| Pressemeldung | Nr. 011a

Ansprache von Bischof Dr. Joachim Wanke, Vorsitzender der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz, bei der Präsentation der "Septuaginta-Deutsch" in Berlin am 28. Januar 2009

Im Zusammenhang mit der Revision der rund 30 Jahre alten deutschen Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, die wir in Bälde zum Abschluss führen werden, habe ich gelernt, wie wichtig außer dem Blick in die hebräische Bibel auch die Konsultation der griechischen Bibel ist, eben der Septuaginta. Die Handedition der Septuaginta (LXX) von A. Rahlfs, jetzt durch R. Hanhart überarbeitet, und auch die schon vorhandenen Faszikel der künftigen editio major sind unentbehrliche Handwerkszeuge unserer Revisoren. Ich bin sehr froh, unter diesen Revisoren auch ausgesprochene Fachleute der LXX-Forschung zu haben wie etwa P. Adrian Schenker OP aus Fribourg. Hinsichtlich der Erfassung der Wortbedeutung und des sprachlichen Umfeldes alttestamentlicher Texte gehört die griechische Bibel zu den wichtigen Zeugen für das frühe Verständnis der biblischen Überlieferung. Gelegentlich ist sie ja gegenüber der Hebraica auch textkritisch von großem Interesse, da sie eigenständige Überlieferungsstränge anzeigen kann.
Es ist in höchstem Masse erfreulich, dass nun eine vollständige deutsche Übersetzung der Septuaginta vorliegt, die auf der Basis des gegenwärtigen Konsenses in der LXX-Forschung erarbeitet wurde. Eine große, langjährige Arbeit ist damit an ihr erfolgreiches Ende gekommen. Den evangelischen Gelehrten Prof. Kraus und Prof. Karrer, von denen die Initiative hierzu ausging, und allen, die daran mitgearbeitet haben, möchte ich persönlich und im Namen der Deutschen Bischofskonferenz ein herzliches Wort des Dankes sagen.
Die exegetischen Forschungen der letzten Jahrzehnte haben zu neuen Sichtweisen der LXX-Überlieferung geführt. Gerade die geheimnisvoll verschlungenen Vorgänge der Kanonbildung im Bereich der hebräischen und der griechischen Bibel haben sich als unerhört komplizierte Vorgänge eines Mit- und Nebeneinanders großer Traditionsströme gezeigt, die wechselseitig aufeinander Einfluss ausgeübt haben. Das bisher für wahr gehaltene Hintereinander zweier Kanones hat sich durch die Arbeiten an der Septuaginta-Übersetzung, zugleich in den umfangreichen Forschungsprojekten im Umkreis der Texte von Qumran als zu einseitig erwiesen. Hier ergaben sich und werden sich wohl auch noch in Zukunft gewichtige Revisionen bisheriger Forschungsmeinungen ergeben.
Dass die Professoren Kraus und Karrer, bestärkt auch durch die französische und amerikanische LXX-Forschung, zu dem Schluss kamen, das von ihnen ins Auge gefasste Werk sei nur in einer groß angelegten ökumenischen Zusammenarbeit zu leisten, möchte ich ausdrücklich und dankbar würdigen. Schon bald zogen die Herausgeber katholische Bibelwissenschaftler hinzu mit der Bitte, nun auch ihrerseits weitere katholische Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit zu gewinnen. Schon in dieser Anfangsphase wurde auch die Deutsche Bischofskonferenz auf dieses Projekt aufmerksam.
Die Initiatoren gewannen anschließend auch orthodoxe und jüdische Bibelwissenschaftler, sowie weitere Sprachwissenschaftler und Historiker hinzu. So konnten sie dazu übergehen, ein Netz von Herausgebern, Übersetzern und Beratern zu organisieren, in dem auch viele junge Nachwuchswissenschaftler verantwortliche Tätigkeitsfelder erhielten.
So spiegelt sich im Kreis der mitarbeitenden Gelehrten auch etwas von der Pluralität der Entstehung der Septuaginta wider. Wir haben gelernt, dass unser vom Aristeas-Brief geprägtes Bild von der Entstehung der Septuaginta durch 70 Übersetzer in 70 Tagen in 70 separierten Arbeitsklausen nur die Realität der Inspiration der Septuaginta (LXX), nicht aber die Realität der Entstehung wiedergibt. (Soeben hat Kai Brodersen, der derzeitige Präsident der Erfurter Universität, den Aristeasbrief in einer handlichen Reclam-Ausgabe neu übersetzt und mit einer hilfreichen Einführung versehen einem breiteren Lesepublikum zugänglich gemacht).
Die Arbeiten an der heute vorzustellenden Übersetzung der Septuaginta (LXX) haben viele Details dieser Septuaginta-Genese neu in den Blick gerückt. Deren organische Synthese erfordert jedoch noch weitere Forschungen. Hier ist schon viel geleistet worden. Manche Fragen sind inzwischen beantwortet und - wie es in einer gut betriebenen Wissenschaft auch sein sollte - viele neue Fragen sind aufgetaucht.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat das Projekt »Septuaginta deutsch« aufmerksam verfolgt. Schon 2001 ließ sie dem Projekt einen Zuschuss von 10.000 DM zukommen. Für eines der ganz frühen Symposien des Projektes hat Kardinal Meisner das Tagungshaus in Bensberg zur Verfügung gestellt. Das sind sicher angesichts der Gesamtkosten geringe Beiträge. Umso mehr freut es mich, heute für abschließende Arbeiten an diesem Projekt einen weiteren Betrag von 10.000 EURO anzukündigen.
Ein solches Projekt wie das der »Septuaginta deutsch« ist ein gutes und unübersehbares Zeichen dafür, dass ökumenische Arbeit an und mit der Heiligen Schrift gelingen kann. Das sollte uns für künftige Vorhaben zuversichtlich stimmen.
Nun sollte man überlegen - und ich liefere gerne einen Anstoß dazu - wie dieses heute vorgestellte Werk in den Unterricht und das theologische und geisteswissenschaftliche Studium eingeführt werden könnte. Schon früh sollte man durch den Hinweis auf die Septuaginta (LXX) junge Menschen mit einer wichtigen Wurzel unserer abendländisch-christlichen Kultur bekannt machen und ihnen so einen Zugang zur Schönheit und Vielfalt der biblischen Traditionen eröffnen.
Das heute der Öffentlichkeit zu präsentierende Werk möge - das sei mein abschließender Wunsch - neue Begeisterung wecken für die Frische der göttlichen Offenbarung im geschriebenen Wort der Bibel.


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