| Pressemeldung | Nr. PRD 018 - Anlage 3

Christliche Bestattungskultur - Orientierungen und Informationen

In der Öffentlichkeit werden zunehmend neue Bestattungsformen diskutiert. Deshalb will die vorliegende Handreichung die tiefe Beziehung zwischen der Bestattungskultur einerseits und der Auffassung von Wert und Würde des menschlichen Lebens andererseits deutlich machen.
Spätestens beim Sterben eines Familienangehörigen, nahen Verwandten oder Freundes werden Menschen mit der Frage nach einem würdigen Umgang mit dem Verstorbenen und einer angemessenen Bestattungskultur konfrontiert. Eine gewachsene Vielfalt unterschiedlicher Angebote von Bestattungsformen eröffnet individuelle Wahlmöglichkeiten, die nicht selten von den überlieferten Normen und den kirchlichen Traditionen abweichen. In dieser Situation will die Orientierungshilfe dazu beitragen, aus der Sicht der Kirche, ihrer Riten und Symbole, Kriterien für eine Kultur der Bestattung aufzuzeigen, um so einen Raum für Pietät und Erinnerung, Trauer und Mitsorge, gemeinsames Gedenken und Gebet zu eröffnen. Sie will Kriterien zur Beurteilung und Empfehlungen für die pastorale Praxis geben, damit das Zeugnis der Auferstehung in der Gestaltung der Bestattung zum Ausdruck kommt.
Die Handreichung lädt dazu ein, sich frühzeitig der Frage nach dem eigenen Begräbnis und der gewünschten Erinnerungskultur zu stellen. Dabei empfiehlt es sich, nach Möglichkeit das Gespräch mit dem Ehepartner, den eigenen Kindern, Verwandten und Freunden zu suchen. Angesprochen sind auch diejenigen, die in ihrem persönlichen Lebensumfeld für die nähere Zukunft mit einem Sterbefall rechnen, und alle, denen die Sorge um die Bestattung aufgetragen ist.
1. Zur Situation
Die Bestattungskultur und die Welt der Trauer haben in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen erfahren. Die Beerdigungsrituale verlieren an Bedeutung. Die Gräber verjähren; es gibt keine ewigen Gräber mehr. Oftmals besteht nur noch ein 15-jähriges Belegungsrecht. Die Unfähigkeit, mit Schmerz und Trauer umzugehen, ist gewachsen. Selbst viele Christen wünschen sich einen schnellen und plötzlichen Tod. Die Frage nach dem ewigen Leben bei Gott bestimmt kaum mehr die Praxis des irdischen Lebens. Auch Bestattungsunternehmer oder freie Gestalter führen religiöse Rituale durch, die sie oft sehr persönlich mit den Angehörigen abstimmen. Immer mehr werden Beisetzungen anonym vollzogen. Die Zahl der Gräber ohne Kennzeichnung und ohne Namen nimmt deutlich zu.
Aus der Vielfalt der beiden praktizierten Bestattungsformen seien folgende benannt:

