| Pressemeldung | Nr. 087

„Gemeinsam für ein christlich-islamisches Miteinander eintreten, das vom gegenseitigen Respekt getragen ist“

Grußbotschaft des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zum Fest des Fastenbrechens 2006

In seiner diesjährigen Grußbotschaft an die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Fest des Fastenbrechens hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zu einem christlich-muslimischen Miteinander aufgerufen, „das vom gegenseitigen Respekt getragen ist, Vorurteile abbaut und vor allem ehrlich und wahrhaftig ist“. Das Miteinander von Christen und Muslimen sei in den vergangenen Monaten auch in Deutschland Belastungen ausgesetzt gewesen. Menschen, gleich welchen Glaubens, hätten erstmals die Gefahr islamistisch motivierter Anschläge erfahren. Christen in aller Welt hätten erleben müssen, dass Äußerungen des Papstes für die Mobilisierung antichristlicher und antiwestlicher Gefühle missbraucht wurden. „Ich danke allen Muslimen in Deutschland, die in der teilweise hitzigen Atmosphäre der letzen Monate besonnen reagiert haben“, so Kardinal Lehmann. Zugleich aber forderte er „alle Muslime, die in Deutschland für ihre Gemeinschaften Verantwortung tragen“, auf, „alles in ihrer Macht Stehende zu tun, dass Aufrufe zu Hass und Zwietracht unter Muslimen in Deutschland kein Gehör finden“. Auch die Muslime in Deutschland hätten Anspruch auf den Schutz und die Achtung ihrer legitimen religiösen Anliegen, deren Grundlage allein das Grundgesetz sein könne, das die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit sowie die Würde und die Unverletzlichkeit der Person aller Menschen in Deutschland garantiere.

Im Folgenden die Grußbotschaft im Wortlaut:

„Ramadan Mubarak!
Sehr geehrte muslimische Schwestern und Brüder!

Nach Wochen des Fastens, des Betens und der Besinnung bereiten Sie sich in diesen Tagen in ihren Familien und Gemeinschaften auf das Fest des Fastenbrechens vor. Dazu übermittele ich Ihnen auch im Namen der Deutschen Bischofskonferenz meine herzlichen Glück- und Segenswünsche. Möge Gott Ihr Fasten und Beten annehmen und allen Gläubigen inneren und äußeren Frieden schenken!
Das Fest des Fastenbrechens ist mir auch in diesem Jahr Anlass, auf einige bedeutsame Ereignisse zurückzublicken. Das Miteinander von Christen und Muslimen war in den vergangenen Monaten auch in Deutschland Belastungen ausgesetzt. Nach der Veröffentlichung provozierender Karikaturen des Propheten der Muslime in unserem Nachbarland Dänemark haben wir erlebt, wie verständliche Empörung muslimischer Gläubiger missbraucht wurde. Zorn wurde entfacht, Hass wurde angestachelt und mancherorts sogar Gewalt geschürt. Erstmals haben die Menschen in Deutschland, gleich welchen Glaubens, hautnah die Gefahr islamistisch motivierter Anschläge erfahren – eine Gefahr, vor der wir uns bisher vergleichsweise sicher gefühlt hatten. Darüber hinaus haben wir Christen in aller Welt erleben müssen, dass Äußerungen des Papstes für die Mobilisierung antichristlicher und antiwestlicher Gefühle missbraucht wurden - wobei einmal mehr in manchen Teilen der Welt auch Gewalt gegen Christen ausgeübt wurde.

Ich danke allen Muslimen in Deutschland, die in der teilweise hitzigen Atmosphäre der letzten Monate besonnen reagiert und kein Öl in die Flammen gegossen haben. Es waren nicht Muslime in Deutschland, die wiederholt zu Tagen des Zorns aufgerufen haben. Solche Stimmen der Zwietracht aber wirken auch in unsere Gesellschaft hinein. Sie schaden dem vertrauensvollen Zusammenleben von Christen und Muslimen, und sie schaden auch den Muslimen, die friedlich unter uns leben. Ich wiederhole in diesem Zusammenhang, dass die Kirche in Deutschland die Muslime achtet und wertschätzt, und ich erteile jedem Generalverdacht eine Absage. Zugleich aber bitte ich alle Muslime, die in Deutschland für ihre Gemeinschaften Verantwortung tragen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, dass Aufrufe zu Hass und Zwietracht unter Muslimen in Deutschland kein Gehör finden. In welchem Maße islamistisch motivierte Gewaltandrohung unser aller Freiheit unterminiert, führte uns jüngst die zeitweilige Absetzung einer Operninszenierung in Berlin vor Augen. Freilich muss man in der westlichen Zivilisation auch sensibler werden für die nicht beabsichtigte, aber gedankenlose Verletzung religiöser Überzeugungen und Gefühle, auch der Muslime.

Auch die Muslime haben in Deutschland Anspruch auf den Schutz und die Achtung ihrer legitimen religiösen Anliegen. Sie wissen, dass der Papst und die ganze Kirche jede gezielte Verletzung religiöser Gefühle ablehnen und immer wieder verurteilt haben. Auch haben muslimische Organisationen in Deutschland wiederholt erklärt, dass das islamische Recht, das in manchen Ländern für die Beleidigung des Propheten die Todesstrafe vorsieht, in Deutschland keine Geltung beanspruchen kann. Die Grundlage für den Schutz religiöser Anliegen und Empfindungen aller Bürger kann in Deutschland nur das Grundgesetz sein, das die Menschenrechte, insbesondere die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit sowie die Würde und die Unverletzlichkeit der Person garantiert.

Auch in diesem Jahr haben viele muslimische Gemeinden ihre christlichen Nachbarn zum gemeinsamen Brechen des Fastens geladen. Ich sehe darin ein gutes Zeichen und hoffe, dass auch immer mehr Muslime in unserem Lande an unseren christlichen Festen teilhaben. Lassen Sie uns gemeinsam für ein christlich-islamisches Miteinander eintreten, das vom gegenseitigen Respekt getragen ist, Vorurteile abbaut und vor allem ehrlich und wahrhaftig ist. Nur so können wir einen Beitrag zum besseren Verständnis und zum Frieden zwischen den Religionen leisten. Auch durch unser Gebet dürfen wir daran mitwirken, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die jetzigen und die künftigen Generationen in gegenseitigem Vertrauen zusammenleben können.

In diesem Geiste erbitte ich für uns alle den Segen Gottes und grüße Sie zum Fest des Fastenbrechens

Ihr
Karl Kardinal Lehmann
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz“

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