| Pressemeldung | Nr. 078a

Die zweite Enzyklika von Papst Benedikt XVI. „SPE SALVI“ über die christliche Hoffnung

Nicht-amtliche Zusammenfassung

„Auf Hoffnung hin sind wir gerettet“ (Röm 8,24): Mit dieser Botschaft aus dem Römerbrief des Apostels Paulus beginnt die zweite Enzyklika von Papst Benedikt XVI. „Hoffnung ist (...) ein Zentralwort des biblischen Glaubens“, so Papst Benedikt (Nr. 2). Auf sie stützen sich das Vertrauen und die Zuversicht auf Erlösung, auf das Heil. Von ihr her kann Gegenwart bewältigt werden. Doch welcher Art ist diese Hoffnung?

Zur Beantwortung dieser Frage gliedert Papst Benedikt die Enzyklika gedanklich in zwei größere Teile: Der erste Teil (Nr. 2-31) bietet eine biblische und systematische Darstellung der christlichen Hoffnung und ihrer Ausrichtung auf Erlösung hin (Nr. 2-15); zugleich werden Beispiele geschichtlicher Abweichungen von der Hoffnungsgestalt christlichen Glaubens genannt, besonders in der Neuzeit (Nr. 16-31). Im zweiten Teil (Nr. 32-50) führt Papst Benedikt „Lern- und Übungsorte der Hoffnung“ auf: Im Gebet (Nr. 32-34), im Tun und Leiden der Menschen (Nr. 35-40) und im Letzten Gericht (Nr. 41-48) zeigen Hoffnung und Glaube ihre tragende Kraft, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zum Besseren hin zu ändern vermag.

1. Die Begriffe „Hoffnung“ und „Glaube“ werden vor allem im Neuen Testament oft in enger Verknüpfung miteinander genannt und erscheinen an einigen Stellen fast austauschbar. Wer an die christliche Heilsbotschaft glaubt, wird von den anderen als Hoffnungsträger wahrgenommen. An den Christen wird die Aussicht auf eine bessere Zukunft als bereits gelebte Gegenwart erfahrbar. Am Beispiel der afrikanischen Sklavin Giuseppina Bakhita aus Darfur (1869 im Sudan geboren) zeigt Papst Benedikt, was die Begegnung mit Gott bedeuten kann. „Gott kennen lernen, das bedeutet Hoffnung empfangen“ (Nr. 3). Die Begegnung mit Gott kann so wirklich „ ,performativ' sein, das heißt das Leben umgestalten, so dass wir uns erlöst wissen durch die Hoffnung“ (Nr. 4). Das Christentum habe keine unmittelbare sozialrevolutionäre Botschaft gebracht: „Jesus war nicht Spartakus, er war kein Befreiungskämpfer wie Barabbas oder Bar-Kochba.“ Er brachte etwas ganz anderes: „die Begegnung mit dem lebendigen Gott und so die Begegnung mit einer Hoffnung, die stärker war als die Leiden der Sklaverei und daher von innen her das Leben und die Welt umgestaltete.“ (Nr. 4) Der gelebte Glaube hat freilich auf die Dauer auch sozialpolitische Wirkungen ausgelöst. In der frühen Kirche drückt sich diese Hoffnung des Glaubens zunächst am prägnantesten aus in der Taufe als Eingliederung in die Kirche: Die Zugehörigkeit zu der christlichen Gemeinschaft, die auf Hoffnung gründet, schafft am deutlichsten das Bewusstsein einer allmählich von innen heraus veränderten Gesellschaft (Nr. 3-6).

Der Papst vertieft diese Überlegung durch zahlreiche und genauere Hinweise auf den Hebräerbrief, wo auch eine Art Definition des Glaubens gegeben wird (11,1). In Übersetzung einer frühen lateinischen Textfassung zitiert Papst Benedikt: „Der Glaube ist die 'Substanz' der Dinge, die man erhofft; Beweis für nicht Sichtbares.“ Durch den Glauben ist anfanghaft schon das da, worauf gehofft wird: „das ganze, das wirkliche Leben“ (Nr. 7). Die schon erfahrbare Gegenwart des Zukünftigen schafft Gewissheit, die gegenwärtige Wirklichkeit wird zum Hinweis für das noch Ausstehende. Indem Gott selbst sich in Jesus Christus zeigt, erhält das Warten auf Gott eine neue Gewissheit (Nr. 7).

