| Pressemeldung | Nr. 072

40 Jahre Theologie im Fernkurs

Mit einem Festprogramm feiert die Katholische Akademie Domschule Würzburg am Samstag und Sonntag (24. und 25. April 2010) das 40. Jubiläum von „Theologie im Fernkurs“. Diese Einrichtung gibt seit 1970 im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz theologische Fernkurse und Selbststudienmaterialien heraus.

Wir dokumentieren die heutige Predigt von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, im Kiliansdom zu Würzburg sowie seine anschließende Festrede im Sankt Burkardus-Haus.

Predigt des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, anlässlich 40 Jahre „Theologie im Fernkurs“ am 25. April 2010, Kiliansdom in Würzburg

4. Sonntag der Osterzeit
Apg 13, 14.43b-52; Offb 7, 9.14b-17; Joh 10, 27-30

40 Jahre „Theologie im Fernkurs“: Kenntnis des Glaubens – Bekenntnis zu Jesus Christus

Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst,
liebe Schwestern und Brüder in der Gemeinschaft des Glaubens!

„Herr Erzbischof, kennen Sie mich noch?“ – so werde ich gelegentlich gefragt. Glücklicherweise kann ich oft mit Ja antworten und vielleicht noch anfügen: „Natürlich, damals nach der Altarweihe in Ihrer Gemeinde haben wir doch in der Sakristei miteinander geredet.“ In einem solchen Fall freut sich der andere und strahlt. Wer kennt nicht diese Grundsehnsucht von uns Menschen, die darin zum Ausdruck kommt: Ich möchte gekannt werden. Ich möchte, dass man mich wahrnimmt. Ich will nicht ein beliebiges Element in einer anonymen Masse sein. Ich will als Person angesprochen werden. Ich will spüren: Ich bin als der Mensch, der ich bin, wertvoll und einmalig.

Auf diesem Hintergrund bekommen die Worte Jesu, die wir eben im Evangelium gehört haben, eine ungeheure Tragweite: „Ich kenne sie. […] Niemand wird sie meiner Hand entreißen.“ Eine Botschaft inniger und vertrauensvoller Verbundenheit. Hier wiederholt, ja bekräftigt Jesus, was wir nur wenige Verse davor im Evangelium lesen können: „Ich kenne die meinen und die Meinen kennen mich“ (Joh 10,14). Das Wissen umeinander wird zum Leben miteinander, zu einer Communio, einer Gemeinschaft der Liebe zwischen Jesus Christus und denen, die an ihn glauben. Nicht umsonst nennen wir uns Christen – Χριστιανοι – Christusleute. Dieser Name ist Programm. Von der Bindung, von der Verbindung zu Jesus Christus und der Begegnung mit ihm leben wir. Ihm, den guten Hirten, sind wir nicht gleichgültig. Im Gegenteil: Wir liegen ihm – im tiefsten Sinn des Wortes – am Herzen. Wir haben einen Platz in seinem Herzen.

Jesus Christus zeigt, wie Gott ist: Er kennt uns, er sorgt für uns, er spricht uns ganz persönlich an. Dabei ist klar: Wir sind für ihn nicht willenlose Schafe. Sein Wort will in Freiheit angenommen werden. Wir erleben in unserer Welt allzu oft, dass man uns vereinnahmen und manipulieren will. Gott ist anders: Er achtet unsere Freiheit. Die Lesung aus der Apostelgeschichte hat uns dies vorhin deutlich vor Augen gestellt, wie Menschen Ja oder Nein sagen zum Wort Gottes: Die Apostel Paulus und Barnabas erleben, so berichtet die Lesung, unerwartete Ablehnung und genau so unerwartete Zustimmung.

Gott will, dass wir uns bewusst und frei entscheiden, wenn wir sagen: Ja, ich will auf dich hören; ja, ich will dir folgen. Die Entscheidung für Gott, die Entscheidung, zu Christus zu gehören und ein Leben in seiner Nachfolge zu führen, das ist keine Gefühlsduselei oder esoterische Sinnesvernebelung. Nein, Gott will, dass ich verstehe, was ich sage; dass ich bedenke, was ich tue. „Glaube und Vernunft sind wie die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt“, mit diesen Worten leitet Papst Johannes Paul II seine Enzyklika fides et ratio ein, Worte die uns zeigen, weshalb Religionsunterricht, Katechese und theologische Erwachsenenbildung so wichtig sind. Zur bewussten Entscheidung für den Glauben gehört das Bedenken, zum Glauben, der in der Tiefe wurzelt, gehört die Reflexion. Die Kenntnis des Glaubens und das Be-Kenntnis zu Jesus Christus gehören eng zusammen.

