| Pressemeldung | Nr. PRD 034a

Grußwort des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann (Mainz), für den Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der Sendung "Das Wort zum Sonntag" am 6. Mai 2004 in Hamburg (Norddeutscher Rundfunk)

ES GILT DAS GESPROCHENE WORT

Sehr geehrter Herr Intendant Plog,
sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrter Herr Professor Stolte,
verehrte Festversammlung,
meine Damen und Herren,

"Humor ist eine Eigenart der Religion. Nur wer über den Dingen steht, kann über sie lachen." Der Satz aus einer Folge der beliebten Pater-Brown-Filme mit Heinz Rühmann mag Ansporn sein, wenn wir heute das 50-jährige Bestehen einer Sendung in den Blick nehmen, die wie kaum eine andere seriöse Sendung auch Thema von Karikaturisten und Parodien war. Wenn wir heute also in froher Atmosphäre - und gelegentlich auch mit einem Augenzwinkern - "Das Wort zum Sonntag" ehren, dann tun wir das in dem Bewusstsein, dass nur über solche Themen, Personen und Sendungen eine gute Parodie erstellt werden kann, die auch durch ihre Bekanntheit und Profilierung Maßstäbe setzen. Das Wort zum Sonntag eckt an. Es hat Ecken und Kanten. Setzt Marken. Es kommt nicht aalglatt daher, nicht angepasst und dem Zeitgeist nacheifernd. Es hat Profil. Und das ist gut so.

"Ob die ARD sich und den beiden Kirchen 'Das Wort zum Sonntag' heute noch erlauben würde - Stichwort 'Kopftuchstreit' -, erscheint fraglich", schreibt der Chef der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen, der Theologe Dr. Norbert Schneider, in seiner Betrachtung zum Jubiläum dieser Tage im Focus vom 3. Mai. Es gibt kaum eine Zeitung, kaum eine Zeitschrift und kaum eine Sendung, die nicht zum 50-jährigen Bestehen dieser kirchlichen Sendereihe kommentiert, bisweilen bissig, manchmal spöttisch, aber auch anerkennend und achtungsvoll. Und wirklich: Es ist keine Liebesheirat gewesen, deren Goldjubiläum wir jetzt feiern. Die gesetzliche Grundlage hat die beiden Partner zusammengeführt. Aber entgegen mancher so genannter Liebesheirat im zwischenmenschlichen Bereich hat diese Verbindung zwischen Kirche und Medium Bestand: Das Wort zum Sonntag ist die zweitälteste Sendung des deutschen Fernsehens nach der Tagesschau. Der Bekanntheitsgrad liegt seit Jahren weit über dem von schnelllebigen und scheinbar tagesaktuellen Projekten und Sendungen. Mehr als 300 Sprecherinnen und Sprecher gaben dem Wort Profil - vom Papst angefangen bis zu Pfarrerinnen und Pfarrern, Professoren, Ordenschristen und vielen Laien, die mit ihrem Namen, ihrem Gesicht eintreten und ihrer Stimme etwas zu sagen haben, was über die Vergänglichkeit des Moments hinaus Bedeutung hat. Das Wort zum Sonntag ist zum Markenzeichen geworden, andere sprechen geradezu von "Kult". "Das Wort zum Sonntag" ist nicht nur ein wichtiges Aushängeschild der Kirchen, sondern für viele "treue kirchenferne" Zuschauer auch ein niederschwelliges Angebot. Wir wissen um die Herausforderungen und die Chancen dieser Sendung. Wir wissen aber auch um ihre Grenzen.

Gleichsam "eingepackt" zwischen den Tagesthemen und dem Spätfilm am Samstagabend erreicht das Wort zum Sonntag durchschnittlich zwei Millionen Zuschauer. Untersuchungen zeigen, dass es manchem Spott zum Trotz nicht zu einem schlagartigen geistigen oder tatsächlichen Abschalten führt, wenn Frauen und Männer der Kirche in viereinhalb Minuten im Mediendschungel zum Wanderprediger werden. Das Wort zum Sonntag kann gerade dadurch, dass es manchem als quer und unbequem erscheint, zu einer Marke werden, die die Ohren, Augen und Herzen der Menschen erreicht. Dazu ist es wichtig, dass das Wort sein unverwechselbares Profil behält. Nur so bleibt es auch unersetzlich.