Anonyme Bestattungen erfolgen meist als Urnen-, seltener als Sargbeisetzungen in namenlosen Grabstätten oder durch Ausstreuen der Asche Verstorbener auf namenlosen Grabfeldern (Aschestreuwiesen). Dies kann im Beisein der Trauernden erfolgen, geschieht aber häufig ohne die Angehörigen und ohne jede Feier.
Bestattungskulturen verweisen immer auch auf ein gesellschaftliches Bewusstsein. Wir leben in einer von Individualisierung und Mobilität geprägten Gesellschaft. Es ist schwieriger geworden, ein an den konkreten Ort gebundenes Totengedächtnis zu pflegen, wenn z. B. die Angehörigen eines Verstorbenen an fernen Orten leben. Öfter sind hohe Kosten für die Bestattung und die Grabpflege der Grund, von der Form der Erdbestattung abzuweichen.
In vielen gesellschaftlichen Bereichen ist eine Tendenz zur Privatisierung und Liberalisierung des Lebens zu beobachten. Das betrifft auch die Bestattungs- und Erinnerungskultur. Die Entscheidung über die Form und Gestaltung der Bestattung und des Totengedenkens fällt immer mehr in die Zuständigkeit und Verantwortung Einzelner. Dies eröffnet den Hinterbliebenen die Möglichkeit zur individuellen Mitwirkung; es kann aber auch zur Überforderung werden, wenn die Vertrautheit mit religiösen Riten nicht mehr gegeben ist. Die Begleitung von Sterbenden und Trauernden, die Sorge um die Toten und die Gestaltung der Beerdigungsliturgie sind für die Kirche immer ein deutliches Zeichen gelebten und bezeugten Glaubens.
Wenn eine bestimmte Bestattungsform aus Gründen gewählt wird, die dem christlichen Glauben widersprechen, z. B. aus pantheistischen oder naturreligiösen Vorstellungen, dann ist ein kirchliches Begräbnis nicht möglich. Dies schließt eine kirchliche Feier zur Verabschiedung vor der Kremation, zur Beisetzung der Urne und auch die Feier der Begräbnismesse (Exequien) aus. Insbesondere wenn Verstorbene eine entsprechende Verfügung hinterlassen haben, die ein kirchliches Begräbnis unmöglich macht, muss dieser Wunsch ernst genommen werden, auch wenn die Trauernden sich eine andere (christliche) Form der Begräbnisfeier wünschen. Hier ist die pastorale Klugheit gefragt, im Umfeld des Begräbnistages geeignete Formen des seelsorglichen Dienstes für und mit den Trauernden zu realisieren (z. B. Totengebet der Gemeinde, Totengedächtnis in der Eucharistie).
Bei Formen der Feuerbestattung, die aus Gründen gewählt werden, die nicht dem christlichen Glauben widersprechen, ist eine kirchliche Beteiligung möglich. In der Regel findet eine Begräbnismesse und eine Feier zur Verabschiedung vor der Kremation statt. Die Beisetzung der Urne erfolgt im Allgemeinen ohne kirchliche Mitwirkung im Kreis der Familie und Freunde. Das liturgische Buch enthält auch für diese Feier Texte und Gebete, die von einem Anwesenden vorgetragen werden können.
Die Konzeption des "Friedwaldes" (freier, unumfriedeter Wald; völlig naturbelassenes Waldgebiet; Unsichtbarkeit des Urnenfeldes; Baumsymbolik; Anonymität; keine Grabpflege - die Grabpflege übernimmt die Natur) lässt zentrale Elemente einer humanen und christlichen Bestattungskultur vermissen. Darüber hinaus sind weder ein christliches Totengedenken noch ein christlich-religiöses Brauchtum am Grab möglich (Kreuz, Licht, Weihwasserschale, Blumen). Die Deutung einer bloßen Rückkehr des Menschen in den Naturprozess liegt nahe. Der Baum ist ein altes und schönes Zeichen für den