| Pressemeldung

Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Lehmann, anläßlich der Veröffentlichung der römischen „Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester“ am 13. November 1997

In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Kirche unseres Landes eine vielfältige engere Zusammenarbeit zwischen Geistlichen und Laien entwickelt. So geht z.B. die Ausbildung von Gemeindereferentinnen auf über 70 Jahre, die Heranbildung der Pastoralreferenten auf ca. 30 Jahre zurück. Den Priestern und Diakonen stehen heute in den deutschen Diözesen ca. 4.400 Gemeindereferentinnen und -referenten sowie ca. 2.300 Pastoralreferentinnen und -referenten zur Seite. Eine unübersehbare große Zahl von Frauen und Männern wirkt darüber hinaus ehrenamtlich in den verschiedenen Räten und im Gemeindedienst mit. Sie alle sind aus dem Leben der Kirche nicht wegzudenken. Die Kirche hat das Engagement und die Mitverantwortung der katholischen Laien in vielen Dokumenten positiv gewürdigt. Zu erwähnen sind hier nur die Konzilstexte - insbesondere die Kirchenkonstitution und das Dekret über das Laienapostolat -, das Apostolische Schreiben „Über die Berufung und Sendung der Laien in Kirche und Welt“ (1988) sowie zahlreiche päpstliche Ansprachen.

Der Hl. Stuhl hat heute, am 13.11.1997 eine schon seit längerer Zeit vorbereitete „Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester“ (39 Seiten) veröffentlicht. Dieses Dokument, das am 13. August 1997 von Papst Johannes Paul II. unter sehr hohem Einsatz seiner Autorität („approbatio in forma specifica“), bestätigt wurde, ist von der Kongregation für den Klerus unter Mitwirkung von weiteren sieben Behörden erarbeitet worden. Die Unterschrift aller (Pro )Präfekten/Präsidenten und der Sekretäre ist etwas Neues und zeigt, mit welch hoher Verbindlichkeit der Hl. Stuhl diesen Text ausstattet.

Der Text gliedert sich in zwei Teile. In der ersten Hälfte werden die „Theologischen Prinzipien“ dargelegt (Gemeinsames Priestertum und geistliches Amt; Einheit und Verschiedenheit der amtlichen Aufgaben; Unersetzbarkeit des Weiheamtes; Mitarbeit am pastoralen Dienst). Diese Darlegungen wollen die Eckdaten der verbindlichen Lehre der Kirche an Hand der jüngsten amtlichen Verlautbarungen in Erinnerung rufen, vor allem seit der Einführung des neuen Kirchenrechtes (1983).

Die Instruktion betont in ihrem ersten Teil die Wichtigkeit der apostolischen Tätigkeit der Laien in der Kirche. „Die Kirche kann von diesem Wirken nicht absehen, weil es zu ihrer Natur als Gottesvolk gehört und weil sie es braucht, um ihren eigenen Evangelisierungsauftrag zu erfüllen.“ Umgekehrt darf das geistliche Amt nicht wegen der vielen gewachsenen Laiendienste, des Priestermangels und der erlaubten Ausnahmefälle an Profil und Überzeugungskraft nach innen und nach außen verlieren. Manche Priester leiden an einer damit verbundenen Identitätskrise. Diese Sorge, die hinter dem Dokument steht, teilen die deutschen Bischöfe mit dem Apostolischen Stuhl.

Der zweite Teil bringt in 13 meist knappen Artikeln „Praktische Verfügungen“, die sich weitgehend gegen „pastorale Abweichungen und disziplinäre Mißbräuche“, „Grenzen mißachtende Praktiken“ mit „schwerwiegenden negativen Folgen für das rechte Verständnis wahrer kirchlicher Gemeinschaft“ richten. Dabei werden u.a. folgende Themen behandelt: Predigt und Homilie, Leitung priesterloser Gemeinden, Mitarbeit und Verantwortung von Laien in diözesanen und pfarrlichen Räten, priesterlose Sonntagsgottesdienste, Sakramentenspendung.

Dieser zweite Teil der Instruktion ist freilich vor dem Hintergrund der umfassenderen theologischen Ausführungen des ersten Textteils zu lesen.

