| Pressemeldung

Bischof Lehmann hat in keiner Weise Rücktritt des Papstes gefordert

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, hat im „Interview der Woche“ im Deutschlandfunk (Sendetermin 09.01.2000, 11.05 Uhr) in keiner Weise den Rücktritt des Heiligen Vaters gefordert. Entspre-chende Agenturmel-dungen verfälschen das Interview in nicht zu verantwortender Art und Weise. Sie sind durch den Wortlaut des Interviews nicht gedeckt.

Der Wortlaut des entsprechenden Interviewteils:

„DLF: Bischof Lehmann, Heiliges Jahr 2000: Der Papst ist offensichtlich krank. Wäre das runde Datum möglicherweise – wie es auch schon mal angesprochen wurde, wie zu lesen war – ein geeigneter Zeitpunkt für einen Rücktritt?

Lehmann: Ich habe in den letzten Wochen und Monaten durch die dreiwöchige Euro-pasynode in Rom im Oktober und durch die einwöchigen Besuche, die die deutschen Bi-schöfe alle fünf Jahre machen, doch mehr als sonst die Gelegenheit gehabt, dem Papst immer wieder zu begegnen. Er ist ja mit einer unglaublichen Ausdauer und Geduld und Disziplin bei der Europasynode bei allen öffentlichen Sitzungen da gewesen. Er war vielleicht mal eine Stunde weg, aber sonst war er immer da. Ich selbst – andere können was anderes sagen – habe ihn eigentlich im-mer im Aufnehmen der Dinge von einer erstaunlichen Geistesgegenwart gefunden in den mehreren Gesprächen und in den gemeinsamen Erfahrungen. Wie sich die offensichtliche Parkinsonkrankheit auswirkt, im Blick auf die Leitung und die Beschlüsse usw., wo man ja noch mal über das Verstehen hinaus eine eigene Energie auch dann braucht, da kenne ich mich einfach nicht aus und wage kein Urteil abzu-geben. Im übrigen habe ich den Eindruck über Jahre jetzt eigentlich gehabt, dass er die ganze Lebenskraft auf dieses Heilige Jahr, auf das Jahr 2000, hingelenkt hat. Und es ist ja auch unglaublich, was er sich jetzt an Terminen und an Auftritten aufgeladen hat. Und ich glaube, einer dieser geheimen Höhepunkte seines ganzen Wirkens in diesem Jahr ist ein Besuch in Jerusalem und in Israel. Da sieht er, glaube ich, doch einen entscheidenden Höhepunkt auch seines ganzen Pontifikates. Ich traue dem Papst persönlich zu, dass, wenn er des Gefühl hätte, dass er einfach nicht mehr genügend in der Lage ist, verantwortlich die Kirche zu lenken, ich glaube, dann hätte er die Kraft und den Mut zu sagen: ,Ich kann das nicht mehr so erfüllen, wie das nötig ist'. Es ist natürlich nicht einfach, daran zu denken. Niemand ist das gewohnt, dass es so etwas geben würde, wie einen zurücktretenden Papst. Immerhin hatten wir ja mit Celestin V. jemand, der das gemacht hat. Aber wenn der Papst das wollte, ob denn die Umgebung und alle, die sonst Rat geben, damit einverstanden sind und glauben, dass das besser ist, dass er zurücktritt, da bin ich mir unsicher, wie das ist. Es ist immer für die Kirche eine sehr sensible Zeit, wenn Päpste länger die Kirche geleitet haben und eben sich dann einfach verständlicherweise physische Schwächen zeigen. Es ist für die Kirche und vielleicht auch für die Gesellschaften auch nicht so ganz schlecht, wenn sie sieht, dass es also auch kranke Päpste geben kann. Wir sind ja sonst so, dass wir solche Leute eher wegschließen, und das Normale und das wichtige ist, das Gesunde und das Junge, und alles, was sozusagen funktioniert – und da nun konfrontiert zu sein, dass man auf der einen Seite noch ein gutes Gedächtnis hat für einen strahlenden Mann, der die Medien in der Welt gewonnen hat durch seine Ausstrahlungskraft – wenn ich an 1978 denke an den An-fang. Und jetzt sieht man eben auch, da geht ein Lebensbogen langsam dann dem Ende entgegen, und trotzdem bleibt der Mann treu. Wenn ich so denke: Ich war doch persönlich auch sehr beeindruckt, mit welcher Treue und mit welcher Pünktlichkeit er alle diese Syn-odensitzungen persönlich verfolgt hat. Das war ein unglaubliches Vorbild, für die Arbeit der Synode. Und insofern muss ich sagen, habe ich gerade durch diese Situation eher wieder einen größeren Respekt und ein Stück weit neue Anerkennung sozusagen für mich selbst eigentlich gefunden und beurteile das ein bißchen anders, als ich es vielleicht selber gesehen habe.

DLF: Sollte der mögliche Nachfolger aus einem anderen als aus unserem Kontinent kom-men vielleicht aus Afrika oder Lateinamerika?

Lehmann: Also ich spreche nicht gerne über einen Nachfolger des Papstes, denn ich habe jetzt einfach Respekt vor dem, der da ist und vor dem der das Amt hat in Rom. Man blickt natürlich schon sehr stark auch in die Kirche der Dritten Welt. Ich habe immer wieder das Gefühl, in Rom geht der Blick auf diesen Riesenkontinent in Lateinamerika, wo so viele Ka-tholiken – fast eine Milliarde, ein ganz großer Teil – eigentlich leben, und wo sich vieles auch entscheiden wird. Aber ich glaube, man hat auch irgendwo auch wieder zugleich schätzen gelernt, was die Kirche in Italien doch für die Weltkirche auch wieder bedeutet. Ein Papst, der vielleicht außereuropäisch wäre, der darf also nicht nur ein leeres Symbol sein. Er muss in seiner Weise eben auch führen; natürlich können das nicht nur die Europäer. Aber ein Papst für eine solche Kirche, der schwach wäre, das wäre eine Katestrophe. Und insofern – denke ich – muss man das einfach mal offen lassen. Das Kardinalskolle-gium wird sich dann die Köpfe zerbrechen darüber.

DLF: Herzlichen Dank.

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