Kreislauf der Natur und ihres Lebens. Für Christen erschöpft sich das menschliche Leben aber nicht in naturhaften Abläufen. In Christus ist uns vielmehr verheißen, dass unser Leben mehr ist als ein Kreislauf von Werden und Vergehen, vielmehr werden wir am Ende unseres Lebens als unverwechselbare Personen von Gott auferweckt. Der "Lebensbaum" der Christen ist darum kein noch so schöner naturaler Baum, sondern das Kreuz Jesu Christi, das über den Gräbern aufgerichtet wird und den Tod von der Auferstehung her deutet. Das weltanschauliche Fundament der "Friedwald"-Konzeption ist dagegen das naturreligiöse Bekenntnis: "Der Baum ist Grab und Grabmal zugleich; er nimmt die Asche mit den Wurzeln auf als Sinnbild des Lebens über den Tod hinaus."
Ein Ausstreuen der Asche Verstorbener ist grundsätzlich abzulehnen. Jede Anonymisierung der Bestattungen trägt dazu bei, den Tod unsichtbar zu machen und die personale Würde des Menschen über den Tod hinaus zu verdunkeln. Sie steht in deutlicher Spannung zum christlichen Glauben, dass der Mensch ein unsterbliches Leben bei Gott hat.
2. Christliche Deutung von Tod und Auferstehung
Ausgangspunkt und inhaltlicher Kern aller Überlegungen zu einer christlich motivierten Bestattungskultur ist die Deutung des menschlichen Todes im Licht des Todes und der Auferstehung Jesu Christi. Von diesen zentralen Inhalten christlichen Glaubens her ergibt sich, welche Riten in besonderer Weise geeignet sind, der christlich verstandenen Trauer und Hoffnung Ausdruck zu verleihen.
Was der Tod für den Menschen bedeutet, ist aufs engste mit dem verbunden, was der Mensch über sich selbst aussagt. Lebensgestaltung und Lebensdeutung des Menschen bekommen im Sterben des Menschen eine letztgültige Klarheit. Betrachtet man den Menschen ausschließlich als biologisches Wesen, wird auch sein Tod lediglich als ein Aufgehen in einem größeren biologischen Prozess angesehen werden. "Staub" kehrt dann "zum Staub" zurück, ohne dass von der Individualität des Einzelnen etwas bliebe und Ewigkeit würde.
Christen sehen den Menschen als Person, von Gott mit Namen gerufen (vgl. Jes 43,1). Darin konzentriert sich, was dem christlichen Bild vom Menschen seine Konturen verleiht. Als Person ist er unverwechselbar, einmalig und zugleich offen, "sofern er von Natur aus auf Mit-Sein angelegt und zugleich zu einer höheren Ordnung berufen ist, die die Natur übersteigt und diese zugleich überwindet" (Papst Johannes XXIII., Mater et Magistra 218). Der Mensch ist als leib-geistiges Wesen in den Naturzusammenhang von Werden und Vergehen eingebunden und trägt dennoch die Berufung in sich, mit dem unendlichen und unvergänglichen Gott in Beziehung zu treten. Wenn aber der Mensch als Person und als "Du" von Gott geschaffen ist, dann kann er als Person nicht am Ende seiner leiblichen-materiellen Existenz verloren gehen. Aus dieser Erkenntnis nährt sich die christliche Hoffnung auf das Leben jenseits des irdischen Daseins.
Konkrete Gestalt gewinnt die Hoffnung der Glaubenden in der Auferstehung Jesu Christi, die in unüberbietbarer Weise von der Liebe des Vaters kündet. Gott hat seinen Sohn so sehr geliebt, dass er ihn nicht im Tod beließ, sondern in der Kraft des Heiligen Geistes am dritten Tag von den Toten auferweckte. Unsere Hoffnung findet ihren festen Grund darin, dass Gottes Sohn uns vorausgegangen ist als Erster der Entschlafenen (vgl. 1 Kor 15,20). Er nimmt den Menschen mit hinein in die Liebe des Vaters, so dass wir vertrauensvoll hoffen dürfen, dass angesichts unseres vergänglichen Lebens unsere Sehnsucht nach Heil eine Antwort findet, die die Grenze des Todes überschreitet.
