| Pressemeldung

Christliches Ethos im Umgang mit Tod und Trauer

Statement von Bischof Dr. Joachim Wanke (Erfurt), Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, zur Fachtagung: "Bestattungskultur - Zukunft gestalten" am 16./17. Oktober 2003 in Erfurt

Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Damen und Herren,

1. Die gegenwärtigen Veränderungen im Umgang mit Tod und Trauer und der Wandel in den Bestattungsformen spiegeln die weiter voranschreitende Individualisierung und Anonymisierung in der Gesellschaft. Der kleiner werdende christliche Bevölkerungsanteil, eine Vielzahl bunter privatreligiöser Vorstellungen von Sterben und Tod und die wachsende Präsenz nichtchristlicher Religionen in Deutschland verstärken den Druck auf die Politik, die herkömmlichen Bestattungsgesetze zu liberalisieren. Die Tendenz zu einer professionellen Entsorgung der Toten, nicht zuletzt aus ökonomischen Überlegungen heraus, ist am Wachsen. Stützende Milieus, die die Hinterbliebenen in der Situation der Trauer und des Abschieds von den Toten begleiten, sind am Schwinden. Es gibt freilich in den angezeigten Veränderungen regionale und milieubedingte Ungleichzeitigkeiten.

2. Das Interesse an den Toten und nach ihrem Gedächtnis ist dennoch ungebrochen. Die Hilflosigkeiten im Umgang mit den Toten im individuellen Bereich werden in der Bereitschaft zu einem gemeinschaftlichen Totengedächtnis offensichtlich kompensiert. Die Frage nach dem Verbleib der Toten ist ein geheimer Stachel, der unsere Wissens- und Erlebnisgesellschaft beunruhigt.

3. Die vom Christentum geprägten Formen einer Trauer- und Bestattungkultur weisen eine geschichtlich bedingte Vielfalt auf. Das Verbindende dieser zeitbedingten Formen und Ausgestaltungen liegt im Menschenbild des christlichen Glaubens. Der christliche Glaube behauptet einen "Mehrwert" des Menschen, der sich in den Stichworten Kreatürlichkeit, Gottebenbildlichkeit, Schuldverhaftung und Schuldbefreiung festmachen lässt. Die unverwüstliche Hoffnung für eine neue Lebendigkeit der Toten prägt das christliche Trauerethos. Dieses Ethos ist freilich prinzipiell nicht an bestimmte kulturelle Ausprägungen gebunden, sondern auch neuen Ausdrucksformen gegenüber offen.

4. Der wichtigste Beitrag des Christentums für eine zu erneuernde Kultur des Trauerns und des Todes ist das Wachhalten der Frage nach den Toten und ihrem Geschick. Das Christentum kennt als Träger eines fortdauernden kulturellen Gedächtnisses über den Wechsel der Zeiten hinweg die Kirche als Erinnerungsgemeinschaft. Die Lebendigkit christlicher Gemeinden und deren Gedächtnispraxis in der liturgischen Feier des Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu Christi ist ein Bollwerk gegen jede Tendenz, die Toten nur technisch zu entsorgen.

5. Näherhin könnten Hilfen für eine neue Trauer- und Totenkultur in Gegenwart und Zukunft sein

neue Formen von Totengedenkfeiern besonders in den Städten, die auch Nichtchristen ansprechen;die Sensibilisierung der Gesellschaft für die Situation der Leidenden und Sterbenden (etwa in der Hospizbewegung); die verstärkte Bereitschaft der christlichen Gemeinden und Gemeinschaften, den trauernden Hinterbliebenen in ihrer Vereinzelung und möglichen Hilflosigkeit bei der Trauer um verstorbene Angehörige beizustehen;Dienste von Christen bei der Bestattung Verstorbener ohne Kirchenzugehörigkeit zu entwickeln;Erfahrungen im Umgang mit Trauernden und auch den Toten selbst zum Inhalt von Bildungs- und Erziehungsprozessen zu machen undkritisch und selbstbewusst aus christlicher Position heraus die gesellschaftliche Diskussion über die von den neueren Biowissenschaften her ausgelöste Frage nach der Würde und den Grenzen des menschlichen Lebens zu begleiten.

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