| Pressemeldung

Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann,

zur Diskussion um die Änderung des strafrechtlichen Schutzes für das ungeborene Kind

1.    Der „Gruppenantrag“ versucht auch und gerade in der Fassung vom 5. Juni 1992 darüber hinwegzutäuschen, daß der vom Grundgesetz geforderte Rechtsschutz für das ungeborene Leben nicht gewährleistet wird. Er zielt darauf, dem Bundesverfassungsgericht gegenüber den Eindruck zu erwecken, als komme die Rechtsgemeinschaft ausreichend ihrer Pflicht nach, Leben zu schützen.

2.    Niemand hat das Recht, dem heranwachsenden Menschen das Recht auf Leben zu nehmen. Das Recht auf Leben wird weder durch die Eltern noch durch die Gesellschaft noch durch den Staat verliehen. Es ist ein elementares Menschenrecht. Es kann kein Recht auf Abtreibung geben, solange das Recht auf Leben respektiert wird.

3.    Die Berufung auf das Gewissen darf niemals als Rechtfertigung dafür dienen, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Keine Gewissensentscheidung darf das Lebensrecht des Ungeborenen und das nicht nur in der Bibel, sondern im Ethos der Menschheit begründete Verbot "Du sollst nicht töten" übergehen. Geschieht dies dennoch, dann wird die Berufung auf das Gewissen als Rechtfertigung für eine in sich verwerfliche Tat mißbraucht.

4.    Der Staat hat die Pflicht, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln das Leben als höchstes menschliches Gut zu verteidigen. Er muß deutlich zum Ausdruck bringen, daß es sich bei einem Verstoß gegen das Lebensrecht eines anderen Menschen um Unrecht handelt. Dem besseren Schutz des Lebens dient sowohl ein ganzes Bündel von Maßnahmen, darunter auch Beratung und soziale Hilfen als auch das Strafrecht. Dieses stellt vor allem den Unrechtscharakter heraus. Der "Gruppenantrag" belegt in seiner ganzen Anlage, daß diese Funktion des Strafrechtes durch die übrigen Maßnahmen nicht ersetzt oder durch Wegfall des Strafschutzes überzeugend ausgeglichen werden kann.

5.    Die am 5. Juni veröffentlichten Änderungen zum „Gruppenantrag“ verbessern keineswegs den Lebensschutz, sondern verstärken die Verschleierung und sind eher ein Täuschungsmanöver. Die Feststellung, die Beratung diene durch Rat und Hilfe dem Lebensschutz, hat eine reine Alibi-Funktion, zumal diese Beratung nicht einmal protokolliert und auf Wunsch anonym durchgeführt wird. Es bleibt der Schwangeren allein überlassen, von sich aus zu entscheiden, ob sie sich in einer Not- und Konfliktsituation befindet. Um diese „Eigenverantwortung der Frau“ prinzipiell durchzusetzen, wird das Leben des ungeborenen Kindes in den ersten drei Monaten schutzlos preisgegeben.

6.    Sollte der „Gruppenantrag" in der vorliegenden Gestalt Gesetz werden, wird es den katholischen Beratungsstellen unmöglich gemacht, weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen an der Beratungsarbeit teilzunehmen. Die Beratungsstellen können sich nicht in ein Verfahren einbinden lassen, das die Ausstellung einer Beratungsbescheinigung zu einer wesentlichen Voraussetzung für die straffreie Tötung eines ungeborenen Menschen macht. Die konkrete Ausgestaltung der "Pflichtberatung" ist nur noch eine Karikatur dessen, was Beratung wirklich sein soll.

7.    Die Kirche wird ihre Beratungsarbeit in jedem Fall mit allen Kräften fortsetzen, nötigenfalls auch außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen. Sie orientiert sich am unbedingten und ungeteilten Einsatz für das Leben. Sie bietet im Rahmen ihrer Möglichkeiten Hilfen an, um auch in einer schwierigen Konfliktsituation das Ja zum Leben möglich zu machen.

8.    Die Kirche weiß um die Verstrickung in Schuld, Verzweiflung, erfahrene Ausweglosigkeit und Sünde. Sie will keinen, der schuldig geworden ist, dauerhaft belasten, sondern ihn zu einem neuen, von der Last der Schuld befreiten Leben führen. Vergebung und Versöhnung setzen freilich voraus, daß ein Vergehen als Vergehen anerkannt wird und begangenes Unrecht nicht verschleiert wird. Wahre Vergebung ist nur durch Umkehr möglich. In diesem Sinne werden sich die katholischen Beratungsstellen künftig auch noch mehr jenen Frauen zuwenden, die abgetrieben haben und unter den Verletzungen, die eine solche Tat mit sich bringt, leiden. Diese Hilfe wird in Zukunft noch dringlicher werden.

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