Keinesfalls verliert der Tod damit seinen bitteren Ernst und seine Radikalität; er ist für alle Menschen das Ende des irdischen Lebens. Dabei muss jeder Mensch für sich seinen Tod erleiden. Diejenigen, die zurückbleiben, spüren schmerzlich den Verlust.
Der tote Leib des Menschen ist aber nicht nur Hülle, sondern gehört wesentlich zu seiner Personalität und ist deshalb in pietätvoller Weise zu bestatten. Wenn uns auch die Trauer niederdrückt, so stärkt uns doch die christlich begründete Hoffnung, die nicht allein auf das Ende des irdischen Lebens schaut, sondern vor allem auf die Zukunft, die Gott eröffnet. Die Hoffnung auf ewiges Leben umspannt die Lebenden und die Toten und vereinigt sie zu einer Gemeinschaft, die der Tod nicht auseinander zu reißen vermag. Christen glauben daran: Die Toten leben in Gott und bleiben uns zugleich in anderer, neuer Weise nahe. Die Bestattung eines Menschen und der wiederkehrende Besuch am Grab eines Verstorbenen halten das Bewusstsein für diese Gemeinschaft wach. Der hl. Augustinus bringt das zum Ausdruck, wenn er sagt: "Ihr, die ihr mich geliebt habt, seht nicht auf das Leben, das ich beendigt habe, sondern auf das, welches ich beginne".
3. Zeichen christlicher Hoffnung
3.1 Anteilnahme
Niemand sollte beim Tod eines ihm nahe stehenden Menschen in seinem Abschiedsschmerz allein bleiben müssen. Mit Verwandten, Freunden oder Nachbarn Trauer und Leid teilen zu können, gehört zu den kostbaren Erfahrungen des Lebens. Es ist tröstlich, einem Priester, Diakon oder einem eigens von der Kirche Beauftragten aus dem Leben des Verstorbenen erzählen zu können. Und es ist eine Stärkung, wenn in der Gemeinde Menschen gefunden werden, die helfen, die Antwort auf die schwere Frage zu geben: Was wird mit den Verstorbenen, was wird mit mir im Tod? Für Trauernde ermöglicht die Kirche mit ihren Gesprächskreisen in den Gemeinden, ihren Beratungsstellen und Bildungseinrichtungen ein weitgefächertes seelsorgliches Angebot der Orientierung, Begleitung und Unterstützung, gerade auch für Eltern und Familienangehörigen, die um ihr totes neugeborenes Kind trauern. Den Trauernden beizustehen und sie zu trösten, ist den Christen durch die Hl. Schrift als ein besonderes Werk christlicher Nächstenliebe aufgetragen. Dies gilt auch, wenn der Verstorbene selbst ohne kirchliche Bindung war, die Angehörigen aber um einen seelsorglichen Beistand bitten.
3.2 Geleit
Stirbt jemand, so betrifft das alle, die im Umfeld des Verstorbenen leben, wenn gleich in unterschiedlicher Weise. Dass jemand gestorben ist und Menschen hinterlässt, die um ihn trauern, muss nicht verborgen bleiben. Häufig wird durch die Todesanzeige oder durch die Ankündigung von Sterbeamt und Beerdigung in der Sonntagsmesse oder in der Trauerfeier noch einmal das Leben dieses Menschen in Erinnerung gerufen. Dies gibt denen, die in Beziehung zu dem Verstorbenen standen, die Möglichkeit der Anteilnahme an der Trauer der Hinterbliebenen sowie des fürbittenden Gebetes und der Mitfeier der Bestattung. Es ist ein großer Trost, wenn Verwandte, Freunde und Bekannte bei der Begräbnismesse in der Kirche, beim Gottesdienst in der Trauerhalle und bei der Beerdigung anwesend sind. In der Begleitung auf dem letzten Weg eines Menschen erweist die christliche Gemeinde dem Verstorbenen noch einmal den Dienst sichtbarer Gemeinschaft. Das Totengeleit ist ein Dienst aus dem Glauben, getragen von der Zuversicht, dass der Verstorbene in Gottes Hand geborgen ist.
