| Pressemeldung

Entzug kirchlicher Lehrbefugnis für Drewermann ist gerechtfertigt - Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz nimmt Stellung

Der Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis für den an der Theologischen Fakultät Paderborn als Privatdozent lehrenden Theologen, Eugen Drewermann, durch den zuständigen Erzbischof von Paderborn, Johannes Joachim Degenhardt, ist nach Auffassung der Glaubenskommisson der Deutschen Bischofskonferenz eine gerechtfertigte Maßnahme. Es gehe nicht nur um die Beurteilung einzelner Lehrmeinungen Eugen Drewermanns, sondern um die Gesamtinterpretation von Offenbarung, Glaube und Kirche.

Nicht zu beanstanden sei es, wenn der Theologe Drewermann auch die neuere Psychologie, Tiefenpsychologie und die vergleichende Religionswissenschaft in das Bemühen um das Verständnis des Glaubens einbeziehe, heißt es in der vom Kommissionsvorsitzenden Kardinal Friedrich Wetter (München) unterzeichneten Stellungnahme. "Nicht wenige Menschen sagen, daß sie auf diesem Weg Hilfen für ihren Glauben empfangen hätten", so die Erklärung wörtlich. Dennoch bleibe bei Drewermann eine für den christlichen Glauben und für das Offenbarungsverständnis fundamentale Frage "zutiefst ungeklärt und zweideutig". Es sei etwas Grundverschiedenes, ob man die Offenbarung Gottes in Jesus Christus und weitere wesentliche Glaubensinhalte als Produktionen der menschlichen Seele ausgebe oder ob man versuche, die geschichtlich vorgegebene Offenbarung auch mit Hilfe psychologischer und religionsgeschichtlicher Kategorien zu deuten und dem Menschen verständlich zu machen. Es wird Drewermann ausdrücklich empfohlen, "den Dialog mit der Fachtheologie aufzunehmen, die sich in vielen Beiträgen schon kritisch mit seinen, den authentischen christlichen Glauben gefährdenden Thesen auseinandergesetzt hat".
 
Die Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz habe sich wiederholt mit den durch Drewermann aufgeworfenen Fragen befaßt, wird in der Erklärung festgestellt. Ein Lehrbeanstandungsverfahren könne die Kommission jedoch erst dann eröffnen, wenn die in der Verfahrensordnung festgelegten Bedingungen erfüllt seien. Dies sei bis jetzt nicht der Fall. Zuständig für Lehrfragen sei Drewermanns Diözesanbischof Degenhardt.

Die Beantragung eines Lehrbeanstandungsverfahrens steht sowohl dem zuständigen Ortsbischof als auch dem betroffenen Theologen zu.

Die Stellungnahme der Glaubenskommission ist im Wortlaut angefügt.

Bonn, den 08.10.1991
Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz
Heike Thome, Tel: 0228/103-215


Stellungnahme der Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz zum Entzug der Lehrerlaubnis von Dr. Eugen Drewermann


Der Erzbischof von Paderborn Dr. Johannes Joachim Degenhardt hat Herrn Dr. Eugen Drewermann, Priester der Erzdiözese Paderborn und Privatdozent an der dortigen Theologischen Fakultät, die kirchliche Lehrbefugnis entzogen, nachdem einige von Herrn Dr. Drewermann als strittig angesehene Glaubensfragen mit seinem Erzbischof nach mehreren Gesprächen und wiederholtem Briefwechsel nicht geklärt werden konnten.

Die Glaubenskommission der Deutschen Bischofskonferenz hat sich wiederholt mit den durch Herrn Dr. Drewermann aufgeworfenen Fragen befaßt. Sie kann ein Lehrbeanstandungsverfahren jedoch erst dann eröffnen, wenn die in der Verfahrensordnung vom 04. Mai 1981 festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Dies ist bis jetzt nicht der Fall. Zunächst ist für Lehrfragen sein Bischof zuständig.

Da der jüngste Appell Dr. Drewermanns an die Deutsche Bischofskonferenz öffentliche Aufmerksamkeit hervorgerufen hat und der für ihn zuständige Erzbischof von Paderborn ihm inzwischen die Befugnis entzogen hat, im Namen der Kirche zu lehren, stellen wir ebenfalls öffentlich in Wahrnehmung unseres lehramtlichen Auftrages zur verbindlichen Darlegung des kirchlichen Glaubensbekenntnisses in aller Kürze folgendes fest:

1. Der sogenannte "tiefenpsychologische Ansatz" Dr. Drewermanns zur Interpretation der Hauptaussagen der Hl. Schrift und des Glaubensbekenntnisses der Kirche betrifft grundlegende Themen der theologischen Erkenntnislehre, der biblischen Exegese, der Fundamentaltheologie, der Dogmatik, der Moraltheolgie und der Sozialethik.

Unbestritten ist, daß die wissenschaftliche Theologie für die Auslegung des Glaubens Methoden, Resultate und auch manche Hypothesen der Philosophie, der Geschichts-, Sozial- und Humanwissenschaften zusätzlich in Dienst nehmen kann und soll. Man kann es in dieser Hinsicht nicht beanstanden, wenn Dr. Drewermann auch die neuere Psychologie, Tiefenpsychologie und die vergleichende Religionswissenschaft in das Bemühen um das Verständnis des Glaubens einbezieht. Nicht wenige Menschen sagen, daß sie auf diesem Weg Hilfen für ihren Glauben empfangen hätten.

Dennoch muß festgestellt werden, daß bei Dr. Drewermann die für das Verständnis des christlichen Glaubens fundamentale Frage nach der Zuordnung von Gottes geschichtlich-realer Selbsterschließung einerseits und der Aufnahme dieser Offenbarung im menschlichen Denken, Handeln und Fühlen andererseits zutiefst ungeklärt und zweideutig bleibt.