Diese Aussagen der frühen Kirche und des christlichen Glaubens münden in den zentralen Satz: „Glaube ist die Substanz der Hoffnung auf ein ewiges Leben“ (Nr. 8-9). Bei der Frage nach seiner Bedeutung für das heutige Leben zeigt sich eine tief sitzende Widersprüchlichkeit in der menschlichen Existenz: Sie spiegelt sich in der Frage, ob „ewiges Leben“ ein begehrenswerter Zustand ist. Letztlich wird das „glückliche Leben“ erstrebt, ohne jedoch Glück genauer fassen zu können (Nr. 11). Papst Benedikt fasst zusammen: „Dies Unbekannte ist die eigentliche ,Hoffnung', die uns treibt, und ihr Unbekanntsein ist zugleich der Grund aller Verzweiflung wie aller positiven und aller zerstörerischen Anläufe auf die richtige Welt“ (Nr. 12). Das Wort „ewiges Leben“ versuche, diesem unbekannt Bekannten einen Namen zu geben. Die Kategorie der Zeitlichkeit müsse gedanklich überschritten und Ewigkeit als erfüllter Augenblick gedacht werden. Dies ist eigentliches Leben im vollen Sinn (Nr. 10-12).

2. Sodann geht die Enzyklika auf die Kritik ein, christliche Hoffnung sei nur als Rettung für den Einzelnen konzipiert. Dem hält der Papst entgegen, dass „Heil“ immer eine gemeinschaftliche Wirklichkeit ist, die mit aktiver Weltgestaltung zu tun hat. Dennoch wurde die christliche Hoffnung auf Erlösung immer mehr im Sinne eines Heilsindividualismus betrachtet, besonders weil sich der christliche Hoffnungsglauben in der Neuzeit gewandelt hat: Durch die Auslegung der Natur nach wissenschaftlich überprüfbaren Gesetzen erhoffte der Mensch, „den Sieg der Kunst über die Natur“ zu erreichen. Theologisch gewendet bedeutet dies, dass Erlösung nicht mehr vom Glauben, sondern von dem neu gefundenen Zusammenhang von Wissenschaft und Praxis erwartet wird. In der Neuzeit treten zudem die ganz säkular verstandenen Kategorien „Vernunft“ und „Freiheit“ immer stärker ins Zentrum der Fortschrittsidee, allerdings in Ablösung von einer christlichen Grundierung der Begriffe (vgl. Nr. 18). „Erlösung“ wird in der Neuzeit von aufgeklärter Wissenschaft und Fortschrittsglauben (Nr. 17), von der Politik und politischen Revolutionen (Nr. 19-21) und schließlich in der Konzentration auf den Menschen selbst erwartet. Dabei wird die Suche nach Wahrheit und Hoffnung in das Diesseits verlegt (Nr. 23). Papst Benedikt fordert deshalb eine „Selbstkritik der Neuzeit im Dialog mit dem Christentum“, in die auch eine Selbstkritik des neuzeitlichen Christentums eingehen müsse (Nr. 22). Dazu gehöre Kritik am Fortschrittsglauben ebenso wie die Reflexion über das Verhältnis von Glauben und Vernunft (Nr. 23).

3. Zur Gestalt der christlichen Hoffnung und ihrer Realisierung führt der Papst an: Jeder Generation ist das Ringen um die rechte Ordnung auferlegt (Nr. 24). Jeder Mensch, jede Generation ist in den grundlegenden Entscheidungen gleichsam „ein neuer Anfang“, sonst wären sie nicht frei. Das Gutsein der Welt kann nicht durch Strukturen allein gewährleistet werden; außerdem ist das Reich des Guten nie endgültig, weil die Freiheit des Menschen dafür zu brüchig ist (Nr. 24-25).

