timotheus: „Vor allem fordere ich zu Bitten und Gebeten, zu Fürbitte und Danksagung auf, und zwar für alle Menschen, für die Herrscher und für alle, die Macht ausüben, damit wir in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können.“ (2,1f.)

Wir beten nicht nur und zuerst „für alle, die Macht ausüben“, weil diese Macht und vor allem das Streben nach ihr uns zu allerhand verführen können, selbst wenn die Ausübung von Macht zur verbindlichen Ordnung und Gestaltung unseres Gemeinwesens von Hause aus gut ist. In diesen Zeiten jedoch geht es besonders auch darum, dass wir die großen Wandlungen und Herausforderungen mutig wahrnehmen, die uns schon seit einiger Zeit grundlegend gestellt sind und mit deren Erneuerung wir uns so schwer tun. Deshalb dürfen wir vor allem auch den Kairos, die uns geschenkte Zeit und vor allem die rechte Zeit, nicht verpassen. Wir stehen dabei nicht nur vor Entwicklungen in unserem Land, sondern müssen vor allem auch die fundamentalen Verschiebungen im globalen Gefüge von Völkern und Volkswirtschaften im Auge behalten.

Wir suchen dabei zuerst nach grundlegenden Orientierungen, die uns leiten. Das Wortfeld „Wert und Werte“ wird geradezu inflationär dafür in Anspruch genommen, dabei freilich auch verbraucht. Gewiss müssen wir unsere außerordentlich verschiedenen Maßstäbe menschlichen Zusammenlebens im Dialog und Diskurs, und vielleicht auch im Streit, auf jeden Fall mit Rücksicht und Toleranz zur Geltung bringen. Die geistigen und ethischen Grundentscheidungen müssen uns am Ende leiten, nicht die von außen kommenden Zwänge allein. In unseren Tagen wird aber weltweit die Frage immer drängender, woher diese Maßstäbe kommen und wie gerade die höchsten „Werte“ verbindlich bleiben können. Der Zweifel wächst, ob denn die säkularen Normen für sich allein ausreichen. Die Bedenken verstärken sich, wenn wir inmitten von Gewalttaten, Ungerechtigkeit und Katastrophen nach den wahren Garanten für eine friedvolle menschheitliche Lebensordnung suchen. Als Christen sind wir – im Gespräch mit dem Judentum und dem Islam, aber auch mit Anhängern anderer Religionen - der festen Überzeugung, dass nur Gott selbst der letzte Hüter unserer „Werte“ und am Ende auch der einzige Retter aus aller Not ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Sinne wollen wir gemeinsam um das Geschenk dieser starken Impulse von Gott selbst her miteinander beten, „damit wir  – wie der Paulus der Pastoralbriefe sagt – in aller Frömmigkeit und Rechtschaffenheit ungestört und ruhig leben können“ – gegen alle Ermüdungserscheinungen und den Zerfall des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wir bitten um das Erbarmen Gottes und seinen starken Geist. Amen.

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