Es ist etwas Grundverschiedenes, ob man die personale Offenbarung des dreieinigen Gottes in Jesus Christus und die daraus sich erge benden Inhalte des Glaubensbekenntnisses als Produktionen und Projektionen vorgegebener symbolisch-archetypischer Strukturen der Seele in ihrem vorbewußten Zustand ausgibt, oder ob man die ergangene und geschichtlich vorgegebene göttliche Offenbarung mit Hilfe philosophischer, psychologischer, anthropologischer und religionsgeschichtlicher Kategorien zu deuten und dem menschlichen Verstehen zugänglich zu machen sucht.

Da Dr. Drewermann offenkundig die Grundstruktur der ein für allemal ergangenen, einmaligen Offenbarung Gottes in Jesus Christus in ihrer Einheit von Tat und Wort, Geschichte und Deutung nicht genügend erfaßt und bewahrt, stellt er oft dualistisch entgegen, was innerlich aufeinander bezogen ist, zum Beispiel die Realität des Offenbarungsereignisses und ihre symbolische Darstellung. Das leibhaftige Zeichen in der konkreten Geschichte spielt nicht die Rolle, die ihm in der Heilsgeschichte zukommt. Hier liegt ein grundlegender Unterschied zum Mythos.

Diese Gesichtspunkte zeigen, daß es hier nicht nur um die Frage einer Beurteilung einzelner Lehrmeinungen Eugen Drewermanns geht, sondern um die Frage einer unzulässigen Gesamtinterpretation von Offenbarung, Glaube und Kirche. Deshalb dreht sich die Auseinandersetzung auch nicht um Herrschaftsstrukturen und Selbstkritik der Kirche, sondern um Strukturen des Heils und der Heilsvermittlung. Dies zeigt sich auch in den Einzelfragen der Auseinandersetzung.

2. Zu den von Dr. Drewermann an die Deutsche Bischofskonferenz öffentlich herangetragenen Einzelfragen bedarf es in diesem Zusammenhang keiner neuen Stellungnahme. Überhaupt geht es hier nicht um eine öffentliche Erklärung der Bischofskonferenz, wie sie Dr. Drewermann fordert, vielmehr fordert das kirchliche Lehramt einen einzelnen Theologen, der im Namen der Kirche lehrt, auf, seine Äußerungen zu klären. Die Bischöfe haben zu allen Einzelfragen öfter den Glauben der Kirche dargelegt. So weisen wir für das Offenbarungsverständnis der Kirche auf die Offenbarungskonstitution des II. Vatikanischen Konzils "Dei Verbum" Nr. 2-6 hin.

Was die dualistisch anmutende Entgegenstellung von einem theologisch-symbolischen und einem biologisch-realen Verständnis der Geburt Jesu, des menschgewordenen Sohnes Gottes, durch den Heiligen Geist aus der Jungfrau Maria angeht, sei erinnert an die Darstellung der damit verbundenen exegetischen, dogmengeschichtlichen und dogmatischen Fragestellungen in dem von den deutschen Bischöfen im Jahr 1985 herausgegebenen Katholischen Erwachsenenkatechismus, S. 174-178. In diesem Zusammenhang sind auch die Fragen nach dem historischen Jesus und dem Christus des Glaubens behandelt.

Was die Begründung der Sakramente, besonders der Eucharistie und des Weihepriestertums im Wirken des geschichtlichen und erhöhten Herrn betrifft, sei ebenfalls erinnert an den Erwachsenenkatechismus S. 291 ff., 344 ff., 380 ff. und das Schreiben der deutschen Bischöfe über das priesterliche Amt (1969).

 Hinsichtlich des moraltheologisch recht fragwürdigen, weil den Zusammenhang von Freiheit und Schuld auflösenden Begriffes einer "tragischen Schuldverstrickung", die fast unausweichlich zur Tötung eines ungeborenen Kindes nötigt oder berechtigt, sei verwiesen auf das II. Vatikanische Konzil in seiner Erklärung zur Würde der menschlichen Person in der Pastoralkonstitution "Gaudium et Spes" Nr. 27 und 51.

3. Von einem kirchlich beauftragten Lehrer der Theologie wird zu Recht erwartet, daß er sich um die Übereinstimmung mit dem Glauben der Kirche und die Einheit mit seinem zuständigen Bischof bemüht. Die Agitation mit den Mitteln der Medienöffentlichkeit dient kaum der Förderung der heilbringenden und heilenden Kraft des christlichen Glaubens und seiner Verwirklichung im Leben, was ja nicht zuletzt Anliegen Dr. Drewermanns ist.

Aus diesen Darlegungen wird ersichtlich, daß die Maßnahme, die der Erzbischof von Paderborn getroffen hat, gerechtfertigt ist.

Die Bischöfe werden auch in Zukunft ihrem Dienst an der Integrität des christlichen Glaubensbekenntnisses nachkommen. Es ist nicht ihre Aufgabe, bestimmte theologische Interpretationen innerhalb der legitimen Bandbreite der Glaubensauslegung zu favorisieren oder zu beschränken. Sie empfehlen Herrn Dr. Drewermann ausdrücklich, den Dialog mit der Fachtheologie aufzunehmen, die sich in vielen Beiträgen schon kritisch mit seinen den authentischen christlichen Glauben gefährdenden Thesen auseinandergesetzt hat.


München, 8. Oktober 1991

gez. Friedrich Kardinal Wetter
Erzbischof von München und Freising

Vorsitzender der Glaubenskommission
der Deutschen Bischofskonferenz

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