| Pressemeldung | Nr. 132a

Grußwort des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch

anlässlich der Zweiten Tagung der 11. Synode der EKD am 25. Oktober 2009 in Ulm

Sehr geehrte Präses der Synode Frau Göring-Eckardt,
sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Bischof Huber,
verehrte Synodale,
sehr geehrte Anwesende!

Es ist für mich weit mehr als ein bewährter und guter ökumenischen Brauch, dass zu Beginn jeder Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ein Vertreter unserer Bischofskonferenz ein Grußwort spricht. Es ist Ausdruck und Zeichen der ökumenischen Verbundenheit, für die ich dankbar bin. Diese 2. Tagung der 11. Synode der EKD ist eine besondere: Sie wird nicht nur von den Gläubigen der evangelischen Gliedkirchen, sondern auch von uns Katholiken und der breiten Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgt, denn Sie entscheiden über den neuen Rat und seinen Vorsitz. Umso mehr ist es mir als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz eine Ehre und willkommene Gelegenheit, heute bei Ihnen zu sein und zu Ihnen zu sprechen.

Ein solcher Wechsel in der Verantwortung lädt ein, zu einer Standort¬bestimmung, zum Rückblick und Ausblick. Gerne nehme ich deshalb die Gelegenheit zum Anlass, um all denen aufrichtig zu danken, die in der vergangenen Wahlperiode als Ratsmitglieder Verantwortung getragen und die Arbeit des Rates geprägt haben. Ich danke für den Einsatz der zurückliegenden Jahre und für alle ökumenische Verbundenheit, die die katholische Kirche in dieser Zeit erfahren hat. Ich wünsche Ihnen alles Gute und Gottes Geleit, wohin auch immer Ihr Weg Sie führen wird. In besonderer Weise gilt mein Dankeswort Ihnen, verehrter Herr Ratsvorsitzender, Bischof Huber. Sie haben in den zurückliegenden Jahren in einer Zeit des Umbruchs wegweisende Impulse eingebracht. Sie hatten den Mut, aktuelle Probleme anzugehen, aber auch mittel- und langfristig wirksame Anstöße zum Umbau der evangelischen Kirche zu geben – im Wissen, dass jede tragfähige Erneuerung von innen kommen muss. Ihr scharfer Verstand als theologischer Denker, Ihr klares Profil, das Sie mit Zugewandtheit und Konzilianz zu verbinden wissen, und Ihr überzeugendes Auftreten haben Sie zum Gesicht, zum Profil der Evangelischen Kirche in Deutschland werden lassen.

Bei all dem haben Sie, verehrter Herr Bischof Huber, immer deutlich gemacht, dass Ihnen am ökumenischen Dialog gelegen ist. Das schätze ich sehr. Denn es ist mir wichtig, dass das ökumenische Bemühen in Deutschland verlässlich bleibt. In Ihrem Gratulationsschreiben zu meiner Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz haben Sie Ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass wir miteinander die über die zurückliegenden Jahrzehnte guten und gefestigten ökumenischen Bande zwischen unseren Kirchen festigen und weiterentwickeln können. Ich meine, dass uns dies gelungen ist. Dafür bin ich dankbar. Sie haben sich eine „anspruchsvolle Ökumene“ gewünscht. Gerade die Belastungen der jüngsten Zeit haben hohe Ansprüche an alle Beteiligten gestellt. Die Art und Weise, wie wir damit umgegangen sind, zeigt, wie ernst es uns um unser ökumenisches Miteinander ist. Ich bin zuversichtlich, dass die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland auch in Zukunft vertrauensvoll zusammenarbeiten können. Hier wird gerade auch der Kontakt¬gesprächskreis in Zukunft noch vermehrt Bedeutung für das katholisch-evangelische Gespräch haben. Darüber haben wir vor zehn Tagen in Karlsruhe offen und ausführlich miteinander gesprochen.

Werte Schwestern und Brüder im Glauben!
Wir stehen als Christen in einer pluralen Gesellschaft vor vielfältigen Herausforderungen. Teils betreffen sie uns in der jeweils eigenen Kirche, teils sind sie uns gemeinsam. In jedem Fall sind es Herausforderungen, die wir ohne gegenseitigen Respekt nicht bestehen werden. Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, so haben Sie es, werter Bischof Huber, vor gut zwei Jahren in einem Vortrag in Hamburg zum Stand der Ökumene treffend auf den Punkt gebracht, dass wir „im Grunde wollen, dass der jeweils Andere mit seinen Stärken und Profilen besonders zum Leuchten kommt!“ Das ist eine Ökumene mit Zukunft. Ich schließe mich Ihrer Auffassung an, „dass die christlichen Kirchen gerade in Deutschland in wichtigen Hinsichten einfach als ,die Kirche' wahrgenommen werden. Das gilt im Blick auf gesellschaftliche Heraus¬forderungen, im Blick auf den interreligiösen Dialog und im Blick auf die Auseinandersetzung mit einem neuen, zum Teil kämpferischen Atheismus.“

