| Pressemeldung | Nr. 059

Dynamik zur Überwindung der weltweiten Armut in Gang setzen

Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Karl Kardinal Lehmann, zum bevorstehenden G 8-Gipfel in Gleneagles

Vom 6. bis 8. Juli 2005 kommen die Staats- und Regierungschefs der großen Industriestaaten und Russlands im schottischen Gleneagles zusammen, um Strategien in Fragen der internationalen Politik und der Weltwirtschaft zu verabreden. Die ökonomische und politische Entwicklung der ärmsten Länder - vor allem in Afrika - wird bei diesem G 8-Gipfel einen Schwerpunkt bilden. Ähnlich wie vor sechs Jahren beim Weltwirtschaftsgipfel in Köln richten sich in der Öffentlichkeit große Erwartungen an das diesjährige Treffen. Die großen »Live 8«-Konzerte, die am vergangenen Samstag auf vier Kontinenten stattgefunden haben, belegen das Interesse und Engagement vor allem auch junger Menschen, die sich nicht mit der Verelendung Afrikas abfinden wollen.
An der Jahrtausendwende haben die Vereinten Nationen die so genannten »Millenniumsziele« verabschiedet. In deren Mittelpunkt steht die Halbierung der Zahl extrem Armer bis zum Jahr 2015. Vom Gipfel in Gleneagles muss das Signal ausgehen, dass die wohlhabenden Staaten es ernst meinen mit dieser Aufgabe. Gewiss können die Länder des Nordens die globale Massenarmut nicht allein überwinden. Die Regierungen der armen Länder sind ihrerseits gefordert, für stabile und gerechte Verhältnisse zu sorgen und so die Entwicklungspotentiale der armen Bevölkerungen zu entbinden. Ohne die Beiträge der reichen und politisch mächtigen Staaten kann jedoch keine hinreichende Dynamik zur Überwindung der weltweiten Armut in Gang kommen:Erforderlich ist die durchgreifende Entschuldung der ärmsten Länder. Nachdrücklich begrüßen die deutschen Bischöfe daher die Initiative der G 8-Finanzminister, einen neuen Schuldenerlass für zunächst 18 Staaten auf den Weg zu bringen. In den kommenden Jahren sind weitere Schritte nötig, um in allen Entwicklungsländern ein dauerhaft tragfähiges Schuldenniveau zu erreichen und damit finanzielle Spielräume für wirtschaftliche Entwicklung und soziale Verbesserungen zu schaffen. Daher müssen auch die Bemühungen um ein internationales Insolvenzrecht, das geordnete Verfahren für in Bedrängnis geratene Schuldnerstaaten vorsieht, zum Erfolg geführt werden.Die laufende Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) gibt Gelegenheit, die Interessen der ärmeren Länder im internationalen Handel stärker zu berücksichtigen. Notwendig ist die Beendigung unfairer Praktiken der Industrienationen, insbesondere im Agrarbereich. Die Liberalisierung der Märkte muss mit der Bereitschaft einhergehen, schwächeren Volkswirtschaften Sonderregelungen zuzugestehen, damit die Anpassungen an weltwirtschaftliche Strukturen keine Zusammenbrüche der heimischen Ökonomie heraufbeschwören.Die Entwicklungspolitik bedarf größerer finanzieller Leistungen von Seiten der wirtschaftlich entwickelten Nationen. Diese haben wiederholt angekündigt, den Anteil von Finanzmitteln für die Entwicklung der armen Länder schrittweise auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Trotz der wirtschaftlichen Probleme, die wir im eigenen Lande zu bewältigen haben, darf dieses Ziel nicht in Vergessenheit geraten oder auf spätere Zeiten hinausgeschoben werden. Es ist Ausdruck der internationalen Verantwortung Deutschlands und der anderen Industriestaaten, dass den Ankündigungen nun endlich auch Taten folgen. Wir wissen: Geld ist nicht alles; es kann die notwendigen Strukturreformen auf Seiten der Entwicklungs- wie der Industrieländer nicht ersetzen. Aber ohne eine Bereitstellung ausreichender Finanzmittel können viele Maßnahmen nicht umgesetzt werden, die für eine wirtschaftliche Gesundung der Länder und die soziale Versorgung der armen Bevölkerungen dringend erforderlich sind. Ohne die Bereitschaft zum Teilen geht es nicht!Eine Kirche, die dem Weg ihres Herrn folgt, muss sich stets in besonderer Weise an die Seite der Armen stellen und sich deshalb auch in der politischen Arena unserer Zeit zu deren Anwalt machen. Mit Nachdruck unterstützen wir die weltweiten Bewegungen, die die Überwindung der Armut auf die Tagesordnung der internationalen Politik setzen. Die Regierungen der wohlhabenden Länder bitten wir, die Chancen des bevorstehenden Gipfels nicht verstreichen zu lassen. Wir alle sind gerufen, »die Menschen aus der Wüste der Armut, der Wüste des Hungers und des Durstes herauszuführen« (Papst Benedikt XVI.).

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