Die meisten der hier angesprochenen Fragen betreffen auch die pastorale Praxis in den deutschen Diözesen. Zu einigen Punkten der Instruktion möchte ich im folgenden – ohne einer notwendigen abschließenden Prüfung vorzugreifen - einige Verstehenshinweise geben:

1. Die „Instruktion“ unterscheidet nicht eigens zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Diensten. Bei den pastoralen Laiendiensten ergeben sich im allgemeinen zunächst für unseren Bereich – ich spreche nicht von anderen Ländern – keine Probleme. Was z.B. über die Predigt durch Laien in der Eucharistiefeier gesagt wird, war auch bisher schon gültig, wurde allerdings nicht überall beachtet.

Im übrigen wird vieles wiederholt und zusammengestellt, was in früheren Verlautbarungen römischer Instanzen zu den einzelnen Themen bereits veröffentlicht wurde.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat die Entwicklung vor allem der hauptamtlichen pastoralen Berufe in den letzten Jahrzehnten immer aus der Nähe begleitet und durch die verschiedenen Fassungen der Ordnungen, die vom Hl. Stuhl approbiert worden sind, der Entwicklung Rechnung getragen. Die „Instruktion“ zeigt generell, d.h. vom universalen Recht der Kirche her, die grundsätzliche Richtung der Entwicklung dieser Berufe auf und macht auf eventuelle Sonderwege aufmerksam, die dem Hl. Stuhl „gemeldet“ worden seien und vom allgemeinen Recht nicht gedeckt würden. Diese Klarstellung mag für manche enttäuschend sein, sichert aber zugleich den prinzipiellen Weg dieser Berufe in die Zukunft. Diese langfristig positive Perspektive darf man im ganzen nicht übersehen. Priester können freilich nur durch Priester ersetzt werden. Die deutschen Bischöfe haben es hier nie an Klarheit fehlen lassen.

2. Wie weit einzelne Diözesen möglicherweise von einzelnen Bestimmungen der Instruktion, z.B. im Blick auf die „Gemeindeleitung“, betroffen sind, muß von den einzelnen Bistümern selbst festgestellt werden (vgl. bes. Art. 4 mit den Ausführungen zu CIC, Can. 517).

3. Eine überraschende Schwierigkeit entsteht für die allermeisten Diözesen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz durch die Ausführungen in Artikel 5 (§ 2–4). Danach soll der Pfarrer den Vorsitz aller pfarrlichen Räte innehaben.

Beim Verwaltungsrat, der sich um die wirtschaftlichen Probleme einer Pfarrei kümmert, hat der Pfarrer in allen Diözesen den Vorsitz, unterstützt von einem Laien als Stellvertreter (Obmann). Die Bestimmungen der Instruktion über Entscheidungen des Verwaltungsrates auf Pfarrebene müssen noch eigens überprüft werden, da ein römisches Indult vom Januar 1984 feststellt, daß die Canones 532 und 537 CIC im Bereich der deutschen Diözesen wegen des auch staatskirchenrechtlich verankerten Vermögensverwaltungsrechtes nicht eingehalten werden müssen.

Der Pfarrgemeinderat hat aufgrund einer langen Entwicklung in unserem Land eine Doppelfunktion, nämlich eine Koordination der Laieninitiativen und des Laienapostolats auf Ortsebene zu leisten (vgl. das Dekret des II. Vatikanischen Konzils über das Laienapostolat „Apostolicam actuositatem“, Art. 26) und zugleich als Beratungsorgan dem Pfarrer in Fragen des Heilsdienstes zur Verfügung zu stehen. Durch den Einbezug der Aufgabe der Koordination des Laienapostolates kommen Elemente zum Tragen, die im „Pastoralrat“ (vgl. CIC, Can. 536) nicht vorhanden sind. Somit ist der Pfarrgemeinderat von seiner Rechtsnatur her ein anderes Gremium als der Pastoralrat des CIC, ohne sich total von ihm zu unterscheiden. Es kann deshalb für den Pfarrgememeinderat nicht automatisch die Geltung von Rechtsnormen angenommen werden, die für den pfarrlichen Pastoralrat erlassen wurden (z.B. im Blick auf den Vorsitz).

