| Pressemeldung | Nr. 091

Das ''religiöse Erbe'' in der Europäischen Union

Fachtagung der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz

Bei einer Fachtagung der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz in Köln am 8. und 9. Juli haben Juristen, Historiker und Theologen unter der Leitung des Völkerrechtlers Bernhard Kempen folgende Fragen diskutiert: Welche Bedeutung hat der Bezug auf das »religiöse Erbe« Europas im Vertrag von Lissabon? Hat er rechtliche Auswirkungen oder handelt es sich um bloße Rhetorik? Welche Stellung haben die Kirchen und Religionsgemeinschaften im Europarecht? Wie ist der Begriff des »religiösen Erbes« Europas inhaltlich zu füllen?

Nach Auffassung von Msgr. Dr. Aldo Giordano, dem Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls beim Europarat, besteht zwischen Christentum und Europa ein inneres Band, aber keine Identität. Er bedauerte, dass im öffentlichen Bereich das Gespräch über die Inhalte des Christentums im Vergleich zu rein institutionellen und einzelnen ethischen Fragen zu kurz kämen.Julius Schoeps vom Potsdamer Moses-Mendelssohn-Institut, stellte fest, dass sich - entgegen machen Erwartungen - jüdisches Leben in Europa nach dem Holocaust wieder entwickelt habe. Er erinnerte an mittelalterliche Formen der christlich-jüdischen und islamisch-jüdischen Zusammenarbeit, die möglicherweise als Modelle für die Gegenwart dienen könnten. Nicht auszuschließen sei, dass sich ein neues europäisches Judentum zu einem »New Jewish Centre« entwickeln könne - neben den Zentren jüdischen Lebens in Israel und USA.An die Bedeutung der Orthodoxie und ein über lange Zeit polemisch-apologetisches Verhältnis zwischen West und Ost erinnerte der aus dem Libanon stammende und in Münster lehrende orthodoxe Theologe Elias Kattan und setzte sich für ein Europa der Werte und der Religionsfreiheit ein.

Anna Akasoy, Islam-Expertin und Historikerin an der Universität Oxford, erläuterte den Einfluss von Muslimen auf das kulturelle und religiöse Erbe Europas. Die islamische Welt vermittelte antikes und spätantikes Wissen, wobei muslimische Autoren ihre eigenen Interpretamente beisteuerten. Daneben habe der Islam in Europa bei der Ausbildung einer eigenen Identität auch immer die Rolle des »Anderen« gespielt.Der zweite Teil der Konferenz widmete sich der Europäischen Union und der Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Europarecht. Nach Auffassung von Kolja Naumann vom Institut für Völkerrecht der Universität Köln, enthalten die religiösen Referenzen im Gründungsvertrag ein Präjudiz für das sich entwickelnde europäische Religions-verfassungsrecht und bringen in ihrer Gesamtheit eine »neue Religionsfreundlichkeit« zum Ausdruck. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes habe insbesondere die Präambel eine nicht zu unterschätzende Bedeutung erlangt. Vor allem in Abwägungsentscheidungen müsse das in der Präambel zum Ausdruck kommende besondere Gewicht der Religionsausübung berücksichtigt werden.

Stefan Muckel, Kirchenrechtler an der Universität Köln, erkennt im Vertrag von Lissabon eine erhebliche Verbesserung der Rechtsstellung der Kirchen im Vergleich zum bisherigen Europarecht. Erstmals werde der besondere Status der Kirchen und religiösen Vereinigungen unmittelbar im Vertragsrecht verankert. Da sich die Union von einer Wirtschaftsgemeinschaft zu einer politischen Union fortentwickle, erscheine es konsequent, Kirchen und Religionsgemeinschaften in anderen Dimensionen und Funktionen zur Kenntnis zu nehmen denn als bloße Akteure des Wirtschaftslebens.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz