| Pressemeldung

"Gemeinsam zum Segen werden"

Wort der deutschen Bischöfe zum Ökumenischen Kirchentag Berlin vom 28.05. bis 01.06.2003

Liebe Brüder und Schwestern!
Ende Mai wird in Berlin ein Ökumenischer Kirchentag stattfinden. Ein solches großes gemeinsames Treffen katholischer und evangelischer Christen, an dem sich auch viele Christen aus anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften beteiligen werden, ist ein herausragendes Ereignis im ökumenischen Leben Deutschlands.
Wir Bischöfe danken allen, die sich für das Gelingen des Ökumenischen Kirchentages einsetzen. Vielen ist bewusst, dass der Versuch eines Ökumenischen Kirchentages auf nationaler Ebene ein Wagnis ist. Es gibt für ein Treffen dieser Größenordnung noch keine Erfahrungen. Wir kennen zwar Katholikentage und Kirchentage, doch sind diese in mancher Hinsicht von unterschiedlichen Traditionen und Gepflogenheiten geprägt.
Umso mehr ist anzuerkennen, dass 2003 in Berlin ein so eindrückliches ökumenisches Zeichen gesetzt werden soll. Wir Christen in Deutschland haben eine gemeinsame Sendung für unsere Welt, unbeschadet der Zugehörigkeit zu verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Wir sind uns in den letzten Jahrzehnten theologisch und im praktischen Leben in den Gemeinden vor Ort erheblich näher gekommen. Das gegenseitige Vertrauen ist gewachsen. Gemeinsame Aktivitäten haben eine gute Tradition.
In unserer Gesellschaft werden wir mit vielen Herausforderungen konfrontiert, denen wir uns gemeinsam zu stellen haben. Die bioethische Debatte in unserem Land zeigt dies. Gemeinsam können wir uns für Menschenwürde und innergesellschaftliche sowie weltweite Gerechtigkeit einsetzen. Unser gemeinsamer Beitrag aus dem Geist des Evangeliums für ein zukunftsfähiges Deutschland und ein friedfertiges Europa im Konzert der Weltmächte wird immer wichtiger.
Nicht zuletzt bedrängt uns alle die Sorge, was aus dem Christentum in Deutschland insgesamt wird. Vielerorts ist das Gespür dafür gewachsen, dass wir der steigenden Zahl nichtchristlicher Zeitgenossen in Deutschland das Evangelium Jesu Christi gemeinsam bezeugen müssen. Der Ökumenische Kirchentag bringt die Chance, dass durch unsere Herzen ein großer Ruck der Umkehr hin zum Evangelium, hin zu Jesus Christus gehen kann. Er will, dass alle eins sind, "damit die Welt glaubt" (Joh 17,21). Unser Land braucht entschiedene und bekehrte Christen mindestens so dringlich wie Investoren, die die Wirtschaft ankurbeln. Wir brauchen in Deutschland ein neue Kultur der Gerechtigkeit und Liebe, die dem Egoismus und der gesellschaftlichen Kälte Paroli bietet. Wer sich dafür stark machen will, auch unter den Nichtchristen, sollte unser Partner sein. Berlin 2003 könnte dafür ein unüberhörbares Signal geben.
Wir Bischöfe wünschen und hoffen, dass der Ökumenische Kirchentag Berlin 2003 gelingt. In diesen Tagen möge sich erfüllen, was das Leitwort sagt: Ihr sollt ein Segen sein. Die Kirche soll und darf die Menschen segnen. Sie darf den Segen Gottes nicht nur wünschen, sondern in Vollmacht zusprechen. Wenn getrennte Kirchen dies gemeinsam tun, kommt die wichtigste Zielsetzung kirchlichen Handelns zum Tragen: die Menschen mit Gott und der Fülle seines Segens, den er uns in Jesus Christus geschenkt hat, in Berührung zu bringen. Alle sollen Segen erfahren und ein Segen werden.