3.3 Bestattung
Tritt ein Trauerfall ein, so müssen die Angehörigen in kurzer Zeit eine Reihe von Entscheidungen treffen, die bedacht sein wollen. Die Priester und Mitarbeiter des Seelsorgeteams in den Gemeinden sind für die Hinterbliebenen Ansprechpartner bei der Vorbereitung einer kirchlichen Begräbnisfeier wie auch Gesprächspartner in der Trauerbegleitung. In dieser menschlich sehr belastenden Situation bieten die Bestattungsunternehmen in der Regel eine Reihe von Möglichkeiten an. Angefangen von den ersten Christengemeinden bis heute gilt in der Kirche die Erdbestattung als die vorrangige und bevorzugte Form der Bestattung, weil sie dem Begräbnis Jesu entspricht. Gerade in der Beerdigung des Leibes bezeugt der christliche Glaube die Würde der Schöpfung. Die verwendeten Gebete und liturgischen Riten tragen die Zuversicht in sich, dass der Herr die Verstorbenen auferweckt und aufnimmt in seine Ewigkeit. Denn so wie Christus von den Toten auferstand, werden alle, die an ihn glauben, vom Tode auferstehen zum ewigen Leben. Werden andere Bestattungsformen gewählt, muss auch dort der Glaube an die Auferstehung und das ewige Leben seinen deutlichen Ausdruck finden.
3.4 Begräbnismesse
Höhepunkt des katholischen Begräbnisses ist die Eucharistiefeier. Gerade in ihr weiß sich die christliche Gemeinde über den Tod hinaus mit ihren Verstorbenen verbunden. Im Vertrauen auf den Tod und die Auferstehung ihres Herrn Jesus Christus empfiehlt sie die Verstorbenen dem göttlichen Erbarmen. Christus, der von den Toten auferstanden ist, möge auch den Verstorbenen Anteil geben an seiner Auferstehung. Die Lebenden aber hören in der Begräbnismesse das tröstende Wort Gottes und werden gestärkt durch die Feier und den Empfang der Eucharistie. Wenn keine Begräbnismesse in unmittelbarer Nähe zur Bestattung möglich ist oder nicht gewünscht wird, soll doch in der Gemeinde zu einem anderen Zeitpunkt eine Messe für den Verstorbenen gefeiert werden.
3.5 Riten
Der Tod lässt viele Menschen stumm werden. Sie fühlen sich angesichts des Todesschicksals ohnmächtig und unfähig zu handeln. Im Ritus der Begräbnisfeier wird die Ohnmacht des Menschen benannt und zugleich aufgebrochen. Die Hoffnung auf ein ewiges Leben für den Verstorbenen wird im Gebet und Ritus zum Ausdruck gebracht. Die Worte der Heiligen Schrift und die Segnung des Toten sind besonders dichte Zeichen kirchlicher Gemeinschaft. Das Fürbittgebet an den Herrn des Lebens gibt Schmerz und Trauer eine Sprache. Die persönlichen Lebensdaten und das Lebensschicksal vermögen im Ritus der Bestattung, in der Ansprache und den Liedern und Gebeten ihren Raum zu finden. Gerade die Namensnennung in den liturgischen Gebeten macht deutlich, dass der Verstorbene nicht in die Anonymität des Vergessens bei Gott fallen wird. Die Gemeinschaft der Glaubenden und Hoffenden begleitet den Verstorbenen und tröstet die Trauernden. In besonderer Weise zeigt das Kreuz, das beim katholischen Begräbnis aufgerichtet wird, den Grund der christlichen Hoffnung für die Lebenden und die Verstorbenen an.