Sie, lieber Bruder Huber, setzen sich mit Nachdruck gemeinsam mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland etwa gegen Tendenzen zu einer Privatisierung von Glauben und Religion zur Wehr. Es ist Ihre feste Überzeugung, dass vom christlichen Glauben eine gesellschaftsprägende Kraft ausgeht und dass sich die Kirche in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen muss. Die Deutsche Bischofskonferenz teilt diese Auffassung. Auf dieser Basis haben unsere Bischofskonferenz und der Rat der EKD 2006 in einem Gemeinsamen Wort zur Zukunft unseres demokratischen Gemeinwesens nachdrücklich für eine Werteorientierung in der Politik votiert. In deren Zentrum stehen die Würde jedes Menschen, die Achtung der Menschenrechte und die Ausrichtung am Gemeinwohl. Nicht in jedem Fall haben wir mit einer Zunge gesprochen, z. B. bei der Frage der Verschiebung des Stichtags bei der Stammzellenforschung. Umso wichtiger war es, in der jüngsten Auseinandersetzung um den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen gemeinsam dafür einzutreten, dass der Religionsunterricht nicht nur im Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften, sondern für jeden Einzelnen und für unsere Gesellschaft einen unverzichtbaren Beitrag leistet. Gerne erinnere ich mich in diesem Zusammenhang an unser gemeinsames Auftreten beim Berliner Kongress am 4. Dezember 2008.

Lieber Bischof Huber, ich weiß, dass der so genannte Ruhestand für Sie keinen völligen Rückzug aus dem kirchlichen Wirken bedeutet. Wie könnte es auch anders sein! Sicher werden wir auch in Zukunft auf Ihre Beiträge gespannt sein dürfen. Ich wünsche Ihnen einen erfüllten neuen Lebensabschnitt und in allem Gottes Segen.

Liebe Mitchristen!
Die Evangelische Kirche in Deutschland hat kürzlich in Kassel eine Zukunftswerkstatt veranstaltet, um sich im Rahmen ihres seit 2006 laufenden Reformprozesses Kirche im Aufbruch über zukunftsweisende Perspektiven der Gestaltung kirchlichen Lebens auszutauschen. Gerne wäre ich Ihrer Einladung zur Teilnahme an der Schlussrunde, werter Bruder Huber, gefolgt. Doch dies war in meinem Terminkalender nicht mehr unterzubringen. Auch die Deutsche Bischofskonferenz berät immer wieder darüber, wie die Kirche ihrem Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums heute gerecht werden und eine neue missionarische Strahlkraft entfalten kann. Gemeinsam stehen wir in der Verantwortung, den Menschen glaubwürdige Zeugen der christlichen Botschaft zu sein. Ich sage dies gerade auch im Blick auf den 10. Jahrestag der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, den wir Ende dieser Woche feierlich in Augsburg begehen. Da Landesbischof Bruder Fischer und ich zur gleichen Zeit in Bretten mit einem ökumenischen Gottesdienst das Melanchthon-Jahr eröffnen, kann ich daran zu meinem Bedauern nicht teilnehmen. Es ist wichtig, sich nicht nur das noch nicht Erreichte, sondern ganz besonders auch die schon erlangten Gemeinsamkeiten und Annäherungen vor Augen zu halten. Das macht Mut für die nächsten Schritte, daraus schöpfen wir Hoffnung für die Zukunft. Ich sage dies auch im Blick auf den Ökumenischen Kirchentag im nächsten Sommer in München. Lassen Sie uns über alle Aktivitäten hinweg nie vergessen, dass die Geschichte der ökumenischen Bewegung ihre Wurzeln in der geistlichen Ökumene hat, besonders in den Gebetsbewegungen, die im 18. Jahrhundert unabhängig voneinander in verschiedenen Kirchen entstanden sind (vgl. UR 8). Daraus ist die Gebetswoche für die Einheit der Christen hervorgegangen. Geistliche Ökumene erfordert innere und äußere Umkehr, mit der jeder Einzelne und jede Kirche bei sich selbst anfangen muss. Ohne Umkehr wird es keine Einheit geben. Ebenso zentral ist das Gebet um die Einheit in der Hoffnung, dass Gottes Geist uns lenkt und unsere menschlichen Anstrengungen zum Ziel führt.

Verehrte Synodale, gemeinsam mit der Kirchenkonferenz stellen Sie in den kommenden Tagen mit Ihren Beratungen und nicht zuletzt mit der Wahl des neuen Rates und Ratsvorsitzenden wichtige Weichen für die Zukunft der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Entscheidungen, die Sie treffen, berühren auch uns, die wir uns im Geist christlicher Geschwisterlichkeit mit Ihnen verbunden wissen. So wünsche ich Ihnen von Herzen eine fruchtbare Tagung und eine zuversichtliche, von Gottes Geist gelenkte Entschlusskraft. Denn es gilt: Der Weg in die Zukunft ist ein Weg der Ökumene, eine Ökumene auf Augenhöhe, ein ökumenischer Dialog, der davon lebt, dass man bei allem was man sagt und schreibt, dem anderen aufrichtig in die Augen schauen kann – das wünsche ich von Herzen, dafür stehe ich hier!

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