Schon früher haben wir in mehreren Verhandlungen, auch bei den Ad-limina-Besuchen in Rom, die Kleruskongregation darauf aufmerksam gemacht, daß die Struktur unseres Pfarrgemeinderates nicht einfach dem Pastoralrat des CIC gleichzusetzen ist. Nach unserer bisherigen Überzeugung widerspricht die in Deutschland bestehende Regelung nicht dem CIC. Es ist überdies besonders bei der Verleihung mehrerer Pfarreien an einen Pfarrer kaum vorstellbar, daß dieser angesichts der Mehrbelastung künftig überall den Vorsitz übernimmt, wenn dies nicht nur eine Formalität sein soll. Selbstverständlich ist der Pfarrer Mitglied des Vorstands des Pfarrgemeinderates und hat in pastoralen Fragen ein fundamentales Einspruchsrecht, so daß zunächst ein Beschluß ohne seine Zustimmung nicht ausgeführt werden kann.

4. Aus der Schlußformel des Textes wird offenkundig, daß man in Rom alle Partikulargesetze, Befugnisse, Erlaubnisse „ad experimentum“ und auch geltendes Gewohnheitsrecht aus der Zeit vor oder nach 1983 mit dieser Instruktion widerruft. Dies ist zwar im Sinne einer Vereinheitlichung des Rechtswesens, an dessen Spitze der Codex des Kanonischen Rechts steht, verständlich, aber für die jeweiligen Ortskirchen ein schmerzlicher Vorgang, besonders wenn manche Bestimmungen früher – manchmal auch über einen längeren Zeitraum – von römischen Behörden zugestanden worden sind. Hinter vielen neueren Entwicklungen stehen im einzelnen wichtige pastorale und auch spirituelle Erfahrungen und Ziele. Mißbräuche, die nicht so zahlreich sind, wie es scheinen könnte, sind davon streng zu unterscheiden.

Viele Kirchen in anderen Ländern, in denen die Mitwirkung der Laien weder in Form hauptamtlicher noch ehrenamtlicher Dienste gewachsen ist und fortentwickelt worden ist, fühlen sich von der Instruktion überhaupt nicht betroffen. Sie sehen darin eher eine präventive Maßnahme für Entwicklungen, die auf sie zukommen könnten. Die stärker betroffenen Ortskirchen hätten sich gewünscht, intensiver in die Erarbeitung der „Instruktion“ einbezogen zu werden. Dann wäre vielleicht auch der Ton im Blick auf die Bereitschaft vieler Laien zur pastoralen Mitarbeit besser getroffen worden. Die Häufung der Verbote im zweiten Teil des Textes erzeugt bei vielen ungewollt, aber spürbar ein Klima des Mißtrauens gegenüber den Laien. Die Laien könnten den Eindruck gewinnen, ihre Mitarbeit wäre nur erwünscht, weil und solange es einen Priestermangel gibt.

Insofern die Gefahr einer Klerikalisierung von Laiendiensten in bestimmten Bereichen nicht von der Hand zu weisen ist, haben sich die deutschen Bischöfe bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten immer wieder gegen solche Tendenzen ausgesprochen.

Die Deutsche Bischofskonferenz bittet, das Dokument in seinen vielen Schichten sorgfältig zu lesen, es im Horizont einer Weltkirche zu verstehen, die ungeachtet jeweils eigener Entwicklungen ihre innere und äußere Einheit nicht verlieren darf, und die Weisungen der Instruktion objektiv und ihren Intentionen entsprechend aufzunehmen. Einzelne Kurskorrekturen, die im übrigen nicht überall notwendig sind, können und wollen nicht die ganze Fahrtrichtung ändern.

Zunächst ist jeder Diözesanbischof für seinen Bereich angesprochen und zuständig. Über die spezifischen Auswirkungen der Instruktion im ganzen wird die Deutsche Bischofskonferenz zunächst auf der Sitzung des Ständigen Rates am 24./25. Novembers 1997 in Würzburg beraten.

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