| Pressemeldung | Nr. 60

Aufruf der deutschen Bischöfe zur Bundestagswahl am 22. September 2002

Liebe Schwestern und Brüder!
Am 22. September 2002 sind alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger unseres Landes aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat aus diesem Anlass unter dem Titel "Nachhaltigkeit - Gemeinwohl - Soziale Gerechtigkeit" eine Erklärung veröffentlicht, in der Orientierungsmaßstäbe für die Wahlentscheidungen ausführlicher dargelegt sind. Darüber hinaus wenden wir uns heute mit diesem Aufruf direkt an alle Gläubigen. In der kommenden Legislaturperiode wird die Bewältigung der Flutkatastrophe und der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten eine vordringliche Aufgabe sein. Darüber hinaus bleiben aber auch die anderen großen Zukunftsfragen bestehen. Die Vorschläge der Parteien zu deren Bewältigung sind zugleich Kriterien für die Wahlentscheidung. Bei der Überprüfung dieser Konzepte sollten wir als Christen folgende Gesichtspunkte besonders beachten:
In Übereinstimmung mit dem christlichen Menschenbild gebietet unser Grundgesetz, die Würde jedes Menschen zu achten und zu schützen. Menschenwürde und Lebensrecht kommen jedem Menschen vom Beginn seiner Existenz an zu. Auch hochrangige Forschungsziele wie die Entwicklung von Heilungsmethoden rechtfertigen deshalb nicht die Tötung von ungeborenem menschlichen Leben. Der Schutz des Lebens - in allen Phasen der menschlichen Existenz - muss vorrangiges Ziel der Politik sein.Mit Sorge beobachten wir eine Entgrenzung des Familienbegriffs - vor allem auch durch die gesetzliche Einführung der "Lebenspartnerschaft" - und die Trennung von Ehe und Familie in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion. Wir erinnern deshalb nachdrücklich an den besonderen Schutz, unter den das Grundgesetz Ehe und Familie stellt. Zu einer zukunftsorientierten Politik gehören: Die Sicherung der herausragenden Rechtsstellung von Ehe und Familie; die Verbesserung der materiellen Situation der Familien; die Unterstützung der Eltern bei der Erziehung; Maßnahmen zur leichteren Vereinbarkeit von Berufstätigkeit mit der Sorge für die Kinder - vor allem für die Frauen, die vielfach die größere Last zu tragen haben.Die soziale Ungleichheit in unserem Land hat deutlich zugenommen. Nicht nur die Vermögensunterschiede werden immer größer. Auch die Möglichkeiten, am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilzunehmen, sind zunehmend ungleich verteilt. Die zur Zeit viel diskutierte PISA-Studie zeigt im deutschen Bildungswesen auch eine soziale Schieflage auf. Die Förderung von Chancengerechtigkeit im Bildungswesen bleibt deshalb eine wichtige Aufgabe. Zugleich müssen alle Anstrengungen fortgesetzt werden, um die anhaltende Massenarbeitslosigkeit zu überwinden. Arbeit ist ein wichtiger Schlüssel zur eigenen Lebensvorsorge und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Nicht nur die Politiker, sondern alle Verantwortlichen in Wirtschaft und Gesellschaft bleiben deshalb aufgerufen, alles ihnen mögliche zu tun, damit dem Verlust von Arbeitsplätzen im Modernisierungsprozess Einhalt geboten wird und neue Alternativen erschlossen werden. In den letzten Jahren wurde intensiv über die wirtschaftliche und technische Globalisierung diskutiert. Dabei sind die Fragen nach einer weltweiten Gerechtigkeit und die Not der Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika oft aus dem Blickfeld geraten. Die Programme der Parteien sind daran zu messen, ob sie der Verwirklichung von Menschenrechten und humanen Lebensbedingungen auch in den Ländern der sogenannten "Dritten Welt" dienen. In vielen Teilen der Welt gibt es regionale Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen. Die aktuelle Entwicklung im Nahen Osten gibt Anlass zu besonderer Sorge. Die deutsche Politik bleibt auch künftig im Rahmen ihrer internationalen Verpflichtungen aufgefordert, zur Friedenssicherung - auch über den europäischen Bereich hinaus - beizutragen.
Bei der Bundestagswahl geben wir unsere Stimme nicht nur für eine Partei, sondern auch für Personen ab, die in einem Wahlkreis oder auf einer Landesliste kandidieren. Entscheidend sind dabei nicht Werbe-Effekte und äußerliche Sympathiewerte. Es ist vielmehr kritisch zu prüfen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten engagiert und glaubhaft politische Inhalte und Ziele vertreten, die aus christlicher Sicht unverzichtbar sind.
Wir bitten Sie eindringlich, bei der Bundestagswahl Ihre Verantwortung wahrzunehmen und von Ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.
Würzburg, 26. August 2002
Die deutschen Bischöfe
Für das (Erz-)Bistum .....................
.................................................
(Name des Bischofs)
Dieser Aufruf soll am Sonntag, dem 08.09.2002, in allen Gottesdiensten, einschließlich der Vorabendmessen, verlesen werden.

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