Wenn der Verstorbene nicht über den Ort seiner Bestattung entschieden hat, ist diese Aufgabe den Hinterbliebenen übertragen. Immer häufiger wohnen die Familienangehörigen nicht in der Nähe der Grabstelle und sind daher kaum in der Lage, diese zu besuchen und zu pflegen. Dennoch ist es heilsam, die Stelle der Grablegung mit dem Namen des Verstorbenen zu kennzeichnen. Trauer und Totengedenken brauchen den konkreten Ort und konkrete Zeichen. Nach biblisch-christlichem Verständnis ist der Mensch nicht einfach Teil im ewigen Kreislauf der Natur, sondern in seiner je eigenen Individualität Ebenbild Gottes, seines Schöpfers. Damit ist ihm eine personale Würde gegeben, die in seinem Namen ihren Ausdruck findet. Zur Personalität eines Menschen gehört auch sein religiöses Bekenntnis. An der Begräbnisstätte muss daher auch ein religiöses bzw. christliches Zeichen angebracht werden können, das eindeutig identifizierbar ist. In der katholischen Tradition sind neben dem Grabkreuz auch die Grableuchte und das Gefäß mit Weihwasser religiöse Gedenkzeichen eines Grabes. Innerhalb der Bestattungs-, Trauer- und Erinnerungskultur in unserer Gesellschaft ist der Friedhof der mehrheitlich anerkannte und nach wie vor bevorzugte Ort. Als abgegrenzter Raum macht er deutlich, dass die Trennung von den Verstorbenen notwendig ist und auch innerlich vollzogen werden muss. Für eine humane Kultur ist es zudem unverzichtbar, dass Begräbnisorte gleichsam im Sichtbereich der Lebenden liegen, um in diesen das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit wach zu halten. Dazu gehört auch die individuelle Gestaltung und Pflege des Grabes, die dem menschlichen Bedürfnis entgegenkommt, für Verstorbene noch "etwas tun zu können". Die Anlage und Unterhaltung von Begräbnisorten sollten grundsätzlich in kommunaler oder kirchlicher Trägerschaft und Verantwortung liegen.
Für Christen ist der Friedhof eine Stätte der Trauer und Hoffnung im Sinne der österlichen Verkündigung, dass die Verstorbenen wie Jesus zum Leben auferstehen und für immer bei Gott sein werden. Die Hoffnung auf die Auferstehung hängt zwar nicht davon ab, ob jemand begraben werden konnte. Doch ist es schmerzlich für die Zurückbleibenden, wenn ein solcher Ort fehlt oder faktisch nicht erreichbar ist. Trauerprozesse können so erschwert, ja sogar erheblich behindert werden. Totengedächtnisbücher, Erinnerungstafeln u. ä. in den Kirchen und auf den Friedhöfen können im Blick auf diese Verstorbenen der Trauer und dem Gedächtnis einen Ort geben.
3.7 Erinnerungskultur
Der christliche Glaube leistet einen wichtigen Beitrag für eine Kultur des Trauerns und des Umgangs mit dem Tod, indem er die Frage nach den Toten und ihrem Schicksal wach hält. Die Kirche als Gemeinschaft versteht sich als Gemeinschaft der Lebenden und der Toten und ist deshalb Trägerin eines fortdauernden kulturellen Gedächtnisses über den Wechsel der Zeiten hinweg. Sie ist Erinnerungsgemeinschaft. Die Lebendigkeit christlicher Gemeinden und ihre Liturgie als "Gedächtnispraxis" wehren jeder Tendenz, die Verstorbenen "technisch" zu entsorgen. Zu nennen sind die Feier des Sechswochenamtes, die Eucharistiefeier zum Jahresgedächtnis, Messfeiern und Andachten an Allerheiligen und Allerseelen, Gedenkgottesdienste für trauende Eltern und Angehörige und ihre verstorbenen Kinder. Der Verstorbenen wird aber auch in jeder Messfeier und in der kirchlichen Stundenliturgie gedacht.
Christen gedenken der Toten, weil sie leben, nicht damit sie leben. Auch Sünde und Schuld eines Menschen werden nicht verdrängt und vergessen. Vielmehr weiß der Glaube um Vergebung, um Versöhnung und somit um Überwindung von Schuld und Sünde. Umgekehrt ist das, was ein Mensch Gutes getan hat, immer wieder Anlass zu dankbarer Erinnerung. Diese christliche Erinnerungskultur findet ihren gültigsten Ausdruck im Gebet und in der Eucharistiefeier.

Cookie Einstellungen

Wir verwenden Statistik Cookies um zu verstehen, wie Sie mit unserer Webseite interagieren.

Anbieter:

Google

Datenschutz

Matomo

Datenschutz

Diese Cookies sind für den Betrieb der Webseite zwingend erforderlich. Hier werden bspw. Ihre Cookie Einstellungen gespeichert.

Anbieter:

Deutsche Bischofskonferenz

Datenschutz