Die theologische Reflexion, liebe Schwestern, liebe Brüder, ist nicht etwas für wenige Auserwählte. Unser heutiges Jubiläum erinnert daran: Vierzig Jahre „Theologie im Fernkurs“ zeigen unmissverständlich: Das Bedenken des Glaubens ist nicht nur Sache von Professoren und Studenten an der Universität. Es ist nicht nur etwas für Menschen, die sich auf einen kirchlichen Beruf vorbereiten. „Theologie im Fernkurs“ will alle ansprechen, die mehr vom Glauben wissen wollen, die sich tiefer auf ihn einlassen wollen – ganz gleich welchen Schulabschluss sie haben; unabhängig, wie nah oder fern sie dem kirchlichen Leben stehen.

„Theologie im Fernkurs“, mit diesem Programm ist die Theologie aus gewohnten Bahnen herausgetreten, hat sich neue Wege gesucht und ist auf neue Weise in Kontakt zu den Menschen getreten. Daraus erwuchsen Erfahrungen, die beide Seiten bereichern. Professoren berichten aus dem unmittelbaren Kontakt mit den Studierenden begeistert: „Die Arbeit mit theologisch interessierten Nicht-Theologen hat meine eigene theologische Arbeit befruchtet. Hier erlebe ich, dass Theologie den Dialog braucht, das Gespräch mit den Menschen und die Kenntnis ihres alltäglichen Lebens! Und – tiefer noch: dass Gottes Wort keine Einbahnstraße ist, sondern mit Kommunikation, Begegnung und Beziehung zu tun hat.“

Alles wahre Leben ist Begegnung“, sagt uns der jüdische Theologe und Religionsphilosoph Martin Buber. Und aus unserem Alltag wissen wir nur zu gut: Begegnung ist weit mehr als ein flüchtiges Treffen, als das Wechseln einiger belangloser Worte oder eines Smalltalks. Wahre Begegnung geht tiefer. Das gilt auch für die Begegnung mit Gott, für unsere Beziehung zu Jesus Christus, die keine flüchtige Bekanntschaft sein will, sondern verlässliche und tragende Freundschaft.

Es geht in der Theologie deshalb nicht um lebensferne Gedankenspiele. Es geht um mich und mein Leben im Licht des Evangeliums. Theologie ist Dialog – Gespräch zwischen Lehrenden und Lernenden, Beziehung zwischen meinem Alltag und den Erfahrungen, die Menschen im Lauf der Heilsgeschichte mit Gott gemacht haben.

Umso wichtiger ist es, dass die Studierenden des Fernkurses, ja dass alle Menschen Kirche als Ort der Beziehung und des Dialogs wahrnehmen. Unser Christsein ist dann glaubwürdig, wenn Menschen dort, wo sie Kirche erleben – in der Pfarrei, in Verbänden und Gemeinschaften oder in anderen Zusammenhängen –, spüren: Kirche lebt von Kommunikation, Kirche sucht die Begegnung und das offene Gespräch.

Theologie im Fernkurs will zur Nähe führen, zur Nähe mit Gott, zur Entscheidung für ein Leben mit ihm, der uns nicht zwingt oder bevormundet, sondern – im besten Sinn des Wortes – unser Hirte ist: Er begleitet mein Leben in allen Höhen und Tiefen, in Zeiten der Freude wie in Stunden der Trauer. In Jesu Leben und Wirken wird deutlich, was Gott uns schon durch den Propheten Jesaja geradezu eindringlich sagt: „Kann denn eine Frau ihr Kind vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: Ich vergesse dich nicht. Denn siehe, in meine Hände habe ich dich eingeschrieben“, eingraviert, damit ich dich ja nicht vergessen kann (Jes 49,15 f). Das können wir uns gar nicht oft genug sagen lassen. Wir wissen, zu wem wir gehören. Wir sind die Seinen. Auf einen solchen Hirten zu hören, zu einem solchen Hirten zu gehören, sich auf ihn einzulassen und ihm zu folgen, das ist der Weg zum wahren Leben. Amen.

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