Damit dies wahr wird, bedarf es als erstes der Treue zu Gottes Wort und der apostolischen Überlieferung. Diese Treue ist heute in Gefahr. Hier und da ist der Ratschlag zu hören: "Möge jeder etwas nachgeben, dann trefft ihr euch in der Mitte!" Ökumenische Erfolge wird es jedoch nicht durch Abschleifung der Profile geben. Der Glaube der Apostel ist keine Handelsware, die beliebig zur Verfügung steht.
Das gilt insbesondere im Hinblick auf die kostbare Gabe der Eucharistie, die der Herr seiner Kirche anvertraut hat. Im Vorfeld des Ökumenischen Kirchentages ist die Erwartung laut geworden, in Berlin die eucharistische Gastfreundschaft zu praktizieren. Es schmerzt uns, dass wir derzeit hierzu nicht in der Lage sind. Solange die ökumenischen Partner sich in Grundüberzeugungen widersprechen, ist eine Einheit am Tisch des Herrn unwahrhaftig.
Die Eucharistie bezeichnet ja, was uns noch fehlt: die sichtbare und volle Einheit der Kirche Jesu Christi. Zu dieser gehört nach unserer Überzeugung die Einheit im Glauben, in der Feier aller Sakramente und im apostolischen Amt, im Leben und im Dienst. Wir müssen alles tun, um diese Einheit zu erreichen. Dabei kann uns ermutigen, was auf dem ökumenischen Weg bereits erreicht worden ist. Gehen wir zielstrebig weiter, ohne vorschnell den Weg selbst zum Ziel zu erklären. Nehmen wir alle Chancen wahr, die uns heute schon gegeben sind!
Ökumene verlangt weiterhin nach einem geschwisterlichen Umgang mit dem ökumenischen Partner. Dazu gehört die Ehrfurcht vor dem, was dem anderen heilig ist. Wahre ökumenische Gesinnung versucht zu verstehen, ehe sie beurteilt oder gar verurteilt. Fragen wir einander:
"Was bedeutet dir das, was du tust?" "Warum hältst du daran fest?" "Aus welchen Quellen lebt dein Glaube?" "Was bringt dich täglich neu mit Gott in Berührung?" "Was hilft dir, gute Früchte zu bringen, die auch andere auf Gott aufmerksam machen?"
Es kann helfen, wenn wir uns beim Ökumenischen Kirchentag und schon bei seiner Vorbereitung solche und ähnliche Fragen stellen. Wir müssen lernen, vertrauensvoll gegenseitig unsere geistlichen und kirchlichen Erfahrungen auszutauschen. Kennen wir einander wirklich schon hinreichend, vor allem in dem, was uns gemeinsam am Herzen liegen muss: Wie das Evangelium Jesu Christi in unsere Biographien eingreift und die Welt verändert?
Unsere Gesellschaft wird nicht durch spektakuläre Aktionen für das Evangelium interessiert, sondern allein durch Menschen, die "anders" sind - eben, weil sie Jesus Christus und seine Verheißung kennen und aus ihr leben.
Aus solchen Überlegungen erwächst die Grundaufgabe der eigenen Umkehr zum Herrn. Das ist die beste Vorbereitung für Berlin. Das Bemühen, sich selbst immer tiefer mit Jesus Christus zu verbinden, die Bekehrung zum Evangelium in der eigenen Kirche als Aufgabe anzupacken, fördert die Einheit im Glauben.
Mit Ihnen allen schauen wir dem kommenden Ökumenischen Kirchentag Berlin 2003 mit großen Erwartungen entgegen. Wir wünschen ihm einen segensreichen Verlauf und hoffen, dass viele mit dabei sind.
Für das (Erz)Bistum .........................
Dieses Wort soll am Sonntag, dem 12. Januar 2003, in allen Gottesdiensten einschließlich der Vorabendmesse verlesen werden.

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