Wer es wagt, an die "Hecken und Zäune" der Gesellschaft zu gehen, wer es wagt, sich inmit-ten einer nicht selten banalen und brüchigen medialen Wirklichkeitskonstruktion, für die das Fernsehen auch steht, Samstag für Samstag neu zu beweisen, darf nicht darüber erstaunt sein, dass ihn nicht immer ungeteilte Zustimmung erreicht. Theologische Binnensprache ist da ebenso fehl am Platz wie ein effektheischendes Anpassen und Gleich-Tun-Wollen. Gott ist kein Gottschalk. Die Sprecherinnen und Sprecher sind es auch nicht. Müssen sie auch nicht sein. Es sei mir - zumal bei einem ökumenischen Musterprojekt wie dem Wort zum Sonntag - gestattet, ein Wort Martin Luthers aufzugreifen: Der Prediger, die Predigerin muss "dem Volk auf's Maul schauen". Er und sie müssen wissen, was die Zeichen der Zeit sind, nicht von oben herab abkanzeln, sondern als Stimme aus dem Volk für die Menschen. Dem "Volk auf's Maul schauen". Das ist freilich etwas anderes, als ihm nach dem Mund zu reden.

Gerade in den letzten Jahren hat sich "Das Wort zum Sonntag" spürbar darum bemüht, weder mit seinem Erscheinungsbild noch mit seinen Themen und Inhalten in künstliche Paradiese zu flüchten. Ebenso wenig kann "Das Wort zum Sonntag" von seinem Selbstverständnis her nur auf den Bereich des Religiösen beschränkt bleiben. Es wird die Fragen und das Rufen der Menschen nicht nur aufnehmen und wach halten müssen, sondern immer auch in ihrer sozialen Dimension verdeutlichen. Gottes Wort hat Relevanz in unserer Zeit. Die Zeichen der Zeit zu erkennen und aus dem Glauben zu deuten, bleibt Aufgabe der christlichen Verkündigung in den Medien, gerade auch beim Wort zum Sonntag.

Ihnen, verehrter Herr Intendant Plog, danke ich in Stellvertretung der ganzen ARD für die verlässliche Partnerschaft über fünf Jahrzehnte, die Voraussetzung für diese "heilige Allianz" des Wortes zum Sonntag war. Die Zuschauer mögen es Ihnen lohnen.

Sehr herzlich danke ich Ihnen, verehrter Herr Professor Stolte, dass Sie sich bereit erklärt haben, die Laudatio zu einer Sendung zu halten, die Sie selbst in dieser oder vergleichbarer Form nie im Programm des Zweiten Deutschen Fernsehens hatten - gerade deswegen eine noble Geste.

Mein Dank gilt weiterhin den kirchlichen Beauftragten und den verantwortlichen Redakteuren in den jeweiligen Landesrundfunkanstalten, ohne deren Engagement "Das Wort zum Sonntag" sich auch künftig nicht weiterentwickeln kann. Zugleich danke ich Herrn Dr. David Hober, Pfarrer Bernd Merz und Herrn Fernsehdirektor Bernhard Nellessen sowie allen Autoren für "Ungehaltene Worte zum Sonntag".

Besonders herzlich danke ich natürlich den Protagonisten, die dieser Sendung Gesicht und Kontur verliehen haben: den Sprecherinnen und Sprechern, von denen viele aus den vergangenen Jahren heute mit uns diesen Geburtstag feiern. Sie stehen mit ihrem Gesicht, Ihrer Person im Rampenlicht - für die Kirche und für das Evangelium, sie halten wörtlich "den Kopf hin", auch in schwierigen Zeiten. Dabei ist klar: "Wir verkündigen ja nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn." (2 Kor 4,5) Auf ihn sind wir verwiesen, seine frohmachende Botschaft geben wir als Werkzeuge weiter - für die Menschen von heute.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Glaubwürdigkeit und Legitimität des "Wortes zum Sonntag" innerhalb unserer Mediengesellschaft wird sich auch weiterhin nur in dem Maße einstellen, wie es gelingt, im Sprechen von Gott und der Welt die endzeitlich-absolute Zukunft vom Reich Gottes als eine Zukunft und Bestimmung der Menschen hier und heute glaubwürdig auszusprechen. Mit dieser Hoffnung möchte ich meinen Dank und meinen Glückwunsch für "Das Wort zum Sonntag" verbinden.


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