Der Mensch kann nicht weltimmanent und mit irdischen Mitteln erlöst werden; weder die Wissenschaft noch die Politik, noch die Fokussierung auf den Menschen vermögen dies. Erlöst wird der Mensch durch die Liebe Gottes, die vergebende und ermutigende Zuwendung. Unbedingte geschenkte Liebe erfährt der Mensch in der Beziehung zu Gott, der in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden ist. Die Beziehung zu Gott nimmt den Menschen hinein in die Beziehung zu Jesus Christus, dessen Dasein „für alle“ die Liebe Gottes erfahrbar macht. Die Liebe Gottes zeigt sich in der Verantwortung dem Anderen gegenüber, im „Zusammenhang von Gottesliebe und Verantwortung für den Menschen“ (Nr. 26-31).

4. Erster Lern- und Übungsort der Hoffnung ist das Gebet, das den Einzelnen in die Haltung der Hoffnung und der Sehnsucht einübt. Neben dem individuellen Gebet, in dem das Ich mit Gott konfrontiert wird, weist der Papst auf die Gebetsworte der Kirche und das liturgische Gebet hin: „Im Beten muss es immer dieses Ineinander von gemeinschaftlichem und persönlichem Gebet geben.“ Im Gebet wird der Mensch gott- und menschenfähig, das heißt, er wird bereit, tragende Beziehungen zu Gott und zu Menschen verantwortungsvoll einzugehen. Im Gebet wird der Einzelne auch vorbereitet für die anderen Lernorte der Hoffnung. Der Papst führt dafür in der Enzyklika mehrere Glaubenszeugnisse an, z.B. auch von Kardinal Van Thuan aus Vietnam (vgl. Nr. 32-34).

Der zweite Lernort der Hoffnung besteht im Einsatz und Tun sowie im Leiden und Scheitern des Menschen. Nicht nur das rechte Tun und der tägliche Einsatz des Menschen zielen auf eine Verbesserung der Situationen in der Welt, sondern auch das Aushalten von Leid und das Mit-Leiden mit anderen Menschen. Auch wenn alles getan werden muss, um das Leid zu überwinden, kann das Leid nicht ganz aus der Welt geschafft werden. Deshalb bestimmt sich das Maß der Humanität des Einzelnen und der Gesellschaft als ganzer im Verhältnis zum Leid (Nr. 35-40).

Als dritten Lernort der Hoffnung nennt Papst Benedikt das Gericht. Die Erwartung des zukünftigen individuellen und des menschheitlichen Gerichts wirkt als Maßstab des gegenwärtigen Lebens und hält die Hoffnung auf Gerechtigkeit für geschehenes Unrecht wach. In diesem Blick nach vorn zeigt sich die Gegenwartskraft des Christentums. Die Rede vom Gericht ist ein Bild der Verantwortung; deshalb mischt sich in die Idee göttlicher Gerechtigkeit die neue Wirklichkeit der Gnade, die jedoch die Gerechtigkeit nicht auslöscht. Hölle und Fegefeuer, die als Zustandsbeschreibungen gelesen werden wollen, müssen als Konsequenz der Freiheitskonzeption des Menschen verstanden werden. Die Lebensentscheidung eines jeden Menschen wird mit dem Tod endgültig. Der Zwischenzustand des Fegefeuers wird dementsprechend zugleich als Strafe, aber noch mehr als Reinigung aufgefasst. Die Begegnung mit Jesus Christus ist der entscheidende Akt des Gerichts, denn er selbst stellt mit seinem Feuerblick das verbrennende und reinigende Geschehen dar, das die Menschen zu ihrem wirklichen Selbst kommen lässt. Dieses Eigentliche ist ein letztgültiges Offenstehen für die Wahrheit (Nr. 41-48).

5. Der Papst beschließt die Enzyklika mit einem Gebet zur Gottesmutter Maria: Maria ist das herausragende Beispiel für einen von Gottes Hoffnung getragenen Menschen. Sie bietet in ihrer Offenheit für das göttliche Wort, in ihrer unbedingten Bereitschaft, es zu tragen und vom Kreuz her zur Mutter aller zu werden, die Orientierung für das eigene Leben (Nr. 49-50). Sie ist nach einer alten Redeweise der „Meeresstern“ und die Mutter der Hoffnung.


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