| Pressemeldung | Nr. 045

Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, zur Diskussion um den Religionsunterricht in Berlin

Mit Sorge verfolgt die Deutsche Bischofskonferenz Bestrebungen in Berlin, einen staatlichen Werteunterricht an den Schulen einzuführen, der für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend sein soll. In der Folge würde der Religionsunterricht faktisch aus den Schulen verdrängt. Damit beschreitet die Hauptstadt einen Irrweg. Dies gilt gerade auch mit Blick auf das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen.
Der Religionsunterricht ist bundesweit ein anerkanntes Unterrichtsfach, das von Eltern und Schülern geschätzt wird. Niemand bestreitet ernsthaft, dass die Beschäftigung mit religiösen und ethischen Fragen zum Bildungsauftrag der Schule gehört. Aber: Religion ist ohne Religiosität nicht vermittelbar. Das gilt für den christlichen Glauben, aber auch für andere Religionen. Die christliche Botschaft kann nur von denen überzeugend gelehrt werden, die den Kern dieser Botschaft teilen. Erst von diesem Bekenntnis her werden die Geschichten der Bibel und die fundamentalen Aussagen des christlichen Glaubens sowie seine soziale und kulturelle Bedeutung verständlich.
Deshalb ist es pädagogisch sinnvoll und notwendig, dass der Religionsunterricht bekenntnisgebunden erteilt wird, dass es katholischen, evangelischen, jüdischen und, sofern die rechtlichen Bedingungen erfüllt sind, islamischen Religionsunterricht in der Schule gibt. Das plurale Angebot religiös bildender Fächer in der Schule entspricht der religiösen Pluralität in der Gesellschaft.
In der Auseinandersetzung mit einem konkreten Bekenntnis können Schülerinnen und Schüler einen eigenen Standpunkt zu religiösen und ethischen Fragen entwickeln. Eine eigene Überzeugung und Toleranz schließen einander nicht aus. Nur wer eine eigene religiöse Überzeugung hat, kann ermessen, was für den Anderen seine Überzeugung bedeutet. Der bekenntnisgebundene Religionsunterricht fördert eine starke Toleranz, die den anderen mit seinen Überzeugungen ernst nimmt. Er motiviert zu einem offenen, von Respekt vor dem Anderen getragenen Dialog über die Grenzen der eigenen Welt hinaus. Dialogbereitschaft und Dialogfähigkeit sind Kardinaltugenden in einer pluralistischen Gesellschaft.
Die Ziele und Inhalte des geplanten vermeintlich "neutralen" Werteunterrichts sind hingegen vage. Es ist zu befürchten, dass in diesem neuen Pflichtfach eher unverbindlich über Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und andere Religionen informiert und ganz allgemein auch über Werte geredet wird. Das widerspräche dem Ernst, mit dem religiöse und ethische Bildung in der Schule betrieben werden sollte. Der Berliner Senat fühlt sich zwar durch die historische Sondersituation nicht an die Vorgabe des Grundgesetzes in Art. 7 Abs. 3 gebunden. Für die Einrichtung von Religionsunterricht und Ethik als gleichberechtigte ordentliche Unterrichtsfächer aber sprechen die besseren Gründe. Der Senat der Hauptstadt sollte sie nicht gering schätzen.


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